Almost young

cohenZwischen 2008 und 2010 war Leonard Cohen nochmals auf Tournee, darunter auch Auftritte in Europa und vielleicht beschlich schon damals einige Zuschauer das mulmige Gefühl, dass es ja die letzte sein könnte. Im selben Jahr war er auch in die Rock and Roll Hall of Fame aufgenommen worden. Im Herbst 2016 trat der „bibelfeste Jude aus Westmount/Montreal“ wie ihn zuletzt ein Kollege nannte seine letzte Reise und viele mögen dabei in das von ihm oft gespielte „Hallelujah“ eingestimmt haben, leise, zum Abschied eines Sängers, der eigentlich Schriftsteller werden wollte: „I did my best, it wasn’t much/I couldn’t feel, so I tried to touch/I’ve told the truth/I didn’t come to fool you/And even though it all went wrong/I’ll stand before the lord of song/With nothing on my tongue but hallelujah“. Leonard Cohen starb mit 82 Jahren und hinterließ einen „Tower of Songs“, also viel mehr als in dem Song Hallelujah anklingt: it was really much and it it still is.

Kanadischer Star der Melancholie: Leonard Cohen

In der Hippie-Ära lebte Cohen auf der griechischen Insel Hydra und versuchte dort sein schriftstellerisches Werk voranzubringen, aber aus Geldnot musste er dann doch die Bühne betreten. 1967 erschien sein erstes selbstbetiteltes Album, das vor allem aufgrund seiner tiefsinnigen Melancholie den europäischen Zeitgeist traf, denn der „Summer of Love“ war bereits in einen ernüchternden Herbst übergegangen und führte zu dem Aufbruch der Jugend von 1968, in dem die eben verloren gegangene Woodstock-Idylle neu eingefordert wurde. Leonhard Cohen verweigerte es ebenso wie Bob Dylan zum Sprachrohr seiner Generation zu werden, aber er traf dennoch den Nerv der Zeit. Der vorliegende Bildband feiert den 80. Geburtstag Leonhard Cohens im Jahre 2014 und zeigt intime Bilder aus Hydra, aber auch Konzertfotos seiner unzähligen Auftritte in Farbe und Duotone.

Wiedergeburt im Kloster in L.A.

Wie Sparschuh in seinem Vorwort erzählt, habe Cohen auch einmal den Versuch unternommen, mit seiner Olivetti unter Wasser zu schreiben – in der Badewanne. Sein Großvater sei der Rabbi Solomon Klonitzki-Kline gewesen, der lebte allerdings nicht in Kanada, sondern in Litauen. Der selbsternannte „lazy bastard living in a suit“, der nie ohne Zigarette abgelichtet wurde, schuf mit „Suzanne“, „So long, Marianne“ und „Sisters of Mercy“ Meilensteine des Songwritings und lernte seine Stimme durch Hypnose zu beherrschen: „Senken Sie Ihre stimme tiefer und tiefer, bis sie beinahe einem Flüstern gleicht“, eine Erinnerung aus Jugendjahren, die er später auch auf den Bühnen der Welt so eindrücklich beherzigte. Federico Garcia Lorca, der von den Faschisten Francos umgebrachte spanische Dichter, gehörte zu seinen dichterischen Vorbildern, aber das Gitarrespielen soll er von einem in einem Park Montreals spielenden Zigeuner gelernt haben. Woher seine Melancholie kam? Vielleicht weil er seinen Vater schon im Alter von neun Jahre verloren hatte? „Jikan“ war der Name den er in dem Mount Bald Zen Kloster 80 km östliche von L.A. erhielt: der Stille. Die Jahre im Kloster hatte er dringend benötigt, denn als er wieder zurück kam, erfuhr er, dass seine Managerin und Vertraute Kelley Lynch (nomen est omen) sein ganzes Geld beiseite geschafft hatte. Totalverlust. Ein Grund, warum er sich 2008 wieder auf Tournee begab: er wollte sich seine Pension verdienen.

Ein intimes Porträt voller schöner Eindrücke und eine wunderbare Möglichkeit, Abschied von Leonard Cohen Abschied zu nehmen, während im Kamin ein Feuer brennt und eine Flasche Rotwein entkorkt am Couchtisch steht. Auf die Frage nach seiner Wiedergeburt soll Cohen 2012 auf einer Pressekonferenz in Paris geantwortet haben: „Als Hund meiner Tochter.“

Leonard Cohen
almost young
Eine Bildbiographie
Mit einem Text von Jens Sparschuh
schirmer/mosel, 168 Seiten, 75 Abbildungen in Farbe und Duotone
ISBN: 9783829606639


Genre: Bildbiographie, Biographien, Biographien, Dokumentation, Fotobuch, Kunst, Sachbuch
Illustrated by schirmer/mosel

Belgravia

Lady Mary ist glücklich, Lady Edith ist glücklich, Carson und Mrs Hughes auch, das vom Schicksal so gebeutelte Ehepaar Bates ist glücklich, wenn sie nicht gestorben sind und selbst Unter-Butler Thomas ist geläutert und belohnt. Alle sind glücklich, nur das Publikum nicht. Aus dem einfachen Grunde, dass eine der grandiosesten Fernsehserien der letzten Jahre zu einem unwiderruflichen Ende gekommen ist. Die Rede ist – natürlich – von Downton Abbey. Dieses einzigartige Vergnügen zu verdanken hatten wir in erster Linie Julian Fellowes, aus dessen Feder die epische Geschichte der Crawleys floss. Doch Abhilfe naht. Es gibt ein Trostpflaster und ein gar nicht mal so kleines:

Belgravia, der neue Roman des mittlerweile selbst in den Adelsstand erhobenen britischen Kultautors. Mit der Veröffentlichung wurden neue Wege beschritten. Belgravia ist als digitaler Fortsetzungsroman komponiert, eine Serie zum Lesen. In Deutschland wurde Belgravia seit Anfang Oktober digital in insgesamt 11 Folgen veröffentlicht und ist seit kurzem auch als kompletter Roman verfügbar, digital und klassisch.

Belgravia von Julian Fellowes

Belgravia ist seit dem Beginn der Industrialisierung der Londoner Stadtteil, der wie kein anderer für Luxus und adeligen Lebensstil steht. Dort leben Lady und Lord Brockenhurst, die ihren einzigen Sohn in der Schlacht von Waterloo verloren und deren Erbe nun der nichtsnutzige Neffe sein wird. Wenn nicht noch ein Wunder geschieht. Oder besser gesagt, geschah. Denn es gibt ein Geheimnis, von dem sie lange nichts ahnen.

Die Geschichte um dieses Geheimnis nimmt seinen Anfang am Vorabend der Schlacht von Waterloo, in Belgien auf einem Ball der Herzogin von Richmond. Ein Ball, dem bis heute der Mythos des Legendären anhaftet. Auf der anderen Seite des Geheimnisses steht die Familie Trenchard, durch geschäftlichen Erfolg zu Geld und einem luxuriösen Lebensstil gekommen, allerdings nicht zu gesellschaftlichen Renommee. Denn zu Beginn des 18. Jahrhunderts steht man erst ganz am Anfang einer Zeit, in der sich die adelige Gesellschaft von Belgravia mit der der Emporkömmlinge und abschätzig als Kriegsgewinnler bezeichneten Neureichen überschneidet. Der Großteils des Romans ist der Aufdeckung eben jenes Geheimnisses gewidmet, ein Geheimnis, dessen Aufdeckung die Lebenswege aller Beteiligten unwiderruflich verändern wird.

