Boys run the Riot 2

Boys Run the Riot 2: Ein persönlicher, aufrichtiger und inspirierender Coming-of-Age-Manga (2)„Aus tiefster Seele sträubt sich alles in mir gegen den Anblick meiner selbst“ (Ryo)

Nachdem trans Junge Ryo und seine Freunde Jin und Itsuka eine klare Absage bei einem großen Verkäufer für ihre selbst kreierte Mode erhalten haben, beschließen sie, das Geld für deren Vermarktung selbst zu verdienen. Ryo will in seiner Trans-Identität einen Job bekommen, scheitert aber. Schließlich findet er eine Arbeit in einem Lokal, das als Arbeitskleidung unisex-Kleidung anbietet. Gleich am ersten Tag durchschaut ihn seine Kollegin Mitsuki sofort – sie spürt, dass Ryo äußerlich zwar ein Mädchen, aber innerlich ein Junge ist. Von da an scheint es für Ryo gut zu laufen, denn Mitsukis spielerische Art, mit diesem Faktum umzugehen, hilft ihm auch bei seinen Arbeitskollegen. Dann aber verliebt sich einer der Kollegen in Ryo – und zwar in Ryo als Mädchen. Ryo ist zunächst verzweifelt und gibt dem Mann einen Korb, aber nach einem Gespräch mit Mitsuki entwickelt er eine Strategie, um wieder unbefangen mit seinem Kollegen umgehen zu können. Außerdem lernt er die Trangender-Frau Tsubasa kennen, die im Gegensatz zu ihm offen mit ihrer Identität umgeht. Tsubasa will den drei Freunden helfen, ihr Modelabel bekannter zu machen – und stößt unerwartet an Ryos Grenzen.

Anderssein verlangt Mut und (Selbst-)Reflexion – tagtäglich

Der 2. Band geht wieder einfühlsam auf die inneren und äußeren Turbulenzen ein, die Ryo durchmachen muss, und wie mühsam und (zu) oft frustrierend das Leben tagtäglich ist, wenn man anders ist als andere. Ryo hat große Selbstwertprobleme, weil sein Erscheinungsbild nicht mit seinem inneren Geschlecht übereinstimmt und seine Umgebung ihm normalerweise spiegelt, dass er ein Mädchen ist und sich dementsprechend anzuziehen und zu verhalten hat. Wie Shimada, der Ryo ganz deutlich sagt, dass er ihn nur als Mädchen sieht und zudem unkritisch Rollenklischees transportiert. Nur ganz wenige Menschen nehmen Ryo so, wie er ist – und das ebenso selbstverständlich wie alle anderen ihn leider nicht so nehmen, wie er ist. Durch seine Art und den Zuspruch seiner Freunde erweitert Ryo aber allmählich seinen Radius und findet langsam mehr Zugang zur Welt und die Welt Zugang zu ihm.

Zu den fundamentalen Identitätsproblemen kommen noch Liebeswirren. Dass Ryo ein Liebesgeständnis von einem Mann, Shimada, erhält – der in ihm aber nur die Frau sieht – verwirrt und verletzt ihn. Er hatte sich auf eine gute neue Freundschaft eingestellt und nicht auf eine Liebesbeziehung. Dass dieser Mann nach Ryos Zurückweisung nicht mehr normal mit Ryo umgeht, verletzt den Transgender-Jungen. Aber da macht der Manga Mut, seinen eigenen Weg des Umgangs mit einer solchen Situation zu finden und sich u.a. Rat bei anderen zu holen, die einem wohlgesinnt sind. In diesem Fall sind das sowohl Mitsuki als auch Tsubasa. Mitsuki macht Ryo klar, dass dessen Herz für Frauen schlägt. Außerdem stellt sie ihm die Frage, ob Ryo auch äußerlich ein Mann sein muss, um Frauen zu lieben. Tsubasa stellt Ryo die Frage, was so schlimm daran wäre, sich in Männer zu verlieben. Allerdings sagt sie dann etwas, was wohl kein*e Trangender über das eigene biologische Geschlecht sagen würde: „Ich bin ein Mann und ich stehe auf Männer!“ Das irritiert, denn dann würde sich die Transgenderfrau in ihrem männlichen Körper wohlfühlen, was normalerweise nicht der Fall ist.

Aber abgesehen von diesem nicht unwesentlichen Fauxpas ist das ein gelungener Manga über das Thema Transgender, verbunden mit den Themen Mode und Kunst als Selbstverwirklichung, Freundschaft und Liebe


Genre: Manga, Mode, Selbstverwirklichung, Transgender
Illustrated by Carlsen Manga!

Helden. Klassische Sagen der Antike

Stephen Fry Helden

Oh Ikarus, Ikarus, mein geliebter Junge. Warum hast du nicht auf mich gehört? Warum musstest du so nah an der Sonne fliegen?“, klagt der Erfinder Daidolos seinen Sohn und sein Schicksal. Viele Väter dürften dieses Lamento schon gehegt haben, denn zumeist ist der Jugend kein Rat der Alten teuer. Dabei könnte man so viel von ihnen lernen!

Götter: personifizierte  Gefühle, Ideen, Impulse

Stephen Fry, der britische Schriftsteller, Schauspieler, Moderator, Kolumnist und Regisseur, legt mit “Helden” die Fortsetzung seiner klassischen Sagen der Antike vor, sie gehört ebenso wie “Mythos” und “Troja” zur Trilogie des fleißigen Mythologen. Wie im Vorgängerwerk habe er darauf geachtet, “die Geschichten ohne Erklärungen oder Deutungen zu erzählen”, wie er im Nachwort schreibt. Denn gerade die Produkte des “kollektiven Unbewussten” bedürften keiner solcher. Schließlich habe der Euhemerismus, die rationalistische Deutung von Mythen, längst bewiesen, dass etwa Troja oder Mykene wirklich existierten. Aber auch die Götter selbst existieren, denn es ist letztendlich egal ob wir die beschriebenen Regungen als “Gott, Impuls oder fixe Idee” bezeichnen, die Griechen seien einfach schlauer gewesen: “Sie zu personifizieren ist ziemlich schlau – vielleicht nicht ausreichend um mit ihnen klarzukommen, aber doch gut genug, um den unkontrollierbaren und unergründlichen Kräften, die uns im Griff haben, Form, Dimension und Charakter zu geben.

