50 JAHRE KISS

50 Jahre KISS. Der kanadische Journalist und Autor ist in Metalkreisen kein Unbekannter. Er veröffentlichte unter anderem Bücher zu Led Zeppelin, Deep Purple, Black Sabbath und Rainbow, aber auch regelmäßig Artikel für den Record Collector, Goldmine und den Metal Hammer. Mit 50 Jahre KISS wird sein Bekanntheitsgrad unweigerlich nach oben schnellen, gehört sie doch zu einer der beliebtesten Hardrock/Metal-Bands der Welt.

Illustrierte Biographie mit ausklappbarer Chronik

Über 300 Fotos und Abbildungen sowie Fotos und Abbildungen von Memorabilia durch die Jahrzehnte und alle Karrierestationen hindurch zeigt Martin Popoff in vorliegender großformatiger Coffee-Table-Edition, der ersten illustrierte Biografie der Band in Deutschland, so der Verlag. Die Zeitreise “50 JAHRE KISS” erscheint rechtzeitig zur angekündigten letzten Deutschland-Tournee der 1973 in New York gegründeten Superband. Natürlich kommen damit auch die fans der Band auf ihre Kosten, die sog. “Kiss-Army”, die schon mal auch kräftig beim Merchandise zulangt: Kiss Bikinis, Kiss-Kondome und Kiss-Särge. Aber das ist noch lange nicht alles! Paul Stanley, Gene Simmons (beide 73), Tommy Thayer (62) und Eric Singer (65) heizten bei ihrem Abschiedskonzert den Fans in der Arena ordentlich ein. Ein Event an das sich viele noch ein weiteres halbes Jahrhundert lang erinnern werden. Dass das letzte Konzert der US-amerikanischen Band ausgerechnet in Deutschland stattfand hat aber auch persönliche Gründe, die in vorliegender Biografie ebenso enthüllt werden, wie viele andere Geheimnisse. Warum zeigt Gene Simmons seine Zunge? Wie lang ist sie wirklich? Hat Paul Stanley deutsche Vorfahren? Diese und viele andere bedeutenden Fragen, werden von Martin Popoff mit links beantwortet. Das wirklich letzte Konzert der Band soll übrigens im Dezember in New York stattfinden. Dort, wo alles anfing. The End of The Road betitelte Tournee endet dort nach 3 Jahren Tournleben.

Abschiedstournee in derzeitiger Besetzung

Wie keine andere Band in der Musikgeschichte dürfen sich Kiss auch über Spitznamen freuen, die von ihrer Maskierung herrühren. So firmiert Paul Stanley schlicht als The Starchild, Gene Simmons schon wesentlich bedrohlicher als The Demon und die anderen Mitglieder als The Spaceman (Ace Frehley und später Tommy Thayer), The Catman (Peter Criss und später Eric Singer) und schließlich noch The Fox (Eric Carr) sowie The Ankh Warrior (Vinnie Vincent). Die diversen Umbesetzungen ließen das Gespann Stanley/Simmons aber stets unberührt und so sorgte das Gespann Starchild und Demon für Kontinuität. Eine vollständige Discocraphie der Band sowie eine ausklappbare Chronik der 50 Meilensteine sorgen zudem für Aufsehen in dieser umwerfenden Würdigung einer der kapitalsten Bands der amerikanischen Musikgeschichte. Mehr als 100 Millionen verkaufte Scheiben können nicht irren. Aber von wegen “End of the Road”: vielleicht kommt es ja doch noch zu einer Wiedervereinigung der Originalmitglieder der Band? Die Abschiedstournee bezog sich ja schließlich nur auf die derzeitige (oben genannte) Besetzung der Band. Schließlich ist man auch mit über 70 noch lange nicht zu alt für Rock’n’roll wie Mick Jagger & Co eben gerade bewiesen haben.

Martin Popoff
50 JAHRE KISS
Die illustrierte Biografie
Übersetzung: Matthias Breusch
Hardcover mit Schutzumschlag, 27 x 23,5 cm
2023, 192 Seiten, mit 6 Seiten ausklappbarem Mittelteil
Durchgehend farbig bebildert
ISBN 978-3-85445-767-1
Hannibal Verlag
€ (D) 35,00 / € (A) 35,00


Genre: Biographie, Rockmusik
Illustrated by Hannibal

Das Stefan Zweig Album

Das Stefan Zweig Album. “Stefan Zweig hat mich zu seinem dauernden Oberhaserl ernannt. Mehr will ich nicht, möge er sich ab und zu eines Unterhaserls erfreuen. Ich gönn ihm die Andere und ihn der anderen. Wenn ich nur immer sein Oberhaserl bin.“, vertraute Friederike von Winternitz ihrem Tagebuch im November 1916 an. Wegen ihm hatte sie sich scheiden lassen, schließlich war Stefan Zweig damals schon ein berühmter Schriftsteller dessen Texte auch international erschienen und übersetzt wurden. Und das Haus am Kapuzinerberg in Salzburg in dem sie mit ihm wohnte war auch nicht ohne.

Sternstunden eines Schriftstellers

Der Kurator und mehrfache Buchautor Oliver Matuschek zeigt in seinem “Familienalbum Stefan Zweig” sowohl private als auch professionelle Seiten des Schriftstellers. 1919 erschien etwa sein Drama “Jeremias”, das zeigte, dass “derjenige, der als der Schwache, der Ängstliche in der Zeit der Begeisterung verachtet wird, in der Stunde der Niederlage sich meist als der einzige erweist, der sie nicht nur erträgt, sondern sie bemeistert” (O-Ton Zweig). “Sternstunden der Menschheit”, 1927 erstmals erschienen, wurde ein weiteres Highlight seiner Karriere und das zu seiner Lebenszeit meistverkaufte Buch. Ein Faksimile zeigt eine Original-Schreibmaschinenseite eines Manuskripts sowie Buchumschläge aus verschiedenen Editionen. 1939 war er laut einer Statistik des Völkerbundes bereits der meistübersetzte Autor der Welt. Allein zwischen 1932 und 1939 erschienen 126 Bände seiner Werke in Übersetzungen, weiß der Matuschek und besonders in Südamerika er zum Star, was mithin ein Grund gewesen sein mag, warum er später dorthin auswanderte oder besser gesagt exilierte. Matuschek erklärt an Beispielen auch die Arbeitsweise des Schriftstellers Zweig und untermauert dies mit einer Vielzahl von Originaldokumenten und Fotos.

Ungeduld des Herzens

Sein erster echter Roman, Marie Antoinette, wurde sogar von Hollywood verfilmt und kam 1938 dort in die Kinos. Ein Foto zeigt den Andrang vor dem Astor Kino. Aber schon im selben Jahr musste Zweig und seine Familie fliehen, den Besitz veräußern und auf eine sichere Ausreise hoffen. Der Großteil des Besitzes ging allerdings verloren und gilt seither als verschollen. Sein letzter Roman in “Österreich” erschein am 30. April 1938: “Ungeduld des Herzens”. Zu diesem Zeitpunkt war Zweigs Heimat, Österreich, als Ostmark bereits Teil des Deutschen Reichs und seine Bücher wurden von den Nazis verbrannt. Am Grab von Sigmund Freud in London soll Zweig im September 1939 die Trauerrede gehalten haben, bevor er sich schließlich in seiner letzten Heimat, Brasilien, mit seiner zweiten Frau, Lotte, für den Freitod entschied. Hätte er nur noch zwei, drei Jahre Geduld gehabt… Ein Familienalbum mit vielen privaten Fotos, Manuskripten und Briefen bis hin zu Erstausgaben aus aller Welt, die aus einer Vielzahl von privaten und öffentlichen Sammlungen stammen, ein sehr vielfältiges, erstmals zugängliches Bildmaterial. 2008 war Matuschek Kurator der Ausstellung “Die drei Leben des Stefan Zweig” im Deutschen Historischen Museum in Berlin. “Drei Leben – Eine Biographie” erschien 2006. Matuschek arbeitete auch beim Projekt stefanzweig.digital am Literaturarchiv Salzburg mit.

Oliver Matuschek
Das Stefan Zweig Album – Stefan Zweig ins Bild gesetzt
240 Seiten
ISBN-13 9783710901546
30,- EUR


Genre: Bildband, Biographie, Fotobuch, Literatur

Venezia 500. Die sanfte Revolution der venezianischen Malerei

Kaum ein anderer Ort auf der Welt vereint auf so bewegende Weise schöpferische Kraft, Erfindungsgeist und die Sehnsucht nach Unvergänglichkeit“, bringt es Giovanni Liverani in seinem Grußwort auf den Punkt. Die Rede ist natürlich von Venedig, der Serenissima, die im 15./16. Jahrhundert im Bereich der Malerei eine unvergleichliche Blüte erreicht hatte.

