Notes on a Dirty Old Man. Charles Bukowski von A bis Z

Ein überraschend vielschichtiger Blick auf den Dirty Old Man

 

Pünktlich zum 100. Geburtstag, den Charles Bukowski am 16. August 2020 gefeiert hätte, veröffentlicht der Verlag Zweitausendeins das Buch „Notes on a Dirty Old Man. Charles Bukowski von A bis Z“. Der Verlag kündigt es als ein „unlexikografisches Lexikon“, eine „persönliche Bukowskipedia“ an. Diese forsche Einordnung, die von Understatement und Übertreibung zugleich geprägt ist, hätte Bukowski sicherlich gefallen. Immerhin kann sich Zweitausendeins auf die Fahnen schreiben, im Dreigespann mit dem Augsburger Maro-Verlag und dem 2012 verstorbenen Übersetzer Carl Weissner Bukowski Ende der 1970er Jahre in Deutschland bekannt gemacht zu haben. Erst diese Aufmerksamkeit sorgte für eine weiter geschärfte Wahrnehmung in seiner Heimat Amerika.

Die Schattenseite des American Dream

Charles Bukowski, dessen Romane, Gedichte und Short Stories sich vornehmlich um Verlierer, Säufer, Außenseiter, Machos, Prostituierte, Schmuddelsex und Entmenschlichung drehen – also die Schattenseite des American Dream -, war für Zweitausendeins schon immer eine Herzensangelegenheit. Für das Buchprojekt konnte man Frank Schäfer gewinnen, seines Zeichens Schriftsteller, Popkulturexperte, Heavy Metal-Freak und Bukowski-Enthusiast.

„Charles Bukowski von A bis Z“ suggeriert etwas Umfassendes, Kompendienhaftes. Der Untertitel erinnert beispielsweise an die bei Metzler/Springer erschienenen „Personen-Handbücher Literatur“, etwa zu Robert Walser, Thomas Mann oder Franz Kafka. Genau ein solches Nachschlagewerk ist „Notes on a Dirty Old Man“ jedoch nicht. Und dennoch schafft es Frank Schäfer, einen überraschend vielschichtigen Blick auf Leben, Werk und Wirkung Charles Bukowskis zu werfen.

47 Stichwörter und profundes Wissen

Unter insgesamt 47 Stichwörtern, von „Ablehnungsbescheid“ bis „Weissner“, hat Schäfer jeweils ein- bis sechsseitige Essays verfasst und in zwei Fällen Interviews geliefert, die mit profundem Wissen zu Bukowski aufwarten. Dabei zeigt sich Schäfer nicht nur auf der Höhe des jeweiligen Forschungsstandes, sondern es gelingt ihm auch, eine Fülle an Details in einer kurzweiligen Form und einem gut lesbaren, bisweilen ironisch-saloppen Schreibstil zu vermitteln.

Schäfer bestätigt zwar so manches Bukowski-Klischee, etwa den für die literarische Produktion nötigen Dauersuff (erst 1988 lebt er nach einer Therapie gegen Hautkrebs für sechs Monate abstinent). Doch zeichnet er das ebenso differenzierte Bild eines sensiblen, zu scharfen Beobachtungen fähigen Dichters, der schon in jungen Jahren aufgrund seiner schweren Akne-Erkrankung zum Außenseiter („Gesicht“) wurde. Zugleich machten ihn die fortwährenden Misshandlungen durch seinen gewalttätigen Vater zum desillusionierten Fatalisten („Vater“). Bukowski sprang nicht gerade zimperlich mit Zeitgenossen in seinem Umfeld um („Open City“), war erklärtermaßen apolitisch („Politik“) und hasste Dichterlesungen (und hielt sie doch des Geldes wegen, „Dichterlesungen“). Zudem hatte er ein merkwürdig ambivalentes Verhältnis zu den umfangreichen Textüberarbeitungen durch seinen Verleger John Martin („Verschlimmbesserungen“).

Reizthemen

Auch Kontroverses wird nicht eingeebnet: Bukowski war mitunter rassistisch, frauenfeindlich, homophob. Dennoch pflegte er eine Freundschaft zu dem schwulen Dichter Harold Norse („Homos“) oder arbeitete durchaus respektvoll mit vielen schwarzen Kollegen während seiner diversen Aushilfsjobs zusammen („Rassismus“). Gerade diese offensichtliche Beliebigkeit von Standpunkten und der nicht zu leugnende Opportunismus Bukowskis liefern seinen Kritikern bis heute genug Reizthemen für die Geringschätzung seines Werks. Doch nicht zuletzt in den unideologischen Abbildungen der Realität finden Bukowski-Fans dagegen ebenso viele Qualitätsaspekte. Die Polarisierung, die Bukowski nach wie vor erzeugt, hat unter anderem hier ihre Wurzeln.

Da es zu X, Y und Z keine Stichwörter gibt, präsentiert Schäfer unter „XYZ“ eine stichwortartige Biografie Bukowskis, die, nach Jahren geordnet, die wichtigsten Stationen in Leben und Werk nachzeichnet. Abgerundet wir der Band mit einem aufs Wesentliche beschränkte Literaturverzeichnis und mit einem Fototeil. Dieser bietet 20 Schwarzweißbilder, die der deutsche Fotograf Michael Montfort 1978 hauptsächlich während Bukowskis Lesereise nach Deutschland geschossen hatte. Diese Reise wurde seinerzeit von Zweitausendeins organisiert – so schließt sich der Kreis.