Helden ohne Furcht und Tadel

Wenn also Ikaros vom Himmel fällt, weil er mit seinen mit Wachs geklebten Flügeln zu nahe nahe an die Sonne geraten ist, beschreibt dies treffend ein Bild und vermittelt der unter ihm ihn beobachtenden Schiffsmannschaft von Theseus zugleich Trost und Verheißung. Daidolos war es nämlich, der Theseus half, den Minotaurus zu besiegen worauf er von König Minos eingesperrt wurde. Aber dank seines Erfindungsreichtums konnten er und sein Sohn fliehen. Ariadne hingegen bleibt alleine auf Naxos zurück, ein Schicksal da an anderer Stelle weitererzählt werden sollte. Aber was soll man sagen? “Theseus interessierte sich nicht für die Vergangenheit, nur für die Zukunft. Das ist eines der Merkmale von Helden, das sie anziehend und abstoßend zugleich macht.

Die vorliegende Ausgabe ist mit Gemälden aus der Kunstgeschichte illustriert und hat im Anhang zudem ein Register mit Helden und solchen, die es gerne geworden wären. Weitere Geschichten in diesem Band drehen sich um Jason und die Argonauten, den smarten Ödipus und die Sphinx, Perseus und die Perser, Herakles und seine 10-12 Aufgaben, Bellerophon, der mit Hilfe des fliegenden Pferdes Pegasos die Chimäre tötete, Orpheus, der nicht nur singen konnte und Atalante, die sich nur von dem entjungfern ließe, der sie im Wettkampf besiegte.

Stephen Fry
Helden. Die klassischen Sagen der Antike neu erzählt
Übersetzer: Matthias Frings
Gehört zu Die Mythos-Trilogie Bandnummer 2
2020, Paperback, 461 Seiten
ISBN 978-3-351-03481-8
Aufbau Verlag
26,00 €

 


Genre: Geschichte, Heldensagen, Legenden, Mythen, Sagen
Illustrated by Aufbau Berlin

Unordnung im Himmel

“Der Große Vorsitzende” Slavoj Žižek

Unordnung im Himmel. Die Unordnung, die Slavoj Žižek in seinem neuen Buch meint, geht auf ein Zitat des Großen Vorsitzenden Mao Tse-tung zurück. Denn Krise (Unordnung) bedeutet bekannterweise nicht nur Chaos, sondern auch Chance. Der vorliegende Band enthält kurze Aufsätze zu den Themen, die uns seit Ausbruch der Krise (Pandemie) in Atem halten. So analysiert Žižek – kurzatmig und kurzweilig wie immer – etwa die Tatsache, dass die USA ihre moralische Führung verloren haben, warum Assange immer noch nicht frei ist und weswegen wir heutzutage mehr radikale Veränderungen statt Mitgefühl brauchen. Trägt er deswegen eine Mao-Uniform auf der Illustration am Cover?

Unordnung im Himmel

Freundlichkeit und Mitgefühl können sich in der Regel nur diejenigen leisten, die oben stehen“, meint Žižek etwa, wenn es um Migration geht und verlangt ausgerechnet mit einem Oscar Wilde (!) Zitat, unseren altruistischen Tugenden, die genau die Erreichung ihrer eigenen Ziele verhindern würden, enndlich abzuschwören. Genau das ist es wohl auch, was er ein paar Zeilen weiter als “liberalen Opportunismus in seiner schlimmsten Form” bezeichnet: “Aus Angst, die Mitte zu verschrecken, sagt man sich von den linken ‘Extremisten’ los.” Aber gerade in Zeiten des Trumpismus hätte man schon mit der Verteidigung der liberalen Demokratie alle Hände voll zu tun und es scheint wirklich zu viel verlangt zu sein, darüber hinaus noch eine Perspektive zu entwerfen. Schließlich wird das Feld der politischen Spannung, der hegemoniale Diskurs, längst von den Rechten bestimmt, und das nicht erst seit der Pandemie.

Lageberichte aus dem irdischen Chaos

Der letzte, 35. Aufsatz, in vorliegendem Band trägt denn auch den provokanten Titel “Warum ich immer noch Kommunist bin” und wird wohl viele Leser:innen allein deswegen schon abschrecken. “Tout ce qui bouge n’est pas rouge“, zitiert Žižek Alain Badiou und tatsächlich dominiert die politische Rechte der Gegenwart den hegemonialen Diskurs indem sie sich einer langen Tradition überwiegend linker Volksproteste bedient, gibt Žižek zu bedenken. Warum also klammert sich Žižek immer noch an den “verfluchten Namen des Kommunismus“, wie er schreibt, wenn er doch wisse, dass das kommunistische Projekt des 20. Jahrhunderts längst fehlgeschlagen ist und dabei nur “neue Formen mörderischen Terrors” hervorgebracht habe? Da wir uns dem Ende in Form einer apokalyptischen Katastrophe nähern, sei es umso klarer sich zur Freiheit als erkannte Notwendigkeit zu bekennen: “Das Ende der Zeit wird als die Unmöglichkeit des Endes erlebt“. Für Žižek bleibt die letzte Wahl immer noch der Kommunismus.

Slavoj Žižek
Unordnung im Himmel.
Lageberichte aus dem irdischen Chaos.
Aus dem Engl. von Axel Walter
2022, Broschur, 288 S. 13,5 x 21,5 cm
ISBN 978-3-8062-4487-8
wbg Theiss, Darmstadt


Genre: Philosophie, Politik
Illustrated by wbg theiss

The Moment I fell for you

The Moment I Fell For YouDie Macht der Kunst

Weder Bay noch Dare haben ein einfaches Leben. Bay ist nach dem Verlust des Vaters vor drei Jahren umgezogen. Ihre alleinerziehende Mutter rackert sich nachts als Krankenschwester ab. Und Bay gilt in ihrer Schule immer noch als „Die Neue“, mit der niemand etwas zu tun haben will. Dare hat seine Mutter früh verloren und wächst, seit er 12 Jahre alt ist, praktisch allein auf – was er gut findet, denn sein alkoholkranker Vater verprügelt ihn, wenn er zuhause ist. Um über die Runden zu kommen, repariert Dare die Autos seiner Mitschüler.

Aber beide sind mit ungewöhnlichen Talenten gesegnet: Bay ist durch ihren musikalischen Vater die Musik in die Wiege gelegt worden. Sie kann nicht nur sehr gut Gitarre spielen, sondern auch wunderschön und ausdrucksstark singen. Dare spielt auf hohem Level Football und hofft, in eine Profi-Mannschaft aufgenommen zu werden. Aber durch eine Schlägerei, bei der ein anderer Mitspieler durch ihn verletzt wurde, steht diese letzte Chance auf ein besseres Leben auf der Kippe. Außerdem kann Dare sehr gut zeichnen, was er aber vor allen anderen versteckt, um seinen Ruf als Footballer nicht zu gefährden.

