Albino Devil

albinoEine unberührte Naturlandschaft. Eine fast vergessene Legende. Die Brut der Hölle, die einen harmlosen Abenteuerurlaub in ein blutiges Schreckensszenario verwandelt. Larissa bricht mit drei Freunden zu einem Camping-Trip in den rumänischen Karpaten auf. Phantastische Naturimpressionen, Lagerfeuerromantik und tanzende Hormone sorgen schnell für eine ausgelassene Stimmung, die auch nicht von der Legende des Albino Teufels getrübt wird, von der Medizin-Student Marc erzählt. Schnell jedoch hält der Trip in die Berge mehr Abenteuer für die Gruppe bereit, als ihnen lieb ist. Zudem bemerkt Larissa, dass Marc ein Geheimnis vor den anderen verbirgt. Bald schon entwickelt sich der Ausflug zu einem blutigen Albtraum – und einem Kampf um das nackte Überleben. Abenteuer, Sex und Horror!

Larissa ist Mitte 20 und hat sich dazu entschlossen mit Ihrem lockeren Bekannten Marc und seiner Freundin auf einen Campingtrip in die Karpaten zu gehen. 3-4 Tage sollen es werden, mit einer strammen Wanderroute, tollen Natureindrücken, Lagerfeuer und Übernachtungen im Zelt.

Larissa ist mit Marc gar nicht sooo gut befreundet, will sich diesen Trip aber nicht entgehen lassen. Seine Freundin, mit der Marc erst seit 3 Monaten zusammen ist, kennt sie noch gar nicht.

Mit von der Partie ist Marcs Freund, ein Computer-Nerd der in der wilden Natur eigentlich völlig fehl am Platz ist.

Die ersten zwei Tage verlaufen super, doch dann fängt die Gruppe an sich beobachtet und verfolgt zu fühlen und Marc wird immer nervöser, so als ob ahnt dass etwas ganz und gar nicht stimmt…!

Eigentlich gibt es zu der Geschichte nicht viel zu sagen, die story ist durch Filme wie „the hills have eyes“ oder „wrong turn“ bestens bekannt. In den Wäldern lebt ein seltsam zurückgebliebener Stamm von Männern die u.a unter dem Gendefekt des Albinismus leiden. Sie leben einem großen Höhlensystem und entführen immer wieder Wanderer um u.a frisches Blut in ihren Genpool zu bringen…!

Wer auf Filme wie „The hills have eyes“ oder „wrong turn“ steht der sollte dieses Buch unbedingt lesen denn genau so eine Geschichte bekommt man, nicht mehr und nicht weniger.

Ich Persönlich liebe diese beiden Filme, wusste dass das Buch so sein würde, habe exakt aus diesem Grund gekauft und wurde nicht enttäuscht denn es hat mir ziemlich gut gefallen!

Wer mit dieser Art nichts anfangen kann der sollte aber die Finger von dem Buch lassen denn eine große Handlung darf man nicht erwarten, obwohl ich positiv überrascht war denn ich hatte sogar mit noch weniger Handlung gerechnet. Es gibt zwar viel Gewalt, Metzeleien und auch die eine oder andere Vergewaltigungsszene aber es geht auch viel um die abenteuerliche Flucht und den Kampf gegen die Albinos und das Buch besteht nicht ausschließlich aus Gewaltexessen…!

Dem Autor ist auch durchaus bewusst dass er sich sehr an die von mir erwähnten Filme lehnt und so musste ich schon sehr schmunzeln als zwei der Hauptfiguren an der letzten runtergekommenen Tankstelle am Rand der Zivilisation anmerken „Also irgendwie erinnert mich das hier an „The hills have eyes“ oder „wrong turn“! Diesen Schachzug und dass sich der Autor damit selbst ein wenig auf die Schüppe nimmt fand ich einfach nur cool!

Gut gefallen hat mir auch die Hauptfigur Larissa, die mit Ihren schwarzgefärbten Haaren, den piercings,  Tattoos und einem spezielleren Charakter etwas aus der Rolle fällt…!

Ich kann dieses Buch gut empfehlen aber an  solche (recht flachen) und metzeligen Geschichten auf jeden Fall mögen…!

1978 in Friesoythe geboren, arbeitet André Wegmann seit 2011 als Autor und Texter. Er hat bereits einige Romane und Geschichten aus dem Horror-Genre veröffentlicht.


Genre: Horror
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Kami Kami Kaeshi 1-5

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Inhalt Band 1 bis 5: Mashiro lebt als Miko eingesperrt in einem Zimmer, weil sie eine besondere Aufgabe hat: Sie gewährt den shintoistischen Gottheiten – Kamis – in ihren Haaren eine Auszeit, bis diese wieder fit genug für ihre Aufgaben sind. Was sie nicht weiß: Die Kamis in ihrem Haar sind versiegelt, weil ihre eifersüchtige Tante Mashiros die eigene Familie wieder als Hauptfamilie und damit als Sitz der Götter etablieren will. Sie und ihr Zweig der Familie verfolgen egoistische Ziele, weil sie die Kamis für ihr eigenes Wohl ausbeuten wollen. Eines Tages schafft es trotz aller Hindernisse ein Kami, aus Mashiros Haar herauszukommen. Feuergott Hinokagu und Mashiros Diener Hayate befreien sie und fliehen zu Hinokagus Schrein, der mittlerweile ziemlich heruntergekommen ist. Außerdem will die Schreindienerin Asagi Hinokagu nicht als ihren Gott anerkennen. Trotzdem freunden sich Mashiro und Asagi zögerlich an. Mashiro fängt nach einiger Zeit an, am ganz normalen Teenageralltag teilzunehmen und hat dabei so ihre Schwierigkeiten, da sie diesen nicht kennt. Und sie muss immer noch fürchten, dass ihre Tante und deren Schergen sie und ihre gefangene Mutter umbringen wollen. Bei mehreren dieser Mordversuche steigen weitere Kamis aus Mashiros Haar, die sie beschützen. Die Hauptfamilie hat inzwischen eine weitere Miko gefunden, die Kamis in ihrem Haar beherbergen kann. Das macht es für Mashiro noch gefährlicher, denn die schwarze Miko will die Kamis in Mahiros Haar einsammeln und unterwerfen und schneidet Mashiro zu diesem Zweck eine Strähne ab. Tatsächlich gehorchen die so gefangenen Kamis der schwarzen Miko und kehren durch ihre Unterwerfung ihre schlechteste Seite hervor. Schließlich finden Hayate und Mashiro den Schrein, in dem ihre Mutter gefangen gehalten wird. Aber dieser ist durch starke Bannkreise geschützt. Außerdem hat Hayate einen Schwur mit Mashiros Cousin Midori abgeschlossen, den er allerdings nicht einhalten kann. Damit ist auch Hayates Leben in Gefahr. Nur der Spiegel „Yata no Kagami“ kann ihn retten. Damit nicht genug fällt auch die mächtigste Kami, Amaterasu, in die Hände der Tante Mashiros.

Der Manga spart nicht an spannenden und actionreichen Momenten, sodass es von dieser Seite aus nicht langweilig wird. Außerdem erhält der Leser/ die Leserin nebenbei Wissen zu den zahlreichen shintoistischen Göttern, die allerdings der Story angepasst werden. Die Figuren, männlich wie weiblich, sind ansprechend gestaltet und der Manga mutet durch die vielen Gottheiten, die sich um Mashiro bemühen, wie ein Haremsmanga an. Da liegt allerdings auch der Hund begraben: Mashiro bleibt eine passive, naive weibliche Hauptfigur, die ständig gerettet werden muss und Lolita-Komplexe auslöst (die sogar im Manga erwähnt werden). Sie erfüllt damit alte Rollenklischees. Gut, dass es noch Asagi gibt, sie ist wesentlich selbstbestimmter ist als Mashiro. Auch Mashiros Mutter ist trotz ihrer Gefangenschaft eigenständig, denn sie setzt ihren Willen durch. Und Mashiros Tante als Clanoberhaupt nimmt ihr Schicksal und das ihres Clans selbst in die Hand. Sie wird nicht dem Rollenklischee entsprechend und entgegen ihres lieblichen Äußeren als liebende Mutter und Tante gezeigt, sondern als knallhartes Oberhaupt. Die Männer sind sowohl als Menschen als auch als Götter insgesamt wesentlich selbstbestimmter und körperlich stärker als die Frauenfiguren. Das entspricht ebenfalls dem Rollenklischee, zumal alle männlichen Götter, die aus Mashiros Haar kommen, und Hayate Mashiro beschützen. Eine Ausnahme stellt Yamato Takeru dar, der Gott der Schönheit. Er ist, nach japanischem Bild, so schön wie eine Frau und sieht auch wie eine zarte Frau aus. Er spielt mit diesem Aussehen, das ihn weiblich-schwach wirken lässt, um dann diese vermeintliche Schwäche auszuspielen und seine wahre Stärke zu demonstrieren.

Insgesamt wirkt der Manga wie eine Vorlage für ein Game. Schade, dass der Plot es nötig hat, die weibliche Hauptfigur in die Rolle des passiven Opfers zu drängen. Das und der eher vorhersehbare Plot sind zwei große Schwachpunkte dieses Mangas. Daher nur leichte Kost, die wegen der deutlich hervorgekehrten Rollenklischees zu Ungunsten der Frau mindestens ein Geschmäckle hat.


