“Whitewashing” heißt es nicht umsonst. Denn die amerikanische Geschichtsschreibung wird als Geschichte der Sieger dargestellt: der Sieg der Weißen. Aber was hätten diese ohne die Schwarzen in ihrem Land erreicht? Michael Harriot deckt den wahren Ursprung des Reichtums der amerikanischen Nation auf. Ein paar Geschichtslektionen wie es wirklich dazu kam.
500 Jahre Unterdrückung und Rassismus
Mit sehr viel bissiger Ironie und einer Prise Sarkasmus hat Michael Harriot ein Geschichtsbuch der anderen Art geschrieben. Am Ende jeden Kapitels gibt es auch einen Fragenkatalog, ganz so als würde es sich um einen Test an der Schule handeln. Zudem hat er ein paar Karikaturen und ein Interview mit einem zukünftigen weißen Suprematisten, einem weißen Grundschüler, eingeflochten, damit alle Generationen endlich das verstehen, was wirklich passiert ist. In 500 Jahren Amerika. Nehmen wir zum Beispiel die vom Autor zitierte Untersuchung zum Nettoeinkommen der Brookings Institution aus dem Jahre 2016 her, sehen wir, dass Ungleichheit immer noch eine große Rolle spielt. Das durchschnittlich Nettovermögen einer weißen Familien betrug 171.000 Dollar, das einer schwarzen Familie 17.150 Dollar. Ein anderes Beispiel für die heutige Ungleichheit in den USA ist die unter Brown versus Board of Education of Topeka bekannt gewordene Tatsache, dass Schwarze die Steuern für die Schulbusse der Weißen zahlten, ihre eigenen Kinder aber zu Fuß gehen mussten. Schwarze Eltern zahlten zudem überproportional viel Steuern für die schönen neuen Schulden der Weißen, etwa in South Carolina. Dort war 1948 die Bevölkerung zu 40% schwarz, aber schwarze Schulen bekamen 12,9 Millionen und weiße 68,4 Millionen Dollar. Ungerecht? Ungleich? Demokratisch? Nein. Zutiefst amerikanisch.
Verbrechen an der Menschheit: Sklaverei
Michael Harriot geht weit zurück in die eigentliche Geschichte der USA, nicht die offizielle, weiß gewaschene vom “Land of the Free, Home of the Brave”. Er beginnt im 16. Jahrhundert als die europäischen Seefahrer im neu entdeckten Land zwar nicht so viel Gold und Diamanten entdeckten, dafür aber entdecken, dass sie mit den entführten Menschen aus Afrika ein wohl ebenso großes Vermögen mit der Baumwollpflanzung verdienen konnten. Die Sklaverei gab es natürlich zu vor schon, aber nirgends erfuhr sie eine derart massenhafte, perfektionierte Industrialisierung wie in der damals britischen Kolonie Amerika. Die Gaskammer hätte ein französischer General namens Rochambeau damals erfunden, um aufständische “Sklaven” zu unterdrücken. Dazu führte er Kriegsgefangene an Bord seiner Schiffe auf denen er Schwefel verbrennen ließ. Das sich entwickelnde Schwefeloxid führte zum Ersticken der dort Gefangenen. Völlig jenseits ist die Erfindung einer Krankheit, Drapetomanie, die die Flucht schwarzer Menschen als pathogen darstellte. Als ob nicht jeder Mensch aus Gefangenschaft fliegen wollen würde. Aber es gab auch immer wieder Widerstand und Hoffnung, etwa die Maroons, auch von denn erzählt Harriot. Bis herauf zum amerikanischen Bürgerkrieg und darüber hinaus zeigt der Autor nicht ganz ohne Humor die völlig unlustige Geschichte der Unterdrückung und Versklavung von Menschen mit schwarzer Hautfarbe.
Ein Geschichtsbuch für neue Generationen
Mit Zitaten von Lincoln lässt sich leicht belegen, dass nicht einmal der so “glorreiche Bürgerkrieg zur Befreiung der Sklaven” ein solcher war. Denn es ging einfach nur um Machtpolitik, um die Erhaltung der Union. Ein Geschichtsbuch, das vielleicht endlich dazu beitragen kann, den Begriff “Rassenunruhen” neu zu überdenken. Denn es waren die Weißen, die Schwarze lynchten, ihnen Körperteile abschnitten und diese als Souvenir verkauften. RIP Sam Hose. Und es waren die Schwarzen, die sich zurecht dagegen wehrten, wie Vieh und nicht wie Menschen behandelt zu werden. Ein Buch voll trauriger Aktualität, denn noch immer ist der Rassismus in den USA weit verbreitet. Neuerdings sogar mit Segen von oben.
Michael Harriot
Black As F***. Die wahre Geschichte der USA
2024, Hardcover, 560 Seiten,
ISBN: 9783365007990
Harper Collins
26.-€