Eines Tages hört Dare Bay im Garten singen und ist von ihrem Gesang derart berührt, dass er beschließt, ihr näher zu kommen. Aber Bay ist misstrauisch: Warum will dieser gutaussehende und an der Schule beliebte Junge plötzlich mit einer Außenseiterin Kontakt aufnehmen, wo er Bay doch zuvor jahrelang wie Luft behandelt hat?

Der romantische Roman ist augenscheinlich der Auftakt einer Trilogie. Wie schon an anderer Stelle geschrieben bieten die New-Adult-Romane nicht nur eine nette Liebesgeschichte, sondern auch Tiefe in Form von schwerwiegenden Problemen, die die jungen Leute mit sich herumschleppen und mit denen sie irgendwie zurechtkommen müssen. Dies kann an Lebenssituationen von Leserinnen andocken und Lösungswege aufzeigen (die wie im „echten“ Leben sehr kurvig verlaufen können). Allerdings habe ich festgestellt, dass die Romane es in der Summe mit den schwierigen Lebenssituationen übertreiben, indem sie einem einzelnen Charakter doch sehr viel zumuten – und damit den Leserinnen.

Sind zweite Chancen immer sinnvoll?

Außerdem finde ich speziell in diesem Buch manche Situationen, die einschneidend auf den weiteren Verlauf wirken, nicht so gut vorbereitet. Manche Wendungen kommen derart abrupt, dass man auch als Leserin verwirrt ist. Die Erklärungen dafür sind eher punktuell, knapp und damit nicht so ganz plausibel. Sie wirken eher wie der Versuch, ein retardierendes Moment um jeden Preis einzubauen, um die Spannung aufrecht zu erhalten. Die Wirkung soll zwar mit dem indirekten Hinweis abgedämpft werden, dass es der jeweiligen betroffenen Figur ähnlich geht, aber durch zu wenig Erklärung verpufft dieser Effekt. Soll das alles erst in den folgenden Bänden gelüftet werden?

Dare ist zudem ein schwieriger Fall für eine gesunde Beziehung, denn er reagiert sehr aggressiv auf Situationen und Menschen, die ihm aus seiner Sicht nicht guttun. Bay blockt deswegen zu Recht ab, denn auch im wahren Leben endet es für die Frauen schlecht, wenn sie bei einem solchen Mann bleiben (wie Frauenhäuser leider zur Genüge zeigen). Es mag angehen, dass hier evtl. zweite Chancen vertreten werden – aber ich halte es für einen gefährlichen Weg, das bei aggressiven, destruktiven Männern zu propagieren, denn es würde Frauen nur weiter ermutigen, sich von solchen Männern nicht zu befreien und damit einen leidvollen Teufelskreis weiterzugehen!

Ansonsten ist dieser Roman wie die anderen ähnlicher Art so aufgebaut, dass sowohl die weibliche wie auch die männliche Hauptfigur in der Ich-Erzählung abwechselnd zu Wort kommen, um die jeweiligen Perspektiven zu veranschaulichen. Spannung ist ebenfalls durchgängig gegeben. Der Roman endet mit einer Art Cliffhanger. Außerdem wird die sich anbahnende Beziehung der beiden gut aufgebaut, sodass man mitfiebern kann.


Genre: New Adult, Romantik, schwierige Lebenssituationen
Illustrated by LYX

Dunbridge Academy 3: Anytime

Dunbridge Academy - Anytime - Sarah Sprinz - PB

Unfall, Selbstverletzung, ungesunde Familienstrukturen

Olive Hendersons Leben ist nach dem Brand in ihrer Wohneinheit der Dunbridge Academy nicht mehr so, wie es einmal war: Nach langer Zeit im Krankenhaus und in der Reha darf sie nicht mehr für ihr Team schwimmen. Denn die schweren Verbrennungen verheilen nur langsam. Außerdem soll sie jetzt die elfte Klasse wiederholen. Olive will das nicht auf sich sitzen lassen und versucht, den Stoff der Zwölften neben dem der elften zu lernen, um nach ihrem 18. Geburtstag wieder bei ihren Freund*innen zu sein, die jetzt im Abschlussjahrgang sind. Aber das will nicht so klappen, wie sie es sich vorstellt. Außerdem hütet sie noch ein bedrückendes Geheimnis, das – wenn es herauskommt – ihre Familie gänzlich zerstören könnte.

Zu all den Schwierigkeiten gesellt sich noch ein neuer Schüler, der Olive das Leben schwermacht: Colin Fantino, der Sohn einer bekannten amerikanischen Moderatorin. Er ärgert Olive, wo er nur kann, und macht auch ansonsten eine Menge Schwierigkeiten. Denn Colin verfolgt nur ein Ziel – er will wieder zurück in die USA, zurück zu seinen Freunden und erst recht zu seiner Schwester, die wie er unter den ungesunden Familienstrukturen zuhause leidet. Er selbst versucht durch Selbstverletzung diesem ständigen äußeren und inneren Druck zu entkommen. Dass das nicht lange gutgehen kann, ist absehbar.

Too much

Der dritte und Abschlussband der Reihe ist wie die beiden vorigen zwar als romantischer Roman angelegt, schwebt dabei aber nicht in einer rosaroten Blase, sondern bringt durchaus detailreich die Schwierigkeiten auf den Plan, die das Leben bereithalten kann. Er bringt damit mehr Authentizität und Plausibilität in die Geschichte. Das ist einerseits gut, denn reine Love-Stories sind seicht, durchschaubar und damit langweilig. Allerdings habe ich nach dem Lesen der Reihe und ähnlicher Romane in der letzten Zeit das Gefühl, dass damit zum einen übertrieben wird und zum zweiten das – ich nenne es jetzt einfach beim Namen, weil ich es mittlerweile so empfinde – Auswalzen der Probleme (zumal sie schwerwiegend und arg mannigfaltig für je nur eine einzige Figur sind) anscheinend gerade in Mode ist. Das ist auf Dauer too much. Da hilft auch irgendwann die Triggerwarnung nicht mehr, denn eigentlich dürfte man diese Romane aufgrund der zahlreichen Problemfelder gar nicht mehr lesen, weil man ständig getriggert werden kann. Ob das alles Sinn der Sache ist? Ich hoffe nicht.

Das zweite, was mir bei dieser Art der neuen Jung-Adult-Romane auffällt, sind die nur graduell unterschiedlichen Figuren. Gerade, wenn in der Ich-Form erzählt wird, ähneln sich die Mädchen- und Jungenfiguren doch sehr (z.T. bis in den Wortlaut hinein), sodass man sie irgendwann durcheinanderwirft. Das wird besser in der Er/Sie-Erzählung gehandhabt; so kann man die Unterschiede wohl leichter herausarbeiten.