Illustrated by Egmont Ehapa

A silent voice 1

 U_8996_1A_EMA_A_SILENT_VOICE_01.IND75Shoko ist von Geburt an taub und stumm. Sie kann sich mit ihren Klassenkameraden nur über geschriebene Zettel oder Plakate verständigen. Die nutzen ihre Hilflosigkeit aus und machen sich über sie lustig, allen voran Shoya, der nur Unsinn im Kopf hat. Er schwingt sich zum Anführer derjenigen auf, die Shoko immer schlimmer mobben. Aber Shokos Mutter lässt sich das nicht gefallen. Sie tritt entschieden in der Klasse auf und geht sogar zu Shoyas Mutter, um mit ihr über das Verhalten ihres Sohnes zu reden. Mobbing wird Thema in der Klasse – und die Verhältnisse kehren sich um. Shoko zieht zwar weg, aber ihre Klassenkameraden ernennen sich zu Rittern der Gerechtigkeit und mobben stattdessen Shoya, allen voran dessen ehemals beste Freunde.

Der erste Band der Reihe, die mit dem Osamu-Tetsuka-Kulturpreis ausgezeichnet worden ist, nimmt sich der Themen Andersartigkeit und Mobbing an und gestaltet z.T. bis ins Detail aus, was mit Menschen passiert, die anders sind und die auf ein intolerantes Umfeld stoßen. Die andere Seite der Medaille: Die selbstgerechte Art derjenigen, die zuerst Shoko und dann Shoya mobben, verursacht Übelkeit, v.a. weil man als LeserIn nur zu gut weiß, dass es genau so kommen kann. Das tut jedem empathischen Menschen schon beim Lesen weh, erst recht, wenn er selbst Mobbing kennt – und wer tut das nicht, denn in so gut wie jeder Klasse gab und gibt es Außenseiter, die von den anderen nicht akzeptiert werden. Der Manga zeigt auch, was passiert, wenn jemand vom Mobbing betroffen ist und dass zumeist das Opfer die Klasse verlässt und nicht der/die Mobber, die eigentlich in ein anderes Umfeld versetzt werden müssten, um diese Mobbingstruktur aufzubrechen. Zum Glück ist Mobbing im Gegensatz zu früher mittlerweile Thema an den Schulen, welches im Unterricht und durch Theaterstücke aufgearbeitet wird. Auch dieser Manga ist durchaus dazu geeignet, im Unterricht behandelt zu werden. Er zeigt, dass jeder Opfer von Mobbing werden kann – sogar die Mobber selbst. Im Fall von Shoya bewirkt das jahrelange Mobbing eine Art Sinneswandel: Er beklagt sich nicht über die fiesen Streiche und die Ausgrenzung, weil er weiß, dass er Shoko genauso behandelt hat. Und er beschließt, sich mit Shoko auszusprechen, nachdem er sein Leben als Versager vor sich gesehen hat: „Ich sterbe ja irgendwann sowieso. Da kann ich vor meinem Tod noch erledigen, was zu tun übrig ist.“

Der Manga bekommt von mir wegen der o.g. Punkte eine uneingeschränkte Empfehlung.


Illustrated by Egmont Ehapa

Der Junge im gestreiften Pyjama

PyjamaDie Geschichte von »Der Junge im gestreiften Pyjama« ist schwer zu beschreiben. Normalerweise geben wir an dieser Stelle ein paar Hinweise auf den Inhalt, aber bei diesem Buch – so glauben wir – ist es besser, wenn man vorher nicht weiß, worum es geht. Wer zu lesen beginnt, begibt sich auf eine Reise mit einem neunjährigen Jungen namens Bruno. (Und doch ist es kein Buch für Neunjährige.) Früher oder später kommt er mit Bruno an einen Zaun. Zäune wie dieser existieren auf der ganzen Welt.

Bruno ist 9 Jahre alt und wurde im Jahr 1934 geboren. Bis vor kurzem lebte er glücklich und unbeschwert mit seinen Eltern und seiner 12 jährigen Schwester Gretel in einer riesigen Villa in Berlin.

Dann wird Brunos Vater aber befördert, er bekommt eine eindrucksvolle Uniform und alle reden ihn nur noch mit „Kommandant“ an. Bruno ist sehr stolz auf seinen Vater aber dann ändert sich das Leben der gesamten Familie schlagartig denn der „Furor“, ein kleiner, immer ernst dreinblickender und unsympathischer Mann mit einem winzigen Bärtchen hat „Großes“ mit Brunos Vater vor und die Familie muss Berlin verlassen und an einen hässlichen grauen Ort namens „Aus-Wisch“ ziehen. Bruno gefällt es in „Aus-Wisch“ gar nicht, das neue Haus ist viel kleiner und hässlicher, die ganze Umgebung ist trostlos und grau und er hat keine Kinder zum Spielen. Dabei gäbe es Kinder aber die befinden sich hinter einem hohen Zaun, weit in der Ferne und Bruno kann sie von seinem Kinderzimmerfenster aus sehen…! Komisch ist allerdings, dass es für ihn und seine Schwester streng verboten ist sich dem Zaun auch nur zu nähern und noch komischer ist es dass diese Kinder, und auch die Erwachsenen jenseits des Zauns, alle dieselbe Kleidung tragen, nämlich gestreifte Pyjamas…!

Bruno versteht das alles nicht und fragt seine Mutter was das für Menschen sind die sich dort hinter dem Zaun befinden aber er bekommt nur die Antwort „Das sind im Grunde gar keine Menschen“! Jetzt versteht Bruno gar nichts mehr denn wenn das angeblich keine Menschen sind, was sind es dann…?

Bruno findet es weiterhin ganz schrecklich in „Aus-Wisch“, ihn nerven die vielen Soldaten und dass sein Vater kaum mehr Zeit für ihn hat. Außerdem findet er es unfair dass sein Vater sehr viel Zeit hinter dem Zaun verbringen darf und er noch nicht einmal in die Nähe des Zauns gehen soll. Seine Langeweile wird immer größer und so beschließt er eines Tages den Zaun zu erkunden und wandert an ihm über eine Stunde entlang. Als er gerade wieder umkehren will, sieht er einen jungen hinter dem Zaun sitzen der in seinem Alter ist und auch einen dieser seltsamen Pyjamas trägt…!

Von nun an treffen sich Bruno und er junge Schmuel, der ebenfalls 9 Jahre alt ist, jeden Tag heimlich am Zaun und Bruno ist froh Jemanden in seinem Alter gefunden zu haben, auch wenn der Zaun zwischen ihnen ist und sie so nicht zusammen spielen sondern lediglich mit einander reden können.

Bruno und Schmuel beschließen aber dass sie eines Tages miteinander spielen werden, nämlich dann wenn Bruno und seine Familie wieder nach Berlin zurückkehren denn dann kann ihn Schmuel sicher mal in den Ferien besuchen kommen denn beide sind sich einig dass Schmuel und die anderen ja nicht ewig hinter dem Zaun bleiben können…!

Die Geschichte wird aus der Sicht des 9 jährigen Bruno erzählt und hat mich sehr bewegt. Sie ist sehr kurzweilig und man will unbedingt wissen in welche Richtung der Autor die Geschichte treibt. Natürlich ist von vorne herein klar dass es kein happy end geben wird aber man ist doch sehr gespannt darauf wie die Geschichte wohl enden wird…!

Mir hat das Buch sehr gut gefallen und ich hab es fast in einem Zug durchgelesen.

Ich habe im Netz ein paar (persönliche) Kritiken zu dem Buch gelesen und finde es ziemlich schade dass es bei manchen Leuten so schlecht abgeschnitten hat. Es wurde nämlich z.b bemängelt, dass das Buch völlig ungeeignet ist um ein realistisches Bild aus dieser Zeit zu vermitteln weil es so viele unrealistische und unmögliche Elemente enthält und das Bild dieser Zeit verzerren würde.

Natürlich ist es absolut unwahrscheinlich dass es ein jüdischer Junge in Auschwitz geschafft hat sich täglich über ein Jahr lang weg zu schleichen um unbemerkt mit einem Jungen auf der anderen Seite des Zauns zu reden und sich mit ihm anzufreunden! Selbstverständlich ist es unrealistisch dass ein 9 jähriger Junge damals nicht wusste was „ein Jude“ oder wer der „Führer“ ist denn dieses „Wissen“ wurde den Kindern damals ja quasi schon mit der Muttermilch verabreicht. Und selbstverständlich ist noch unrealistischer dass auch Brunos Schwester, die bereits 12 Jahre alt ist, auch nicht viel mehr weiß als Bruno! Dies alles und noch viel mehr wurde bei diesem Buch bemängelt und es wurde davon abgeraten das Buch ohne wahre Vorkenntnisse aus dieser Zeit zu lesen weil es halt einen so falschen Eindruck vermitteln würde…!

Aber ganz ehrlich, wer hat denn zu diesem Thema Bitte keine Vorkenntnisse??? Gibt es das überhaupt?? –Ich denke nicht, denn man wird ja bereits in frühester Schulzeit immer wieder an das Thema Nationalsozialismus/Drittes Reich herangeführt!