Für Kenner und Einsteiger

„Notes on a Dirty Old Man” eignet sich für Bukowski-Kenner wie für -einsteiger gleichermaßen. Man kann die Essays chronologisch lesen oder sich auch bestimmte, ausgewählte Stichwörter vornehmen. Jeder Essay ist wie ein Teil eines sich nach und nach zu einem Gesamtbild fügenden Puzzles.

Nach der Lektüre hat man den Eindruck, dem kontroversen Autor und seinem Werk nicht nur ein Stück näher gekommen zu sein, sondern auch ein differenziertes Bild fernab einseitiger Lobhudelei erlangt zu haben. Das ist eine Leistung, die eine ausführliche Bukowski-Biografie (von denen es einige gibt), nicht besser machen könnte. Insofern ist das Buch ein durchaus gelungenes und würdiges Geburtstagsgeschenk zu Charles Bukowskis Hundertstem. Der gute, alte Buk stößt sicherlich darauf an – im Himmel, in der Hölle oder irgendwo dazwischen.

 

Frank Schäfer: Notes on a Dirty Old Man. Charles Bukowski von A bis Z.
Leipzig: Zweitausendeins, 2020.
272 Seiten, 17,90 Euro.
ISBN: 978-3963180675

Zweitausendeins


Genre: Amerikanische Literatur, Amerikanistik, Biographien, Kulturgeschichte, Lyrik, Roman, Sachbuch
Illustrated by Zweitausendeins Leipzig

Leben, schreiben, atmen

Das Buch von Doris Dörrie »Leben, schreiben, atmen« kommt im richtigen Moment und gibt uns in der Zeit der Quarantäne etwas Neues zu tun: Wir sollen schreiben! Am besten mit der Hand, unbedingt mindestens 10 Minuten lang und das ohne Denkpausen. Dazu werden mehrere Dutzend Themen vorgeschlagen: Dunkel, süchtig, Piercing, Hochzeit, Kleid oder Flanieren. Weiterlesen


Genre: Biographien, Ratgeber, Sachbuch
Illustrated by Diogenes

Rote Kreuze

Rote Kreuze: ein Roman gegen das Vergessen. Der fünfte ins deutsche übersetzte Roman des leidenschaftlichen Fußballfans und Autors aus Minsk könnte autobiographisch sein, so wie jede Geschichte ein kleines bisschen Wahrheit enthält. Die in „Rote Kreuze“ geschilderten Ereignisse könnten allerdings tatsächlich genauso geschehen sein. Denn das 20. Jahrhundert ist voll von solchen absurden und traurigen, aber dennoch sehr unterhaltsamen Geschichten.

„Trauerfanfaren und Tragödienpathos“

Der junge Alexander zieht nach einer Lebenskrise mit seiner Tochter nach Minsk und begegnet in seiner neuen Bleibe der über neunzigjährigen Tatjana Alexejewna, die unter Alzheimer leidet. Bevor sie alles vergisst, will sie aber Alexander noch alles erzählen. Doch dieser weigert sich anfänglich, weil er glaubt, selbst so aus seinem Leben gerissen zu sein, dass seine eigene Tragödie die weitaus schlimmere ist. Aber die alte Dame erzählt ihm die Geschichte ihres Lebens so eindrücklich, dass er bald von selbst bei ihr anklopft, um die Fortsetzung und schließlich das tragische Ende zu erfahren. Schließlich umspannt ihre Geschichte das ganze russische 20. Jahrhundert mit all seinen Schrecken und Tragödien.

„Biographie der Angst“

Ihr Vater gehörte zu einer der wenigen Menschen, der zur Zeit der russischen Revolution nach Russland, „ins Epizentrum der Geschichte“, statt von Russland wegzog. Alexej Alexejewitsch Bely war nicht unbedingt Kommunist, aber er glaubte daran, dass dort der „neue Mensch“ und die „neue Zeit“ beginne. Das war aber erst der Anfang von Tatjana’s Verhängnis. Dann mit dem Hitler-Stalin-Pakt von 1939 begann ihre eigentliche Tragödie, die ihren Anfang eigentlich mit einem absichtlichen Tippfehler nahm. Als Angehörige eines politisch Verfolgten muss Tatjana ihr Leben in einem sowjetischen Lager verbringen, jedoch stellt sich am Ende alles als eine absurde Verwechslung heraus. Die Pointe des Romans hat es tatsächlich in sich und man liest ihn voller Spannung in einem Atemzug zu Ende.

Eine düstere Anklage an Gott. Aber auch an die Sowjetmacht und letztendlich eine Gemahnung, dass man sich die Probleme meist selbst einhandelt, wenn man versucht, etwas vermeintlich Gutes zu tun und sich oder die eigenen zu schützen. Sasha Filipenko hat mit „Rote Kreuze“ den Roman des russischen 20. Jahrhunderts geschrieben.