Ansonsten legt die Autorin aber merkbar Wert auf einen stimmigen Spannungsaufbau und die Plausibilität ihrer Figuren und Situationen. Außerdem zeigt sie anhand ihrer Figuren auf, dass Probleme zwar immer vorhanden sein können, es aber Wege gibt (auch wenn diese oft genug krumm und bucklig verlaufen), sie in Angriff zu nehmen und damit letztlich umzugehen. Das kann Leser*innen in ähnlichen Situationen Mut machen und Lösungsstrategien aufzeigen. Und es zeigt, dass man nicht perfekt sein muss, um eine Liebesbeziehung zu verdienen und selbst unter widrigen Umständen zu führen. Der Roman zeigt aber auch, dass man sich für Beziehungen weiterentwickeln und aus Fehlern lernen (sich also ständig selbst reflektieren) muss – ein Status Quo der weiblichen und männlichen Figuren würde jegliche menschliche Beziehung früher oder später schrotten, nicht nur Liebesbeziehungen.


Genre: Jung Adult, Romantik, schwierige Lebenssituationen
Illustrated by LYX

Im Garten meiner Kindheit

Christine Kayser entführt den Leser in die Zeit ihrer Kindheit, in eine ländlich geprägte Zeit. Morgens schöpfte die Milchfrau frische Milch aus Kannen. Abends las die Großmutter vor. Das Leben des Wildfangs spielte sich weitgehend außerhalb des Hauses in der freien Natur ab. Waschmaschinen, Kühlschränke, Telefon und Fernseher gab es noch nicht. Weiterlesen


Genre: Autobiografie, Erzählungen
Illustrated by story.one

Bärenstarke Kinderkost – Einfach, schnell und lecker

„Die körperliche und geistige Entwicklung, die Konzentrations- und Leistungsfähigkeit sowie die Widerstandskraft gegenüber Krankheiten werden entscheidend beeinflusst durch das, was Kinder essen und trinken. Das gilt für Kinder und Erwachsene gleichermaßen. Gesund und fit bleibt man in aller Regel mit einer vollwertigen Ernährung.“ (S. 19) Weiterlesen


Genre: Familie, Sachbuch Ernährung
Illustrated by Verbraucherzentrale

Detektiv Conan The Movie 25: Die Halloweenbraut

Detektiv Conan: Die Halloween Braut - 25. Film - [DVD] Limited EditionHorror zu Halloween

Wataru Takagi wünscht sich schon länger, seine Kollegin Miwako Sato zu heiraten. Tatsächlich stehen beide jetzt vor dem Traualtar – allerdings nur für eine Katastrophenübung der Polizei, denn die will für die anstehende Hochzeit eines ehemaligen Kollegen gegen alle Eventualitäten gewappnet sein. Wenig später explodiert das Tablet eines Passanten vor dem Polizeipräsidium. Das Opfer wollte wohl zu dem mittlerweile verstorbenen Polizisten Jinpei Matsuda. Sato, die damals mit Matsuda zusammenarbeitete und Gefühle für ihn entwickelte, befürchtet eine Wiederholung der damaligen Ereignisse – zumal der Mann, der für Matsudas Tod verantwortlich war, aus dem Gefängnis ausgebrochen ist. Toru Amuro von der Sicherheitspolizei war zusammen mit drei anderen Kollegen mit Matsuda befreundet und nimmt mit Conan Ermittlungen auf. Sie stoßen auf einen Fall, der die Halloweenfeiern im beliebten Stadtteil Shibuya mit einem Anschlag stören will.

 

Spannender Kinofilm

Der in sich abgeschlossene 25. Film der bekannten Reihe, die auf den Mangas von Gosho Aoyama basiert, kommt wieder in Kino-Qualität daher. Mein Sohn (10) ist Fan der Reihe und merkt zum Film Folgendes an: „Es ist ein spannender Film mit vielen Überraschungseffekten. Man bemerkt, dass sich die Produzenten viel Mühe gegeben haben. Er ist gut gezeichnet, die Bewegungen sind flüssig. Manche Szenen sind unrealistisch, aber es gibt sehr viele Szenen, die so passiert sein könnten. Es gibt eine gewisse Trauer (traurige Grundstimmung) wegen der vier Polizeifreunde. Der Titel passt richtig gut, aber der Film ist nicht für jedermann gut.“ Er meint damit, dass auch Gewaltszenen vorkommen, die auf Kinder schockierend wirken können. Die FSK-Kennzeichnung (ab 12 Jahren) ist deshalb berechtigt; wenn man aber als Elternteil bemerkt, dass das Kind mit elterlicher Begleitung gut mit diesen Filmen zurechtkommt, kann man sie auch früher mit ihm anschauen.

 

Ausgestattet ist der Film mit einer Sonderverpackung ohne FSK-Logo, die man einfach von der hochwertigen Verpackung trennen kann. Außerdem beinhaltet der Anime ein Booklet mit Infos zum Film: So wird z.B. empfohlen, sich vor dem Genuss der Halloweenbraut „Eine Stadt als Geisel“ bzw. des ihm zugrunde liegenden Falls im Manga anzuschauen. Außerdem enthält das Booklet ein Who is who der Charaktere, Szenen aus dem Film, japanische Besonderheiten und Hintergründe zur Produktion. Als Extras auf der DVD gibt es den Trailer zum 24. Kinofilm „Die scharlachrote Kugel“. Das ist meiner Meinung nach zu wenig. Wenigstens weitere Trailer zur Serie (es gibt genügend Kinofilme) wären gut gewesen, am besten noch zusätzliche Szenen (wenn vorhanden) oder Interviews zum Film. Sprachen: Deutsch, Japanisch (OmU).