Außerdem bin ich mir sehr sicher dass der Autor mit diesem Buch kein historisch 1:1 realistisches Werk schaffen wollte sondern völlig andere Absichten hatte…!

Kinder sind völlig unvoreingenommen und behandeln alle Menschen gleich, wenn sie nicht bestimmte Werte (Vorurteile) von den Erwachsenen „lernen“! Außerdem ist es sehr gefährlich Kinder völlig im Dunkeln zu lassen und ihnen gewisse Dinge komplett vor zu enthalten, nur weil sie angeblich noch zu klein dafür sind…!

Ich denke das sind u.a zwei der wichtigsten Aussagen die der Autor mit diesem Buch vermitteln wollte…!

Ein wirklich sehr gutes Buch das ich wärmstens empfehlen kann!!

John Boyne wurde 1971 in Dublin geboren, wo er auch heute lebt. Er ist Autor von vierzehn Romanen. „Der Junge im gestreiften Pyjama“ hat sich weltweit sechs Millionen Mal verkauft, hat zahlreiche internationale Buchpreise gewonnen und ist mit großem Erfolg verfilmt worden. John Boynes Romane wurden in über vierzig Sprachen übersetzt.


Genre: Roman
Illustrated by FISCHER KJB

Toradora 1 bis 6

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Inhalt 1. Band: Taiga sieht klein, süß, niedlich und unschuldig aus, hat es aber faustdick hinter den Ohren. Sie schreckt auch vor Gewalt nicht zurück, um ihr Ziel zu erreichen. Ganz anders Ryuji. Er sieht mit seinem bösen Blick brandgefährlich aus, ist aber ein netter Kerl, der verantwortungsbewusst seine Mutter, die abends in einem Lokal jobbt, umsorgt. Die beiden treffen sich durch Zufall, als der große Ryuji die winzige Taiga über den Haufen rennt. Ab da ist nichts mehr so wie vorher: Taiga macht Ryuji zu ihrem persönlichen Diener, der sich in seiner Freizeit um sie kümmern muss. Aber die beiden treffen auch ein Arrangement: Wenn Taiga Ryuji hilft, bei ihrer Freundin Minori zu landen, dann hilft Ryuji ihr, bei seinen besten Freund Kitamura zu punkten. Und Ryuji entdeckt bei Taiga auch verletzliche Seiten.

2. Band: Da Taiga und Ryuji viel Zeit miteinander verbringen und immer vertrauter miteinander werden, glauben ihre Angebeteten Minori und Kitamura, dass die beiden ein Paar sind. Das geht natürlich gar nicht und Taiga und Ryujin schmieden hastig Pläne, um dieses Missverständnis aus der Welt zu schaffen. Taiga macht Kitamura sogar ein Liebesgeständnis, aber der lässt sie abblitzen. Dann kommt auch noch das Model Ami Kawashima in ihre Klasse und macht den beiden Ärger.

3. Band.: Ami ist ausgerechnet die Kindergartenfreundin Kitamuras. Und sie hat zwei Gesichter: ein oberflächlich nettes Gesicht und ihr wahres hinterhältiges. Kitamura bittet Taiga, sich mit Ami anzufreunden, was Taiga nur äußerst widerwillig macht, da Ami und sie sich nicht ausstehen können. Und Ryuji steht zwischen den Fronten, weil Ami sich an ihn heranmacht. Da Ami Taiga immer wieder beleidigt, entschließen sich Taiga und Minori zu einem Gegenschlag. Aber auch Ami ist nicht ohne: Taiga und Ryujis Mutter erwischen Ami und Ryuji in einer pikanten Situation.

4. Band.: Taiga ist verärgert, weil sie einen Schwimmwettbewerb gegen Ami gewinnen muss. Der Haken an der Sache: Sie kann nicht schwimmen. Und in einem Schwimmanzug sieht ihr Busen aus wie ein flaches Brett – im Gegensatz zu Ami, die mit ihrer großen Oberweite sehr sexy wirkt. So kann sie sich vor ihrem Schwarm Kitamura nicht zeigen. Aber Ryuji hat schon eine Idee…

5. Band.: Taiga, Ryuji, Kitamura, Ami und Minori fahren ans Meer. Dort soll Ryuji endlich Minori näherkommen. Die hat Angst vor Spukgeschichten und so beschließen die beiden, Minori in Angst und Schrecken zu versetzen, damit sie in Ryujis Arme sinken kann. Aber der Schuss geht nach hinten los.

6. Band.: Die Klasse von Taiga und Ryuji plant ein Schulfest. Zur Auswahl stehen ein Maid-Café, ein Spukhaus und eine Pro-Wrestling-Show. Alles läuft ganz normal – bis Taigas Vater auftaucht und seine Tochter auffordert, zu ihm und seiner neuen Familie zu ziehen. Aber Taiga ist stinksauer auf ihn und will ihr bisheriges Leben nicht aufgeben.

In dieser Story werden zwei beliebte Motive des chinesischen Tierkreiszeichnes verarbeitet: Tiger und Drache. Taiga als Tiger und Ryuji als Drache ergeben immer wieder Stoff für neue Situationskomik und Spannungsbögen. Natürlich sorgen auch das Aussehen und die damit verbundenen Erwartungen, die nie erfüllt werden, für neue Wendungen, Komik und Spannung, ebenso die romantischen Dreiecksgeschichten. Sogar ein wenig Tiefe wird geboten, wenn die Leserin/ der Leser hinter die Fassaden Amis, Ryujis und Taigas blicken darf. Die Cover geben je im Duo die wichtigsten Persönlichkeiten des Mangas und deren Charakter wieder. Dabei zeigen sie auch diejenigen Seiten einer Figur, die man erst einmal nicht vermuten würde. Sie verweisen also auf den Inhalt, ohne zu viel zu verraten, sodass sie als gelungen einzustufen sind. Die Zeichnungen selbst sind in Ordnung und unterstützen den jeweiligen Storyverlauf sehr gut, u.a. mit SD (super deformed), was die Komik erhöht.

Insgesamt leichte, nette Unterhaltung für Teens in den Pubertätswirren. Aber mich persönlich hat die Serie nicht ganz überzeugt, denn ich verspüre nicht das Bedürfnis, sie weiterzuverfolgen. Dazu sind mir die Charas außer den beiden Hauptfiguren etwas zu blass geraten und die Story zu betont dynamisch-witzig. Aber die Geschmäcker sind bekanntlich verschieden, sodass diese Serie trotzdem bei einigen MangaleserInnen gut ankommen wird.


Illustrated by Egmont Ehapa

Asterix bei den olympischen Spielen – Limitierte Sonderausgabe

asterix bei den olympischen spielen

Claudius Musculus ist die olympische Hoffnung des Lagers Aquarium – bis er bei seinem Lauftraining im Wald Asterix und Obelix begegnet, die ihn in allem übertrumpfen. Völlig mit den Nerven fertig verweigert Musculus das weitere Training, während sich die Gallier nach der Begegnung mit dem Legionär mit dem Gedanken tragen, an den olympischen Spielen teilzunehmen. Da sie offiziell als Römer gelten, dürfen sie teilnehmen. Also reist das ganze Dorf nach Griechenland zu den Spielen, um Asterix und Obelix zu unterstützen. Allerdings haben die Gallier nicht damit gerechnet, dass es schon im alten Griechenland Dopinggesetze gibt.

 

Die limitierte Sonderausgabe wartet mit 16 zusätzlichen Seiten auf, die unter dem Titel „Asterix bei den olympischen Spielen unter die Lupe genommen“ viele Zusatzinformationen rund um die Autoren und den Hit „Asterix“ liefern. Die Rezeptionsgeschichte von „Asterix“ wird genauso beleuchtet wie die Entstehung einer Auswahl von Zeichentrickfilmen zu Asterix, Ideen für Parodien im Heft, Selbstdarstellung der Autoren in ihrem Asterix-Universum, handschriftliche Notizen und Zeichnungen Goscinnys und Uderzos, Coverentwürfe, reisende Gallier in den Asterix-Heften, die Entwicklung von Methusalix, Touristik in den Abenteuern, Anspielungen auf Sportler der 60er, Meisterschaften in den Asterix-Heften und Alternativcover. Die Texte sind leicht verständlich, recht amüsant und informativ geschrieben und das alles im Softcover für 6, 50 Euro und in der Hardcover-Version für 12 Euro zu haben. Da kann und sollte man nicht meckern, wenn man sein abgegriffenes altes Heft gegen eine aufgepimpte Neuversion tauschen will oder dieses Abenteuer noch in der Sammlung fehlt.


Illustrated by Egmont Ehapa

Die letzten Kinder von Schewenborn

Schewenborn“Als wir durch Lanthen fuhren, war noch alles wie immer. Aber im Wald, gerade in der Kurve am Kaldener Feld, blitzte es plötzlich so grell auf, daß wir die Augen zupressen mußten. Meine Mutter stieß einen Schrei aus, und mein Vater trat so fest auf die Bremse, daß die Reifen quietschten. Sobald der Wagen stand, sahen wir am Himmel, hinter den Wipfeln, ein blendendes Licht, weiß und schrecklich, wie das Licht eines riesigen Schweißbrenners oder eines Blitzes, der nicht vergeht. Ich schaute nur einen Augenblick hinein. Trotzdem war ich danach eine ganze Weile wie blind”

Der 12 jährige Roland lebt mit seinen Eltern, seiner vierjährigen Schwester Kerstin und seiner 15 jährigen Schwester Judith in der Nähe von Frankfurt. Wie jeden Sommer will die Familie ein paar unbeschwerte Wochen der Ferien bei den Großeltern in dem kleinen Ort „Schewenborn“ bei Fulda verbringen. Die Lage in Deutschland ist angespannt und immer öfter fällt das Wort „Atombombe“ aber die Familie will sich nicht in Angst versetzen lassen und begibt sich auf die Fahrt…!