Sasha Filipenko
Rote Kreuze
Aus dem Russischen von Ruth Altenhofer
2020, Hardcover, Leinen, Schutzumschlag, 288 Seiten
ISBN: 978-3-257-07124-5
€ (D) 22.00 / sFr 30.00 / € (A) 22.70

Diogenes Verlag

 


Genre: Biographien, Romane
Illustrated by Diogenes

Erinnerungsbilder

Kindheitserinnerungen, Traumata, Berührendes, Schreckliches packt der heuer 8o gewordene Peter Paul Wiplinger in sein jüngstes Werk.
„Auf den Spuren der Erinnerung zurückgehen, zu den Menschen, zu sich selbst“, lautet das Motto der Erzählsammlung Wiplingers. Und das vollzieht er eindrücklich. Begegnungen mit Nazis, mit Russenobersten, dem ersten „Neger“, den er sah – viele Kriegserinnerungen blitzen auf. Zeigen auch Deutlich-Menschliches. Die Feigheit eines Nazischergen, dessen Großartigkeitsgetue und die schmierige Falschheit nach der „Niederlage“, die Sinnlosigkeit des Kriegs. Familiäre Bande. Die Geborgenheit, die bei aller Strenge dennoch besteht. Die Standpunkte verortet. Auch wenn sie sich nicht mit den Elterlichen decken. Die rigide Katholizität der Eltern ist anstrengend, die Brüder werden auf den Priesterberuf „vorbereitet“, übernehmen diese Aufgabe gar freiwillig im Spiel: später will keiner von ihnen Priester werden, aber moralische Werte bleiben. Wiplinger schildert die Schwierigkeiten der Bürgermeisterfamilie in einem konservativen Ort, als die Nazis die Macht übernehmen. Dann den Respekt der russischen Besatzer, die man allerdings auch nicht verärgern durfte. Die Schilderung der Köchin, die der Autor schon in andern Büchern liebevoll zeigte, berührt immer noch. Und die Wut auf das Kindermädchen, das sadistisch und vorsätzlich böse die Anvertrauten quälte. Vieles von Wiplingers Geradlinigkeit, von seinen Prägungen wird nachvollziehbar. Als Einblick in seine Biographie wieder ein wichtiges Buch. Aber auch als Zeitdokument, das helfen sollte, Zustände wie in jener schrecklichen Ära nie wieder heraufdämmern sehen zu müssen.
Manfred Stangl

P.P Wiplinger: „Erinnerungsbilder“, Löcker, edition pen; 2019; 174 Seiten, Paperback; ISBN: 978-3-85409-985-7


Genre: Biographien
Illustrated by edition sonne und mond

Ich bin dir halt ein bißchen zu revolutionär

„Ich bin dir halt ein bißchen zu revolutionär“

Briefwechsel zwischen Hannah Arendt und Dolf Sternberger

„Ich bin Dir halt ein bißchen zu revolutionär“  ist der dokumentierte Briefwechsel zwischen Hannah Arendt und Dolf Sternberger, der in Buchform von Udo Bermbach herausgegeben wurde.

Da dieser Artikel immer mehr Raum, Seiten und Wörter einnahm, habe ich daraus nun eine Kurzrezension und einen längeren Artikel zum Buch geschrieben. Der längere Artikel unterscheidet sich insofern, dass er zusätzlich einen Überblick über die Lebensläufe von Hannah Arendt, Dolf Sternberger und Udo Bermbach beinhaltet, kurz auf die Essays eingeht und Zitate enthält.

„Ich bin dir halt ein bißchen zu revolutionär“

Das Buch ist in folgende Teile gegliedert.

Hannah Arendt und Dolf Sternberger: Eine Freundschaft
Briefwechsel 1946 – 1975
„Organisierte Schuld“ von Hannah Arendt
„Konzentrationsläger“ von Hannah Arendt
„Rede an die Freunde“ von Dolf Sternberger
Anhang (Personenregister, Lebenslauf Hannah Arendt und Dolf Sternberger, Bildnachweis)

Bevor ich näher auf den Inhalt eingehe, möchte ich die Lebensläufe von Hannah Arendt, Dolf Sternberger und Udo Bermbach ein wenig näher betrachten und die Gemeinsamkeiten herausfiltern. Im Anschluß werde ich zwei oder drei wichtige Punkte des Briefwechsels versuchen, herauszuarbeiten.

Hannah Arendt (1906-1975)

Hannah Arendt gehört zu den wichtigsten Philosophinnen des 20. Jahrhunderts. Gerade in der heutigen Zeit werden ihre Werke zur Theorie der totalen Herrschaft viel gelesen.

Dolf Sternberger (1907-1989)

Dolf Sternberger wurde als Adolf Sternberger geboren, legte das A aber schon vor der Machtergreifung der Nazis ab.

Er lernte Hannah Arendt kennen, als er 1927 von der Universität Kiel, über Frankfurt zu Karl Jaspers nach Heidelberg wechselte.

Die „Die Wandlung“Die Zeitschrift Die Wandlung erschien von November 1945 bis Herbst 1949 monatlich. Sie wurde Karl Jaspers, Dolf Sternberger, Werner Krauss und Alfred Weber gegründet.

In „Die Wandlung“publizierten Berthold Brecht, Thomas Mann, Martin Buber, Carl Zuckmayer, T. S. Elliot, N. H. Anden, Jean Paul Sartre, Albert Camus und viele weitere.

Udo Bermbach (geb. 1938)

Udo Bermbach war Assistent bei Dolf Sternberger. Von 1971 bis 2001  war er Professor für Politische Theorie an der Universität Hamburg.

Zum Briefwechsel – oder –
Was verbindet Hannah Arendt mit Dolf Sternberger

Dolf Sternberger schrieb nach dem Krieg am 31.05.1946 den ersten dokumentierten Brief an Hannah Arendt.

In der Zeit von 1948 bis 1975 trafen sich die Beiden mehrfach, entweder in Deutschland oder in den USA.

In beider Werke spielen Aristoteles, Heinrich Heine, Niccolo Machiavelli und Augustinus eine große Rolle.