Arkadische Sehnsucht

Das Venedig der Renaissance zeitigte Meister wie Bellini, Giorgione, Palma Vecchio und Tizian, die allesamt das Wesen von Mensch und Natur sowie deren Verhältnis zueinander mit nie dagewesener Intensität leuchtender Farben und Schatten darstellten und aufzeichneten. Anhand bedeutender Porträt- und Landschaftsdarstellungen zeigt der vorliegende Band die bahnbrechenden Neuerungen der venezianischen Malerei, die bis weit in die Moderne wirkten. Mit der Losung “Tintoretto war der Pollock des 16. Jahrhunderts” bringt uns Bernhard Maaz im Vorwort die bahnbrechenden und revolutionären Verdienste der venezianischen Malerei näher. Obwohl alle Gemälde dieses Ausstellungskataloges der Pinakothek venezianischen Ursprungs sind, steht doch nie die Lagnunenstadt im Mittelpunkt, sondern vielmehr die Porträt- und Landschaftsmalerei. So schweifen die Blicke über grüne Hügellandschaften und zu den Gipfeln der Südalpen, aber niemals über die kunstvoll erbaute Stadt im Wasser. Arkadische Hirtenphantasien oder die belle donne, die von der Liebeslyrik Petrarcas und der zeitgenössischen Traktatliteratur zu weiblichen Schönheit inspiriert sind, erhoben die Schöpfer dieser Bildnisse zur Sehnsucht nach göttlicher Schönheit und Erkenntnis, die weit über das irische, schmerzlich-unerfüllte Verlangen nach Liebe hinausgeht, so Andreas Schumacher. “Arkadische Sehnsüchte” nennt Chriscinda Hinda als mögliche Motivation für die opulenten Bildwerke, aber auch magnificentia und liberalitas, humanistische Tugenden.

Venezia 500: Eros und Vaghezza

Mit “Hy pin ich ein her, doheim ein schmarotzer” brüstete sich Albrecht Dürer, Teil eines venezianischen Kreises von Gelehrten, Musikern, Kunstkennern und Künstlern zu sein. Denn kein Geringerer als Gabriele Vendramin besaß zahlreiche Drucke Dürers. Im sog. ridotto versammelte Dieser Gabriele Vendramin im Venedig des 16. Jahrhunderts um sich. Der Begriff wurde schon im Cinquecento für musikalische und häusliche Treffen verwendet. Dabei seien aber nicht nur gebildete Herren, sondern auch Kurtisanen, Dichterinnen und Sängerinnen beteiligt gewesen. Anders als die auf den Darstellungen abgebildeten “belle” dürften jene real existierende Frauen gewesen sein. Die Frauen auf den Gemälden vielmehr Kompositbilder, die aus den Merkmalen idealer Schönheit und Poesie zusammengesetzt, die Erschaffung möglichst idealer Abbilder begehrenswerter Frauen zu kreieren, gleichsam als Paragone zwischen Malerei und Poesie, vermutet Theresa Gatarski in ihrem lesenswerten Beitrag “Eros und Vaghezza”. Aber auch Kurtisanen standen Modell, etwa Angela del Moro in Tiziano berühmter “La Bella”. Weitere behandelte Künstler sind Giovanni Bellini | Paris Bordone | Giovanni Cariani | Cima da Conegliano | Giorgione | Bernardino Licino | Lorenzo Lotto | Sebastiano del Piombo | Tintoretto | Tizian | Palma Vecchio u. a.

Hg. Andreas Schumacher
Venezia 500. Die sanfte Revolution der venezianischen Malerei
Mit Beiträgen von T. Gatarski, J. Grave, C. Henry, H. Kaap, A. Kranz, A. Mazzotta, J. Pawis, A. Schumacher, C. Whistler
2023, 256 Seiten, 166 Abbildungen in Farbe, 21,5 x 26,5 cm, Klappenbroschur
ISBN: 978-3-7774-4176-4
Hirmer Verlag


Genre: Kunstgeschichte, Malerei, Venedig
Illustrated by Hirmer

Wir können auch anders Aufbruch in die Welt von morgen

Es geht um die anstehenden Veränderungen unseres Umgangs mit dem, was wir Umwelt nennen; die Autorin bevorzugt, Mitwelt zu sagen. Sie ermuntert dazu, sich zu beteiligen, selbst dann, wenn die Rahmenbedingungen dazu beschränkt sind. Jeder Satz, jede Geste zählt, sie ist dann ein „Wir“.

Die Leitfragen des Buches sind: Wie, wo, wer. Zum Wer fragt sie: „Die Politik? Die Wirtschaft? Die sogenannten Eliten? Wer ist mit diesem Wir gemeint?“

Die promovierte Wirtschaftswissenschaftlerin ist seit Jahrzehnten Transformationsforscherin und kennt die (oft gescheiterten) Versuche, die Klimakrise zu verhindern, seitdem der Club of Rome schon 1972 forderte: Nie wieder Probleme isoliert betrachten!

Zu oft führen unerwartete Nebenwirkungen zum Scheitern. Dazu gibt es viele internationale Beispiele, ich greife die derzeit gehegte Hoffnung heraus, das Austauschen von Verbrenner Motoren gegen E-autos würde die Umwelt verbessern. Wie wird die Elektrizität erzeugt? Was machen neue schnelle Straßen mit der Landschaft, mit den Städten? Würden weniger Stehzeuge (der realistischere Name für Fahrzeuge) die Straßen verengen, oder, (das steht nicht im Buch!) in Grünheide bei Berlin eine große Fabrik im Trinkwasserschutzgebiet gebaut wird?

In einer Studie wurde in Dänemark gefunden, dass jeder mit einem Auto gefahrene km den Staat 27 Cent kostet, für Straßeninstandsetzung, Unfälle, Lärm und Luftverschmutzung, jeder geradelte km spart dem Staat 30 Cent. Bei der Transformation wären autofreie Zonen nicht nur schöner anzusehen, auch besser für Kinder und andere Fußgänger.

Im Buch werden Begriffe der Transformationsforschung erklärt und angewandt: Kipp-Punkte, „wie kommen Firmen vom big disconnect zum big reconnect? Was sind Key Performance Indicators?“ sind nur einige.

Es ist aufgebaut in drei Abschnitten:1.) Unser Betriebssystem, 2.) Wie wir den Betrieb ändern und 3.) Wer ist eigentlich wir? wird die Entwicklung der ökonomischen Lehren dargestellt und Schritte für deren notwendige Veränderungen angedacht. So wird am Beispiel von Keynes, aufgezeigt, dass Fortschritt nicht verbesserte Gesellschaften bedeutet. Vor neunzig Jahren mutmaßte er, aufgrund der Entwicklung neuer Technologien in der Zukunft, also in unserem Heute könnte die Gesellschaft „weise, angenehm und gut leben“. Auch der Glaube, nur wirtschaftliches Wachstum sei die Grundlage besseren Lebens wird hinterfragt, neben das BIP sollte ein Indikator stehen, der das Wohlleben (well-being) berücksichtigt.

Am Ende jedes Kapitels steht eine Zusammenfassung, die auch Anregungen gibt, wie das Gesagte verarbeitet oder weitergetragen werden kann. Das schätzte ich schon in ihrem Buch „Unsere Welt neu denken,“ das ich hier auch rezensiert habe Rezension: Unsere Welt neu denken: Eine Einladung von Maja Göpel Hier ein Beispiel: „Wichtig ist in diesen Zeiten, klare Prioritäten zu setzen und neue Geschichten zu erfinden, die uns Orientierung für das Wünschenswerte und Mögliche geben, Sinn verleihen und ansteckend sind. Richten wir den Rückspiegel nach vorn, ist das Loslassen nicht mehr so schwer. Merke: in Jedem Vergehen steckt ein Entstehen.“

Die weitere Entwicklung könne auch im Kapitalismus geschehen, hier gibt es das Beispiel vom Bielefelder Produzenten von Insektiziden, Hans Reckhaus, der über Jahrzehnte das Konzept, möglichst viel zu verkaufen, umwandelte in Aktivitäten, die dem Insektensterben Einhalt gebieten: Aufschriften auf den Giften, aber auch Insektenschutzräume auf dem Dach seines Betriebes.

Dazu müssen Spielregeln geändert werden: Eine meiner Lieblingsstellen war die Entwicklung von Monopoly, entwickelt von einer Sekretärin mit dem Ziel auf die Ungerechtigkeiten in der Gesellschaft hinzuweisen: „In kurzer Zeit, ich hoffe, in sehr kurzer Zeit, werden Männer und Frauen entdecken, dass sie arm sind, weil Carnegie und Rockefeller mehr haben, als sie ausgeben können. Das Spiel hieß The Landlord’s Game. Später entwickelte sie auch eine single tax, mit der Grundstücke besteuert wurden, wovon öffentliche Parks und Schulen errichtet wurden. Sie verkaufte die Rechte. Danach, in der Krise Ende der Zwanziger Jahre wurde es Monopoly genannt und die Regel so geändert, dass der/die Spieler/in lernt: Wer hat, dem wird gegeben. Und er/sie lernt, wenn ich nichts habe, muss ich verarmen und untergehen.