Bis nach Schewenborn kommen sie aber gar nicht denn das unfassbare wird bittere Realität, eine Atombombe explodiert! Druckwellen und Stürme ziehen übers Land, Feuer brechen aus, Bäume stürzen um und die Familie muss das Auto stehen lassen und die letzten Kilometer zu Fuß nach Schewenborn zurücklegen. Dort angekommen ist Schewenborn zwar stark verwüstet, kein Haus besitzt mehr Fenster, Trümmer verstopfen teilweise die Straßen, vereinzelnd gibt es Brände aber das Örtchen ist nicht komplett ausradiert und das Haus der Großeltern steht noch relativ unversehrt.

Die Großeltern sind allerdings nicht da, sie wollten noch schnell nach Fulda um ein Geschenk für die Enkelkinder zu kaufen…! Die total entsetzte Familie wartet tagelang auf die Großeltern doch sie kommen nicht wieder…! In den nächsten Tagen kommen viele Leute aus dem Umland nach Schewenborn, fast alle mit fürchterlichen Verletzungen, Verbrennungen und ersten Anzeichen der Strahlenkrankheit. Roland und seine Familie erfahren dass Fulda komplett ausgelöscht wurde und erfahren in den nächsten Tagen auch dass in vielen größeren Städten, deutschlandweit Atombomben gefallen sind…!

Deutschland und das Leben das sie kannten existiert nicht mehr, es gibt keine Regierung mehr und auf Hilfe braucht man nicht zu hoffen…!

Innerhalb kürzester Zeit beginnen Plünderungen, es kommen immer mehr Fremde und Verletzte Menschen nach Schewenborn, Nahrung und Medikamente gehen schnell aus und der Kampf ums nackte Überleben beginnt…!

Dann brechen Krankheiten aus, es kommt zu einer ersten Sterbewelle und Gedanken an den nicht mehr weit entfernten Winter ziehen auch ein…!

Ich habe bereits sehr viele Dystopien/Endzeitgeschichten gelesen aber dieses  Buch ist wirklich hardcore und ist mir sehr an die Nieren gegangen, was auch hauptsächlich daran liegt, dass die Geschichte aus der Ich-Erzählperspektive des 12 jährigen Roland erzählt wird…! Da das Buch den Titel „Die letzten Kinder von Schewenborn“ trägt, ist natürlich klar, dass sich ein großer Teil der Handlung um die Kinder, die jetzt für die Fehler der Erwachsenen büßen müssen dreht…!

Manche Stellen sind mir wirklich sehr an die Nieren gegangen und ich hatte ein paar Mal auch Tränen in den Augen, weil die Geschichte so grausam ist mich so sehr bewegt hat! Faszinierend ist dass das Büchlein gerade einmal 189 Seiten umfasst, die Autorin aber mit so einer Genauigkeit berichtet, dass ich es eigentlich gar nicht fassen kann, dass auf so wenigen Seiten eine so ausführliche und bewegende Geschichte entstehen kann in der so viel passiert…!

Es geht auch nicht „nur“ ums nackte Überleben, sondern auch darum wie man in solch schlimmen Zeiten, mit so wenig Hoffnung einen Rest Menschlichkeit bewahren kann…! Um überleben zu können muss man einfach egoistisch sein aber es gibt auch Grenzen, die Rolands Familie und vor allem auch Roland, versuchen einzuhalten und vor allem Roland engagiert sich z.b aufopferungsvoll für die unzähligen Strahlenopfer und Schwerverletzten, die im völlig überfüllten Krankenhaus untergebracht werden und denen nicht geholfen werden kann…!

Dieses Buch ist extrem verstörend und regt ungeheuer zum Nachdenken an!

Was mich ziemlich schockiert hat: Wie fast all meine Bücher, habe ich auch dieses Buch gebraucht bei Ebay erworden. Auf der ersten Seite steht mit Kugelschreiber der Name des Vorbesitzers und zwar steht dort „Marc XXX Klasse 8B“! Das hat mich wirklich umgehauen denn das Buch ist auf seine extrem grausame und düstere Art einfach großartig aber ich würde es auf keinen Fall in einer achten Klasse lesen!! Das vom Hersteller empfohlene Alter ist 12 Jahre und das finde ich ziemlich krass denn das Buch ist einfach unheimlich heftig…!

Das Buch ist aus dem Jahr 1984 aber es ist eine absolut zeitlose Geschichte und die Geschichte selbst spielt auch Mitte der 80ger Jahre.

Die Verfilmung zu Gudrun Pausewangs Dystopie „Die Wolke“ habe ich bereits mehrfach gesehen und ich werde jetzt bestimmt noch weitere Bücher von ihr lesen.

Ein großartiges Buch, es hat mich einfach nur umgehauen! Ich kann es absolut empfehlen aber man sollte schon auf Dystopien stehen und auch nicht zart besaitet sein denn die Geschichte geht an die Nieren…!

Gudrun Pausewang wurde 1928 in Ostböhmen geboren. Sie erlebt Vertreibung und Flucht, kommt 1945 nach Deutschland und beendet in Wiesbaden die Schule. Sie wurde Lehrerin und unterrichtete viele Jahre in Südamerika, wo Sie auch Ihre ersten Bücher verfasste. Ihre politische Haltung – „Schluss mit dem Krieg! Schluss mit der Umweltzerstörung!“ – thematisiert sie nicht nur im Fiktionalen: 1998 promoviert sie über das Thema „Jugendliteratur und Nationalsozialismus“. Weitere wissenschaftliche Titel sowie zahlreiche Kinder- und Jugendbücher folgen. Sie lebt in Schlitz bei Fulda, einem kleiner Ort neben dem nicht fiktivem Ort Schewenborn.


Genre: Dystopie, Endzeitgeschichten
Illustrated by Ravensburger

Ich fühle was, was du nicht fühlst

51JKnbT1wXL._SX329_BO1,204,203,200_Irgendwo in einer süddeutschen Stadt in den Siebzigern. India 13 Jahre alt, mathematisch begabt und von ihrer Umwelt eher bestaunt als geliebt, lebt in einer freigeistigen Familie. Ihre Mutter gibt Seminare für Sinnsuchende und ihr Vater ist freischaffender Künstler. Ihr Bruder Che steckt mitten in der Pubertät und kämpft verzweifelt um ein Stückchen Normalität. Entsprechend frei und ohne Zwänge wachsen die beiden Kinder in dieser Familie auf. Indias Freundin Bettina ist das genaue Gegenteil und lebt in einer gutbürgerlichen, in Konventionen verhafteten Familie direkt nebenan. Wenn Indias Emotionen in Schieflage geraten, rechnet sie auf Teufel komm heraus oder baut sich imaginäre klare Strukturen aus Gegenständen ihrer Umwelt auf. Dass mit ihr etwas nicht stimmt, hat sie längst erkannt, aber noch klarer hat sie erkannt, dass mit der Welt um sie herum auch vieles nicht stimmt. Einzig Christian, Bettinas Vater, erkennt ihre Hochbegagung und erteilt ihr kostenlosen Klavierunterricht. Zum ersten Mal in ihrem jungen Leben fühlt sie sich verstanden, erkannt, akzeptiert und sie lebt auf. Bis ein Augenblick wie ein Wimpernschlag alles zerstört.

Amelie Fried taucht tief ein in die Psyche einer 13-jährigen Schülerin und lässt den Leser an ihren Gedanken teilhaben. Mit Vergnügen liest man, wie sie die Welt um sich herum seziert und ihre Mitbürger in ihre Einzeteile zerlegt. Der Erzählstil passt sich nicht der Jugendsprache an, sondern klingt, als würde die Protagonistin heute als Erwachsene erzählen, was ihr als Kind widerfuhr. Ein lockerer Plauderton, der durchaus erkennen lässt, in welchen Konflikten sich India befindet. Genau das bereitet sehr viel Lesevergüngen und unterscheidet diesen Roman von einem Kinderbuch. Als Leser möchte man dieses Mädchen herausholen aus dieser schrecklichen Familie, erst recht, als auch innerhalb dieses ohnehin wackeligen und wenig Halt gebenden Gebildes Konflikte enstehen. Man möchte dieses  Mädchen in seine Küche setzen, ihr einen Riesenteller Nudeln hinstellen und sie beschützen. Nötig ist das nicht, denn die Autorin schafft immer wieder Momente, in denen man erkennt, dass India klar kommt mit ihrer Situation. Während des Lesens tauchen Bilder auf, Lebensmittel (Fruchtschnitten!), Zeitschriften, Musiker und das Lebensgefühl aus den Siebzigern. Ein wissendes Nicken während des Lesens konnte nicht unterdrückt werden.
Wie sich die Geschichte dieses Mädchens entwickelt und wie sie sehr erwachsene Entscheidungen trifft, um voranzukommen, hat Amelie Fried wunderbar unterhaltsam aufgedröselt, sodass ein Ende dieser Geschichte viel zu schnell kommt. Trotzdem atmet man als Leser auf und freut sich mit India und ihrem Bruder, dass jedes Chaos irgendwann in eine Form passt. Zuversichtlich, dass aus India und ihrem Bruder Che zufriedene und lebenstüchtige Erwachsene werden, lässt die Autorin den Leser zurück.