Keineswegs einig waren sich die beiden Freunde in der Beurteilung Heideggers und seiner Philosophie. Sicherlich lag das auch daran, dass Dolf Sternberger nicht darüber hinwegsehen mochte, dass sich Heidegger zum Nationalsozialismus bekannt hatte und Dolf Sternberger seine jüdische Frau nur mit großer Mühe, Glück und der Hilfe Alexander Mitscherlichs vor der Deportation retten konnte.

Hannah Arendt hatte die Größe die Person Heidegger und seine Philosophie getrennt betrachten und bewerten zu können.

Aus den Briefen ist auch zu entnehmen, dass das Ehepaar Sternberger einige Pakete mit begehrten Waren nicht nur für sich selbst, sondern auch für Freunde auf postalischem Weg überreicht bekam.

Sicherlich mag es zwischen Hannah Arendt und Dolf Sternberger Freundschaft, aber doch ein wenig eine ungleiche Beziehung, gewesen sein. Beim Lesen der Briefe fällt auf, dass Dolf Sternberger, der Forderndere war. Er wollte, dass Hannah Arendt mehr Artikel für „Die Wandlung“ schriebe und eine redaktionelle Rolle bei „Der Wandlung“ einnähme. Hannah Arendt lehnt das ab.

Zu den Essays von Hannah Arendt und der Rede von Dolf Sternberger

Von Hannah Arendt wurden insgesamt sechs Essays in „Die Wandlung“ veröffentlicht, die 1948 vom Springer Verlag unter dem Titel „Sechs Essays“ veröffentlicht wurde.

In „Ich bin dir halt ein bißchen zu revolutionär“ wurden die Essays „Organisierte Schuld“ und „Konzentrationsläger“ und eine Rede Dolf Sternbergers aufgenommen.

Ausführlicherer Beitrag zu „Ich bin dir halt ein bißchen zu revolutionär“

Meine Schlussgedanken „Ich bin dir halt ein bißchen zu revolutionär“

Die Herausgabe dieses Briefwechsels zwischen Hannah Arendt ist  eine Ergänzung des bisherigen Materials über die großartige Philosophin und ihre freundschaftlichen Beziehungen.

Für jeden, der an der Nachkriegszeit, Hannah Arendt, Dolf Sternberger oder an Philosophie überhaupt interessiert ist, ist dieser Briefwechsel lesenswert. Vor allem lässt sich aus diesen Briefen herauslesen, welch große Bedeutung Hannah Arendt schon damals hatte.

Bemerkenswert ist sicherlich auch, dass man in den Briefen vergeblich nach einem „Gespräch“ über die Zeit im dritten Reich sucht. Wahrscheinlich wollten beide dieser Zeit nicht noch mehr Raum zugestehen.

Udo Bermbach ist es gelungen, diesen Briefwechsel in Buchform mit ausführlichem Zusatzmaterial, wie den Essays, den Lebensläufen und einer lesenswerten Einleitung herauszugeben. Das Schönste sind die zahlreichen Bilder! Es handelt sich um ein bereicherndes Dokument der Zeitzeugen!

Vielen Dank!


Genre: Biographien, Briefe, Memoiren
Illustrated by Rowohlt

Der Tätowierer von Auschwitz

Am 23. April 1942 trifft der 25-jährige Ludwig Eisenberg aus Krompachy, Slowakei, in einem verschlossenen Viehtransporter im Konzentrationslager Auschwitz ein. Sein Verbrechen: Er ist Jude. Der junge Mann hat keine Ahnung, welcher Horror ihn in den nächsten zweieinhalb Jahren in der Tötungsfabrik erwarten wird, in der rund 1,5 Millionen Leidensgenossen aus aller Herren Länder ihr Leben lassen. Doch der Junge überlebt den Holocaust, den Auschwitz symbolisiert. Ein halbes Jahrhundert später vertraut er sich der australischen Autorin Heather Morris in Melbourne an, die seine Erlebnisse unter dem Titel „Der Tätowierer von Auschwitz“ literarisch verdichtet und damit einen Weltbestseller schafft. Weiterlesen


Genre: Biographien, Liebesroman
Illustrated by Piper Verlag München

Runaway

Clausgünter Rader, genannt Petty, hat die Nase voll von seinem tyrannischen Alten, der gegen lange Haare und Beatmusik hetzt und seinen Sohn autoritär erziehen will. Der Sechzehnjährige beschließt, von daheim wegzulaufen. Und weil das zu zweit leichter zu sein scheint, überredet er seinen Freund Riemschneider, mit ihm einen Zug nach Hamburg zu besteigen und dort ein neues Leben zu beginnen. Weiterlesen


Genre: Biographien, Romane
Illustrated by Transit Buchverlag Berlin

Arturo Bandini. Die Trilogie

John Fante steht als einer der Außenseiter unter den amerikanischen Schriftstellern für eine packende, direkte Sprache, die seiner eigenen Lebenserfahrung und -wirklichkeit entspricht. Insofern war es folgerichtig, dass Autoren wie Charles Bukowski und Jörg Fauser ihn zum Vorbild nahmen.