 

Frauen- und Männerbild

Über Kogoro Mori (der zumindest ironisch überzeichnet dargestellt wird) habe ich an anderer Stelle schon geschrieben – ein Männerbild, das hoffentlich möglichst schnell ausstirbt, denn seine Sicht auf Frauen ist schlicht unmöglich und abwertend. Außerdem kommt er – typisch Macho und dessen niedriges Selbstbewusstsein – mir starken Frauen nicht klar. Conan/Shinichi ist immer auf dem Beschützertrip, der bei Ran und anderen Frauen, bei denen Wert auf Selbstbewusstsein und die Fähigkeit, sich verteidigen zu können, gelegt wird, gar nicht nötig wäre. „Hilfe zur Selbsthilfe“ wäre hier die Devise, mit der beide Geschlechter besser fahren würden: Die Frau kommt endlich aus der (angeblich) schwachen, bedürftigen Rolle heraus und der Mann ist nicht dem Druck ausgesetzt, die Frau beschützen zu müssen, weil sie es selbst kann. Das Bild hinter dieser letztlich diskriminierenden Sichtweise des Patriarchats: Wenn die Frau nicht für sich selbst einstehen kann und abhängig ist, dann hat man(n) leichtes Spiel mit ihr und zudem die absolute Kontrolle über sie. Das bedeutet aber auch, dass männliche Kapazitäten ständig an diese (meist von den Frauen ungewollte) Kontrolle gebunden sind und er sich eben nicht in positiver Richtung (z.B. bzgl. Selbstreflexion, sicherer Umgang mit Gefühlen, sozialeres Verhalten …) entwickeln kann.

Aber auch in Filmen, Büchern und anderen Medien, die bewusst oder unbewusst die patriarchalen Strukturen verinnerlicht haben oder sogar vertreten, werden starke Frauen gezeigt, so auch hier. Ran kann sich exzellent verteidigen und ohne ihr Management wäre ihr Vater völlig verloren. Sie ist vernünftig und ein Organisationstalent. Ai hat ihr Erwachsenen-Ich wie Conan nach dem Schrumpfen behalten und denkt wissenschaftlich-eloquent. Ayumi ist fröhlich und offen, was zur guten Stimmung beiträgt. Sato ist sehr intelligent und arbeitet deutlich effektiver und zielgerichteter als ihr Kollege Takagi. Insgesamt werden viele Frauentypen vorgestellt, bei denen man sich fragt, warum deren Qualitäten nicht wirklich anerkannt werden und warum sie Schutz benötigen sollten. Auch die weiblichen Bösewichte sind ernstzunehmende Gegner*innen, wie der Film darlegt. Die weibliche Vielfältigkeit wird in Filmen direkt oder indirekt abgebildet, auch hier, aber offiziell nicht anerkannt. Ebenso die männliche Vielfalt, die aber dem Diktat des patriarchalen Mannsbildes untergeordnet wird. So kommt der freundliche Takagi unterschwellig wie ein „Weichei“ herüber, wobei diese Bezeichnung bei Licht betrachtet eigentlich nur bedeutet, dass man einen sehr sozialen Mann vor sich hat, dessen soziale Kompetenzen aber wenig bis nicht wertgeschätzt werden.

Bzgl. Männern darf Mann aussehen, wie er will, also auch hässlich, übergewichtig, alt. Die Frauen dagegen, egal welcher Couleur, müssen immer jung, hübsch und sexy sein oder zumindest so aussehen. Gerade im Bereich der Comics/Mangas/Animes/Zeichentrick liegt in Bezug auf weibliche und männliche Emanzipation (bei letzteren gerade in Richtung Emotionen, soziales Verhalten, Selbstreflexion) noch einiges im Argen, was immer wieder deutlich wird. Die menschliche Vielfalt wertschätzend abzubilden, z.B. auch im queeren Bereich, ist ebenso ausbaufähig.

 

Fazit

Spannender, actiongeladener Kinofilm im Bereich Krimi, der aber immer noch in Rollenklischees verhaftet ist.


Genre: Krimi
Illustrated by TMS Entertainment/Crunchyroll

Helmut Newton. A Gun for Hire

Helmut Newton. A Gun for Hire

Helmut Newton. A Gun for Hire. “Auftragskiller” („A Gun for Hire“) nannte sich Helmut Newton selbstironisch und meinte damit seine Auftragsarbeiten, Werke der kommerziellen Fotografie. Er selbst unterschied weder kompositorisch noch stilistisch zwischen seiner Arbeit für Zeitschriften und den Aufträgen von Werbekunden. In einer überarbeiteten Neuausgabe des legendären Buches von June Newton erscheint die von der Helmut Newton Stiftung Herausgegebene TASCHEN Ausgabe im Format 23 x 30,5 cm mit 1,85 kg und 240 Seiten.

Helmut Newton. A Gun for Hire

Die fotografische Arbeit mancher Menschen ist Kunst. Meine nicht. Wenn meine Fotos zufällig in einer Galerie oder einem Museum ausgestellt werden, soll es mir recht sein. Aber das ist nicht der Grund, warum ich sie mache. Ich bin ein `Auftragskiller´.“, so das vollständige Zitat eines der bekanntesten Fotografen der Moderne in einem Interview Newsweek mit 2004. Aber ganz im Gegensatz zu seinem ironischen Bonmot “killte” er seine “shooting beauties” nicht, sondern verlängerte ihnen ihr Leben sogar bis in die Ewigkeit. Denn die Fotografien von Helmut Newton werden nicht nur von seiner Stiftung gehütet wie ein Schatz, sondern vielmehr noch von internationalen Sammlern gesucht. Ein Grund mehr, sich dieses Großformat des TASCHEN Verlages zuzulegen, denn so günstig kommt kein anderer Newton. Helmut Newton (1920–2004) war sicherlich einer der einflussreichsten Fotografen unserer Zeit. Seine Modelle standen nicht im Studio, sondern in Alltagssituationen, Innenräumen und auf der Straße. Seine Inszenierungen waren oft provokant, eine Mischung aus widersprüchlichen Szenarien, kühler Beleuchtung und bemerkenswerter Bildkomposition.

Brandploitation: Helmut Newtons Modefotografie

Auf 240 Seiten werden in “Helmut Newton. A Gun for Hire” eine Auswahl von Newtons Auftrags- und Modefotografien der frühen 1960er-Jahre bis 2003, u.a. für BiBA (erster Modekatalog 1962), Chanel, Yves Saint Laurent, Versace, Thierry Mugler, Blumarine, Villeroy & Boch und Absolut Vodka, sowie seine letzten Bilder für die amerikanische und italienische Vogue im Format 23 x 30,5 cm gezeigt. Eine Einleitung von Matthias Harder und Statements von June Newton, Pierre Bergé, Tom Ford, Josephine Hart und Anna Wintour ergänzen die großformatigen Abbildungen seiner Fotografien, die er selbst nie als Kunst bezeichnet hätte. Zeitgleich zur Veröffentlichung von “Helmut Newton. A Gun for Hire.” findet in der Helmut Newton Stiftung, Berlin die Ausstellung HELMUT NEWTON. BRANDS vom 3. Dezember 2022 bis 14. Mai 2023 statt. In der Ausstellung werden über 200 Fotografien Helmut Newtons, darunter viele unbekannte Motive aus seinen Kooperationen mit international renommierten Marken wie u.a. Swarovski, Saint Laurent, Wolford, Blumarine, Chanel, Absolut Vodka und Lavazza präsentiert. Der Commandeur dans l’Ordre des Arts et des Lettres ist also nach wie vor präsent und kommt auch mehr als bald 20 Jahre nach seinem Tod zu großen Ehren. Mehr als die meisten anderen Auftragskiller jedenfalls.