Wunderbar.

 


Illustrated by Heyne München

Die Kunst, Elch-Urin frisch zu halten

ElchurinTim und Bullwinkel haben einfach kein Glück bei Frauen – und sie hatten noch niemals Sex. Auf einer Party begegnen sie zwei Stewardessen, die sich für exotische Drogen interessieren. Und für Männer, die den Stoff anbieten. Die beste Droge der Welt, so finden die Jungmänner heraus, ist Urin von einem Elch, der psychogene Pilze gefressen hat. In der Hoffnung, mittels dieses Zaubersaftes endlich zum ersehnten Sex zu kommen, fliegen Tim und Bullwinkel nach Finnland, um auf eine Elchjagd der besonderen Art zu gehen. Aber wie so vieles im Leben der beiden verläuft nichts wie geplant …

Tim und Bullwinkel sind zusammen zur Schule gegangen, waren aber nie eng befreundet und haben sich dann aus den Augen verloren. Jetzt sind beide 25 Jahre alt und ziemlich frustriert denn beide hatten noch nie eine Freundin und was noch viel schlimmer ist, auch noch nie Sex! Tim und Bullwinkel treffen sich zufällig wieder als Bullwinkel in der Patsche steckt und spontan von Tim aus einer brenzligen Situation gerettet wird…! Sie verbringen den Abend gemeinsam, ziehen um die Häuser und finden recht schnell heraus dass sich beide in derselben, miesen Situation befinden, nämlich der mit Mitte 25 noch jungfräulich zu sein…!

Auf einer Party treffen Sie auf zwei Stewardessen die voll und ganz dem bevorzugten Frauenbild der beiden entsprechen. Sie beschließen sich gegenseitig bei diesem Vorhaben zu unterstützen denn mit der verhassten Jungfräulichkeit soll jetzt endlich Schluss sein und das erste Mal soll unbedingt mit diesen heißen Mädels stattfinden…!

Die beiden Mädels sind aber nicht wirklich angetan von den Jungs und somit greift Bullwinkel zu einem Trick. Er verspricht den beiden den Trip ihres Lebens mit einer sehr exotischen Droge denn auf Drogen fahren die Mädels voll ab…! Dummerweise haben die Jungs von exotischen Drogen keine Ahnung und somit durchforschen sie das Internet. Sie stoßen auf eine Droge der ganz besonderen Art die in Finnland konsumiert wird, nämlich dem Urin eines Elches der zuvor für den Menschen eigentlich giftige Pilze gefressen hat…! Die Jungs verabreden mit den Mädels ein Treffen in der darauffolgenden Woche und schon am nächsten Tag sitzen Tim und Bullwinkel im Flugzeug Richtung Finnland…!

Ich weiß gar nicht wie ich anfangen soll dieses total bekloppte Buch beschreiben! Die beiden Protagonisten Tim und Bullwinkel sind wirklich eine Marke für sich. Während Tim eigentlich ein recht harmloser, eher unscheinbarer, frustrierter und eher schüchterner jungen Mann ist, ist Bullwinkel eine Marke für sich. Er fällt schon allein durch seinen ausgefallenen Kleidungsstil und seine permanente Dauergeilheit auf. Er redet fast pausenlos nur über Sex und hat so manch skurilen Trick erfunden um seiner Dauergeilheit zumindest Abhilfe zu verschaffen! Man kann nur mit dem Kopf schütteln und die Erfahrungsberichte der beiden Jungs über Ihre sexuellen Misserfolge sind einfach zum Schreien! Ich musste soooo oft schmunzeln und teilweise auch laut lachen…! Ihre Weltanschauungen und Redewendungen sind einfach grandios!

Als ich das Buch zur Hälfte durch hatte, fragte mich eine Freundin ob es noch immer so gut und lustig ist und ich antwortete ihr „Das Buch erinnert mich an das Dschungelcamp. Es ist so bekloppt aber auch so unterhaltsam dass man zwar teilweise das Gefühl hat Gehirnmasse zu verlieren aber man kann einfach nicht aufhören zu lesen weil man unbedingt wissen will was noch so alles kommt“! Dann sagte ich ihr noch „Ich glaube aber dass ich, wie beim Dschungelcamp, doch froh sein werde wenn ich es durch habe und der Spuk dann trotz hohem Unterhaltungswert dann doch vorbei ist“! Diese zweite Aussage muss ich jetzt zurücknehmen denn ich finde es jetzt richtig schade dass ich es schon ausgelesen habe…! Es ist eine absolut durchgeknallte Geschichte (roadtrip) denn selbstverständlich geht in Finnland so einiges schief und Tim und Bullwinken bringen sich selbst immer wieder in die kuriosesten und verfahrensten Situationen…!

Der Autor hat so viel Liebe und Detailgenauigkeit in diese beiden Figuren und die komplette Geschichte gelegt, dass man irgendwann richtig tief in der Geschichte steckt und selbst das Gefühl hat mit den beiden Jungs auf diesem verrückten roadtrip zu sein!

Man freundet sich irgendwann quasi mit diesen Jungs an und akzeptiert einfach ihre reichlich schräge, völlig unkonventionelle und durchgeknallte Art. Während man relativ schnell erkennt dass in Tim eigentlich ein ganz normaler junger Mann steckt, muss man sich hinterher auch eingestehen dass selbst Bullwinkel keinesfalls so ein oberflächlicher Geist ist der nur Sex im Kopf hat sondern durchaus ein echt guter Kerl ist der mehr Tiefgang und Werte hat als man ihm zutraut…!

Und auch die Jungs erkennen während ihrer zahllosen, kuriosen Abendteuer, dass sie im anderen einen wahren Freund gefunden haben denn was eigentlich als Zweckgemeinschaft begann, wird bald zu einer tiefen Freundschaft…!

Selbstverständlich darf man kein literarisches Meisterwerk erwarten, sondern man bekommt eine völlig durchgeknallte aber sau-coole Geschichte bei der ich mich oft gefragt habe wie er Auto nur auf solch verrückte Ideen gekommen ist und ob er wohlmöglich selbst diesen Elchurin probiert haben könnte…! 😉

Man bekommt ein locker-leichtes Buch, bei dem man einfach nur viel Spaß haben kann wenn man sich darauf einlässt und das einen mit seinem letztendlichen Tiefgang noch ziemlich überrascht!

Wirklich ganz großes Kino, ich kann dieses Buch sehr empfehlen, es hat mir super gefallen und ich könnte noch lange weiter schwärmen…!

Rochus Hahn ist 54 Jahre alt und lebt mit seiner Frau und zwei Kindern in Frankfurt / Main. Seit über dreißig Jahren arbeitet er als Drehbuchautor. Seine bekanntesten Arbeiten sind “Das Wunder von Bern”, “Sketchup”, “Der Geschmack von Apfelkernen”, „Tatort” und “Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken”. „Die Kunst, Elch-Urin frisch zu halten“ ist sein erster Roman.

 


Genre: Roman
Illustrated by Goldmann München

Die Drehtür

Ein Augenblick des Verharrens auf einem Flughafen wird zum Blick zurück. Eine Krankenschwester kehrt nach ihrem letzten Auslandseinsatz aus Lateinamerika heim nach Deutschland. Aber es ist eigentlich keine Heimkehr, sondern eine Strandung. Ihre letzten Kollegen in einer Klinik in Nicaragua haben ihre fehlende Eignung für die dortigen Anforderungen erkannt und Geld für das Rückflugticket gesammelt. Inspiriert vom Vielerlei der dem Ab- und Anschlussflug harrenden Menschen und Gesichter lässt sie ihr eigenes Berufsleben in fernen Landen und  Kulturen noch einmal Revue passieren. Dabei schöpft sie aus viel Selbst- aber auch aus Fremderlebten, indem sie Erinnerungen derer mit ein flechtet, die ihr in all den Höhen und Tiefen, die dieser Beruf ganz besonders im Ausland nun einmal mit sich bringt, begegnet sind. Und führwahr, als Krankenschwester gibt es in der großen weiten Welt viel zu erleben, sei es nun die Frauen verachtende Kastenkultur in Indien, jener kräftige Grauschleier der nur noch wenig Lust auf sonstige spirituelle Erleuchtungen übrig lässt, oder auf den Pfaden von Che Guevara und Guerilla-Ikone Tamara Bunke im bolivianischen Dschungel. Dazwischen eingestreut sind private Reisehumoresken und ihre Auswirkungen auf die Paardynamik im Endstadium.

Das Ganze ist gut geschrieben, mit einem wachen Blick für die großen und kleinen Dramen der Unwägbarkeit des Lebens. Gerade ihr Sarkasmus, der zudem von originellen Bildern gut unterstützt wird, schafft über die Ehrlichkeit die Empathie. Alle, sogar bis hin zur jammernden Katze vor der Appartement-Tür im Ferienparadies bekommen den ihnen gebührenden Anteil davon ab.