Wer an die Vielfalt des Downton Universums gewöhnt ist, wird auch hier nicht enttäuscht. Alles da, alles drin: Die prunkvollen Häuser, Teenachmittage, Dinnerpartys, die Bediensteten, die mal loyal, mal intrigant in das Leben ihrer Dienstherren eingreifen. Liebe, Hass, Ehrgeiz, Intrigen, Mordversuche. Fellowes lässt auch in Belgravia nichts aus, gewohnt historisch genau, detailverliebt – nur, dass man sich den Film zum Geschehen diesmal selbst vorstellen muss. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Eine der Nebenwirkungen der Veröffentlichung in Episoden ist das Geühl, ein fast fertiges Drehbuch zu lesen.

Zunächst einmal profitiert aber der Roman davon, dass das Buch nicht in klassischen Kapiteln, sondern episodisch erzählt wird. Befreit von üblichen Kapitelbögen kann sich die Dynamik der Geschichte bestens entfalten, die Erzählung hat eine stark vorwärts treibende Kraft und lässt genug Platz für die von seinem Publikum so geliebte detailgetreue Zeichnung des Settings. Gleichzeitig liegt darin aber auch die Schwäche des Romans. Die Episoden konzentrieren sich zu sehr darauf, die Entwicklung der Geschichte voranzutreiben und vernachlässigen die Entwicklung der Charaktere.

Die handelnden Personen kommen über eine eindimensionale Ebene nicht hinaus, sie bleiben entweder grundgut oder unauflösbar böse. Die Entwicklung und Vielschichtigkeit der Charaktere war auch ein Grund mit für den enormen Erfolg von Downton Abbey und wird in Belgravia schmerzlich vermisst. Dennoch ist die Geschichte schön zu lesen, ein guter Schmöker für trübe Herbsttage und ein Trost für die trauernde Downton Abbey Fangemeinde. Denn in einem bleibt Fellowes sich treu. Die Zeit, eine Moral von der Geschicht’ zu vermitteln, hat er sich genommen: Belgravia zeigt, wirkliche Liebe überwindet alle Hürden.


Genre: Belletristik, Gesellschaftsroman, Historischer Roman, Romane
Illustrated by C. Bertelsmann München

Memento

mementoSchneemannwettbewerb in Minneapolis. Auch die beiden Detectives Leo Magozzi und Gino Rolseth bauen fleißig mit, als plötzlich ein Kind wie am Spieß zu schreien beginnt. Die Mittagssonne hat einen Schneemann zum Schmelzen gebracht und sein makabres Innen-leben enthüllt – einen toten Polizisten. Als einen Tag später eine zweite Leiche in einem Schneemann in Dundas County entdeckt wird, machen sich die Detectives Leo Magozzi und Gino Rolseth inmitten eines Blizzards auf den Weg nach Norden. Dort, am gefühlten Ende der Welt, entdecken sie mehr, als ihnen lieb ist…

Ich erwühlte dieses Buch auf einem Flohmarkt und nahm es spontan mit. Erwartet hatte ich nicht viel, höchstens einen netten 0 8 15 Thriller der mir die Zeit vertreibt bis ich mir neues Lesefutter herangeschafft habe und mit dem ich mein “Notfallregal” wieder aufrüsten kann…!

Bekommen habe ich aber einen richtig guten, spannenden und kreativen Thriller den ich gar nicht mehr aus der Hand legen wollte und den ich blitzschnell durch hatte!

Die Geschichte entwickelte sich in eine völlig andere Richtung als ich es erwartet hatte und die beiden Ermittler haben mir mit ihrem Witz, ihrem Zynismus und bissigem Humor außerordentlich gut gefallen!

Die Geschichte startet im sehr verschneiten Minneapolis, die Ermittlungen führen Gino und Leo dann aber an den Arsch der Welt, in das große aber sehr dünn besiedelte Dundas Country in Minnesota, wo Fuchs und Hase sich noch gute Nacht sagen und wo seit Tagen ein schrecklicher Schneesturm wütet…

Bei Ihren Ermittlungen bekommen Gino und Leo immer wieder Hilfe von ein paar merkwürdigen/freakigen Computerspezialisten die auf einer Ranch, der “Monkeewrench” leben und arbeiten und auch diese Figuren haben mir gut gefallen!

Leider kann ich nicht mehr zur Geschichte schreiben da ich sonst schon zu viel verraten würde aber das Buch lohnt sich, ich fand es einfach super!

Auch das Ende fand ich gut denn es handelt sich nicht um ein ewig gleiches “Friede-Freude-Bratkartoffelende” sondern es bleibt vieles offen und “Recht und Unrecht” sind auch nicht eindeutig zuzuordnen, was zum nachdenken anregt…!

Jetzt habe ich erfahren dass dieses Buch zu einer ganzen Reihe von Büchern über die Detectives Leo Magozzi, Gino Rolseth und die “Monkeewrench” gehört und ich hier Band 4 gelesen habe. Das war aber überhaupt nicht schlimm denn dieses Buch kann prima auch unabhängig von den anderen Bänden gelesen werden, mir ist nichts aufgefallen…!

Jetzt werde ich mir aber auf jeden Fall noch die anderen Bände besorgen und hoffe dass mir diese dann auch so gut gefallen wie dieses Buch…!

P.J. Tracy ist das Pseudonym eines Autorenteams welches aus Mutter und Tochter besteht. Die ehemaligen Drehbuchautorinnen erzielten mit ihrem Krimidebüt “Spiel unter Freunden” einen internationalen Überraschungserfolg, der von Lesern und Kritikern mit Lob überhäuft wurde. Seitdem schreiben sie erfolgreich an ihrer Serie um das Monkeewrench-Team.


Genre: Thriller
Illustrated by Rowohlt Tb.

Radio Heimat – das Buch zum Film

radio-heimat Wie heißt es doch so schön: Du kriegst die Leute zwar aussem Pott, aber den Pott nicht aus den Leuten. Heimat kann eben doch eine Lösung sein, vor allem für die Leute im Ruhrgebiet, liebevoll Ruhrpott genannt.

Diesem Lokalpatriotismus ein literarisches Denkmal gesetzt hat Ruhrgebietschronist Frank Goosen im Kurzgeschichtenband “Radio Heimat”, der seine gesammelten “Geschichten von zuhause” beinhaltet. Die Erstveröffentlichung des Bandes war im Jahr 2010, dem Jahr, als das Ruhrgebiet Kulturhauptstadt Europas war.

Nun sind Geschichten aus diesem Buch und aus dem Roman “Mein ich und sein Leben” als retroselige 80er-Jahre Hommage unter dem Titel “Radio Heimat” als Film im Kino zu bewundern, gestartet diese Woche. Aus diesem Anlass wurde das Buch “Radio Heimat” neu aufgelegt. Die Neuauflage enthält Bilder aus dem Film, versehen mit Goosens ganz persönlichen Erinnerungen. Und einer Neu-Interpretation des berühmten Slogans von Goosen seine Omma: “Damals war auch Scheisse“.

War es natürlich nicht, aber es war eben auch nicht alles Kohlenstaub, was sich auf unsere Lungen legte. Film und Buch erzählen in “Radio Heimat” vonne Malocher-Idylle inne Schrebergärten, von schäbigen Schabracken und Kneipen und natürlich von den Menschen, die diese auch jetzt noch typischen Ruhrpott-Orte bevölkern.
Die “Radio-Heimat”-Sammlung ist ein ganz prima Einstieg in das Goosensche Universum und spannt den Bogen zeitlich noch etwas weiter als der Kinofilm. Er porträtiert die Menschen anne Ruhr schnoddrig, aber nie unter der Gürtellinie, melancholisch, aber nicht sentimental. Film wie Buch eignen sich prima, um zu erinnern, wie es früher mal war. Und um zu zeigen, was davon geblieben ist. Popkultureller Anschauungsunterricht sozusagen.