Helmut Newton, June Newton, Matthias Harder
Helmut Newton. A Gun for Hire
2022, Hardcover, 23 x 30,5 cm, 1,85 kg, 240 Seiten
ISBN 978-3-8228-4643-8
(Deutsch, Englisch, Französisch)
TASCHEN Verlag
€ 50 | CHF 50


Genre: Fotografie, Kunst, Mode
Illustrated by Taschen Köln

Wien – Abenteuer

Dass Wien auch 2023 zu den ersten Reisezielen bundesdeutscher Besucher:innen zählt, beweist auch die Zweitauflage dieses Reiseführers, der in einer neuen Reihe des Michael Müller Verlages erscheint: “Abenteuer”.

Wien – Morbidität und Walzer Charme

Tatsächlich ist Wien immer noch für viele Reisende deutscher Zunge ein Abenteuer, sogar ein großes. Denn das Idiom der Einheimischen gilt immer noch als unverständlich und erheitert nicht nur Ohren, sondern auch Bauchmuskeln der aus dem Norden und Westen anreisenden Besucher:innen. Judith Weibrecht, studierte Literaturwissenschaftlerin und Psychologin (auch das schadet für Wien nicht), hat sich sogar einem Sprachkurs unterzogen, um besser in den Wiener Untergrund einsteigen zu können. Das tut sie tatsächlich: im zweiten Kapitel steigt sie für eine Tour in die düsteren Keller Wiens, wo sich einst die Särge turmhoch stapelten, so erzählt sie. “Hochkant wurden die Sorge durch ein Loch geschmissen”, erst später wurde eine Treppe nach unten gebaut und so kann man heute den lieben Herrn Franz oder die Aschenbrödel-Mumie (das Skelett trägt nur einen Schuh) in würdigem Abstand bewundern. Wien und der Tod – das passte immer schon gut zusammen, der Tod, das muss ein Wiener sein, sang schon Georg Kreisler oder besser noch brachte es der Helmut Qualtinger auf den Punkt: “Das einzige Lob, das es in Wien gibt, ist der Neid. Die einzige Zufriedenheit, die es in Wien gibt, ist der Tod.” Zentralfriedhof und Dritter Mann leisten heute noch einen großen Beitrag zur sprichwörtlichen Wiener Morbidität, die nur durch die süßen Zuckerlpakete vom Memel wieder aufgehoben werden können. Denn beides gehört in Wien eng zusammen, das Kaffeehaus und die Gruft.

Abenteuer im Untergrund und am Wasser

Schließlich logierte schon Graham Greene für seine Recherchen zum “Dritten Mann” ausgerechnet im Hotel Sacher, Heimat der weltberühmten Sacher-Torte. Das wohl am strengsten gehütete Kuchengeheimnis der Welt wurde x-fach imitiert und doch nie erreicht, aber vielleicht schmeckt die fake Sacher in einer der von Weibrecht besuchten Mensen sogar besser als das Original? Eine ihrer insgesamt acht Stadtführungen nennt sich “Mensaschmaus und Kantinenessen. Eine durchaus schmackhafte Stadtführung”, auch das offensichtlich eine Besonderheit Wiens. Hier findet sich auch das goldene Wiener Herz noch, denn für so manche Kantinenkraft ist ihr Job auch eine Mission. Schließlich stehen die Unimensen auch Nicht-Student:innen zur Verfügung und so kommt man recht preiswert zu einem Menü. Oder man geht ins Franziskanerkloster. Diesen Tip bekommt die Städtereisende auf einer Tour, die von einem Obdachlosen geführt wird. Neue Perspektiven auf das imperiale Wien bekommt man inzwischen aber auch vom Wasser aus. Etwa am Schwedenplatz wo viele Boote anlegen und manche auch vor Anker liegen.

Weitere Abenteuer in Europas Städten

Die Reihe “Abenteuer” des Michael Müller Verlages ist jung und spritzig geschrieben und versucht neue Wege des Städtetourismus zu gehen. Ebenfalls in dieser Reihe erschienen ist auch Prag, Berlin, Hamburg, etc…insgesamt 16 Städte, die aus einer einmal anderen Perspektive gezeigt werden.

Judith Weibrecht
Wien – Abenteuer
2022, 240 Seiten, farbig, 33 Stadtabenteuer zum Selbsterleben, 2. Auflage 2023
MM-Abenteuer
ISBN 978-3-96685-187-9
Michael Müller Verlag
17,90 € (D)18,40 € (A)26,90 CHF

 


Illustrated by Michael Müller Verlag Erlangen

Batman – Child of Dreams

Ein Batman aus Japan Kia Asamiya

Batman – Child of Dreams. Autor und Zeichner Kia Asamiya hat gemeinsam mit Texter Max Allan Collins ein erstes großes Manga über den Dunklen Ritter in Szene gesetzt. Der japanische Comic-Star Kia Asamiya, der moderne Manga-Klassiker wie Silent Möbius und Dark Angel schuf und sogar Star Wars: Episode I als Manga adaptierte, zeigt hier, dass Batman längst auch in Japan angekommen ist. Zumeist allerdings in Form der Filme, wie Kia Asamiya im ebenfalls in diesem Band abgedruckten Interview zu bedenken gibt. Der Comic, der zunächst für den japanischen Markt entstand, wurde später adaptiert und vom erfahrenen Batman-Comic-Autor und Krimi-Romancier Max Allan Collins mit den Dialogen für die westliche Ausgabe ergänzt. Dass der Band von hinten nach vorne gelesen wird, so wie in der japanischen Originalversion, wurde als besonderer Gag beibehalten.

Batman in Japan – Child of Dreams

Die denkwürdige Interpretation des Dunklen Ritters zeigt, wie Batman in Tokio gegen den Joker, Catwoman und den Riddler antritt. Jedoch sind nicht alle das, was sie zu sein scheinen. Manga-Legende Kia Asamiya fängt in seiner Vision für DCs Mitternachtsdetektiv die Ästhetik einer anderen Kultur sowie den Spirit der japanischen Comic-Welt ein. Ein einmaliges Leseerlebnis, das neue Perspektiven ermöglicht und zeigt, dass der Rahmen einer Vorgabe jederzeit auch innovativ gesprengt werden kann. Wie Kia Asamiya in einem Interview anmerkt wurde er von den amerikanischen Comickünstlern wie Frank Miller, Mike Mignola und Todd McFarlane beeinflusst. Er sei auch ein großer Batman-Memorabilien-Sammler, denn auch wenn er Superman bewundere, er würde lieber Batman sein, im wirklichen Leben!