Indes ahnt man während der Lektüre zunehmend weniger, worauf das Ganze hinaus laufen soll und auch nach dem Schluss bleibt Ratlosigkeit zurück, denn zu sehr stehen die Geschichten in ihrer Episodenhaftigkeit im Vordergrund und damit für sich alleine da. Sie weisen keinen tieferen Zusammenhang auf, als von ein und derselben Person zum Besten gegeben zu werden. Sie entfalten im Verhältnis zueinander keine Wechselwirkung und münden auch in keinem erkennbaren Entwicklungsstrang ein. Das Ende besteht in der Vorenthaltung von Weiterem. Es ist  eine Begrenzung der Erzählmenge aber kein erzählerischer Abschluss. So gesehen ist das Werk von vornherein dazu verurteilt, nicht mehr sein zu können als die Summe der erzählten Teile, aber die sind durchweg lesenswert und gut.

 

 


Genre: Erzählungen
Illustrated by Kiepenheuer & Witsch Köln

Alles muss versteckt sein

VerstecktSteckt in jedem Menschen ein Mörder? In Gedanken hat Marie schon erschlagen, erwürgt, zerstückelt. Die furchtbar realen Gewaltfantasien kommen ohne Vorwarnung und machen ihr unaussprechliche Angst. Doch denken heißt nicht tun. Glaubt Marie. Bis ein grausamer Mord geschieht, der genau dem Horror-Drehbuch ihres Kopfes entsprungen zu sein scheint. Alle halten Marie für eine Mörderin. Auch sie selbst. Sie wird verurteilt, eingewiesen, weggesperrt. Ein junger Arzt hilft ihr dabei, die Wochen vor der Mordnacht zu rekonstruieren, und in Marie wachsen die Zweifel. Ist die Wahrheit noch viel furchtbarerals ihre Fantasie?

Marie ist Mitte 30 und hatte ein tolles Leben. Sie liebte Ihre Arbeit im Kindergarten, hatte einen tollen, erfolgreichen Mann und eine süße Tochter. Doch dann passiert ein tragischer Unfall und Maries kleine, 6 jährige Tochter kommt bei einem Autounfall ums Leben!

Maries Welt bricht zusammen, sie kommt mit dem Verlust nicht klar und schließlich zerbricht auch Ihre Ehe daran! Nach Monaten voller Trauer und Verzweiflung fasst Marie zumindest etwas neuen Lebensmut und nimmt Ihre Arbeit im Kindergarten wieder auf. Nach kurzer Zeit muss sie den Kindergarten aber Fluchtartig verlassen denn in Maries Kopf entstehen entsetzliche Bilder! Sie stellt sich vor wie sie den Kindern etwas antut, sie würgt oder mit einer Glasflasche niederschlägt…!

Marie lässt sich krankschreiben, traut sich aber nicht ihrem Hausarzt den wahren Grund zu erzählen! Nach und nach werden diese Gedanken immer schlimmer und häufiger und beziehen sich auch nicht nur auf Kindern sondern auf so gut wie alle Menschen! Marie verlässt kaum noch die Wohnung und will sich Hilfe besorgen aber die Wartelisten sind überall lang und auf einen Termin in einer psychiatrischen Praxis kann sie erst in frühestens 6 Monaten hoffen…!

Sie fängt an im Internet zu recherchieren und stößt dabei auf ein Forum für Leute mit Zwangserkrankungen in dem sich auch andere Leute mit zwanghaften Gewaltgedanken Hilfe versprechen! Dort lernt Sie eine Frau kennen die auch unter Gewaltphantasien leidet und die Marie nützliche Tipps geben kann um Ihre Gedanken zumindest etwas unter Kontrolle zu halten…!

Diese Tipps helfen Marie wirklich weiter und nach und nach traut sie sich auch wieder unter Leute. Sie lernt sogar einen neuen Mann kennen, verliebt sich und geht eine Beziehung mit ihm ein. Alles läuft gut, bis dieser Mann eines Morgens tot neben ihr im Bett liegt, über und über mit Blut beschmiert und sich in Maries Hand ein blutiges Küchenmesser befindet…!

Die Geschichte beginnt damit dass Marie in der Forensik sitzt und sich fragt wie das alles nur so weit kommen konnte! Ausführlich wird Ihr Leben in der Forensik geschildert, was ich wirklich sehr interessant fand! Marie erzählt Ihrem Psychologen nach und nach Ihre komplette Geschichte und ein Großteil des Buches wird daher in der Ich-Erzählperspektive erzählt, was ich sehr mag!

Die Geschichte ist sehr interessant, spannend, traurig und verstörend, man kann sich sehr gut in Marie hineinversetzen und baut eine richtige Beziehung zu ihr auf! Wer jetzt denkt dass ich schon zu viel gespoilert habe dem möge gesagt sein, dass all diese Sachen schon sehr schnell erwähnt werden, schließlich denkt Marie viel nach und schildert ihrem Psychiater auch ihre Geschichte…!

Nach einer Weile ahnt man schon dass es noch etwas geben wird womit man nicht rechnet und man fragt sich auch unweigerlich ob Marie die Tat vielleicht doch nicht begangen hat sondern etwas anderes dahinter stecken könnte…! Irgendwann bekommt man auch eine genauere Ahnung, die sich aber nur teilweise bestätigt und dann kommt eine Wendung mit der man absolut nicht gerechnet hat…!

Mit hat das Buch unglaublich gut gefallen, es hat mich sehr gefesselt und ich konnte es kaum mehr aus der Hand legen!

Trotz des grausamen Themas ist es nicht besonders blutig und kann eigentlich von Jedem gelesen werden! Natürlich muss man aber schon auf solche Geschichten stehen…!

Ich kann das Buch sehr empfehlen, es ist wirklich Klasse!

Wiebke Lorenz ist in Düsseldorf geboren und aufgewachsen. Sie studierte in Trier Germanistik, Anglistik und Medienwissenschaft und lebt heute in Hamburg. Ihre Psychothriller „Allerliebste Schwester“, „Alles muss versteckt sein“ und „Bald ruhest du auch“ sind sehr erfolgreich. Mit ihrer Schwester Frauke Scheunemann schreibt sie unter dem Pseudonym Anne Hertz Bestseller mit Millionenauflage. Außerdem veröffentlicht sie unter den Pseudonymen Jana Sonntag, Lena Gold und Charlotte Lucas. Neben ihrer Tätigkeit als Schriftstellerin arbeitet sie als Journalistin und Drehbuchautorin.


Genre: Psychothriller
Illustrated by Diana Verlag

Die Wahrheit sagen

Leben und Lieben in Zeiten des Krieges

formánek_mluviti-pravdu_coverJosef Formáneks zweiter Roman. In einer Straßenbahn auf die Welt gerutscht wurde der kleine Bernhard Mares von seiner Mutter bald weggegeben und seinem Schicksal überlassen. Mehr aus Zufall denn Überzeugung landet der „Sudetendeutsche“ bei der Waffen-SS und ist dort zwar nur der Fahrer, aber dennoch auf der Seite der Gewinner. Vorläufig. Als Kind hatten ihn seine tschechischen Klassenkameraden immer gehänselt, weil er der Deutsche war, als Erwachsener merkt er, dass er vielmehr Österreicher ist oder eigentlich sogar Tscheche. Und beinahe am Ende seines Lebens, auf der Suche nach seiner verschollenen Mutter in Caracas, findet er heraus, dass er eigentlich Jude ist. Sein ganzes Leben erzählt Mares – in einer Art Lebensbeichte – dem Schriftsteller Josef Formánek, der sich mit diesem auch im Buch im Dialog befindet. Selbst gezeichnet von seiner Alkoholsucht und dem gleichzeitigen Ekel und der Faszination an seiner Figur gelingt es Formánek ein wahrhaftiges Porträt eines Menschen zu zeichnen, das ehrlicher nicht sein könnte. Nicht umsonst lautet der Titel ja: „Die Wahrheit sagen“.

Wahre Liebe wartet

Der vielschichtige zweite Roman des tschechischen Schriftstellers, der gleichzeitig auch einen Verlag gegründet hat, um die Literatur seines Landes in der Welt besser bekannt zu machen, beginnt auf einer Müllhalde wo der Journalist dem Protagonisten begegnet. Der eine will eine Geschichte, der andere seine Sophie zurück. Die Liebschaft aus den Tagen bei der SS ist eigentlich auch der rote Faden dieses Lebens, denn eine wirkliche wahrhaft große Liebe kann einem tatsächlich das Leben retten. So geschehen im Falle Bernhard Mares, der zwanzig Jahre seines Lebens im Gefängnis verbrachte um dann als „letzter deutscher Soldat des Zweiten Weltkriegs aus der Gefangenschaft entlassen zu werden“. Das war erst 1969, das Jahr in dem Josef Formánek gerade seinen ersten Schrei in die Welt abgab. Denn obwohl es Mares nach dem Krieg bis zum kommunistischen Kreissekretär gebracht hatte, holte ihn doch die Vergangenheit ein. Eine seiner Liebschaften hatte ausgeplaudert, dass er früher einmal bei der SS war. Aber die große Liebe, Sophie, die trifft er immer wieder, wegen ihr bricht er sogar dreimal aus dem Gefängnis aus, nur um sie wieder zu “im Heustadel zu lieben” wie einst. Die Liebe ist aber genauso unmöglich wie sein Leben und am Ende, bei der letzten Begegnung in einem Prager Café muss wohl auch er einsehen, dass er sich getäuscht hat. Oder doch nicht? “Warum?” frägt er sie zuletzt noch, ihre Antwort: “weil es sonst ewig so weitergegangen wäre”. Lesen Sie es selbst wie Mares rückwärts: “remmi rüf”.

