Monument 14 – Die Flucht (Band 2)

Wenn die Zivilisation zusammenbricht, bist du ganz auf dich allein gestellt.
Nachdem ein Tsunami die Ostküste der USA getroffen und weite Teile des Landes verwüstet hat, stranden vierzehn Jugendliche in einem Einkaufszentrum. Der Strom fällt aus, die Zivilisation bricht zusammen, und aus einer nahen Chemiefabrik entweicht eine gefährliche Giftwolke. Dann dringt das Gerücht durch, dass die Überlebenden von Denver aus ausgeflogen werden. Die Jugendlichen bestimmen eine Gesandtschaft, die sich nach Denver durchschlagen soll. Der Rest von ihnen bleibt zurück, darunter der eher schüchterne Dean, der sich früher immer aus allem herausgehalten hat. Als sie von einem gewalttätigen Einbrecher bedroht werden, muss Dean über sich selbst hinauswachsen…

Die Lage im Einkaufszentrum hat sich dramatisch zugespitzt. Nachdem Fremde in das Einkaufszentrum gelangt sind, wurde einer der Jugendlichen angeschossen und benötigt dringend Hilfe. Außerdem gibt es das Gerücht, dass am Flughafen von Denver Hilfe zu erwarten ist. Angeblich ist dort der Sammelpunkt für Überlebende, die von dort durch das Militär nach Kanada und Alaska ausgeflogen werden. Aber was ist dran an diesem Gerücht, und können die Kinder und Jugendlichen die 100 Kilometer nach Denver überhaupt schaffen? Die Straßen sind zerstört oder verstopft und die Giftgaswolke hängt noch immer über dem Land …

Den Jugendlichen bleibt keine Wahl, denn wenn Braydon nicht dringend Hilfe bekommt, dann sieht es sehr schlecht für ihn aus. Aber nicht alle sind dafür, das (relativ) sichere Einkaufszentrum zu verlassen, und so teilt sich die Gruppe auf. Die eine Hälfe der Kinder und Jugendlichen bleiben im Einkaufszentrum und die andere Hälfte macht sich auf die gefährliche und lange Reise nach Denver …

Dadurch dass sich die Gruppe aufgeteilt hat, ist im zweiten Band der Trilogie nicht mehr nur der 17jährige Dean der Ich-Erzähler, sondern auch sein 13jähriger Bruder Alex, der sich mit den anderen auf den Weg nach Denver macht. Von nun an gibt es immer abwechselnd die „Alex Kapitel“ und die „Dean Kapitel“, was mir sehr gut gefallen hat und gleichermaßen spannend war. Denn auch im Einkaufszentrum spitzt sich die Lage immer weiter zu, während Alex und die anderen sich mit den Gefahren der Außenwelt und anderen Überlebenden herumschlagen müssen, die nichts zu verlieren haben und an die Vorräte der Jugendlichen gelangen wollen.

Der zweite Teil der Trilogie hat an Spannung und Dramatik noch um einiges zugelegt, und ich habe das Buch noch schneller verschlungen als den ersten Teil. Jetzt kann ich es kaum erwarten, mich direkt auf den dritten Teil zu stürzen.

Einfach nur großartig, extrem spannend und sehr bewegend!

 

 


Genre: Dystopie
Illustrated by Heyne München

Monument 14

Monument 14Vierzehn Jugendliche. Eine Shopping-Mall. Eine Welt, in der nichts mehr ist, wie es einmal war. An dem Tag, als die Welt untergeht und ein Tsunami die Ostküste der USA trifft, stranden 14 Jugendliche in einem Einkaufszentrum. Schnell wird ihnen klar, dass sie völlig auf sich allein gestellt sind. Während der Strom ausfällt und die Zivilisation zusammenbricht, braut sich am Himmel etwas noch viel Furchtbareres zusammen. Eine Giftwolke aus einer nahen Chemiefabrik nähert sich dem Einkaufszentrum. Diejenigen, die die Chemikalien einatmen, verändern sich in völlig unerwarteter und beängstigender Weise. Der zurückhaltende Dean, bislang eher ein Außenseiter, muss sich mit den anderen verbünden und um sein Überleben kämpfen…

Die Geschichte spielt im Jahr 2024 und wird aus der Ich-Erzählperspektive des 17 jährigen Dean erzählt. Dean und seine Familie wohnen in dem kleinen Städtchen Monument in Colorado.

Es ist ein ganz gewöhnlicher Morgen und Dean und sein 13 jähriger Bruder Alex sind im Schulbus auf dem Weg zur Schule. In dem Bus befinden sich aber nicht nur Highschool Schüler sondern auch Grundschüler denn beide Schulen werden vom selben Bus angesteuert.