Und aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Nein, das alles ist nicht nur was für verklärte “früher war alles besser” Nostalgiker. Gerade hier im Pott, einem Gebiet, wo der Strukturwandel so tiefgreifend war wie sonst kaum irgendwo, interessieren sich viele junge Leute für ihre Wurzeln, wollen wissen, wie es früher hier war mit dem Kohlenstaub und den tausend Feuern in der Nacht. Das Bewusstsein für die Geschichte ist da, das Interesse auch. Und das ist doch schon mal ein guter Anfang. In diesem Sinne Glückauf für Film und Buch.


Genre: Kurzgeschichten und Erzählungen
Illustrated by Heyne München

Anatomie eines Soldaten

anatomie45 Gegenstände, 1 unvergessliche Geschichte.
Captain Tom Barnes leitet einen Einsatz der britischen Armee, als er auf eine Landmine tritt. Zwei einheimische Jungen werden in den Konflikt hineingezogen, kaum ahnend, was dort geschieht. Auf allen Seiten verändert Gewalt das Leben von Grund auf.
In diesem ungewöhnlichen Roman erzählen die Gegenstände des Krieges: Turnschuhe, Soldatenstiefel, Helm, ein paar Dollar, eine Drohne, ein Fahrrad, ein militärischer Orden, ein Glas Bier, eine Schneeflocke, medizinisches Gerät und eine Landmine.

Ein sehr ungewöhnliches/außergewöhnliches Buch und mir fällt das Rezensieren deshalb auch etwas schwer.

Die Geschichte wird nach und nach aus der Perspektive von verschiedenen Gegenständen erzählt die den Soldaten Tom Barnes bei seinem Einsatz und dem Leben danach begleiten. Da wären zu Beginn z.b die neuen Kampfstiefel, die beschreiben wie Barnes mit Ihren losrennt um sie geschmeidig zu machen und sie einzulaufen oder eine Patrone die sich in seiner Hosentasche befindet. Diese Gegenstände erzählen ziemlich genau was um sie herum passiert. Sie tun dies auf eine recht nüchterne und neutrale Beobachtungsweise, was schreckliche Dinge auf eine ganz verstörende Art irgendwie noch schrecklicher wirken lässt.

Barnes tritt im Einsatz in der Wüste auf eine Tretmine und diese beschreibt z.b sehr detailliert und emotionslos wie Barnes Blut sie besudelt, wie er durch die Luft geschleudert wird und Fleischstücke weggeflogen sind. Auch seine Hundemarke beschreibt dieses Erlebnis aus ihrer sicht.

Die neutrale Beobachtungsweise der Gegenstände vermittelt dem Leser oftmals aber auch eine ganz besondere Nähe und es sind vor allem die medizinischen Geräte, deren Beobachtungen/Berichte mich sehr bewegt haben und die einem dem Soldaten Tom Barnes sehr nahe bringen!

Besonders die Knochensäge, die von Barnes Amputationen erzählt hat mich sehr berührt denn Barnes hat durch die Tretmine beide Beine verloren. Zuerst wird ihm das erste Bein amputiert weil die Verletzungen einfach zu schwer waren um es zu retten und ein paar Tage später muss ihm dann auch noch das zweite Bein amputiert werden da sich eine Infektion eingeschlichen hat. Diese Infektion wurde durch einen Pilz hervorgerufen und eine Pilzspore berichtet wie sie bei der Explosion in Barnes Bein eingedrungen ist und unbemerkt wachsen konnte.

Aber auch die Berichte einer Blutkonserve, des Tubus, des Urinkatheters und dem Klingelknopf an Barnes Bett haben mich sehr bewegt und haben mir am besten gefallen denn diese Gegenstände berichten auch was sie sonst noch mitbekommen haben, so wie z.b die Besuche von Toms verzweifelten Eltern an seinem Krankenbett als er tagelang mit dem Leben rang…!

Auch die Handtasche von Toms Mutter berichtet detailliert (aber nüchtern) über die Verzweiflung die sie beobachten konnte!

Die Geschichte wird nicht chronologisch erzählt und immer wieder gibt es zwischen den Krankenhauskapiteln auch Kapitel aus dem Einsatz und diese Kapitel werden z.b aus der Sicht eines Feldbettes, eines Feldpostbriefes oder Barnes Soldatenrucksack erzählt.

Sehr berührt haben mich auch die Kapitel aus der Reha, die z.b von einem Badezimmerspiegel, seiner Prothese und seinem Rollstuhl erzählt werden.

Interessant finde ich dass die „Zivilgegenstände“ immer über Tom als Person berichten, die Militärgegenstände ihn aber immer nur als die Dienstnummer BA5799 bezeichnen. Eine wirklich gute Idee, so zeigt dies meiner Meinung nach doch sehr gut dass Toms Schicksal kein Einzelfall ist sondern auf unzählige Soldaten zutrifft…!

Die Geschichte ist generell alles andere als einseitig denn die Gegenstände berichten nicht nur von Tom und seiner Familie sondern ein Teil dreht sich auch um die Leute aus dem Kriegsgebiet, hauptsächlich um einen jungen Mann namens Faridum und seine Bauernfamilie.

Faridums Erlebnisse werden z.b durch sein Fahrrad, einen handgewebten Teppich oder einen Sack Dünger wiedergegeben. Ein Kapitel, in dem Faridum in Streit gerät, wird sogar aus zwei unterschiedlichen Perspektiven erzählt, nämlich einmal aus Sicht des Düngersackes und einmal aus der Sicht von ein paar Turnschuhen.

Sehr bewegend war auch ein Kapitel gegen Ende des Buches, indem eine Schubkarre erzählt wie Faridums Vater die Leiche seines Sohnes in ihr transportiert hat.

Das Buch ist sehr vielschichtig denn es beschreibt das Grauen des Krieges aus wirklich vielen Perspektiven und es gibt auch nicht wirklich „die Guten“ oder „Die Bösen“ sondern die Geschichte zeigt dass alle Seiten gleichermaßen betroffen sind und es „schuldig“ und „unschuldig“ nicht wirklich gibt und die Grenzen fließend sind…!

Als Barnes gelernt hat mit seinen Prothesen klarzukommen, da berichtet ein Bierglas in einer Kneipe wie Barnes über all das denkt was ihm zugestoßen ist und was er erlebt hat einer von Barnes Sätzen hat mich wirklich sehr beeindruckt denn er lautet „Du hast ja keine Ahnung, würden die Leute die mir das angetan haben jetzt zur Tür hereinkommen dann würde ich sie zu einem Bier einladen“.

So traurig und dramatisch diese Geschichte auch ist, sie ist aber auch hoffnungsvoll und steckt voller Zuversicht denn sie Endet mit einem Bericht von Barnes neuer Laufprothese, mit denen er nun sehr oft joggen geht und sich beim Laufen im Wind erleichtert und frei fühlt und voller Zuversicht in die Zukunft blickt…!

Die Geschichte ist so schon etwas Besonderes und wird noch besonderer wenn man weiß dass der Autor als 23 Jähriger Mann tatsächlich im Einsatz war und dort beide Beine verloren hat! Wie viel von dieser Geschichte jetzt tatsächlich autobiografisch ist kann ich nicht sagen aber ich vermute mal eine ganze Menge…!

Ein lesenswertes Buch, was aber auch seine Schwächen hat denn gerade die Berichte aus dem Einsatz waren mir etwas zu viel und zu langatmig! Das Buch ist nichts was man ein fix drei runtergelesen hat und gehört durch seinen sehr ungewöhnlichen Stil und das ernste Thema schon irgendwie zur schwereren Kost, ist aber auf jeden Fall lesenswert und zu empfehlen!