Einsiedlerkrebs auf Quartiersuche

Die Sprache des Romans erinnert an Bukowski, Céline, Kafka und zuletzt auch Hrabal, denn sie ist geradlinig, ehrlich und nimmt sich kein Blatt vor den Mund. Stilistisch ist es als Dialog konzipiert, der immer wieder von lateinischen Zitaten und Sinnsprüchen unterbrochen wird. Der aufmerksame Leser wird auch bemerken, woher diese Sprüche stammen, wie sie den Krieg überlebten und wo er sie sich hinstecken kann. Die Reflektionen Formáneks, seine Gedanken über den Sinn des Lebens, die Liebe und den Tod, die er Mares in den Mund legt, sind prätentiös und wahrhaftig und reißen einen tatsächlich vom Hocker, etwa wenn er die Geschichte des Einsiedlerkrebses in seinem Kleiderkasten erzählt, der sich immer wieder größere Behausungen sucht, aber letztlich in seinem Schrank vertrocknet, weil er nichts größeres mehr findet. „Zum anderen, weil im Dunkel, in der Einsamkeit hinter dem Schrank, nicht nur Einsiedler sterben“, schreibt Formánek nicht ganz ohne Selbstmitleid. Immer wieder betont er auch, dass wir selbst die Meister unseres Schicksals wären und uns unser Leben ja auch selbst aussuchten, wie es auch in der psychologischen Richtung des Konstruktivismus heißt. „Nur in der Gegenwart, im einzelnen Augenblick kann man die Zukunft finden.“, alle Fragen nach dem Sinn seien aber sinnlos. Am Ende vergisst Josef Formánek auch nicht darauf eine von vielen Pointen einzubauen, denn als Mares von dem Buch erzählt in dem ein Computer die Wahrheit über den Sinn des Lebens errechnet und ihn dann ausspuckt lautet die Antwort im Gegensatz zum Original nicht „42“, sondern „48“, das Jahr in dem die Kommunisten die Tschechoslowakei für sich reklamierten.

Ein tiefsinniger Roman, den man gelesen haben muss, da er in seiner Vielschichtigkeit und Ehrlichkeit mindestens so viel über den Sinn des Lebens vermittelt, wie die lateinischen Zitate, die der Autor so gerne verwendet: Victrix fortunae sapientia (Siegerin über das Schicksal ist die Weisheit).

Josef Formánek
Die Wahrheit sagen. Brutaler Roman über die Liebe zum Leben.
Gekko Verlag
480 Seiten
ISBN-13: 978-8090635401
23 Euro


Genre: Biographien, Briefe, Dokumentation, Dystopie, Erinnerungen, Liebesroman, Memoiren, Politische Romane
Illustrated by Gekko

Alles schick in Kreuzberg?

Alles schick in Berlin? Wer Berlin liebt, wird gerne mit dem Verleger und Autor Klaus Bittermann durch sein Viertel Kreuzberg flanieren, das unlängst mit dem Ost-Bezirk Friedrichshain zu einer Verwaltungszone vereint wurde. So soll Ost und West zusammenwachsen und (wieder)vereinen was einst getrennt. Dass das aber nicht unbedingt immer friktionslos geschehen muss, erzählt Bittermann in kurzen Episoden aus seinem Alltagsleben, in denen der passionierte Flaneur sich inbesondere mit Touristen, Pennern und Gentrifizierten auseinandersetzt. Bittermann, der seit 1981 in Berlin lebt, kennt seine Wahlheimat und ihre Sprache, die ist oft abrupt und wirkt sehr aggressiv, aber die Berliner meinen das dann ja alles gar nicht so. Es geht eigentlich mehr darum, das Terrain abzustecken und abzuchecken wie der andere so drauf ist. Das mag für Uneingeweihte etwas ruppig wirken, für andere aber sehr witzig, mitunter auch unabsichtlich. Vielleicht ist es dem Autor ja damals auch so gegangen, als er von Kulmbach in die geteilte Stadt zog.Bittermann-SchickinKreuzberg

“Ich schwör! Echt ma’…“

Es bärlinert. Nicht nur Harry Rowohlt (Pu, der Bär) beherrscht das Idiom bei der Live-Lesung dieses Buches, das gleichzeitig auch auf CD beim selben Verlag erschienen ist. Man hört aber auch die Stimme des Autors, die beiden wechseln sich mit einigen Kalauern ab und das Publikum lauscht aufmerksam. Besonders unterhaltsam sind natürlich die Passagen, wo sich das typisch Berlinerische mit anderen Idiomen mischt, etwa wenn ein Zuwanderer von einem Baseballschlägertypen verfolgt wird und ruft: „Ich schwör! Echt ma, frag die Leute da.“ Die versammelten Polizisten – wohl bei einer 1.Mai Demo – stehen aber mit ihren Sprüchen keineswegs im sozialen Abseits. „Niemand fickt hier jemanden“ heißt der titelgebende Satz dieser Episode aus Bittermann’s Berliner Leben zwischen Absturz und Chaos. Das neueste sind nun aber keine 1.Mai-Demos mehr, sondern Flashmobs anstelle von Solidaritätskundgebungen. „Capulcu 36“ heißt es hier auf einem T-Shirt, so hat Erdogan regimekritische Demonstranten genannt und es bedeutet Marodeur. Das „36“ steht für das Viertel in dem sich das alles ereignet, der alte Postleitbezirk um das Kottbusser Tor und die verschriene Oranienstraße (nicht Oranienburger!) sind das politische Zentrum Berlins, damals, als es noch politisch war. „Aber seitdem hier ständig deeskaliert wird, kann man nicht mal mehr was Illegales machen“, beklagt sich der Flaneur ironisch provokant.

Lese- und Hörspaß

Alte FraKLAUS2uen mit Tourette-Syndrom, baseballschwingende Demonstranten, freundliche Polizisten und ein Design-Festival in Berlin, das eigentlich ja eine „contradictio in adjecto“ darstellt, wie Bittermann beflissen hinzufügt, denn eigentlich ist Berlin ja hässlich oder worin besteht der Widerspruch? Der Hangar des Tempelhofer Flughafens ist zwar eine besonders gut gewählte Location dafür, aber in den Hangar-Hallen gehen die Design-Stücke fast unter. Denn Tempelhof steht für faschistische Architektur: Schwerindustrie, Kruppstahl, Stahlstreben und –treppen. Aber auch für die Rosinenbomber nach dem Krieg. Die CD-Lesung mit dem Titel „Möbel zu Hause, aber kein Geld für Alkohol“, worauf auch einige Passagen aus „Alles schick in Kreuzberg“ enthalten sind, sowie das Buch sind in der Editon Tiamat erschienen. Auch auf dieser 140-minütigen (zweiten) DoppelCD des leider kürzlich verstorbenen Vorlesers Harry Rowohlt verteidigt er seinen Ehrentitel „Paganini der Abschweifung“ (Titel der ebenfalls bei Tiamat erschienen 1. CD) und berlinert, flucht, schreit, schimpft oder flötet liebevoll Bittermanns Beobachtungen in der neuen deutschen Hauptstadt. Ein kurzweiliger Lese- und Hörspaß für einen lustigen Sommer, vielleicht ja in Berlin?

Klaus Bittermann
Alles schick in Kreuzberg.
Unter Touristen, Pennern, Gentrifizierten.
Edition Tiamat Critica Diabolis 212, 2016


Genre: Humor und Satire, Kurzgeschichten und Erzählungen
Illustrated by Edition Tiamat Berlin

Doktor Wassers Rezept

Gustafsson Dr. Wasser Lars Gustafsson sagte über sich selbst, er fühle sich als Philosoph, dessen Werkzeug die Literatur sei. Wie etliche seiner Werke unterstreicht auch sein letzter Roman „Dr. Wassers Rezept“ dies eindrücklich.

Gustafsson war einer der bekanntesten und bedeutendsten Autoren Schwedens, er verstarb im April diesen Jahres im Alter von 80 Jahren. Erst im letzten Jahr erhielt er den Thomas Mann Preis. Seine Dankesrede zur Verleihung ist noch auf seinem Blog nachzulesen. In dieser Rede bekennt er, dass er Thomas Mann auch deshalb bewundere, weil Mann die Trivialität des absurden Lebens aufheben und ihn in eine ganz andere Sphäre versetzen konnte. Diese Worte muten nun nach Gustafssons Tod an, als hätte sich ein Kreis geschlossen. Umso mehr, als mit seinem letzten Buch ausgerechnet die Geschichte eines modernen Felix Krull zu seinem Vermächtnis wurde. Denn Gustafssons „Dr. Wasser“, der seine medizinische Laufbahn als Generaldirektor einer Klinik beendete und sich einen Namen in der Schlafforschung machte, ist gar kein Doktor med. Er ist „nur“ Bo Kent Andersson aus den schwedischen Wäldern, Fensterputzer und Hilfskraft in einer Reifenwerkstatt.