Der Sammelband „Arturo Bandini“ besteht aus drei einzelnen Romanen. Die Übersetzung von Alex Capus beweist das faszinierende Talent Fantes, die eigene Geschichte in Worte zu fassen und zu erzählen. Weiterlesen


Genre: Biographien, Romane
Illustrated by Blumenbar Verlag

Tarkovskij Film für Film

Andrej Tarkovskij: Der Regisseur von Filmen Iwanowo detstwo (Iwans Kindheit), Andrej Rubljow, Soljaris (Solaris), Serkalo, Stalker, Nostalghia und Offret (Sacrificatio; Opfer) ist zwar schon seit mehr als 30 Jahren tot, sein Werk wird aber wohl die Ewigkeit überdauern. In einer neuen Publikation des Schirmer/Mosel Verlages wird nun noch einmal Rückblick und Einkehr gehalten, auf das Vermächtnis einer der bedeutendsten Regisseure unseres Jahrhunderts. Das Werk ist auf Deutsch und Englisch mit unterschiedlichen Titeln erhältlich.

Film für Film, Polaroids und Essays

Die vorliegende Publikation, die von seinem Sohn herausgegeben wir, versammelt visuelles Material über jeden seiner sieben Spielfilme, seine Aufzeichnungen, private Fotografien und neuesten Einsichten über sein Werk und Leben. 350 farbige oder s/w Fotografien, darunter auch Polaraids, Stillbilder seiner Filme, stehen im Mittelpunkt dieses hochwertigen Buches, das 2018 erschienen ist und sich gleich in den ersten Zeilen mit der Krankheit aller im Exil lebenden Künstler unabhängig ihrer Nation oder Herkunft beschäftigt: Nostalgia. Am 29. Dezember 1986 starb Tarkovsky im Exil an eben dieser „Krankheit“, wohl auch darum, weil ihm Zeitlebens jedwede Anerkennung in seiner Heimat – der UdSSR – verweigert worden war. Aber gerade in diesem Jahr regte sich in der Sowjetunion erstmals ein Lichtstrahl: Glasnost und Perestroika manifestierten sich in Michael Gorbatschow, der Mann, der die Geschichte beendete.

Der “goldene Westen” ohne Seele

Andrei Tarkovsky fand aber auch kritische Worte für seine Gastgeber, den Westen, die Hans-Joachim Schlegel in seinem Vorwort auszugsweise zitiert: „Here in the West people are mainly prroccupied solely with themselves. If you tell them that the meaning of life lies in sacrificing oneself for others, they will probably laugh themselves silly and won’t take you seriously. Nor will they believe you when you say that man was certainly born solely to be happy. And that there are certainly more important things than personal success and commerical advantage. But obviously here in the West no one believes any more in the immortality of the soul.“ Ernste Dinge schön gesagt, beinahe wie Tarkovsky’s Filme die von den meisten Cinematagraphen neben den Werken Ingmar Bergmans, Robert Bressons, Louis Bunuels, Akira Kurosawas stehen und die Spiritualität auch in den Westen wieder zurückbrachten.

Neben den bereits erwähnten Bildern finden sich auch kurze Essays von Sartre, Nykvist, Bergman, Sokurov sowie Interviewauszüge mit Andrei Tarkovsky in vorliegendem Bildband.

Andrej Tarkovskij jr./Hans-Joachim Schlegel/Lothar Schirmer
Andrei Tarkovsky
Film by Film, Stills, Polaroids & Writings
ISBN: 9783829608114
2018, 288 Seiten, 350 colour and duotone plates.
Format 19 x 24 cm, Hardcover. Englische Ausgabe.
Film by Film, Stills, Polaroids & Writings
Schirmer/Mosel.


Genre: Bildband, Biographien, Film, Fotobuch
Illustrated by schirmer/mosel

Nur ein Jahr

Geradlinig und ungezwungen erzählt Katja Lukic von der Verwirklichung ihres Traumes, aus ihrem bisherigen Alltag auszusteigen und auf die Suche nach einem anderen Leben zu gehen. Gemeinsam mit ihrer Freundin bricht sie Richtung Süden auf, um als Straßenkünstlerin eine Existenz zu finden. Weiterlesen