Harry Parker, aufgewachsen in Wiltshire, ging mit 23 Jahren zur britischen Armee und war im Irak und Afghanistan im Einsatz. Er lebt heute er als Schriftsteller und Künstler in London.


Genre: Roman
Illustrated by Benevento

Sehnsucht nach Nebudistan

Wer von den älteren Semestern Billy Mo und seinen Hit »Ich kauf mir lieber einen Tirolerhut« erinnert und über den tiefschwarzen Jazz-Trompeter und Schlagersänger aus Trinidad, der sich zum Gaudi der Zuschauer in eine alpenländische Tracht zwängte, schmunzeln konnte, der ist bei Thaddäus Troll richtig. Weiterlesen


Genre: Gesellschaftsroman, Humor
Illustrated by Kindler Berlin

Die Stadt der Diebe

517ts1yumllWir schreiben das Jahr 1943. Die Stadt der Diebe von David Benioff – das ist Leningrad. Diebe haben Konjunktur, denn deutsche Truppen haben die Stadt eingeschlossen und die Bewohner sind kurz vor dem Hungertod.

„Am schönsten sind die Luftkämpfe.“ Das sagen Vera und Lew, wenn sie nachts auf den Dächern oder zwischen den Trümmern der Stadt kauern und zusehen, wie die Ju88 der deutschen Luftwaffe und die Suchois der sowjetischen Luftwaffe über der Stadt kreisen und versuchen, sich gegenseitig abzuschießen. Sie haben die kriegswichtige Aufgabe, den Kämpfen zuzusehen und Meldung zu erstatten, wenn ein deutscher Flieger abgeschossen wird. Pflichtgemäß erstatten sie auch Meldung, aber erst nachdem sie den toten deutschen Piloten ihre Notrationen abgenommen und ihnen die Fliegerstiefel ausgezogen haben. Die deutsche Schokolade und den Zwieback brauchen sie, um nicht zu verhungern, und die Stiefel sind sehr haltbar, da kommt kein russischer Stiefel mit.

Beinahe zwangsläufig landet Lew im Knast, dem Kresty. In der Dunkelheit der Zelle lernt er Kolja kennen, einen angeblichen Deserteur. Lew ist siebzehn Jahre alt und hatte Hunger. Kolja ist knapp zwanzig Jahre alt, Soldat der Roten Armee und ein Deserteur. Er war ein paar Kilometer zu weit von seiner Truppe entfernt. Beide erwarten ihre Hinrichtung am folgenden Morgen. Doch es kommt anders.

Am Morgen werden sie einem Oberst des NKWD vorgeführt, der andere Pläne mit ihnen hat. Des Oberst hübsches Töchterlein, sie können  dem Mädchen einige Minuten beim Schlittschuhlaufen auf der zugefrorenen Newa zusehen, will in Kürze heiraten und zu einer standesgemäßen russischen Hochzeit gehört ein Kuchen. Zucker, Mehl und Honig hat die Frau Oberst erfolgreich requirieren können, nur die zehn Eier fehlen und ohne Eier ist ein Kuchen vielleicht ein Kuchen, aber kein Hochzeitskuchen.

„Besser zwölf“, sagt der Oberst, „zwei gehen sicher kaputt.“

Der Oberst schickt Lew und Kolja los, die zwölf Eier zu finden – ein schier unmögliches Vorhaben in einer Stadt, die seit mehr als zwei Jahren von deutschen Truppen belagert wird. Trotz der Aussichtslosigkeit machen sich Lew und Kolja auf den Weg, denn die Alternative ist, vor dem Erschießungskommando zu stehen.

Die mühsame Tour führt sie quer durch Piter, wie die Bewohner ihre Stadt immer noch in Erinnerung an den alten Namen Sankt Petersburg nennen. Stalin hat die Stadt umbenannt, aber man bleibt bei Piter. Vielleicht weil man ahnt, dass irgendwann, wenn der Große Vaterländische Krieg vorüber ist, man sich wieder des alten Namens erinnern wird. Das geschieht auch, wie wir alle wissen, wenn auch erst viele Jahrzehnte später als Gorbatschow die Weltbühne betritt.

Lew und Kolja ziehen derweil durch Leningrad und suchen zwölf Eier. Sie finden keine Eier, weil auch die Hühner mittlerweile gebraten und gegessen wurden, nicht einmal Spatzen, Mäuse oder Ratten gibt es. Alle haben ihren Weg in die ausgelaugten russischen Mägen gefunden. Sie schleichen sich durch den Belagerungsgürtel zu den Partisanen, aber die haben auch keine Eier. Immerhin erregen sie mit ihrer Geschichte so viel Heiterkeit, dass man sie nicht an den nächsten Baum hängt.

Stattdessen stoßen sie auf eine Fülle an Informationen, die alle nur ein Ziel haben – wie überlebt man. So lernt der Leser, welche Körperteile eines Menschen sich am besten zu Koteletts verarbeiten lassen – es sind die Gesäßbacken.

Was sich hier in dieser einen Zeile so unappetitlich liest, beschreibt der Autor David Benioff auf so humorvolle Weise, dass es beinahe seinen Schrecken verliert. Es ist überhaupt der Humor, die Lebensfreude, die dieses Buch mit diesen so entsetzlichen Beschreibungen auszeichnet. Der Leser bekommt auf knapp 400 Seiten eine Kurzlektion, wie man mit Humor und den Resten der Lebensfreude auf einem Trümmerhaufen, viel mehr war Leningrad nicht mehr, überleben kann. Er lernt auch, dass auf den Dächern der dunklen Stadt auch mit knurrendem Magen die Liebe einen Platz finden kann.

Es gibt nicht mehr viele Menschen, die Bombennächte in Deutschland erlebt haben. Aber da sind ja die Enkel, denen die Großeltern davon erzählt haben, von Dresden vielleicht, Hamburg oder Köln. Oder den vielen Städten, die militärische bedeutungslos waren, die nur bombardiert wurden, weil die Flieger ihre Bomben vor dem Heimflug loswerden mussten.

Die Deutschen waren nicht alleine. Das Grauen der Bombardierungen und der Hunger reichte vom Atlantik und der Nordsee bis zum Ural.


Genre: Roman
Illustrated by Heyne München

Das Geständnis

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Der Roman „Das Geständnis“ von John Grisham spielt im Jahr 1998 und ist auf beängstigende Weise zeitgemäß. Es geht um die Todesstrafe und um zweierlei Recht in den USA – für Weiße oder für Schwarze. Es geht auch darum, dass in Texas, Mississippi oder Kansas auch heute noch die juristischen Uhren völlig anders ticken, als im Rest des Landes.

Bei einem Pfarrer einer Kirchengemeinde taucht ein Mann auf und bezichtigt sich des Mordes, begangen vor über neun Jahren. Brisant an seinem Geständnis ist, dass für eben diesen Mord in knapp einer Woche ein anderer Mann per Giftspritze – gängige Praxis in Texas – hingerichtet werden soll. Das einzige Vergehen des Todeskandidaten – wenn man es so nennen will – ist die Tatsache, dass er schwarz ist.

Als Schwarzer unschuldig in der Todeszelle, knapp eine Woche vor der Hinrichtung, da besteht wenig Anlass zur Hoffnung. Der Gouverneur von Texas, nur er kann einen Aufschub anordnen, hat vor allen Dingen seine Beliebtheit bei den weißen Wählern und seine anstehende Wiederwahl im Kopf. Das soll er für einen schwarzen Todeskandidaten, der auch noch dumm genug war, ein Geständnis abzulegen, aufs Spiele setzen? Auch wenn das Geständnis unter dubiosen Umständen zustande kam, und es eine amouröse Verquickung zwischen Richterin und Staatsanwalt gab. Die Geschworenenliste, ein ebenso brisantes Thema. Weshalb haben über einen schwarzen Angeklagten nur weiße Geschworene geurteilt?