Neu war für mich die wundersame Geldvermehrung der Milliardäre in den USA. Wer dort spendet, spart Steuern.

Mir war schon vor Jahren aufgefallen, dass Bill Gates Impfungen in Entwicklungsländern förderte, und damit die Staaten zwang, Prioritäten dort zu setzen, wo vielleicht anderes nötiger wäre: Trinkwasser, Frauenbildung, Abwasserbeseitigung. Die dann eingesparten Steuern konnte er wieder investieren in: Impfstoffherstellende Firmen.

Eine weitere Stärke des Buches sind ihre Erfahrungen als Rednerin, wie sie die Zuhörer/innen motiviert, das Gehörte weiter zu tragen. Und sie fragt sich, warum die Fachleute der Firmen nicht selbst ihr Wissen in die Debatten einbringen, wie ein Betrieb „grüner“ wird. Keiner möchte die Hiobsbotschaften überbringen, was alles geändert werden muss. Dafür bucht man lieber eine Transformationsforscherin, die nur einmal einen Vortrag hält…

Das Buch wird dann mit über fünfzig Seiten mit Quellenangaben abgerundet.

 


Genre: Entwicklung ökonomischer Theorien, Klimakrise, Transformationsforschung
Illustrated by Ullstein

Blutbuch

Merkwürdig fand ich den Autor, als er sich bei der Verleihung des deutschen Buchpreises 2022 als Zeichen der Solidarität mit den iranischen Frauen seine kinnlangen Haare kürzte—wie empfanden das wohl die iranischen Frauen?

Die Neugier überwog, als alte weiße Frau wollte ich mehr von jungen Menschen hören, die sich ihr Geschlecht selbst aussuchen. Und war von Anfang an gefesselt: hier wird geschrieben, immer neugierig, immer originell, wie gedacht wird, (und er denkt über Vieles nach!) mit englischen Einschüben, mal auch Französisch. Von seinen Beobachtungen, Gedanken und Gefühlen in Kindheit, Jugend, und jetzt, als junger Erwachsener.

Wir verstehen nach und nach, dass er seine Familiengeschichte aus weiblicher Sicht aufarbeitet, vom Vater lesen wir gleich im zweiten Absatz des Prologs, dass er „die Schwere“, wenn er von der Arbeit heimkam, ins Haus schleppte, „wie einen immensen, nassen, vermodernden toten Hirsch.“

Die Familiengeschichte geht aus von der Blutbuche, die vom Urgroßvater gepflanzt, im Hofe steht. Als Kind sieht er eine verzauberte Natur, denkt sich Märchen aus, als Erwachsener will er recherchieren, wie die im Hof stehende Blutbuche, die der Großvater sehr schätzte, beschaffen ist. Auch bei seinen tagelangen Studien sieht er, dass es „alles boys“ waren, die die Natur vor Allem kategorisierten. Und dann zeigt die Großmutter ihm den Stammbaum der Familie, er merkt, dass es ja nur die männlichen Vorfahren sind, die aufgeschrieben wurden.

Er widmet das Buch „Für meine Meere“, das ist Mutter in Berndeutsch, noch von der Zeit, als die Schweiz von Napoleon besetzt worden war. Meine Frage an alle, die Berndeutsch verstehen: Ist das Plural und er meint auch die Grossmeer?

Der Anlass zum Schreiben ist die zunehmende Vergesslichkeit der Oma, und er versucht, sich an die vielen Begegnungen zu erinnern. „Liebe Großmutter, ich möchte dir noch schreiben, bevor du ganz aus deinem Körper verschwunden bist oder keinen Zugriff auf deine Erinnerungen mehr hast.“

Es geht um das „Es“, die vielen Dinge, die nie ausgesprochen wurden, die er aber erinnert, und weil sie ihm als Kind merkwürdig schienen, merkte er sie sich und sucht und findet nun Zusammenhänge und Begründungen. Von der Grossmeer erinnert er alles, und versteht sie immer besser, er wirft ihr nichts vor, auch nicht, dass sie sich nicht gut mit seiner Mutter verstand. Von ihr wissen wir erst nur, dass sie die Matur auf dem zweiten Bildungsweg abbrach, als sie mit ihm schwanger war und auch mal eine Geliebte hatte. Spannend wird es dann, als er entdeckt, dass seine Mutter, die ja wegen seiner Geburt keinen akademischen Schulabschluss hat, die Geschichte der Frauen um viele Jahrhunderte erforscht hat und aufgeschrieben hat.

Dazwischen schiebt er immer Details seiner erotischen Eroberungen ein, auch wie er sich selbst gerne ficken lässt, mit einer Inbrunst, auf die Michel Houellebecq neidisch werden könnte.  Eine Zeit lang war er schwul, jetzt non-binär, ständig auf der Suche nach Sexualpartnern ist er immer noch. Und er ordnet „seine frühen Zwanziger kurz kulturhistorisch ein.“

Dann reflektiert er seine Haltung gegenüber heterosexuellen Machos: “Ihre Penisverlängerung war die Pferdestärke ihres Wagens. Meine Ego-Aufspritzung waren die Meter an Foucault, Bourdieu und Butler, die ich in meinem Bücherregal präsentierte. Wir spuckten auf das ökonomische Kapital, aber leckten das kulturelle Kapital immer gieriger auf“.

Nicht nur der Wortwitz gefällt mir, auch die gleichzeitige Distanz und Akzeptanz zu sich selbst. Als Kinderärztin erleichtert mich besonders: er braucht keine operativen Eingriffe, um sich als nicht-binärer Mensch wohlzufühlen sein Leben und seine Sexualität zu lieben. Achtzig Franken im Monat für „Pharmaka“ und immense Ausgaben für Körperpflege und Kosmetik sind es ihm wert.

Die Frauen im Iran werden sicherlich nie von seinem Buch erfahren. Aber der in Deutschland lebende Navid Kermani hat sein neues Buch so geschrieben, als wäre er eine Frau.

 


Genre: Leben und Lieben als non—binärer Mensch im Patriarchat, Roman
Illustrated by DuMont

Flussgeister

Pantha rei – alles fließt, ist stets in Bewegung und nie in Stein gemeißelt. Das ist der philosophische Grundsatz des Vorsokratikers und Naturphilosophen Heraklit, dem sich die österreichische Autorin Patricia Brooks in ihrem Roman „Flussgeister“ öffnet. In ihm kreuzen sich die Wege zweier Protagonisten, die unterschiedlicher nicht sein könnten, aber an einem Punkt in ihrem Leben angelangt sind, an dem die Gegenwart des einen zum Anker für die Gegenwart des anderen wird.

(K)ein Roman über Midlife-Crisis

Der 47-jährige Anwalt Adam, der mit einer erfolgreichen Karriere und einer attraktiven Freundin gesegnet ist, beschließt aus heiterem Himmel sein Leben umzukrempeln: Seine bisherigen Errungenschaften bedeuten ihm nichts mehr. Von einem alten Fischer kauft er eine Hütte an den Donau-Auen, in die er sich entschlossen zurückzieht. Sein Gemüt lässt sich jedoch nicht als ennui, Überdruss oder Midlife-Crisis bagatellisieren – auch wenn dies naheliegend scheinen mag. Viel mehr kann man es als Wink oder Zeichen deuten, die eigentlichen Potenziale nicht rechtzeitig anerkannt und somit nicht gebührend ausgeschöpft zu haben.

Lolita und Pygmalion als Inspiration für Patricia Brooks „Flussgeister“?

Wäre da nicht Lola, eine von harten Schicksalsschlägen gezeichnete, verrufene sowie unzähmbare Einzelgängerin, deren Handlungen unberechenbarer sind als die Mäander der Donau-Auen. Gerade Lolas – wenn auch nur vermeintliche – Freiheit ist es, die in Adam sein vernachlässigtes Talent – die Bildhauerei – wieder aufkeimen und ihn sein eigenes Atelier eröffnen lässt.

Dabei kann sich der Leser nicht des Eindrucks erwehren, dass Patricia Brooks Vladimir Nabokovs “Lolita” als Negativfolie für Flussgeister herangezogen hat. (Ferner lägen da vielleicht Frank Wedekinds Lulu-Dramen „Erdgeist“ oder „Büchse der Pandora“). Im Gegensatz zu Humbert Humbert, der Lolitas psychische und körperliche Entwicklung formt und sie wie einen Schmetterling gefangen hält, ist Adam von Lola nicht im erotisch-ästhetischen Sinne samt moralischer Transgression angetan. Wenngleich diese durch ein Kindheitstrauma – die Verführung des Geschäftspartners ihres Vaters als Mutprobe samt dessen Ungnade – den Schutzmantel des Kindlichen nie ganz abgeworfen hat.