Genre: Autobiografie, Biographien
Illustrated by Selbstverlag

Rodin und Rilke

Die Geschichte der beiden berühmten Persönlichkeiten ist von der amerikanischen Autorin Rachel Corbett abwechslungsreich und gut fundiert erzählt. Einige Passagen sind etwas leblos verfasst, die größte Länge des Buchs aber ist mitreißend geschrieben. Wer Interesse an Künstlerbiographien hat, wird mit diesem Buch seine Freude haben. Rodin – Vorbild für den jungen Rainer Maria Rilke, welcher phasenweise gar dessen Sekretär war – arbeitet abseits der bedeutendsten Kunstakademien in Paris an seiner realistischeren, lebendigeren, von Bewegung und Aktion inspirierten Sicht der modernen Welt. Ergriffen von Antoine Luis Bayres Bronzeplastik zweier Windhunde formuliert er: „Das ist Kunst, das ist die Offenbarung eines großen Mysteriums, wie man Bewegung ausdrückt aus etwas, das sich im Zustand der Ruhe befindet“. Bayres Kurs über Tierstudien allerdings hatte er zuvor gelangweilt verlassen. Bemerkenswert ist, dass der Kritiker Edmond de Goncoourt über Bayres im Pariser Salon 1851 schrieb, dessen Jaguar einen Hasen verschlingend, markiere das Ende der historisierenden Skulptur und den Triumph der modernen Kunst.
Davon handelt das Buch umfassend auch. Von der Durchsetzung Moderner Kunst in der zweiten Hälfte des 19ten Jahrhunderts. Rilke fühlte sich von Baudelaires Blumen des Bösen fasziniert und versuchte eben wie dieser (und ebenso Gottfried Benn) aus dem Verwesen, aus dem Dinglichen neue Kenntnis des Seins zu schöpfen. Viele stellten das als Fortschritt dar – ist`s ja wohl auch – den Dinggedichten Rilkes werden in der gegenwärtigen Rezeption durch Literaturgeschichtler größere Aufmerksamkeit geschenkt als den Duineser Elegien… Dinggedichte Georg Trakls allerdings markieren für mich das Ende des Mensch-Seins und das Verschwinden in der Sache, in den Dingen – linke Literaturkritiker würden sagen: der Verdinglichung der Menschen. Diese Verdinglichung wird allerdings nicht wirklich beschrieben, begriffen und überwunden, sondern weitergeschrieben – bis ins Heute. Interessant für den Modernekritiker also zu lesen, wie das alles begann.
Cezanne dient ebenfalls als gutes Beispiel: wie seine flächige in den herrlichsten Farben schattierten Landschaften gering geschätzt wurden bis die Fauvisten speziell der Farbigkeit seiner Bilder hohen Wert beimaßen und selber dann die Tiefe der Gemälde aufgebend allein durch Farbigkeit Ausdruck suchten. Matisse scherenschnittartige Gouache „blauer Akt“ allerdings zeigt wohl eindeutig, wie sehr diese Haltung zur Verflachung führte, welche die Moderne Kunst bald beherrschte – bis sie eben wieder Weltflach wie eine Scheibe zirkelte.
Rodin schien von Arbeit besessen. Sein gesamtes Leben stand im Dienst künstlerischen Schaffens. Endlich galt er als der bestbezahlte Künstler seiner Ära und Größen wie Georg Bernhard Shaw und gar der Papst ließen durch ihn Büsten anfertigen.
Sein – oftmals von jungen Frauen selbst provozierter – zügelloser Umgang mit dem weiblichen Geschlecht ist sicher als Schwachpunkt des Künstlers zu deuten. Namentlich der Bildhauerin Camille Claudel tat er einiges an. Sie verfiel ihm menschlich und als Schülerin und litt bis zu ihrem Lebensende am Abbruch der Beziehung, jedenfalls insofern, dass sie schließlich im Irrenhaus verstarb – letztlich als Racheaktion der Familie zu begreifen, die ihr ihre künstlerischen Ambitionen und das ausschweifende moderne Leben nicht verzieh, sondern die aus allen traditionellen Lebensbezügen Herausgetretene nur als wahnsinnig begreifen konnte. Jedenfalls faszinierte Rodin junge Frauen, die ihre Befreiung aus dem Korsett der Bürgerlichkeit auch gern durch die Hände des Meisters persönlich suchten; wie etwa Isodora Duncen, die nach einer Aufführung ihres zeitgenössischen Tanzes erfuhr: „Mit halbgeschlossenen Augen starrte er mich an, sein Blick glühte, und mit dem gleichen Ausdruck, den er von seinen Werken zeigte, kam er auf mich zu. Seine kundigen Meisterhände strichen über meinen Nacken und meine Brust … Mein ganzes Wesen verlangte danach, mich ihm völlig hinzugeben, hätte mich nicht meine alberne Erziehung in Angst versetzt, so dass ich mich zurückzog, rasch mein Kleid überwarf und ihn in zitternder Verwirrung fortschickte. Wie sehr ich dies heute bedaure! Oft habe ich diesen kindischen Unverstand bereut, der mich um das göttliche Erlebnis gebracht hat, dem erhabenen Rodin – dem großen Pan selbst – meine Jungfräulichkeit zu opfern.“ Mir scheint, Duncen hat sehr natürlich und normal reagiert. Schade, dass sie das selbst später – unter dem Primat moderner Lebensweise – relativierte.
Die Freundschaft zwischen Rilke und Rodin endete abrupt aufgrund Rodins Pedanterie, ein Wiederaufkeimen war nur von kurzer Dauer.
Rilke verachtete Rodin in späteren Jahren aufgrund dessen hemmungsloser Gier nach Frauen, die sein hehres Credo: Disziplin und Arbeitseifer sowie Gottgleichsetzung der Kunst peinlich infrage stellte.
Der große Mann, der nur für sein Schaffen lebte, scheint wenig seelische Entwicklung erfahren zu haben. Vielleicht legte er seine Schönheit wie Oscar Wilde in Dorian Gray in seine Skulpturen…. Rilke immerhin hatte als einstiger Schüler Rodins begriffen, dass Sprache nicht ein Werkzeug sei „um zu beschreiben wo es … wehtut“, sondern um aus dem Schmerz etwas zu schaffen. Die Autorin des Buchs ist sicherlich keine Modernekritikerin, arbeitet sie doch als Redakteurin des Modern Painters Magazine in New York. In ihrer Recherche aber ist sie so genau, dass ihre aus schier endlosen Quellen zusammengetragenen Fundstücke sich wie ein Puzzle zu einem fragwürdigen Bild des damaligen Aufbruchs fassen lassen. Schließlich schreibt Rilke, unter Rodins Fittichen von Kunst besessen, in den „Briefen an den jungen Dichter“: „Auch die Kunst ist nur eine Art zu leben.“ Auf die Briefe geht die Autorin weiters zu wenig ein – sind diese meiner Meinung nach doch ein beeindruckendes Dokument gegen die modernistische Haltung in Kunst und Lebensstil. Überhaupt wird die spirituelle Dimension des Werkes Rilkes gar nicht gewürdigt, was ich auf die Ideologie der Autorin zurückführen würde.
Rodin, an der Spitze seines Erfolgs, wird von den nachdrängenden Avantgardisten als reaktionärer Kleingeist verhöhnt. Und setzt sich gegen den geschwind etablierten Zeitgeist recht hilflos zur Wehr. „Wer kann an Fortschritt glauben?“, fragt er. „Schon lange wären wir göttlich, wenn die Theorie des unbegrenzten Fortschrittes wahr wäre“. So aktuell und richtig seine Sätze im Ohr des Modernekritikers klingen, er selbst hatte mit dem „Denker“, einer Figur, die kauernd unter dem Gewicht der individualisierten Welt sich in den Handrücken beißt, und nichts mehr von der Harmonie und den Gewissheiten des in ein Weltganzes eingebetteten Seins spüren lässt, Moderne harsch vorangetrieben. Die Gnadenlosigkeit moderner Zeit und Fortschrittsglaubens verschlang ihn, wie Chronos die eigenen Kinder fraß – als eines ihrer ersten und bahnbrechendsten Sprösslinge.