Schließlich tauchen vor einer Hinrichtung immer wieder Spinner auf, die sich nur wichtig machen wollen. Nicht zu vergessen – der Mann, der sich als Mörder bezeichnet, steht kurz vor seinem eigenen Dahinscheiden – Hirntumor in fortgeschrittenem Stadium. Obwohl Weißer, ist er mit seinen Selbstbezichtigungen absolut unglaubwürdig, denn er hat sein halbes Leben wegen diverser Sexualdelikte im Knast verbracht.

Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt. Die immer noch für den Todeskandidaten aktive Anwaltskanzlei nimmt sich der Sache an und versucht einen Aufschub zu bewirken. Aber die Mühlen der Justiz mahlen stetig und unerbittlich, sind kaum aufzuhalten.

John Grisham schildert die Verwahrlosung – anders kann man es kaum nennen – der US-amerikanischen Justiz. Minutiös beschreibt er, wie hinter den Kulissen gemauschelt wird, wobei die Schuld oder Unschuld des Beklagten Nebensache ist. Da geht es um Wiederwahl des Bezirksstaatsanwaltes oder der Richter, Menschenleben sind zweitrangig. Überlegenswert ist höchstens noch die Frage, ob mit Rassenunruhen zu rechnen ist und ab wie vielen Hausbränden oder sonstigen Übergriffen die Nationalgarde alarmiert werden muss.

Wie bei jedem Roman muss auch hier im Epilog stehen – alle Personen und Sachverhalte sind frei erfunden. Das muss sein, will der Autor sich nicht selbst vor Gericht wiederfinden. Andererseits sind die Schilderungen der Abläufe derartig detailgenau, dass man annehmen darf, der Autor hat sich als Vorlage wahrer Begebenheiten bedient. Naheliegend, denn John Grisham war selbst Anwalt für Strafrecht in Southaven/Mississippi. Er kennt die Südstaaten und das US-Strafrecht aus eigenem Erleben.

Beschrieben wird auch das geltende Wahlgesetz, ein durchaus aktuelles Thema. Der Mensch, der nichts oder wenig besitzt, hat kaum Chancen, sich in die Wählerlisten eintragen zu lassen und verständlicherweise hat er auch wenig Interesse daran. Er ist mit dem Kampf ums Überleben beschäftigt und der ist in den USA ungleich härter als alles, was wir uns hier in Deutschland und Europa vorstellen können.


Genre: Thriller
Illustrated by Heyne München

Kontrolle. Macht. Tod.

kontrolle-macht-todEine schöne Frau zu quälen verschafft ihm Befriedigung. Ihren Willen zu brechen ist besser als jeder Sex. Von dieser Erkenntnis führen den Unbekannten nur wenige Schritte bis zum perfide kalkulierten Mord. Das erste Opfer ist eine Jurastudentin, das grausame Spiel beginnt. Es wird sechzehn lange, entsetzliche Tage dauern.Wer steckt dahinter? Die Polizei tappt im Dunkeln, während der 54-jährige Privatdetektiv Molden mitten in die Ermittlungen gerät. Für seine Auftraggeberin verfolgt er Spuren, die sich als trügerisch erweisen, und verliebt sich leidenschaftlich in eine faszinierende Frau. Dabei merkt er nicht, dass er unaufhaltsam selbst in den Fokus des Mörders rückt. Und mit ihm Greta, deren bezauberndes Lachen seinen wunden Punkt berührt.

Molden ist 54 Jahre alt, sieht nicht besonders gut aus, ist eher ein Eigenbrödler und hat weder Familie noch Freunde. Er geht voll auf in seiner kleinen 1 Mann Detektei und außer seiner Arbeit kennt er eigentlich nicht viel…!

Eine Jurastudentin wird ermordet aufgefunden und ein Sohn aus reichem Hause wird anonym verdächtigt mit dem Verbrechen in Verbindung zu stehen. Als dieser aber entlastet wird, will seine reiche Mutter die falsche Anschuldigung aber nicht ungestraft im Sande verlaufen lassen und beauftragt Molden die Identität des anonymen Anrufers herauszufinden…!

Moldern nimmt den Auftrag an und ermittelt dabei völlig anders als die Polizei denn sein Ziel ist ja nicht den wahren Mörder zu fassen sondern den anonymen Anrufer zu enttarnen…!

Eher durch Zufall gerät er dabei tiefer in die eigentlichen Mordermittlungen als er eigentlich wollte und plötzlich befindet er sich in der gleichen Gefahr in der sich auch seine neue Bekannte Greta befindet…!

Die Geschichte wird abwechselnd aus verschiedenen Perspektiven erzählt, hauptsächlich aber aus Moldens Perspektive. Es gibt aber auch Kapitel die aus der Sicht des ermittelnden Kommissars oder aus der Sicht von Zeugen oder Verdächtigen erzählt werden.

Ein paar Kapitel werden auch aus der Sicht des Täters geschildert, was mir immer ziemlich gut gefällt und damit beginnt das Buch auch. Leider gibt es von diesen Kapiteln nur sehr wenige und schon nach kurzer Zeit hören diese Kapitel fast ganz auf. Dies kam mir ein bisschen vor wie „Anfüttern“ denn das Buch fing sehr spannend und interessant an, wurde dann meiner Meinung nach aber leider nicht mehr als ein recht lahmer 0 8 15 Thriller! Viel Spannung gab es nicht mehr und irgendwie war die Geschichte wirklich nichts Besonderes sondern plätscherte so dahin…!

Die Nebenhandlung (beginnende Liebesgeschichte zwischen Molden und Greta) ist auch nicht sonderlich spannend und deshalb auch recht überflüssig, genau wie manche Kapitel die aus der Sicht von Zeugen/Verdächtigen erzählt werden…!

Gut gefallen haben mir allerdings ein paar Kapitel die aus der Perspektive eines Verdächtigen, geistig behinderten Jungen Mannes erzählt werden aber diese sind auch nur ein Tropfen auf den heißen Stein gewesen…! Auch diese Kapitel gab es direkt zu Anfang des Buches aber dann hörten sie leider schon wieder auf!Das Buch begann wirklich vielversprechend, driftete dann aber in eine völlig andere/langweilige Schiene ab, was ich wirklich schade finde…!

Nach dem Klappentext hatte ich mir deutlich mehr versprochen aber ich kann dieses Buch leider nur als mittelmäßig bezeichnen! Gegen Ende gab es ein paar Wendungen aber ich kann nicht sagen dass diese Wendungen mich wirklich überrascht haben und das Ende an sich war irgendwie auch 0 8 15 mäßig! Auch die Taten des Mörders hab ich mir wesentlich kreativer vorgestellt, mal abgesehen davon dass auch gar nicht sooo intensiv darauf eingegangen wird wie ich gedacht/gehofft hatte…! Damit lockt man echt keinen Hund hinterm Ofen hervor…!

Ein Buch das man lesen kann  wenn man sich die Zeit vertreiben muss (vielleicht in einem Wartezimmer oder in der Bahn/Flugzeug) aber wirklich kein Buch das man gelesen haben muss…!

Klaus Schuker wurde 1959 geboren, ist verheiratet und lebt bei Ravensburg. Bevor er sich ganz dem Schreiben widmete, arbeitete er als Polizeibeamter. Neben Krimis (»Brudernacht«, »Trau keiner Leiche«) veröffentlicht er Kurzgeschichten, Erzählungen und Filmbesprechungen.