Krude Körperlichkeit vs. Künstlerische Plastizität

Die krude Körperlichkeit, die sich die an Eierstockkrebs erkrankte Lola von ihren Freiern und zunächst auch von Adam erhofft, weicht der Plastizität der Flussgeister, die auch die spirituelle Metamorphose der beiden Protagonisten widerspiegelt. Es handelt sich um zwei Skulpturen, die Adam schafft und die ihn und Lola verkörpern –dabei aber gerade die Grenzen des Gegenständlichen transzendieren und beide bis über den Tod hinaus vereint. Eine radikale Umschreibung des profanen Pygmalion-Mythos also, aber auch der biblischen Urszene.

In diesem Sinne lässt sich auch Adams Entschluss nachvollziehen, sein Boot „St. Lola“ zu taufen. Ironischerweise ist diese spirituelle Vereinigung durch Kunst im Falle von Adams Freundin Natalie, die in der Filmbranche berufstätig ist, weniger bis gar nicht gegeben. Es ist denn auch hauptsächlich die körperliche Intimität mit derselbigen, die Adam noch eher in seiner Hütte vermisst und welche Natalie trotz neuer Bekanntschaft noch in Kauf zu nehmen gewillt ist. Zu guter Letzt sieht Adam durch die kindliche Lola auch seine Fehler ein, die ihm bei der Erziehung seines Sohnes Julian unterlaufen sind.

„Flussgeister“ von Patricia Brooks sprengt Genregrenzen

Der Roman „Flussgeister“ von Patricia Brooks sprengt Genregrenzen, indem er Elemente des Entwicklungs- und Künstlerromans mit leicht esoterischen Tönen übermalt, ohne dabei in das Sentimentale abzugleiten oder sich in poetischen Gefilden zu verlieren. Und das trotz der Fülle zahlreicher aquatischer Metaphern, naturromantischer Landschaftsbeschreibungen oder kurzer Dialoge, die an die ionische Naturphilosophie gemahnen. Patricia Brooks zeichnet sehr menschliche Figuren, blickt tief in deren psychische Abgründe, pathologisiert sie aber nicht.


Genre: Erfahrungen, Kunst, Roman
Illustrated by Septime Verlag Wien

Unendlicher Spass

Dieses Werk ist der Ironman der Literatur. Wer dieses Buch wirklich bis zur letzten Zeile durchgehalten hat, sollte vom Rowohlt-Verlag ein Finisher-T-Shirt zugeschickt bekommen. Mit 1551 Seiten oder 3.486 KB setzt David Foster Wallace alles daran, in Marcel Proust’s Fussstapfen zu treten. Die ganz persönliche Lesezeit betrug ein Jahr. War es eine verlorene Zeit? Machen wir uns auf die Suche. Weiterlesen


Genre: Belletristik, Gesellschaftsroman, Roman
Illustrated by Rowohlt Taschenbuchverlag Reinbek bei Hamburg

Ein Tag im Leben des Iwan Denissowitsch

 

EINE ETWAS ANDERE REZENSION

Cover der Lizenzausgabe für Bertelsmann, Reinhard Mohn OHG, 1972

Da lag es nun auf meinem Schreibtisch auf einem Stapel anderer Bücher. Wir hatten uns wieder einmal aufgerafft und versucht, unsere Bibliothek zu verschlanken. Viele Bücher konnten schon gar nicht mehr in die Regale eingeordnet werden und lagen, sofern es der Platz zuließ, oben quer über den anderen. Immer wieder nahmen wir uns ein, zwei Fächer vor, entnahmen die Bücher, auch aus der zweiten Reihe, saugten den Staub ab und sonderten die Exemplare aus, von denen wir meinten, sie entbehren zu können. Beim Buchstaben S angelangt hatten wir die früher noch nicht aussortierten Werke von Solschenizyn in der Hand. Der Archipel Gulag musste schon beim letzten Mal weichen und dieses Mal der Rest. So lag das dünne Büchlein „Ein Tag im Leben des Iwan Denissowitsch“ oben auf. Weiterlesen


Genre: Romane
Illustrated by Bertelsmann Bielefeld

No Limit. Die Neunziger – das Jahrzehnt der Freiheit

No Limit. Die Neunziger – das Jahrzehnt der Freiheit

No Limit. Die Neunziger – das Jahrzehnt der Freiheit. “Die Neunziger enden am 11. September 2001. An ihrem Beginn fällt die Berliner Mauer, an ihrem Ende fallen zwei Türme in New York City.” Das Jahrzehnt, das so verheißungsvoll begonnen hatte (“Wind of Change”) endet mit einem Vatermord. Denn der Vater Osama Bin Ladens war genau der Bauunternehmer, der in Saudi-Arabien die Architektur Minoru Yamasakis umsetzte. Und in New York die Twin Towers.

Jahrzehnt der Widersprüche

Wem das jetzt schon zu konspirativ klingt, der hat die Neunziger nicht erlebt. Denn tatsächlich war es ein Jahrzehnt der Widersprüche. Nicht nur politisch, sondern auch kulturell-musikalisch. So steht 1993 gleichzeitig für “the year that grunge broke out”, andererseits auch für den weltweiten Durchbruch von Tekkno. Elektronische Musik war plötzlich gefragt, Raves wurden zum Treffpunkt der neuen Jugendkultur und die “Love Parade” in Berlin zählte bald mehr als 1,5 Millionen Besucher:innen. Das Jahrzehnt in dem jeder anders sein wollte und möglichst individualistisch daherkam, verkam zur Uniformierung und Kommerzialisierung der Jugendkultur, wie es bisher noch nie dagesessen war. Denn bald stiegen auch gewisse Sportmarken auf den neuen Jugendtrend des Abtanzens ein. Während Hakim Bei von “temporären autonomen Zonen” schwärmte, entstanden im Osten Deutschlands sog. national befreite Zonen, also das genaue Gegenteil von dem, was auf Tekknopartys (“Unity”) beschworen wurde. Dabei übertraf die Zahl der Aussiedler bei Weitem jene der Asylbewerber, wie Balzer betont. Selbst das deutsche Nachrichtenmagazin SPIEGEL unterlag der neuen Diskurshegemonie und titelte am 9.9.1991 “Flüchtlinge-Aussiedler-Asylanten: Ansturm der Armen”. Wenige Tage später ereigneten sich Hoyerswerda und Rostock, zwei Städte, die so gar nicht in das Bild der neuen Offenheit passten.

Airbag Generation und Two Socks

Aber Lichtermeere gegen Rechts gehörten ebenso zu den Neunzigern, wie die Piercings und Tätowierungen der “Modern Primitives”, die ihr Überleben in kleinen, selbstbezogenen Gemeinschaften erprobten. Selbstreferentialiät und Modifikation des eigenen Körpers führten zu solchen Auswüchsen wie dem vielzitierten Arschgeweih, das in den USA als Tramp Stamp den Feminismus in die Steinzeit zurückbombten. Dazu trugen auch Fernsehserien wie Baywatch bei, auch wenn diese stets unter der Prämisse der Selbstbestimmung der Frau liefen. Der letzte Sieg des Patriarchats? Dieser wurde auch in diversen Talkshows zelebriert, denn obwohl in den Neunzigern jeder ein Außenseiter und etwas Besonderes sein wollte, glichen sich die Drehbücher und wurden mit Laiendarstellern getastet. Nicht zuletzt gingen die Neunziger aber auch als Jahrzehnt des Big Brother und Matrix ein. Denn “1984” wurde mit der Erfindung der mobilen Kommunikation tatsächlich Realität: die Handys machten spätestens Ende des Jahrzehnts als kleine Sendeeinheiten Furore und der gläserne Mensch wurde alsbald so durchsichtig, dass im Grunde genommen jeder von uns als Klon nachproduzierbar wäre. Denn so viele Daten wie noch nie wurden über einen einzelnen Bürger:in im WWW gesammelt. Dabei hatte es mit Two Socks – der Katze Bill Clintons – so harmlos angefangen…

Ob-la-di ob-la-da

Wenn die Siebziger im Zeichen der Innovation standen, die Achtziger im Zeichen der Angst und Apokalypse, dann sind die Neunziger wohl die Aufhebung der beiden. Der Griff ins Archiv wird zum innovativen Kick, Hypertext über alles. Selbst der religiöse Fundamentalismus ist nur ein Widergänger der alten anti-westlichen, anti-aufklärerischen politischen Bewegungen des Nationalsozialismus und Faschismus: Klerikalfaschismus, so Walter Laqueur. Tristesse Royale ist dabei noch ein harmloser Titel. Die Globalisierung hat eben auch diesen Aspekt: “aus einer immer stärker vernetzten und hybrider werdenden Welt verschwindet jenes Eigene, in dem sich Sicherheit und Identität finden”. Darauf gibt es eben unterschiedliche Reaktionen, aber es ist wohl beides legitim, da real. Ob-la-di ob-la-da. Und vielleicht war das Jahrzehnt gerade wegen seiner Widersprüche das freieste, bisher…

No Limit. Die Neunziger – das Jahrzehnt der Freiheit

Jens Balzer, geboren 1969, ist Autor und Kolumnist, u.a. für die «Zeit», «Rolling Stone», den Deutschlandfunk und radioeins. Er war stellvertretender Feuilletonchef der «Berliner Zeitung» und kuratiert den Popsalon am Deutschen Theater. 2016 erschien sein vielgelobtes Buch «Pop», 2019 «Das entfesselte Jahrzehnt. Sound und Geist der 70er», über das der «Tagesspiegel» schrieb: «So lehrreich wie unterhaltsam … Am Ende ist man um nie geahnte Erkenntnisse reicher – und wünscht sich, dass sich der Autor bald das nächste Jahrzehnt vornehmen möge.»