Plötzlich setzt kräftiger Hagel ein und innerhalb kürzester Zeit werden die Hagelkörner gigantisch groß und zerstören Häuser und Autos. Geistesgegenwärtig steuert die Schulbusfahrerin ein riesiges Einkaufzentrum an und brettert mitten hinein um die Kinder in Sicherheit zu bringen.

Als der Hagel aufgehört hat, gleichen die Straßen einem Schlachtfeld und die Busfahrerin macht sich zu Fuß auf den Weg um Hilfe zu holen, die Kinder und Jugendlichen bleiben im Einkaufszentrum.

Kurze Zeit später gibt es ein extrem heftiges Erdbeben aber das Einkaufszentrum hält diesem wie durch ein Wunder stand. Die 14 Gestrandeten finden in der Elektroabteilung einen noch funktionierenden Fernseher und schalten die Nachrichten ein aber was sie dort erfahren ist schlimmer als alle Befürchtungen. Eine 800 Meter hohe Welle, ausgelöst durch einen gigantischen Tsunami, hat die Ostküste der USA getroffen und komplett ausgelöscht. Durch das Erdbeben wurde die ortsansässige Chemiefabrik stark beschädigt und chemische Kampfstoffe sind unkontrolliert ausgetreten. Eine riesige und hochgifte Wolke breitet sich aus und die Menschen werden aufgefordert sich unter keinen Umständen im Freien aufzuhalten.

Die Jugendlichen verbarrikadieren die Türen des Einkaufszentrums, können nirgendwo hin und auf die Rettung durch die Busfahrerin oder sonstige Rettungskräfte brauchen sie auch nicht zu hoffen denn schließlich liegt das Land in Trümmern…!

Die Jugendlichen sind in der Mall zwar recht gut aufgehoben, sind erst einmal sicher und haben ausreichend Nahrung, Kleidung und es gibt auch eine Apotheke aber wie soll es jetzt weitergehen?

Dazu kommt noch dass sich die 6 Jugendlichen, selbst noch halbe und verängstigte Kinder, jetzt auch noch pflichtbewusst um die Grundschüler und eine frühreife 13 Jährige kümmern müssen. Die Nerven liegen blank und es kommt durch Verzweiflung und Überforderung natürlich zu Streitereien und Machtkämpfen…!

Das Buch hat mir hammermäßig gefallen und ich konnte es kaum aus der Hand legen. Eine sehr spannende Geschichte, die von der Grundidee zwar nicht wirklich neu ist und mich auch teilweise ein bisschen an „Herr der Fliegen“ erinnert hat, aber welche Idee ist schon noch wirklich neu?!

Generell liebe ich ja eh die Ich-Erzählperspektive und zusätzlich hat mir auch gut gefallen dass die Hauptfigur Dean am Anfang den Leser auch noch hin und wieder direkt anspricht. Für Endzeitfans eine wirklich spannende Geschichte mit einem sehr ergreifenden Ende bei dem mir auch ein Tränchen runtergekullert ist. Eine Geschichte über das Überleben, das Erwachsenwerden, Freundschaft, Liebe, Pflichtbewusstsein, Zusammenhalt und Menschlichkeit. Ich freue mich jetzt schon total auf den zweiten Band dieser Trilogie!

Bevor Emmy Laybourne zum Schreiben kam, arbeitete Sie als Schauspielerin. Ihr Debütroman „Monument 14“ wurde ein großer Erfolg, obwohl Sie selbst nicht damit gerechnet hatte. Sie lebt mit Ihrem Mann, zwei Kindern und einer australischen Echse in New York.

 


Genre: Dystopie, Endzeitgeschichten
Illustrated by Heyne München

… und alle Fragen offen

reichenberger-1Die Höflichkeit der Kritik

War früher alles besser? Keineswegs! Aber TV-Sendungen wie «Das literarische Quartett» von Marcel Reich-Ranicki, Sigrid Löffler und Helmuth Karasek im ZDF, denen trauern literarisch Interessierte wie ich heute noch nach. Denn es gibt nichts Vergleichbares mehr, die 2015 wiederbelebte Nachfolge-Version unter gleichem Namen mit Volker Weidermann ist nur ein müder Abklatsch des ursprünglichen TV-Formats. Das Beste aus den Sendungen kann man allerdings in einer sorgfältig editierten Buchausgabe unter dem Titel «…und alle Fragen offen» nachlesen, jenem Zitat von Brecht aus «Der gute Mensch von Sezuan», mit dem MRR traditionell seine Sendungen beendete. Der dickleibige Band erweist sich als nützliches Kompendium der Literaturkritik und ist geeignet, dem Leser am Beispiel der besprochenen und kontrovers diskutierten Bücher diejenigen Kriterien zu verdeutlichen, die gute Literatur von schlechter unterscheiden, – nach subjektiver Meinung der jeweiligen Diskutanten allerdings. Darüber hinaus aber erwartet den Leser eine vergnügliche Lektüre, deren Unterhaltungswert manche satirische Prosa weit in den Schatten stellt.