Genre: Biographien
Illustrated by Aufbau Berlin

Nie weit genug

Aus einem kleinen Kaff im Sauerland bricht die 21-jährige Marleen Richtung Kanada auf, um ihre Sehnsucht nach Freiheit und Abenteuer zu stillen. Ihre Reisetasche birgt ein paar Klamotten, ein Ticket nach Vancouver, eine bescheidene Barschaft und ihren Talisman, einen roten Granat. Dieser Granat soll sie auf ihrer Reise in die unbekannte Ferne beschützen und ihr Glück bringen. Weiterlesen


Genre: Biographien, Erfahrungen, Frauenliteratur, Romane
Illustrated by Selbstverlag

Der Lärm der Zeit

Mit einem Bild, das haften bleibt, charakterisiert Autor Julian Barnes seinen Titelhelden Schostakowitsch: Der weltberühmte Komponist wartet im Mantel auf gepackten Koffern vor seiner Wohnungstür darauf, dass ihn Stalins Geheimdienst abholt und in das »Hohe Haus« verschleppt, aus dem es kein Entrinnen gab. Der Musiker will seiner Familie den Schrecken des Eindringens grober Geheimpolizisten in seine Privatsphäre ersparen, darum sitzt er innerlich zitternd vor der Wohnung in Positur und wird letztlich doch nicht abtransportiert. Weiterlesen


Genre: Biographien, Zeitgeschichte
Illustrated by Kiepenheuer & Witsch Köln

Franziskus von Assisi

Der Heilige Franziskus in einer umfangreichen Biographie

Franziskus von Assisi: Eine „zeitgemäße“ Darstellung des Lebens und Wirkens von Franziskus liegt im Interesse des Autors, der den „Gaukler Gottes“ auch gerne mit seinem Spitznamen „Poverello“ anspricht, was so viel bedeutet wie der „kleine Arme“. Denn die Darstellung des Heiligen habe sich kontinuierlich – je nach den geistigen und sozio-ökonomischen Rahmenbedingungen – geändert: von der chevalaresken Tradition als Troubadour und Christus-Ritter bis hin zum Kirchenkritiker und Vorläufer von Martin Luther oder wehrloses Opfer päpstlicher Machtpolitik. Franziskus wurde aber nicht nur von den Faschisten funktionalisiert, sondern auch von den 68ern oder der Befreiungstheologie. Zeit also, sich dem echten Franziskus zu widmen.

Franziskus: Der sanfte Rebell

Franziskus von Assisi (1181–1226), geboren als Giovanni di Pietro di Bernardone wurde als Sohn wohlhabender Eltern geboren. Sein Vater hatte ein Tuchgeschäft und gehörte dem reichen Bürgertum, nicht aber dem Adel an. Ein Bürgerkrieg zwischen den minores und den maiores prägte die Jugend des jungen Heiligen, der sich alsbald als Ritter seine Sporen verdienen wollte. Die zweite Phase seines Lebens sei aber von einem allmählichen Bekehrungsprozess gekennzeichnet gewesen, in dem er sich den Aussätzigen und Randständigen der Gesellschaft zuwendete und ein mythisches Erlebnis in der Kirche San Damiano ihn schließlich überzeugte, sein Leben Gott zu widmen. Dieter Berg unterscheidet insgesamt fünf Phase im Leben des Poverello, die er mit Quellen und historischen Methoden untersucht hat.

Methodisch aufschlussreiche Studie

Methodisch handle es sich bei dieser Biographie um eine Kombination von einem biographischen Längsschnitt und problemorientierten Querschnitt, wie Dieter Berg selbst vorausschickt. Den Hauptteil des Werkes bilden systematische Ausführungen zu wesentlichen Aspekten des Lebens und Wirkens von Franziskus sowie seiner Zielsetzungen. Dieter Berg bettet den Poverello aber auch in seine Zeit ein, denn er war nicht der einzige, der die Amtskirche reformieren wollte. Robert von Arbrissel, Peter von Bruys oder Heinrich von Lausanne und Arnold von Brescia hatten ähnliche Anliegen wie Franziskus und wandten sich genauso wie er gegen Reichtum und Macht und forderten zu einem Leben nach dem Vorbild der Urkirche auf. Petrus Waldes aus Lyon etwa verteilte seinen Besitz an Arme mit dem Erfolg, dass er wie viele andere Laiengruppen etwa die Humiliaten, Katharer oder Waldensern von der Kirche als Ketzer exkommuniziert wurde. Eine „Phänomenologie der Häresie“ wurde 1184 festgelegt und Papst Innozenz (1198-1216) schuf die Päpstliche Inquisition.