Jens Balzer
No Limit. Die Neunziger – das Jahrzehnt der Freiheit
2023, Hardcover, 384 Seiten,
ISBN: 978-3-7371-0173-8
Rowohlt Verlag


Genre: Chronologie, Geschichte, Kultur, Musik, Politik, Popkultur
Illustrated by Rowohlt

Batman – One Bad Day – Ra’s Al Ghul

One Bad Day

Batman – One Bad Day – Ra’s Al Ghul. Zeichner Ivan Reis und Autor Tom Taylor legen sich in “One Bad Day – Ra’s Al Ghul” ordentlich ins Zeug, denn zweifellos ist
Ra’s Al Ghul – der Schwiegervater Batmans – ein besonders spannender Charakter in Zeiten von Klimaverschiebung und Erderwärmung.

Familienbande – Bande einer Familie

Der unsterbliche Ra’s al Ghul ist nämlich so etwas wie ein “Klimaterrorist”. Er will all jene zur Rechenschaft ziehen, die aufgrund ihres unglaublichen Energieverbrauchs die Zukunft aller Lebewesen auf der Erde auf dem Gewissen haben. Dabei versucht er seinen Schwiegersohn zu einem unfreiwilligen Verbündeten zu machen, denn schließlich gibt es auch einen Enkel, Damian, den Sohn von Ghuls Tochter Talia und Batman. Damian arbeitet allerdings längst auf der anderen Seite, unter den Flügeln der Fledermaus nämlich. Er unterstützt Batman als Robin im Kampf gegen das Böse und somit auch gegen seinen Großvater, Ra’s Al Ghul. Seit 1971 feiern Talia und Ra’s regelmäßig Wiederauferstehung in ihren Lazarusgruben und was diesen recht ist, ist auch anderen billig. Denn tatsächlich stirbt Batman in vorliegender Adaptation des Mythos, um sogleich wieder in genannten Gruben wieder auf zu erstehen. Schließlich ist Robin alias Damian schlau genug, seinen Vater in diese Lazarusgruben zu befördern, aber wer diese kennt, weiß gleichzeitig, dass immer auch etwas mehr an Wut und Verzweiflung dabei herauskommt als hineinging. Also Achtung vor Batman, denn ein wieder auferstandener ist wohl ebenso mächtig wie jener “Detektiv” mit dem sich Ra’s Al Ghul ein spannendes Säbelduell liefert, das von
Zeichner Ivan Reis sogar in übergroßen seitenübergreifenden Panels dokumentiert wird. Da staunt selbst die League of Assassins nicht schlecht die Ra’s Al Ghul bei seinem Umweltkampf assistieren. Denn so einen Kampf haben selbst sie noch nie gesehen: beide Kontrahenten zeigen Brust.

Der Zweck heiligt die Mittel?

Ra’s Al Ghul, der Batman immer mit “Detektiv” anspricht, hat durchaus Respekt vor seinem Gegner. Aber nicht weil es sein Schwiegersohn ist, sondern weil sie sich beide so sehr gleichen. Beiden ist das Leben heilig. Sie kämpfen beide für eine bessere Welt, nur dass Ra’s Al Ghul dabei alle Mittel recht sind, nach dem Motto “Der Zweck heiligt die Mittel”. Aber Batman weiß, dass gerade die Mittel des Kampfes auch die Wege der Zukunft beschreiben. Vielleicht könnte man da die Russische Oktoberrevolution zitieren, die ebenso wie Ra’s Al Ghul die richtigen Ziele, aber die falschen Wege dorthin beschritt. Die Natur muss beschützt werden. Ra’s Al Ghul will die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen, Batman will jedes menschliche Leben schützen. Auch das der Industriebosse, die gerade dieses Leben zunehmend verunmöglichen. Ein Batman-Comic ganz im Zeichen des 1988 Klassikers Killing Joke von Batman-Neuerer Alan Moore. Weitere “One Bad Day”-Geschichten zu anderen Superschurken sind bereits erschienen. Die Reihe wird fortgesetzt, u.a. mit Mr. Freeze, Double-Face, Clayface,…

Tom Taylor
Batman – One Bad Day – Ra’s Al Ghul
Original Storys: Batman: One Bad Day: Ra’s al Ghul
2023, Hardcover, 76 Seiten
ISBN: 9783741635120
Panini
18,00 €


Genre: Comics
Illustrated by Panini Comics

Peter Joseph Lenné: Eine Biographie

Das Buch wirkt klein und schlank und ist doch mehr als eine Biografie. Schon der Untertitel verrät: “Mit einer kurzen Geschichte des Landschaftsgartens von seinen englischen Vorbildern bis zum Volkspark.“ Und wir lernen nicht nur über Landschaftsgärten, wir sehen auch Lennés Rolle darin: „Durch ihn wird die Gartenrevolution zur Gartenevolution. Bei ihm beginnt der Übergang in die Moderne mit allen ihren Licht- und Schattenseiten.“ Die Entwicklungsepochen der Landschaftsplanungen werden mit denen der Literatur verglichen, da wird Lenné zum romantischen Gartenpoet, ist mal der Spätromantiker, meist einfach der Landschaftspoet.

Ohff berichtet von der Kindheit als Sohn des Hofgärtners von Brühl, seinen Ausbildungsstätten, etwa in München, der Arbeit in Wien und Paris, die Reisen. Von Hardenberg gelingt es 1816, den jungen Gärtnergesellen an den Preußischen Hof zu rufen.

Als Neuling muss er neben den Altvorderen bestehen, die barocke Schlossgärten für gottgegeben hielten, und da wollte ein Jüngling gerundete statt grader Wege planen, sogar Bäume fällen, wegen der besseren Aussicht! (Dit ham wa ja noch nie jemacht! Höre ich in Erinnerung eigener Tätigkeiten im Öffentlichen Dienst.)

Ohff glänzt nicht nur mit seinem Wissen über Garten- und Landschaftsplanung, er beschreibt Lennés Tricks im Umgang mit seinen Königen und auch mit seinen Kollegen. Lenné muss sich, über die Jahrzehnte, mehrmals auf neue Regenten einstellen. Er hat klare „Verschönerungspläne“ und will deren Umsetzung erreichen.

Er gestaltet die Landschaft, wissend, dass sie auf das menschliche Gemüt eine große Wirkung ausübt. Angestellt ist er als Beamter der preußischen Könige, aber er beginnt früh, über die Grenzen deren Schlossgärten hinaus, die Folgen der Verstädterung gerade für die nicht-adligen Menschen zu sehen, und er versucht, dem gegenzuwirken: Schon 1840 legt er seine „Projectirten Schmuck- und Grenzzüge von Berlin und seiner Umgebung“ vor. Tiergarten, Zoo, Humboldthain werden nach und nach, teils nach seinem Tode von seinen Schülern, umgesetzt. In Magdeburg, Köln und Dresden, um nur einige zu nennen, entstehen öffentlich zugängliche Gärten. Ein Kapitel des Buches heißt: Der Volkspark. Die Idee des Volksparks kommt aus England, später auch die Ballspiele, für die in den Parks Plätze geschaffen wurden.

Bei besonderen Gartenvorhaben kennt Ohff jedes Detail, als Beispiel mag das Projekt von Schloss und Park Babelsberg dienen, wo die übliche Rivalität zu Pückler auch mal zu dessen Obsiegen führte (was ich beim Besuch der Ausstellung vor einigen Jahren nicht verstanden hatte). Augusta, die Gattin des Hausherrn hatte viele, oft wechselnde Vorstellungen, mit denen Pückler, als „Homme de femme par exellence“ besser umgehen konnte als Lenné. Pückler, der selbstbewusste Aristokrat, machte sich zeitlebens gern über Lenné lustig. Schon der Name! Er kommt eigentlich, wie dessen Vorfahren, aus dem französisch sprachigen Belgien: Le nain, (der Zwerg) daraus macht Pückler „laine“ (Wolle).