Fanatic oder Fake Fur?

In seiner Batman-Interpretation bringt er eine neue Figur mit ein, die er Yuuko Yagi nennt und auf einer Person basiert, die er wirklich kennt. Aber es ist ein falscher Joker, der die Droge “Fanatic” im grossen Stil in Gotham verteilt und auch ein falscher Batman treibt sein Unwesen. Eine andere Droge, “Fake Fur” sorgt dafür, dass die DNA zerfällt und oft trifft es dann die, die andern eine Grube gruben. “Batman – Child of Dreams” warnt vor zu großem Fanatismus, denn allzu schnell kann aus Bewunderung und Fan-tum eine gefährliche Obsession werden, die schließlich auch dem Objekt der Begierde gefährlich wird. Gut, dass es den echten Batman auch noch gibt.

Die Arbeit an “Batman – Child of Dreams” dauerte über ein Jahr und erschien erstmals in dem Magazine Z, einem mehr als 700 Seiten starken Manga des Verlagshauses Kodansha, das monatlich erscheint. Der Ausgabe vom Panini-Verlag ist ein Interview und ein Making-Of beigefügt, das Zeugnis gibt von einem der gefragtesten japanischen Comickünstler der Gegenwart.

Kia Asamiya
Batman – Child of Dreams
(Original Storys: Batman: Child of Dreams)
Charaktere: Batman, Catwoman, Joker, Riddler
2022, 340 Seiten, Hardcover, Maße ca. 18,5 x 26,5 cm
ISBN: 9783741627705
Panini Verlag
39,00 €


Genre: Comic
Illustrated by Panini Comics

Black Panther Anthologie

Black Panther Anthologie Panini Verlag

Dem unaufhaltsamen Aufstieg des erstaunlichsten Superhelden Afrikas wird in vorliegender Anthologie Tribut gezollt.
Die besten Black Panther-Storys aus nahezu sechs Jahrzehnten sind in diesem Hardcover-Band versammelt, darunter mit Geschichten von Zeichnern wie Jack Kirby, John Byrne, Mark Texeira, Rich Buckler, Sal Buscema, u.a. sowie Autoren wie Chris Claremont, Chris Priest, Don McGregor, J. Torres, Jack Kirby, Jason Aaron, Reginald Hudlin, Roy Thomas, Stan Lee, Ta-Nehisi Coates.

Vom Coal Tiger zu Black Panther

1966, am Höhepunkt der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung, betrat T’Challa aus Wakanda erstmals die Bühne der Welt. Zuerst sollt er noch den Namen Coal Tiger tragen, um Verwechslungen mit den militanten schwarzen Black Panther, einer Bürgerrechtsorganisation, die ein Ende des Rassismus in den USA einforderte, zu verhindern. Es gab aber auch schon ein paar andere schwarze Helden, Vorläufer sozusagen, die aber immer nur Hilfsdienste für andere (weiße) Superhelden leisteten. Lothar etwa, der Koch von Mandrake, oder Ebony White, das Mündel von Will Eisners Spirit oder Captain Marvels Sidekick Steamboat. In den 50igern schuf Stan Lee schließlich den Bantu-Prinzen Waku. 1963 zog der Afroamerikaner Gabe Jones mit Marvels Sgt. Fury sogar gegen die Nazis in den Krieg. Das Eis brach aber eindeutig Black Panther, dem dann auch weitere schwarze Helden wie etwa Falcon, Luke Cage, Blade oder Storm folgten. Ins Kino schaffte es allerdings bisher nur Black Panther. Erstmals 2018 und dieses Jahr mit der Fortsetzung “Wakanda Forever”.

Wakanda für immer!

Stan Lee und Jack Kirby hatten Black Panther ins MCU eingeführt, eine Geschichte die die wahren Ursprünge des Helden aus Wakanda erzählt, wurde aber von Sal Buscema und Roy Thomas in einer Avengers Geschichte erstmals erzählt. Wir erfahren, was Wakanda unter allen Nationen der Welt so besonders macht und dass es seinen Reichtum einem Metall verdankt, das Schall schlucken kann. Aber auch einige interne Intrigen am Hofstaate Wakandas werden offengelegt, denn als der Widersacher Klaw den Vater T’Challas tötet, entsteht ein Machtvakuum, das nicht so schnell wieder gefüllt werden kann. In einer anderen Geschichte kämpft Black Panther gegen Killmonger und seinen Jaguar, “Panther’s Rage” heißt das Abenteuer von Stan Lee, das von Don McGregor 1973 umgesetzt wurde. Jack Kirby zeichnete und schrieb “Kind Solomon’s Frog”, in der ein gewisser Mr. Little dem Helden aus Wakanda assistiert. Storm und Black Panther treffen in “Cry Vengeance” aufeinander. Eine Übersicht über die Freunde und Feinde Wakandas sowie die Autoren des Panthers ergänzen den vorliegenden Sammelband, der einen guten Einstieg in eine Welt ermöglicht, die zwar nur am Papier besteht, seine Realisierung aber in Ihren Träumen findet!

Stan Lee
Black Panther Anthologie.
Wakandas grösster Held.
(Original Storys: A + X (2012) 3, Avengers (1963) 87, Black Panther (1977) 1, Black Panther (1998) 1, 57–58, Black Panther (2005) 18, 39–41, Black Panther (2016) 1, Fantastic Four (1961) 52–53, Jungle Action (1972) 6, Marvel Team-Up (1972) 100)
2022, Hardcover, 324 Seiten
ISBN: 9783741629198
Panini Verlag
35,00 €


Genre: Comic
Illustrated by Panini Comics

Gegen die Ohnmacht: Meine Großmutter, die Politik und ich

gegen die ohnmachtIm Vorwort verteilt Luisas Oma selbst gestaltete Postkarten vor dem Eingang des Hamburger Botanischen Gartens: „Niemand macht einen größeren Fehler, als derjenige, der gar nichts macht, weil er nicht alles machen kann.“ Auf der Vorderseite ein Foto von einem übergewichtigen Adam, der in einen Apfel beißt: „Adam plündert sein Paradies“ heißt die Statue, die dort, am Eingangstor, steht. Hinten sind der Spruch des Philosophen Burke und ein Link zu einer Webseite, die über Ökostromanbieter informiert. Und das im ersten Jahr der Pandemie, sie ist Mitte Achtzig.