 

 


Genre: Thriller
Illustrated by Fabulus Verlag

70 Jahre Lucky Luke – Limitierte Sonderauflage

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Inhalt „Die Daltons in der Schlinge“: Die Daltons sollen aufgrund ihrer vielen Verbrechen gehängt werden. Die einzige Möglichkeit, dieser Strafe zu entkommen, ist eine Heirat. Aber keine Dame will einen Verbrecher heiraten. Deshalb sucht Ma Dalton 4 Bräute aus dem Stamm der Plattköpfe für ihre Söhne aus. Aber die haben es in sich.

Inhalt „Die Daltons bewähren sich“: Wenn die Daltons es schaffen, einen Monat auf Bewährung durchzuhalten, erlangen sie endgültig ihre Freiheit. Lucky Luke soll ihre Bewährungshelfer sein. Tatsächlich reißen sich die Brüder zusammen und werden zu mustergültigen Bürgern. Allerdings eilt ihnen ihr Ruf als Verbrecher voraus, sodass die Bewährung an einem seidenen Faden hängt.

Inhalt „Die Daltons auf Schatzsuche“: Diesmal brechen die Daltons aus dem Gefängnis aus, weil sie von einem Mitinsassen von einem Schatz erfahren haben. Aber die Schatzsuche gestaltet sich als schwierig – und paradoxerweise müssen sie schließlich in ein Gefängnis einbrechen, um an ihn heranzukommen.

Für das Special zum 70-jährigen Jubiläum der Lucky-Luke-Reihe hat Ehapa vier Geschichten rund um die Daltons ausgesucht (Nr. 17, 27, 30, 80), die der Verlag mit neuen Covern versehen und limitiert aufgelegt hat. Auf jedem der vier Cover ist einer der Daltons auf einem Steckbrief zu sehen. Vergnüglich sind alle vier, auch wenn sie eigentlich nur ein Aufguss der schon erschienenen Abenteuer sind. Die Anspielungen (z.B. in „Die Daltons bewähren sich“ wird in der Hochzeitsfeier auf „Asterix“ und dessen Festmähler verwiesen) geben den Storys Tiefe und lassen den Leser/die Leserin ebenfalls schmunzeln. Wenn man die vier Geschichten hintereinander liest, fallen sofort die unterschiedlichen Zeichenstile ins Auge, die – je nach Geschmack der LeserInnen – nicht unbedingt gefallen müssen. Gerade Bd. Nr. 17 aus der frühen Zeit ist vom Stil her für meinen Geschmack gewöhnungsbedürftig. Die limitierte Auflage ist mit einem Vorwort von Horst Berner versehen, das in jedem der vier Bände zu finden ist. Ich persönlich finde das schade, denn der Fan hätte gern mehr rund um das Thema Dalton erfahren. Die Neuauflage hätte sich, gerade bei vier Alben, dazu angeboten, den Fans ein je verschiedenes Vorwort mit Infos zu bieten. So hat die Auflage den etwas faden Nachgeschmack einer schnell zusammengeschusterten Geldmaschine zum Anlass des Jubiläums. Schade, da hätte man sicher mehr aus dem Thema Daltons rausholen können.


Illustrated by Egmont Ehapa

Schweine befreien

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Theo Grabowski ist 35, mäßig erfolgreicher Lokaljournalist bei einem Anzeigenblatt und leidgeprüfter Fan des Zweitligaclubs FC Teutonia. Als er eines Morgens arg verkatert erwacht, erinnert er sich dunkel, in der Nacht zuvor den Vereinsmanager tot auf einem Schweinetransporter liegend gesehen zu haben. Umso größer die Verblüffung, als eben dieser Manager wenig später bei einer Pressekonferenz des Krisenclubs zwei vermeintlich heilsbringende Neuzugänge aus Kroatien vorstellt.

Grabowski beschließt, den Dingen auf den Grund zu gehen, was aber nicht einfach ist, da er an permanenter Geldnot leidet, sich allzu gerne von Freunden und Alkohol ablenken lässt und zudem immer mal wieder ein mysteriöses Ziehen im Schritt verspürt. Dennoch sammelt er bei seinen eher planlosen Ermittlungen zahlreiche Informationen, trifft geheimnisvolle Frauen und zwielichtige Fußballfunktionäre und taucht ein in die schillernde Welt der Spielerberater kurz nach dem Bosman-Urteil (der Roman spielt im Sommer 2001). Schließlich führt eine Spur auf den Balkan und er tritt die Reise an, trotz dezenter Hinweise, dass dort Gefahr für Leib und Leben droht…

»Schweine befreien« ist der erste Roman von Jens Kirschneck, seines Zeichens Redakteur beim Fußball-Fachblatt »11 Freunde« und er bietet formidabel spannende Unterhaltung nicht nur für Fußballfans, da der Autor ein weites Feld bestellt. Natürlich gibt es da die erwarteten Intrigen im globalisierten Fußballgeschäft, aber eben auch die Spätfolgen des jugoslawischen Bürgerkriegs oder die Balkanmafia. Mitunter ist das Buch mit Themen überfrachtet (Stichwort: 11. September), aber Kirschneck behält stets die Fäden in der Hand, die Stringenz des Plots geht nicht verloren.

Der Schreibstil ist flott, dabei wortgewaltig und die Protagonisten gefallen sich zwar manchmal in ein wenig Selbstmitleid, tun dies jedoch ohne nervende Larmoyanz. Gepaart mit dem trockenen Humor des Autors und seinen witzig originellen Sprachbildern und Wortspielen kommen Freunde gehobener Unterhaltung voll auf ihre Kosten, gerne mehr davon!


Genre: Humor, Krimi
Illustrated by Verbrecher Verlag

Casting – Spiel ums Leben

castingLovis ist ein Siegertyp. Geschickt bewegt er sich in der schillernden Spielewelt, deren Gesetze längst in sämtlichen Bereichen des Lebens gelten. Eine Clique von selbstverliebten Juroren hält das Karussel der Castings und Contests in Gang. Sie sorgen mit drastischen Methoden dafür, dass niemand aus der Reihe tanzt. Als Lovis sich mit Jo anfreundet, beginnt er am Sinn der strengen Regeln zu zweifeln. Das Mädchen und er gehen auf gefährliche Touren. Was sie dabei hinter den Kulissen der Vergnügungsmaschinerie entdecken, stellt alles Gewohnte infrage. Mit einigen Gleichgesinnten finden sie Zuflucht in einer alten Manufaktur und proben den Widerstand. Aber Detektive sind ihnen bereits auf der Spur. Wird es den Ausreißern gelingen, sich gegen das übermächtige System zu behaupten und ihren eigenen Ideen zu folgen?

Der 12 jährige Lovis lebt in einer harten Welt. Es gibt kaum noch Arbeit oder gesicherten Wohnraum. Auch Essen und Kleidung sind knapp und um dies alles zu bekommen, sind die Menschen gezwungen an unzähligen Castingshows teilzunehmen denn wer diese gewinnt der kann diese Güter gewinnen, wer verliert der bleibt auf der Strecke.

 
Für den Großteil der Bevölkerung gibt es keine Arbeit und somit kein Geld mehr aber Geld ist auch, zumindest für die Unterschicht der Bevölkerung, sehr nebensächlich und uninteressant geworden. Es gibt für Geld nämlich nichts mehr zu kaufen, keine Nahrung, keine Kleidung und auch sonst nichts…!