Zwischendurch wird er als Mensch beschrieben, seine Treue zu „Fritzchen,“ seiner Ehefrau, zu seinen Gefährten, von denen einige zu Duzfreunden werden. Außerdem war er „Frühaufsteher, Weintrinker, mit einer Vorliebe zu Mosel und Rhein, Hundeliebhaber“ insgesamt ein geselliger Mensch, der dazu auch noch gerne sang. Und er unterstützte Arbeitervereinigungen, manche der späteren Tätigkeiten in Berlin, wo er „Buddelpeter“ genannt wurde, werden von Ohff als Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen beschrieben.

Nachdem der Prinzregent Wilhelm 1861 zum König gekrönt wurde, spielten Lennés Verschönerungspläne für die Entwicklung Berlin keine Rolle mehr, Berlin wurde immer mehr zur Steinwüste. Nach seinem Tod wurde Lenné auf dem Bornstedter Friedhof im Bereich des privaten Sello-Friedhofs mit anderen Gärtnern des preußischen Hofes begraben.

Für Lenné begannen die Ehrungen: Ehrendoktor in Breslau und viele andere. Und doch stecken in vielen seiner Werke noch seine „Verschönerungspläne“. „Als Schwärmer ein Praktikus und als Praktikus ein Schwärmer, vollendet er den klassischen Landschaftsgarten, zumindest auf dem Kontinent, und verwandelt ihn gleichzeitig zur Grün-Oase für den luft- und baumhungrigen Menschen der großen Städte.“ Das Buch endet mit einem Gedicht eines ehemaligen Gartendirektors, das Michael Seiler gewidmet ist. Hier die letzten Strophen:

„Laut Stadtplan läuft die Friedrich-Ebert-Straße

Exakt in Flucht der alten Hauptallee;

(hier stand vielleicht einmal die Marmorvase).

Auf Luftaufnahmen kurz nach dem ersten Schnee,

beziehungsweise in der Wachstumsphase,

erkennt man noch die Wege von Lenné.“

Abgerundet wird das Büchlein durch eine Auflistung der Jahreszahlen zur Entwicklung von Landschaftsgärten, denen seiner Biografie, einer Literaturliste und einem Personenregister.

 


Genre: Biographie, Gartenplanung in Berlin/Brandenburg, Volksparks
Illustrated by Jaron Verlag

Sing a bit of Harmony

Sing a bit of Harmony

Die KI Shion soll im Feldversuch beweisen, dass KIs im täglichen Leben nicht auffallen. Deshalb soll sie auf Anordnung der Forscherin Mitsuko, die sie entwickelt hat, in eine Highschool gehen. Was Mitsuko nicht weiß: Ihre Tochter Satomi, Streberin und Außenseiterin der Klasse, kennt das Projekt ihrer Mutter und weiß sofort, dass es sich bei Shion um eine KI handelt. Shion, die offen und authentisch ist, sorgt mit ihrem extrovertierten und seltsamen Verhalten für Aufsehen in der Klasse Satomis und schon bald kommen noch mehr Schüler hinter das Geheimnis Shions: Frauenliebling Gocchan, dessen Freundin Aya, Technik-Nerd Toma und Judoka Thunder finden ebenfalls heraus, dass Shion eine KI ist. Aber Satomi beschwört ihre Klassenkameraden, den anderen nichts zu erzählen – ihre alleinerziehende Mutter würde sonst ihren Job verlieren. Allerdings hat sie in Aya eine engstirnige und unberechenbare Klassenkameradin, der es eine Freude wäre, Satomi eins auszuwischen. Um Haaresbreite entgeht Shion einer Entdeckung, als sie der angeschlagenen Beziehung zwischen Aya und Gocchan auf die Sprünge hilft und Aya Satomi und Shion deshalb danken will. Auch Satomi selbst hilft Shion, indem sie die Freundschaft zwischen ihr und Toma wieder kittet. Und für Thunder ist sie eine gute Trainingspartnerin. Allerdings hat das Grüppchen um Shion nicht mit Mitsukos missgünstigem Vorgesetzten Saijo und ihrem Untergebenen Nomiyama gerechnet: In der männerdominierten Welt der Technik sind Frauen nicht gern gesehen und so versuchen sie alles, um Mitsuko zu diskreditieren.

Segen und Fluch der Technik, ethische Fragen zur intelligenten Technik

Die KI wird in diesem Anime sehr technikfreundlich dargestellt. Japan ist ein Land, das Technik generell sehr aufgeschlossen und optimistisch gegenübersteht. Die Animes spiegeln das wider, z.B. auch im Manga und Anime „Astro Boy“, der Kultstatus genießt. KIs werden meist menschlich dargestellt, als Lebewesen, wobei direkt oder indirekt die Frage gestellt wird, ob sie dann auch menschliche Rechte genießen sollen bzw. ob sie als menschlich anzusehen sind. Dieser Anime bejaht die Frage, denn das Grüppchen um Satomi hat gute Erfahrungen mit der KI gemacht, die anderen helfen will. Die KI zeigt eigenen Willen, verhält sich sozial und erfüllt damit für die Teenager menschliche Kriterien. Ausgereift ist sie allerdings noch nicht, denn sie verhält sich nicht unauffällig menschlich. Die KI wird nur von den Männern um Forscherin Mitsuko als bedrohlich angesehen.

Im Anime wird aber auch deutlich, wie abhängig Technik machen kann. Der SF-Anime zeigt deutlich einen Alltag, für den Roboter und intelligente Technik selbstverständlich sind und den man im Umkehrschluss ohne diese Technik so ohne Weiteres nicht mehr bewältigen kann. Was, wenn diese Technik ausfällt? Oder sich gar gegen einen wendet?

Frauen- und Männerbild

Die Frauen in diesem Anime sind unterschiedlich, ähnlich wie in der Realität. Mitsuko sticht hervor, weil sie alleinerziehende Mutter ist und trotzdem Karriere macht. Synchronsprecherin Sayaka Ohara bringt es auf den Punkt: „ […]die Karrierefrau, die in der von Männern domminierten Gesellschaft herumgeschubst wird und dennoch aus Überzeugung alles gibt.“ Dass Ohara sagt, es sei „sehr leicht“ für sie, sich in Mitsukos Situation hineinzuversetzen, spricht Bände. Der Anime spiegelt hier die unschöne Realität wider, dass Frauen immer noch mehr leisten müssen als Männer und trotzdem nicht anerkannt werden. Sie werden jeden Tag diskriminiert und müssen mehr kämpfen, mehr arbeiten, mehr stemmen und mehr aushalten als Männer – was sie im Umkehrschluss extrem stark macht. Und sich deshalb automatisch die Frage stellt, ob Männer unter solchen Bedingungen überhaupt noch bestehen würden, denn sie sind solche permanenten Härten im Leben nicht gewohnt. Schön, dass im Anime nicht die missgünstigen, intriganten, diskriminierenden Männer gewinnen, sondern die Frau und insgesamt die Menschlichkeit.

Mitsukos Tochter Satomi muss ebenfalls sehr stark sein: Sie stemmt den Alltag weitgehend ohne die Mutter und sorgt haushaltstechnisch sogar für sie mit, ist vernünftig, strengt sich für gute Noten in der Schule an und ist deswegen und wegen ihres introvertierten Charakters Außenseiterin. Sie muss also wie ihre Mutter viel aushalten und generiert daraus ebenfalls große Stärke, die sie für den Alltag aber auch für ihre Überzeugungen und im Kampf gegen den Großkonzern nutzt. Ihr Äußeres ist nicht klischeehaft weiblich, sondern androgyn bis männlich. Das unterstreicht noch ihre Andersartigkeit, die sie positiv einsetzt.

Aya kommt anfangs mit ihrer Eifersucht und ihrer ablehnenden Haltung Satomis und Shions gegenüber unsympathisch daher, aber sie hat für ihr Verhalten ihre Gründe. An ihr sieht man, dass man nicht nur die Maske oder Fassade eines Menschen beurteilen soll.

Saijo und Nomiyama sind typische Vertreter eines patriarchalen Männerbildes: destruktiv, skrupellos, machtgierig im Fall Saijos, dessen schwaches Ego eine starke, kompetente Frau nicht ertragen kann. Lieber sieht er einen unfähigen Mann wie Nomiyama anstelle einer fähigen Frau auf einer zentralen Position, damit seine eigene nicht gefährdet wird. Nomiyama kann es nicht verkraften, dass er von einer Frau übertrumpft worden ist und will sich mithilfe Saijos an ihr rächen, indem er sie in Misskredit bringt und stürzt. Die beiden sind das Paradebeispiel für asoziales, machismohaftes Verhalten.