Weitere Einzelheiten zum gesellschaftlichen und historischen Umfeld sowie Franziskus’ Schrifttum, Existenz und Charisma sowie der Weiterentwicklung des Ordo Minorum erfährt man in dieser lesenswerten Biographie von Dieter Berg über Franziskus, nach dem sich auch der jetzige amtierende Papst benannt hat. Ein Kapitel beschäftigt sich auch mit Franziskus’ Nachleben in Film und TV.

Dieter Berg
Franziskus von Assisi. Der sanfte Rebell.
Originalausgabe
Geb. mit Schutzumschlag.
Format 15 x 21,5 cm
298 S. 34 Abb.
ISBN: 978-3-15-011146-8
Reclam Verlag


Genre: Biographien, Religion
Illustrated by Reclam Verlag

100 Seiten Che Guevara

Zum 50. Todestag: 100 Seiten Che

Zum 50. Todestag: 100 Seiten Che

Zum 50. Todestag am 9. Oktober: 100 Seiten Che Guevara. „Seremos como el Che!“, sollen kubanische Kinder noch heute nach dem Absingen der Nationalhymne rufen: „Wir werden sein wie Che!“ Aber wer war dieser „Che“ eigentlich wirklich? Der Lateinamerikakorrespondet der FAZ geht hart ins Gericht mit dem einstigen Idol der Achtundsechziger und macht sich mit Hammer und Meißel an die Zerstörung eines Denkmals, denn seine Recherche fördert einige unangenehme Tatsachen zu Tage, die viele Leute lieber nicht wissen möchten. Schon das berühmt gewordene Ikonenfoto von Alberto Corda beinhaltet ein störendes Geheimnis: nicht nur, dass der Urheber auf alle Tantiemen verzichtete, sondern das Foto wurde sogar noch manipuliert, damit der cortison-aufgeschwemmte Revolutionsheld weniger aufgedunsen wirkte. Guevara habe selbst von seinem „Mondgesicht“ gesprochen, aber der Verlger Feltrinelli konnte das durch eine Streckung um ein Sechstel in die Höhe ausgleichen und so seien alle Che-Fans zu Opfern einer frühen Photoshop-Manipulation geworden, so will es uns Matthias Rüb zumindest in seinen „100 Seiten Guevara“ vermitteln.

Che als „Posterboy der Revolution“

Die Reclam Reihe „100 Seiten“ fasst im Taschenformat das Wichtigste zu einer historischen Persönlichkeit zusammen und man muss zugeben, dass das im Falle von Matthias Rüb wirklich sehr viel ist. Wir erfahren als Leser über den „Jesus Christus mit der Knarre“ nicht nur, dass er eitel uns selbstverliebt gewesen sein soll, sondern auch seine Auftritte sorgsam geplant habe. Che sei ein „internationaler Posterboy der kubanischen Revolution“ gewesen und habe auch aus Kalkül Militäruniform bei öffentlichen Auftritten getragen, um sein Image als Guerillero zu pflegen. Vor allem liegt es Matthias Rüb aber am Herzen, die Frauengeschichten Guevaras und seine teilweise rassistischen Äußerungen über Indigenas sowie seine Blutrünstigkeit nachzuweisen. So wirft er ihm zum Beispiel vor, schon vor der Revolution im Guerillakampf Verräter („chivatos“) eigenhändig hingerichtet zu haben und nach dem geglückten Putsch der „barbudos“ (Bärtigen) in Kuba politische Dissidenten standgerichtlich erschießen habe lassen oder es sogar selbst getan zu haben (Stichwort: La Cabana). Dass eine Revolution kein Kindergeburtstag ist, müsste der FAZ-Korrespondent des krisengeschüttelten Lateinamerika allerdings schon vorher gewusst haben.

100 Seiten Che Guevara: „Neuer Mensch, alter Macho“

Che Guevara, der niemals den zweijährigen Pflichtwehrdienst in seinem Heimatland absolvieren musste, weil er an Asthma litt, sei von einem „obsessiven Hasse auf die Vereinigten Staaten“ getrieben gewesen und hätte in der Kubakrise von 1962 nicht gezögert, Atomwaffen auf amerikanische Millionenstädte zu richten. Sein politisches Initialereignis sei der Sturz von Präsident Arbenz in Guatemala gewesen, wo der amerikanische Außenminister John Foster Dulles, der selbst für United Fruit gearbeitet hatte, die Enteignung der UFC mittels eines CIA-Putsches wieder rückgängig machte. „Neuer Mensch, alter Macho“ heißt ein Kapitel von Matthias Rübs Heldenzerstörung, indem er ihm mangelnde Treue vorwirft. Rüb sieht einen Widerspruch in der Forderung nach altruistischer Aufopferung für ein abstraktes Volkskollektiv und der Untreue Guevaras zu seinen (Ehe-)Frauen und Kindern, obwohl er weiß, dass die Zweigleisigkeit Teil der „Éducation sentimentale“ in diesen Ländern ist. Che Guevara mag vielleicht nicht „der vollkommenste Mensch seiner Epoche“ gewesen sein, aber die Denkmalzerstörung Matthias Rübs sollte man in jedem Fall gelesen haben!

Matthias Rüb
Che Guevara.
Reihe: 100 Seiten
ISBN: 978-3-15-020429-0
Reclam


Genre: Biographien, Dokumentation
Illustrated by Reclam Stuttgart/Dietzenbach