Der junge Bo Kent merkt früh, dass er klug ist, genau genommen: zu klug. Zumindest für das kleine schwedische Karbenning. In der Welt, in die er hineingeboren wurde, hilft ihm Klugheit nicht. Eigentlich müsste für ihn eine andere Welt her. Da findet er eines Tages die Leiche eines schon vor Monaten tödlich verunglückten Motorradfahrers – und dessen Papiere, die den Verunglückten ausweisen als Dr. Kurth Wolfgang Wasser, DDR-Flüchtling und approbierter Mediziner. Dieser Fund gibt ihm einen zufälligen Moment der Freiheit und er verwandelt den „eigentümlich durchsichtigen, fast unsichtbaren schmalen Typ aus Karbenning, die gläserne Mücke“ in einen angesehenen Wissenschaftler. Er entschied sich für den Identitätswechsel „nicht, weil ich mir besonders viel von diesem anderen versprach, sondern weil die Verführung, die von der Idee eines eigenen freien Willens ausging, unwiderstehlich war“. Nun verbringt er seinen Lebensabend als Gewinner, zumindest legen das die Ergebnisse seines Hobbys – Preisausschreiben in allen erdenklichen Formen – nahe. Aber hat er auch in seinem Leben gewonnen? Das ist die Frage, die ihn nun mit dem nahenden Lebensende vor Augen umtreibt. Kann es ihm wirklich reichen, dass er sich heiter fühlt und nicht unzufrieden?

„Doktor Wassers Rezept“ ist weit mehr als ein Schelmenroman über einen gewieften Hochstapler. Gustafsson erzählt mit der Geschichte seines Helden eine Geschichte über riskante Lügen, sinnliche Lieben und fragile Identitäten. Er folgt dabei allerdings keiner stringenten Chronik. Die Erzählung folgt – ganz Gustafssons Selbstverständnis entsprechend – einzig und alleine seinen philosophischen Gedankengängen. Die Versatzstücke des Lebens des Dr. Wasser werden dabei fragmentarisch nur zur Untermauerung der philosophischen Überlegungen gebraucht. Doch auch wenn die eigentliche Romanhandlung immer wieder unterbrochen wird, der doch man neugierig folgen möchte, ist „Dr. Wassers Rezept“ ein ungeheuer spannendes Buch. Spannend schon alleine wegen der Fragen, die das Buch aufwirft. Fragen, die sich wohl jeder zu irgendeinem Zeitpunkt seines Lebens stellt. Die ganz existentiellen Fragen darüber, wer man ist, wie man zu dem wird, der man sein möchte, ob man überhaupt die Freiheit hat, selber zu bestimmen, wer man ist und welche Verantwortung man damit übernimmt. Noch spannender, weil Gustafsson sich nicht scheut, zumindest in Teilen Antworten zu geben: „Nein, einen Sinn hat das Leben nicht. Aber man kann ihm einen Sinn geben, vielleicht war es das, was ich tat“.

Ganz besonders spannend ist noch eine ganz andere Frage, die der Roman allerdings nur am Rande aufnimmt: Wie konnte Dr. Wasser damit eigentlich durchkommen? Wieso hinterfragte nie einer die doch so offensichtlichen Diskrepanzen in seiner Geschichte? Selbst die, die ihn aus seiner Kindheit noch als Bo Kent kannten, schluckten die phantastische Geschichte von der Adoption durch ein DDR-Ehepaar und fragten nie weiter nach. „Niemand war wirklich daran interessiert, die Fäden zu entwirren“. Gustafsson findet auch darauf eine Antwort: „Die Menschen füllen Lücken gerne aus. Das ist eigentlich nicht so merkwürdig. Leben ist eine sinnstiftende Aktivität. Leben heisst zu deuten.“ Eine Antwort von bestechender Logik, die eine weitere Frage aufwirft: Wen von unseren Mitmenschen kennen wir eigentlich wirklich und wollen wir ihn überhaupt wirklich kennenlernen? Reicht uns nicht vielmehr das Bild, das wir uns von diesen machen?

Immerhin muss man Dr. Wasser zugute halten, dass er gut war auf seinem Gebiet der Schlafforschung. Er hatte diesen Beruf nicht gelernt, aber er war seine Berufung geworden. Sein Fachgebiet hatte er sich schnell ausgesucht, schien es ihm doch eines der wenigen medizinischen zu sein, auf dem er keinen Schaden anrichten konnte. Hat man auch nicht alle Tage – einen Hochstapler, der keinem je geschadet hat. So zeichnet Gustafsson ganz en passant noch das Bild eines Menschen, auf den ihn in Ansätzen durchaus die Bezeichung „Psychopath“ zutrifft, dem man aber seinen friedlichen, verkreuzworträtselten Lebensabend dennoch gönnt.

Diese Rezension erschien ebenfalls in den Revierpassagen.de


Genre: Biographien, Briefe, Memoiren, Romane
Illustrated by Hanser

Die Zelle

ZelleSammy ist elf und gerade mit seinen Eltern nach Berlin gezogen. Im Luftschutzbunker der alten Jugendstilvilla, die die Familie im Grunewald bezogen hat, macht er eine verstörende Entdeckung. Ein vollkommen verängstigtes Mädchen, nicht viel älter als er, ist dort unten in einer Zelle eingesperrt, die man mit Gummifolie ausgekleidet hat. Nur durch einen winzigen Schlitz hindurch kann er sie sehen. Am nächsten Tag ist die Zelle leer, das Mädchen verschwunden. Und für Sammy kann es dafür eigentlich nur einen Grund geben: seinen Vater.

Der elfjährige Sammy zieht mit seiner Familie von London nach Berlin, da seine Mutter, eine erfolgreiche Opernsängerin in Berlin eine Anstellung bekommen hat. Die Sommerferien haben gerade begonnen und Sammy langweilt sich in der großen, alten Villa ziemlich denn er hat in Berlin noch keine Freunde und sein älterer Bruder Linus macht lieber sein eigenes Ding. Der Vater hat auch keine Zeit und verbringt die meiste Zeit allein in seinem Arbeitszimmer wo er mit dem Komponieren von Filmmusik beschäftigt ist…!

Sammy beginnt das riesige Anwesen zu erkunden und beobachtet eines Tages heimlich wie sein Vater in einen alten Luftschutztunnel im hinteren Teil des Gartens hinabsteigt…! Kurze Zeit später steigt auch Sammy den Tunnel hinab und entdeckt in einer Zelle ein völlig verängstigtes, asiatisches Mädchen…!

Sammy weiß nicht was er tun soll, kann er das Entdeckte doch kaum fassen! Er will mit seiner Mutter und seinem Bruder reden aber er wird von allen nur abgewimmelt und Niemand will ihm zuhören und sich Zeit für ihn nehmen…! Sammy macht das alles zunehmend mehr zu schaffen, er beginnt immer mehr an seinem Verstand zu zweifeln denn zwei Tage später ist das Mädchen verschwunden und die Zelle völlig leer…! Hat er sich das alles nur eingebildet? Sammys Leben gerät immer mehr aus den Fugen und schon bald kann er nicht mehr zwischen Realität und Phantasie unterscheiden und alles platzt endlich aus ihm heraus! Das Problem ist nur: Niemand glaubt ihm und er bekommt sogar Psychopharmaka verordnet…!

Die Geschichte beginnt damit dass der inzwischen 31 jährige Sammy über seine Erlebnisse in diesem Sommer in Berlin erzählt! 20 Jahre ist das Ganze mittlerweile her und Sammy muss seine Geschichte einfach aufschreiben um damit abschließen zu können! Denn nach 20 Jahren ist jetzt bald der Tag gekommen an dem ER wieder frei kommt…! Wer genau mit ER gemeint ist, erschließt sich nicht! Ist es Sammys Vater oder vielleicht doch Jemand anderes?

Das Buch wird rückblickend aus der Ich-Erzählperspektive des 11 jährigen Sammy erzählt, was mir super gefallen hat! Die Geschichte fängt sehr spannend an, schleppt sich dann streckenweise aber schon ein bisschen dahin und es passiert nicht viel, sie wird aber nie wirklich langweilig! Nach der Hälfte wird das Buch aber unglaublich spannend und man kann es kaum mehr aus der Hand legen, auch wenn es zwischendurch schon ziemlich hart wird und man schon einen guten Magen braucht…!

Das Ende ist ein ziemlicher Hammer und ein ziemliches Verwirrspiel mit einigen krassen Wendungen, bei dem man bis zum Schluss nicht wirklich weiß ob jetzt alles tatsächlich passiert ist oder doch nur Einbildung war…!

Ein sehr gutes Buch, das ich auf jeden Fall empfehlen kann, was aber mit Sicherheit nicht jedermanns Sache ist!

Jonas Winner wurde 1966 in Berlin geboren und wuchs in Rom und den USA auf. Er arbeitete u.a auf dem Bau, am Fließband und als Nachtportier. Er ist promovierter Philosoph und arbeitete nach dem Studium in Berlin und Paris als Journalist. Er drehte Reportagen fürs Fernsehen und schrieb Drehbücher für ARD, ZDF, Sat.1 und RTL.


Genre: Thriller
Illustrated by Knaur TB