Gocchan ist ein Frauenschwarm, weil er gut aussieht. Aber er selbst findet das nicht so gut, denn er möchte nicht aufgrund seines Äußeren beurteilt werden, sondern aufgrund dessen, was er ist. Er befürchtet, dass seine Freundin Aya aber genau das tut: „Ich komme mir vor wie ihr Designertäschchen!“ Nachdem er erkannt hat, dass Aya ihn nicht so oberflächlich betrachtet, wie er befürchtet, ist er ihr ein liebevoller Freund. Er erleidet eigentlich genau das, was Frauen alltäglich passiert: Sie werden nur nach ihrem Äußeren beurteilt und nicht nach dem, was sie innerlich sind. Frauen werden auch darauf getrimmt, sich für ihr Äußeres zu interessieren: Mode, Schminke, Figur. Die Reduktion auf das Äußere schadet Menschen, und Gocchan ist zurecht nicht gewillt, das mitzutragen.

Toma als Technik-Nerd hat ebenfalls eine Außenseiterposition: Er entspricht nicht dem gutaussehenden Sportler und ist damit nicht männlich genug für eine patriarchale Gesellschaft. Dafür ist sehr sozial und lösungsorientiert, was seiner Umgebung und v.a. Satomi zugutekommt. Er hat sich seine eigene soziale Bubble gesucht und gefunden, also seine Nische in einer Welt, in der er nicht viel zählt. Er steht für die Männer, die in einer patriarchalen Gesellschaft ebenfalls unter einem destruktiven Männerbild leiden.

Thunder ist gutmütig. Er entspricht dem Sportlertyp, wenn er auch nicht gutaussehend ist, und ist nicht so intelligent. Insgesamt hat er aber ein gutes Herz, was letztlich zählt.

Musik als Ausdruck der Gefühle und als Heilung

Der Anime ist ein wenig wie ein Musical konzipiert. Es kommen viele vom Text und von der Melodie her herzerwärmende Songs vor, die die Situation und die innere Gefühlslage der Figuren treffen. Dadurch werden sie sich selbst mehr bewusst und dessen, was sie wirklich wollen. So geschieht mit ihnen Veränderung und Heilung. Musik und Kunst allgemein wird im realen Leben gern als Therapie für psychisch kranke Menschen eingesetzt.

Wer Disneyfilme mag, wird wohl auch diesen Anime mögen, wobei trotz der Musik immer noch die Handlung im Vordergrund steht.

Weiterentwicklung der Charaktere und soziale Beziehungen

Alle Charas entwickeln sich im Laufe der Story positiv weiter, weil sie ihre Stärken und ihr authentisches Ich entdecken, ebenso das Ich der anderen. Sie lernen sich und die anderen zu schätzen, kritisch und menschlich zu sein und ihre eigene Haltung zu entwickeln und durchzusetzen, auch gegen Widerstände von außen und gegen Selbstzweifel. Damit sind sie Vorbild für sich entwickelnde Teenager. Auch die Romantik kommt nicht zu kurz, ebenso die Probleme, die man vor und während einer Beziehung haben kann. Ebenso werden Freundschaften geknüpft und vertieft. Harmonie, Fürsorge, Einstehen für andere, Empathie sind große Themen.

Technisches und Extras

Sprachen: Deutsch, Japanisch, Untertitel Deutsch

Laufzeit: 110 Minuten

Blue Ray

Extras: 16-seitiges Booklet (u.a. Infos zum Film, Interview mit Yasuhiro Yoshiura, Vorstellung der Charas), 1 Poster, 2 Artcards

FSK: ab 6 Jahren

Fazit

Spannender SF-Anime inklusive Romantik, ethischen Fragen und einem starken Frauenbild.


Genre: Romantik, Science-fiction
Illustrated by Crunchyroll, Yasuhiro Yoshiura

Micky Maus Magazin (MM) 16

Inhalt

Dagobert Duck „Der verlorene Schatz“: Dagobert will nach dem zweiten Teil der Schatzkarte des Augustus suchen. Ihm dicht auf den Fersen sind Klaas Klever, mit dem er eine Wette abgeschlossen hat, und die Panzerknacker. Dagoberts und Donalds Suche führt alle Beteiligten nach Deutschland in die Städte Berlin und Köln und endet mit einer Überraschung.

Donald Duck „Supernavi“: Donald will Daisy mithilfe von Daniel Düsentriebs Supernavi finden. Ob das gut geht?

Tick, Trick und Track „Die Kraftprobe“: Die Drillinge und ihr Freund Ole treten gegen die beiden Kraftprotze der Schule an.

Donald Duck „Voller Tatendrang“: Auf einem Camping-Urlaub entdeckt Donald seinen Tatendrang.

Minnie Maus „Starker Stubentiger“: Minnie Maus‘ Freundin, die Tierärztin ist, sorgt sich um ihre neueste Patientin, denn die Tigerdame will trotz guter Behandlung nicht genesen.

Donald Duck „Donald und die Detektive“: Donald nimmt einen Job als Babysitter eines verwöhnten Bengels an. Das ist nicht so einfach wie gedacht, birgt aber für alle ein Abenteuer und eine positive Überraschung.

Die Ducks in Deutschland

Das Magazin wartet nicht nur mit vielen Abenteuergeschichten auf, sondern auch mit einer Geschichte, die in Deutschland spielt. Das ist das Besondere dieses Heftes. Ein wenig erinnert die Geschichte an „80 Tage um die Welt“, aber das Muster, dass Dagobert mit Rivalen wettet, ist schon aus anderen Geschichten bekannt. Die Wette als Klassiker verspricht Spannung, und die ist im Comic gegeben.

Mehr Abenteuer mit Mädchen und Frauen! Diversität sichtbar machen!

Wie schon ersichtlich, spielen Frauen und Mädchen nur eine marginale Rolle in diesem Band des Magazins. Meistens stellen Jungen und Männer die Hauptfiguren – schon die schiere Anzahl der Comics mit Donald, Dagobert und den Drillingen spricht für eine Fokussierung auf männliche Fans. Nur ein einziges Abenteuer ist Minnie Maus gewidmet. Dabei könnte man, wenn man wollte, durchaus genügend Geschichten um die weiblichen Hauptfiguren stricken (z.B. um Klarabella, Oma Duck oder Daisy), um so ein ausgewogenes Verhältnis herzustellen. Sollte als Gegenargument kommen, dass männliche Leser nicht so viele „Frauengeschichten“ lesen wollen – Leserinnen müssen sich schon seit Jahrzehnten mit dem Männerüberschuss im Comic arrangieren! Außerdem wäre wünschenswert, wenn sowohl männliche als auch weibliche Protagonist*innen weniger Rollenklischees transportieren und sich gegenüber der immer schon vorhandenen natürlichen (die Natur strotzt geradezu vor Diversität/Vielfalt!) und damit auch menschlichen Diversität öffnen würden.

Ein Anfang ist in diesem Band immerhin schon durch einen Rollstuhlfahrer gemacht. Natürlich wäre mehr in dieser Hinsicht ein Gewinn für die schon immer vielfältige Gesellschaft (auch wenn sich z.B. Homosexuelle früher und auch heute noch aufgrund von Strafverfolgung und Diskriminierung nicht outen konnten, aber es gibt sie seit Menschengedenken), deren Akzeptanz und deren Abbildung im Comic. Was „Die Kraftprobe“ schön zeigt: Menschen mit Handicap sind nicht behindert, werden aber von der Gesellschaft behindert. Und der angeblich Behinderte hat trotz Vorurteilen seine Stärken – auch körperlich. Dass das hervorgehoben wird, ist wichtig, denn Menschen mit Handicap kompensieren ihre Schwächen so, dass andere Sinne, Körperteile usw. zu ihren Stärken werden. In diesem Fall sind es die muskulösen Arme des Rollstuhlfahrers, die ihm einen Vorteil verschaffen. Ebenfalls gezeigt wird in diesem Comic, dass auch gegenüber den körperlich Starken Vorurteile herrschen können nach dem Motto „dumm, stark, wasserdicht und destruktiv“: Die körperlich starken Zwillinge sind entgegen aller Erwartungen gute Verlierer und erkennen die Stärken anderer an. Solche Comics würde ich mir mehr wünschen, denn sie transportieren mit leichter Hand und spannend Werte wie in diesem Fall u.a. Akzeptanz und Vielfalt und räumen Vorurteile aus.