 
Geld nur noch dazu da sich die Teilnahmegebühren an den Castingshows leisten zu können denn nur dort können die Menschen durch gewinnen an Kleidung, Nahrung oder Wohnraum kommen.
Wohngewinn ist heiß begehrt aber auch dieser ist immer zeitlich auf höchstens 3 Monate begrenzt denn man möchte ja nicht dass die Castidaten faul und träge werden denn schließlich sollen sie das wohlhabende Publikum unterhalten, das außerhalb der Stadt, gemeinsam mit den Regisseuren, Juroren und Sponsoren der Castingshows im gut abgeriegelten und luxuriösen „St. Privat“ residiert.

 
Ist der Wohngewinn, der ausschließlich aus winzigen Einraumwohnungen in überwachten Wohnbunkern besteht  ausgelaufen, die Nahrung gegessen und die Klamotten zerschlissen, so sind die Menschen wieder gezwungen an Castings teilzunehmen um ihr Überleben zu sichern.
Ist man alt und/oder krank und kann nicht mehr an Castingshows teilnehmen, so wird man „ausgecastet“ und fristet sein Leben zwangsläufig in großen Fabriken denn schließlich braucht man auch Leute die die ganzen Castinggewinne, wie Kleidung anfertigen…!

 
Die Castingsshow selbst sind sehr unterschiedlich. Weit verbreitet sind über klassische Gesangsshows harte sportliche Wettbewerbe, es gibt aber auch Quizshows, Kochshows und vieles mehr.
Als die Castingshows immer härter, ausgefallener und erniedrigender werden, reicht es Lovis und er tut sich mit der gleichaltrigen Jo zusammen, die er bei einer Castingshow kennengelernt hat. Gemeinsam wollen sie gegen das System angehen denn es soll endlich Schluss sein mit den Castings…! Nach und nach finden Lovis und Jo immer mehr Verbündete im Kampf gegen das menschenunwürdige System  und entwickeln einen Plan…!

 
Als ich das Buch angefangen habe, da dachte ich mich erwartet ein Abklatsch der „Tribute von Panem“, nur halt als Kinderbuch aufgemacht  denn das Buch ist für Kinder und Jugendliche von 10-16  Jahren gedacht. Ich wurde aber positiv überrascht denn die Geschichte weicht doch stark von Panem ab. Es handelt sich zwar um ein Kinderbuch, allerdings hab ich es mir wesentlich „kindlicher“ vorgestellt. Man merkt zwar vor allem an Namen und Bezeichnungen (z.b heißt der Juror der Castingshow „Topkoch“ „Donald Meck“ und die Jurorin der Castingshow „Topkult“ trägt den Namen „Kroko Flanell“) aber ansonsten ist es nicht unbedingt als Kinderbuch erkennbar und kann durchaus auch gut von Erwachsenen gelesen werden.
Leider erfährt man nicht genau in welcher Zeit das Buch spielt denn so etwas interessiert mich bei Dystopien/Endzeitgeschichten immer sehr. Es wird aber angedeutet dass die Geschichte irgendwann zwischen 2040 und 2060 spielen muss…! Einzig das Ende hat mir nicht sooo gut gefallen da ich es etwas zu abrupt fand aber ansonsten fand ich das Buch wirklich gut!

Eine spannende und schöne Geschichte über Freundschaft, Zusammenhalt, dem Drang nach Freiheit und Selbstbestimmung und dem Kampf gegen Ungerechtigkeit und Unterdrückung!

Mir persönlich hat das Buch wirklich gut gefallen und ich kann es auf jeden Fall empfehlen.

Yvonne Richter wurde im Jahr 1956 geboren und studierte zuerst Kunst, bevor Sie eine Ausbildung zur Kunsterzieherin absolvierte.  Anschließend fand Sie bei einem Museum im Nürnberg ihre berufliche Heimat. Dort baute sie das erste mobile Kindermuseum mit auf, bis sie nach der Geburt ihrer Tochter 1990 neue Aufgaben suchte und einige Jahre als Figurentheaterspielerin und Performancekünstlerin arbeitete. Sie blieb dem Kindermuseum aber treu und als sich das  Kinder & Jugendmuseum Nürnberg formte, stieg sie wieder mit ein und gab dem jungen Unternehmen grafisch und gestalterisch ein unverwechselbares Gesicht.
Seit 2008 schreibt Sie Kinder- und Jugendbücher.


Genre: Dystopie, Endzeitgeschichten, Kinder- und Jugendbuch
Illustrated by Fabulus Verlag

Findet Dorie – Das Magazin zum Film

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Das Magazin erscheint zweimonatlich und richtet sich laut Ehapa an Mädchen und Jungen im Alter zwischen drei und sechs Jahren. Das scheint mir eine zu große Spannweite zu sein, zumal die meisten Rätsel und auch die Comics eher von Kindern ab 4 ½ Jahren (eher noch später) verstanden werden können. Da muss man sich als Elternteil eines dreijährigen Kindes schon einiges einfallen lassen, um das alles auf diese Altersstufe herunterzubrechen. Es richtet sich vom Schwierigkeitsgrad und auch von den Extras (eine zerbrechliche Angel mit ebenso zerbrechlichen Dingen, die geangelt werden können) eher an 5- bis 6-Jährige, die etwas zarter mit den Sachen umgehen können (wenn sie wollen) und schon von der Entwicklung der Intelligenz und des Verstandes weiter sind. Mein Sohn, 4 Jahre und 8 Monate, z.B. mag die Comics sehr gern, aber ich merke, dass er sie noch nicht richtig verstehen kann. Die Rätsel haben ihn diesmal fast gar nicht interessiert, obwohl er normalerweise Rätsel liebt. Bei genauerer Betrachtung habe ich festgestellt, dass er sie instinktiv verworfen hat, weil seine kognitive Entwicklung schlicht noch nicht so weit ist, um z.B. das Rätsel „Von Herzen“ auf S. 16 lösen zu können. Das hat Grundschulniveau. Bei diesem Heft braucht man auch bei den Basteleien sehr intensive Hilfe der Eltern, um damit zurecht zu kommen. Die Altersangabe müsste also nochmal überdacht werden, damit die Kinder tatsächlich Spaß an dem Magazin haben und nicht frustriert aufgeben.

Das Heft ist also eher geeignet für Grundschüler ab sechs Jahren; für Jüngere leider nur dann, wenn die Eltern viel helfen und vieles weglassen.


Illustrated by Egmont Ehapa

Köstlicher Orient

peter-heineDer kulinarische Orient ist in jedem Fall einen Besuch wert und mit vorliegendem Kochbuch “Köstlicher Orient. Eine Geschichte der Esskultur. Mit über 100 Rezepten” noch dazu ein Kinderspiel. Und außerdem: Essen verbindet! Im Sinne einer invented tradition wurde für den Hummus und das Falafel als typisch jüdisches – oder israelisches – Gericht sogar die Thora bemüht, in der von Kichererbsengerichten die Rede sein soll. Der Zionismus hatte nämlich bei der Gründung des Staates Israel die beiden Gerichte als Nationalgerichte definiert, um auch durch diese Speisen Identität für den neuen Staat zu schaffen. Sicherlich hängt das auch damit zusammen, dass es sich um rein vegetarische Gerichte handelt, die keinerlei religionsbedingte Probleme für die beiden größten Bevölkerungsgruppen Israels befürchten ließen. Aber die Reaktionen der nicht-jüdischen Bewohner Israels ließ nicht lange auf sich warten: „Sie haben uns nicht allein unser Land genommen. Nun nehmen sie auch noch unsere Küche.“, soll der syrische Soziologe und Kenner der arabischen Küche Sadiq al-Azm beklagt haben, schreibt Peter Heine in seiner Geschichte der orientalischen Esskultur und veranschaulicht damit deutlich, dass selbst das Essen ideologisch benutzt werden kann – von beiden Seiten!