„Meine Großmutter ist dreißig Jahre vor mir Aktivistin geworden“. Ausgelöst durch „die atomare Bedrohung, hat sie die wachsenden ökologischen Krisen und weltweiten Ungerechtigkeiten“ auf ihre Art bekämpft, mit Leserbriefen oder Reden auf Aktionärsversammlungen, die als Beispiele aufgeführt werden.

Das Buch, von Luisa geschrieben, führt uns durch zwölf Kapitel, die jeweils einen Schwerpunkt bearbeiten: Erinnern, Rauchen, Empören, Fossilität, Privilegien sind Beispiele für deren Titel.

Ein Hobby schon der Familie der Großmutter sind Filme über das Aufwachsen der Kinder, und Luisa geht gerne zum Filmegucken, so lernen wir auch etwas über die anderen Familienmitglieder. Einige Bilder sind im Buch zu sehen. Es gibt sie schon aus den dreißiger Jahren, als Dagmar Reemtsma in Tilsit aufwuchs, 1933 geboren, nach der Machtergreifung Hitlers.

Der Vater lehnt den Nationalsozialismus ab, rät der Familie vor Kriegsende, inzwischen sind es fünf Kinder, zu fliehen, obwohl der politische Führer der Region genau das verboten hatte. Mutter und Kindern gelingt die Flucht, der Vater kommt wegen Ungehorsam ins KZ Stutthof bei Danzig, „wo er umkommt.“

Die Familie zieht nach Hamburg, wo Dagmar einen Spross der Reemtsma Familie heiratet. Sie genießt die Zuneigung der Schwiegerfamilie (zur Geburt des ersten Kindes schenkt der Schwiegervater „als Kinderwagen“ einen VW-Käfer!), und erst über vierzig Jahre später erfährt sie von der Verstrickung der Zigarettenfirma mit dem Naziregime. Auch in diesem Kapitel geht Luisa dialogisch vor, fragt sie, wie man nicht fragen konnte, warum eben dieser Schwiegervater nach dem Krieg inhaftiert worden war. Oder, was die Schwiegerfamilie zum Tod ihres Vaters im KZ sagte. „Luisa, darüber sprach man nicht. Ich war völlig ahnungslos. Im Geschichtsunterricht kam die jüngere Geschichte nicht zur Sprache, und sonst auch nicht.“

Nachdem Oma ihre Kinder großgezogen und sich von ihrem Gatten getrennt hatte, nahm sie an Demonstrationen teil. Trotz Hippiezeit blieb sie die Bürgerliche: Gut gekleidet und mit Hut. Bei der Aktionärsversammlung von Adidas beklagt sie die Höhe der Dividenden, die wegen der Ausbeutung der Näherinnen in Asien möglich sind.

Durch den Rückblick auf die Aktivitäten der Oma werden wir erinnert an Vorstellungen vom Fortschritt, die inzwischen Zeitgeschichte sind: den Elbausbau in Hamburg, die Flugzeugfabrik, die inzwischen abgerissen wurde.

Besonders lesenswert sind die Leserbriefe an die WELT, wo sie sich, auch schon 2007, gegen den Autowahn wendet: „Nach der mühevollen Einführung des Katalysators haben die deutschen Autohersteller absolut verantwortungslos agiert und produziert, und Herr Verheugen sorgt gerade in Brüssel dafür, dass es auch in Zukunft so bleiben wird.“ Und so kam es auch.

Manchmal spricht Luisa von ihrer Oma so liebevoll wie Großeltern von ihren Enkelkindern: „Der Computer und meine Großmutter führen eine aufreibende Ehe, stundenlang kann meine Großmutter vor mir stehen und sich beschweren: Heute hat er schon wieder dies gemacht …“

Als das Internet aufkam, hatte sie sofort einen Kurs bei der VHS belegt, weil sie ahnte, dass gerade Rentner hier schnell abgehängt werden können.

Im Kapitel Ostfronten geht es von der Flucht der Oma und den Kriegsfolgen weiter mit dem Krieg in der Ukraine. Wieder einen Krieg zu erleben, war für Europäer außerhalb jeder Vorstellung.

Gegen die Ohnmacht schließt mit den Gefühlen, die Aktivisten haben, wenn sie sehen, dass sie ihre Ziele nicht erreichen. Schon der Bericht, wie Aktivisten in Straßburg vor dem EU-Parlament erfahren müssen, dass Gas und Atom nachhaltig sein sollen, berührt. Ein Buch mit viel Informationen und Tiefgang, und auch noch gut zu lesen.


Genre: Biographien, Klimakrise, Zeitgeschichte
Illustrated by Tropen Verlag

Das liebestolle Krokodil

KI am deutschen Bücherhimmel

Der soeben erschienene, schmale Band «Das liebestolle Krokodil» des literarischen Tausendsassas Ruprecht Frieling aka Prinz Rupi trägt die Bezeichnung «Eine Groteske», was durch das ebenso bunte wie lustige Titelbild wirkungsvoll unterstrichen wird. Der Buchrücken informiert darüber, dass diese «stürmische Groteske … der erste mittels KI (Künstlicher Intelligenz) geschriebene und illustrierte Text am deutschsprachigen Bücherhimmel» sei. Spätestens da wird klar, dass hier «etwas vollkommen Neues, technisch nie Dagewesenes» auf den neugierig gewordenen Leser wartet. Weiterlesen


Genre: Groteske
Illustrated by Belle Époque Verlag

Bodentiefe Fenster von Anke Stelling

Sie macht alles richtig, funktioniert immer, ist Mutter, Frau und Journalistin zugleich. Sie will es besser machen. Besser als alle anderen und vor allem besser als ihre Mutter. Die Hauptfigur des Romans Bodentiefe Fenster heißt Sandra, wohnt mit ihrem Mann und zwei Kindern in einem selbstverwalteten Gemeinschaftshaus und knickt unter der Last des Mutterseins nach und nach ein. „Sei glücklich“, schreit sich Sandra selbst Tag für Tag an, „sei glücklich, zufrieden und froh und vor allem ausgeglichen, ja, ausgeglichen musst du sein, denn deine Kinder brauchen eine glückliche, eine ausgeglichene Mutter.“ Dass derartige Zwangsgedanken auf Dauer nicht nur mürbe, sondern auch zynisch und abgestumpft macht, ist klar. Nur wie – das weiß man noch nicht. Weiterlesen


Genre: Gegenwartsliteratur
Illustrated by Verbrecher Verlag