Das Abenteuer mit Minnie stellt Tiere in den Mittelpunkt: Tiergerechte Haltung und das Eingehen auf die Bedürfnisse der Tiere kommt allen Beteiligten zugute. Dass auch Tiere einsam sein können und Gefühle haben, wird hier schön gezeigt. Der Mensch muss weg vom Speziesismus (d.h. der Mensch sieht sich als Maß aller Dinge und alle anderen Wesen sind ihm untergeordnet) hin zu einer ganzheitlichen, die Umwelt als Ganzes begreifenden Denkweise, wenn dieser Planet – und damit auch der Mensch! – überleben soll. Mehr Comics in Richtung Umweltbewusstsein und sozialem, kritischem Verhalten und Denken täten not, denn auch Comics übertragen Werte, sowohl konstruktive als auch destruktive, die die Kinder beim Lesen bewusst oder unbewusst adaptieren. Die Verlage stehen also durchaus in einer gesellschaftlichen Verantwortung und täten gut daran, nicht nur an Gewinnmaximierung zu denken.

Sonstiges

„Das Supernavi“ nimmt unkritische Technikgläubigkeit aufs Korn. „Donald und die Detektive“ zeigt das Dilemma Erwachsener auf: Geldverdienen hat im Notfall Vorrang vor Versprechen an die Kids und Pubertierende sind schwer zu händeln. Allerding zeigt das Abenteuer auch, dass Zusammenhalt u.a. in kritischen Situationen einiges bewirken kann.

Das Magazin wartet als Extra mit vier Reisespielen auf. Abwechslung bietet es durch die Rätselcomics „Der Wollpullover“ und „Flucht auf dem Motorrad“, Witze, dem Enten-Kurier, witzigem, informativem, kuriosem Extra-Wissen und Basteltricks.


Genre: Comic, Comic-Magazin
Illustrated by Egmont Ehapa

Dahlienzauber

Das Buch war mein letzter Versuch, mich mit Dahlien zu versöhnen, und es hat funktioniert! Die Autorin hat in diesem kleinen Büchlein auf gut hundert Seiten nicht nur ihre Lieblingsdahlien vorgestellt, sondern auch Pflegeanleitungen gegeben, mit denen ich etwas anfangen kann.

Sie hat einen Blog über ihren Cottagegarten, mit vielen schönen Fotos, einige auch von Profis. Für das Buch wurden viele Dahlienblüten abgeschnitten, teils in Vasen präsentiert, aber auch mit anderen Blüten zusammen fotografiert, um zu zeigen, was gut passt und sich ergänzt.

Der Text beginnt mit der Herkunft aus Amerika, die Nationalblume Mexikos ist die Dahlie. Traditionell wurden alle Teile der Pflanze auch verspeist, bei uns wird dies nicht in dem Maße praktiziert, wie bei Kartoffeln, die ja auch von dort kommen. Inzwischen haben sie sich bei uns eingeführt, in Deutschland anfangs auch unter dem Namen Georgine. Sie wurden weiter gezüchtet, um die fünfzig Tausend Sorten gibt es. Sie sind nicht anfällig für Krankheiten, die ungefüllten auch Insekten freundlich, nur auf die Schnecken ist zu achten.

Nun komme ich zu meinem Verhältnis zu Dahlien:  Sie blühten schön und im Herbst hatte ich sie herausgenommen, kühl und trocken gelagert, dann im Frühling gut gewässert, eingepflanzt und immer weiter gewässert, bis…sie dann verfaulten.

Das war wohl mein Fehler, ich hätte sie nach dem Einpflanzen trocken halten sollen. In zwei Jahren war es so, dass von drei Pflanzen zwei verfaulten und nur eine blieb. Aber es gibt im Buch noch einen weiteren Vorschlag und als Ergebnis meiner Lektüre werde ich meine Dahlien in diesem Herbst nicht herausnehmen. Frau Stiller tut dies, da die Winter bei ihr in Bayern doch sehr kalt wären, aber sie berichtet auch von Erfahrungen in anderen Gegenden, wo es so, wie inzwischen hier in Berlin, nur wenige Frosttage gibt. Danach kann man sie in der Erde lassen, das Grün entfernen und mit mehreren Schichten zudecken, eine Plane drauf gegen zu viel Wasser und dann auf den Frühling hoffen. Diesen Winter wird es also drei kleine Hügelgräber geben bei uns im Garten.

Ein Schwerpunkt des Buches sind die Hauptfeinde, alle Schnecken, vor allem aber Nacktschnecken! Dazu gibt es Tipps, etwa abends Gemüseabfälle auf Schälchen herausstellen, um Schnecken zu locken.

Da auch sie beobachtete, dass Schnecken eher schwache, kränkliche Pflanzen angreifen, könnte man auch Opferpflanzen in die Nähe setzen, etwa Rittersporn, aber wer bringt das übers Herz?


Genre: Blumen, Gartendesign
Illustrated by Callwey

Das SCHIFF der ABENTEUER

Enid Blyton. Im Juli 2023 ist bei Bocola bereits der sechste von acht Bänden der klassischen Abenteuer-Reihe von Enid Blyton erschienen. Die exklusive Edition der Abenteuer-Reihe von Enid Blyton des Bocola Verlages folgt den englischen Originalausgaben und ist mit zahlreichen Illustrationen von Stuart Tresilian versehen. Mit buntem Schutzumschlag und gebunden in Halbleinen sind die acht Bände von Enid Blyton eine umfassende Abenteuer-Reihe, übrigens die erste in Deutschland veröffentlichte Kinderbuch-Reihe von Enid Blyton, deren Erfolg der “Fünf Freunde-Bücher”, die ab 1953 hierzulande erschienen, mitbegründete.

Abenteuerreihe von Enid Blyton

Im vorliegenden Abenteuer, dem Band 6 der neu veröffentlichten Reihe des Bocola Verlages geht es vorerst um den harmlosen Kauf eines Flaschenschiffs, der die vier Kinder alsbald in ein neues Abenteuer verwickelt. Eigentlich war für die Ferien eine ruhige Seereise auf einem großen Überseedampfer geplant. Das ungewohnte Leben auf einem Schiff, die weite Schönheit des Meeres und das fremdartige Leben in den Hafenstädten entzücken die Kinder ohnehin schon. Doch mit dem Flaschenschiff kommt Unruhe in die Reisegesellschaft, denn eine alte Karte gibt Rätsel über Rätsel auf und es beginnt die fieberhafte Suche nach einem längst verschollen geglaubten Schatz. Für weiteren drolligen Spaß sorgen Kiki und ein Äffchen namens Micki. Die exklusive Sammler-Edition, die vom Bocola Verlag seit April 2022 in 8 Bänden in einer als Nachdruck der englischen Originalausgaben des Londoner Macmillan-Verlags, die von 1944 bis 1955 dort erstmals zum Abdruck kamen, veröffentlicht wird, wurden vom Bocola aufwändig digital restauriert. Damit verwirklicht der Bocola Verlag erneut seine Mission und veröffentlicht Bücher in erstklassiger digitaler Restauration.

Original-Illustrationen von Stuart Tresilian

Denn die Illustrationen von Stuart Tresilian vom Schutzumschlag, vom Cover und aus dem Innenteil der Bücher enthalten als Nostalgie-Edition wesentlich mehr Illustrationen als die früheren deutschen Ausgaben. Aus heute unerfindlichen Gründen, hat man damals in den deutschen Büchern viele Abbildungen weggelassen. Diese Ausgabe wird all jene begeistern, die mit den Klassikern von Enid Blyton aufgewachsen sind, aber auch die Kinder, die erstmals in die Abenteuer der 4 Freunde eintauchen wollen. Ganz bewusst wird mit dieser Sammler-Edition der Charme der englischen Originalausgaben von Bocola wiederbelebt und erhalten. Denn der Bocola-Verlag orientierte sich bei seiner Neuausgabe absichtlich nicht an der deutschen Erstausgabe der Abenteuer-Reihe aus dem Erika Klopp Verlag, sondern so weit wie möglich an Aufmachung und Gestaltung der englischen Erstauflage des Londoner Macmillan Verlages. Der Bocola Verlag hat seit seiner Gründung vor 17 Jahren bereits 4.300+ PRINZ EISENHERZ SEITEN, 17 COMIC-KÜNSTLER, 100 EDLE SAMMLERAUSGABEN und 37.500+ STUNDEN DIGITALER RESTAURATION investiert, um die Schätze vergangener Generationen auch zukünftigen Generationen weiterhin zugänglich zu erhalten.

Enid Blyton
Die Abenteuer-Reihe von Enid Blyton
Band 6: Das SCHIFF der ABENTEUER
Hardcover-Band in Leinen-Optik mit Schutzumschlag, 13 x 20 cm, 336 Seiten
Mit Illustrationen von Stuart Tresilian.
Überarbeitete Neuausgabe nach der englischen Originalausgabe von 1950.
Übersetzung: Julia Weisenberger
ISBN: 978-3-946842-48-4
Bocola Verlag
EUR 19,00


Genre: Kinderbuch
Illustrated by Bocola