Khmar oder nabidh?

Das arabische Dorf Abu Gosh soll daraufhin einen Humus in einer Satellitenschüssel von sechs Metern angerichtet haben, in dem 10 452 kg von dem Aufstrich angerührt wurden. Der Libanon wollte damit Israel den Titel des Nationalgerichtes wieder abjagen, aber immerhin kam es auf diese Weise zu keinem Krieg, denn auch dafür sind Kochrezepte gut: sich der gemeinsamen Ursprünge bewusst werden und die Unterschiede zu pflegen. Darauf legt auch der Verfasser des vorliegenden Kochbuches mit vielen Rezepten sehr viel Wert, wenn er schon im Eingangskapitel erklärt, warum auf „Schwein und Wein“ verzichtet wird. Auch das rituelle Schlachten auch als Schächten bekannt wird erklärt und darauf hingewiesen, dass es in manchen europäischen Ländern immer noch verboten ist und die Muslime mancher Länder das halal-Fleisch deswegen importieren müssen. Weniger Einigkeit gibt es da schon beim Wein, denn im Koran steht zwar vom Verbot des Traubenweins (khamr) nichts aber vom Verbot des Dattelweins (nabidh). Außerdem existieren neben diesen beiden Weinen noch 148 weitere Worte resp. Bezeichnungen für Wein, was natürlich automatisch zu religiösen Spitzfindigkeiten führen kann. Aber eigentlich verbiete der Koran ohnehin nur den Rausch und nicht den Alkohol an sich, so Peter Heine. Also auf, auf einen halib al-asad!

Köstlicher Orient: Freundschaft mit Nachbarn

Fastenregeln und Fastenbrechen (Iftar) sowie das muslimische Paradies werden ebenso erklärt wie andere Regeln der orientalischen Küche. So wird im Westen der Ramadan oft falsch verstanden: eigentlich gehe es dabei nämlich darum, „in dem Familienbeziehungen, Nachbarschaften und Freundschaften intensiver gepflegt werden“. Im Verlaufe des vorangegangenen Jahres entstandene Konflikte werden in dieser Zeit durch Besuche beigelegt und mit dem gemeinsamen nächtlichen Fastenbrechen Iftar besiegelt. Eigentlich eine schöne Tradition, oder? Die vorliegende Publikation des Wagenbach Verlages ist in einem besonders schönen Umschlag auf Leinen gedruckt verpackt, damit etwaige Kochflecken auch schnell wieder abgewischt werden können. 1500 Jahre orientalische Küche und Essgewohnheiten mit über 100 Rezepten zum Nachkochen, genießen Sie mit Peter Heines Anleitung Falafel, Hummus und Döner, Couscous, Dolma und Marzipan und viele andere Köstlichkeiten des Orients.

Peter Heine

Köstlicher Orient

Eine Geschichte der Esskultur. Mit über 100 Rezepten

Sachbuch. 2016

240 Seiten. 16 x 24 cm. Bedrucktes Leinen

Zweifarbig gedruckt und mit sehr vielen Abbildungen

29,90 €

ISBN 978-3-8031-3661-9

Verlag Klaus Wagenbach


Genre: Kulturgeschichte, Ratgeber, Volkskunde und Brauchtum
Illustrated by Klaus Wagenbach Berlin

Twin Peaks 3.0.: Das langersehnte Wiedersehen

reclamMit dem Ausspruch „If you miss it tonight, you won’t know what everyone’s talking about tomorrow“ warb der amerikanische Sender ABC für die zweite Staffel der wohl besten Serie über einen der „wunderbarsten und zugleich seltsamsten Orte“ des Nordwestens der USA und wenn 2017 das Twin Peaks Fieber anlässlich der dritten Staffel wieder ausbrechen wird und alle Münder nach einem „Damn Good Coffee“ und Kirschkuchen verlangen werden kann man sich jetzt schon sicher sein, dass die TV-Landschaft danach wieder nicht mehr dieselbe sein wird. Schon vor 25 Jahren revolutionierte Twin Peaks nämlich das Genre indem es das Zeitalter der „Autorenserien“ eröffnete und das Ende des Mediums zweiter Wahl einläutete. Twin Peaks 3.0 wird von Showtime ausgestrahlt werden und wahrscheinlich wieder in 30 Episoden aufgeteilt sein. Mit dabei sind natürlich wieder die Gründer der Serie allen voran David Lynch und Mark Frost sowie Kyle MacLachlan als Special Agent Dale Cooper.

Twin Peaks: Hommage an den Cliffhanger

„I will see you again in 25 years“, sagte Laura Palmer in der surrealen Traumsequenz der finalen Episode vom 10. Juni 1991 und tatsächlich wird es nun beinahe auf den Tag genau zu einem Wiedersehen kommen. Grund genug dafür, das bisher Geschehene nochmals auf 100 Seiten zusammenzufassen und in die nunmehr ein Vierteljahrhundert zurückliegenden Ereignisse erneut einzutauchen. Dabei hilft nun besonders der hier vorliegende kleine Reclam-Führer der nicht nur mit genauen Personenbeschreibungen, sondern auch schönen Grafiken zu Twin Peaks aufwartet. Zudem erfährt man natürlich auch, was in der Dritten Staffel geschehen wird und wer alles wieder mit dabei sein wird, aber auch was in den vergangenen 30 Episoden alles geschehen ist. Mit dem Satz: „Und da gibt es diesen Wind, der durch die Bäume streift“ soll David Lynch damals den ABC-Programmverantwortlichen davon überzeugt haben, sich an die Serie zu wagen, die damals alles bisher in der TV-Geschichte Dagewesene in den Schatten stellte. Leider war es dann auch ABC, die für den Einbruch der Einschaltquoten verantwortlich war, als der Mörder von Laura Palmer schon in der 18. Episode gestellt wurde. Natürlich war für den Einbruch auch die Sendeplatzverlegung auf den „graveyard slot“ verantwortlich, aber sicher nicht die Serie selbst, die man auch als Hommage an den Cliffhanger bezeichnen könnte.

2017: Give Peaks a chance!

Die vorliegende liebevoll zusammengestellte Publikation erzählt auch vom COOP (Citizens Outraged at the Offing of Peaks), die 1991 schon „All we are saying is give Peaks a chance“ skandierten. Auch Kritik an der zweiten Staffel ist zu vernehmen, die cinematographischen Vorbilder der Serie werden genannt sowie die Twin Peaks eigene Magie erklärt, etwa schon beim Vorspann: „mit seinen sanften Überblendungen steht für die Entdeckung der Langsamkeit, Entschleunigung, Kontemplation, für eine Traumreise, er erzeugt eine hypnotische Wirkung, lässt einen eintauchen in eine fremde Welt, entführt einen an einen idyllischen Meditationsort“. Wenn der Vorspann dann verklungen ist, sei man in einer Traumwelt angekommen, in der immer wieder die Gesetze der Wirklichkeit außer Kraft gesetzt würden.

Die Reihe “100 Seiten” erscheint bei Reclam als Taschenbuch im Format 11,4 x 17 cm auf 100 Seiten und enthält auch einige Abbildungen. Weitere Themen der Reihe sind: Asterix, Superhelden, David Bowie, Reformation, JOhn F. Kennedy, Resilienz u.v.a. Themen mehr.

 

Gunther Reinhardt

Twin Peaks. 100 Seiten

Broschiert. Format 11,4 x 17 cm

100 S. 7 Abb. Reclam Verlag

ISBN: 978-3-15-020421-4


Genre: Agentenroman, Biographien, Biographien, Kriminalromane, Kult, Kulturgeschichte
Illustrated by Reclam Stuttgart/Dietzenbach