«Meine Damen und Herren, dies ist keine Talk-Show. Was wir ihnen zu bieten haben ist nichts anderes als Worte, Worte, Worte. 75 Minuten lang Worte und, wenn’s gut geht – es ist ein Ziel, aufs Innigste zu wünschen -, vielleicht auch Gedanken. Wir werden über Bücher sprechen und über Schriftsteller. Also nichts anderes als Literatur». Mit diesen Worten leitete MRR am 25.3.1988 die erste Sendung ein. Bis Ende 2001 wurden in wechselnder Besetzung 77 Sendungen mit von niemandem für möglich gehaltenen Einschaltquoten für ein solch anspruchsvolles Format ausgestrahlt, einzelne Sendungen erreichten bis zu 1,5 Millionen Zuschauer. Zu seinem apodiktischen Konzept erklärte der Kritikerpapst: «Wir werden über Bücher sprechen, und zwar, wie wir immer sprechen: liebevoll und etwas gemein, gütig und vielleicht ein bisschen bösartig, aber auf jeden Fall sehr klar und deutlich. Denn die Deutlichkeit ist die Höflichkeit der Kritik, der Kritiker». Und weiter: «Gibt es im ‹Quartett› ordentliche Analysen literarischer Werke? Nein, niemals. Wird hier vereinfacht? Unentwegt. Ist das Ergebnis oberflächlich? Es ist sogar sehr oberflächlich».

Das Buch nun enthält auf 768 Seiten 134 Buchbesprechungen aus 63 Sendungen in verkürzter und editorisch überarbeiteter Form, ergänzt um einen Anhang mit Bücherliste und Personenregister. Das Inhaltsverzeichnis listet zu Beginn chronologisch die Sendungen und die darin jeweils besprochenen Bücher auf, im Anhang findet man außerdem eine alphabetische Liste der besprochenen Bücher nach Autoren. Dieses Sachbuch erfüllt gleich zwei nützliche Funktionen. Es ist einerseits ganz profan ein kleines Nachschlagewerk für Leser auf der Suche nach einem guten Buch, in dem man viele wichtige Autoren findet, andererseits aber auch ein Füllhorn an Beispielen für die kritisch analytische Herangehensweise an ein literarisches Werk.

Und auch wenn es dabei oft sehr polemisch zugeht in den Disputen des Quartetts, zu regelrechten Entgleisungen kommt, wenn zugespitzt subjektiv argumentiert und erkennbar ungerecht geurteilt wird, gegenüber den von Anzeigenabteilungen gepushten, wachsweich formulierten Gefälligkeits-Rezensionen des Feuilletons wird hier sehr wohltuend klare Kante gezeigt. Allerdings sind dann auch, wie bei den römischen Gladiatoren, scheinbar nur noch zwei Gesten möglich: Daumen hoch oder Daumen runter. Zwischentöne jedenfalls fehlen völlig, und Einstimmigkeit gibt es fast nie. Aber zu lachen gibt es reichlich, und en passant wird man auch noch bereichert, erfährt so manches aus dem Universum der Literatur, in dem das einzelne Buch ja nur ein winziger Stern ist am literarischen Firmament.

Fazit: erfreulich

Meine Website: http://ortaia.de


Genre: Sachbuch
Illustrated by Heyne München

Fahrenheit 451

bradbury-1Albtraum für Bibliophile

Im Œuvre von so manchem Schriftsteller dominiert ein einzelnes Werk, überragt die anderen und begründet explizit seinen Ruhm. Im Falle des amerikanischen Autors Ray Bradbury ist es der 1953 erstmals erschienene Science-Fiction-Roman «Fahrenheit 451». Dessen Dominanz wird deutlich, wenn man weiß, dass der 2012 verstorbene Bradbury schon zu Lebzeiten seine Grabstelle ausgesucht und mit einem Stein markiert hatte, auf dem er «Author of Fahrenheit 451» einmeißeln ließ. Der dystopische Roman wurde mehrfach überarbeitet, von François Truffaut verfilmt, diente ferner als Vorlage oder Inspirationsquelle für weitere Filme, für Hörspiele, Theaterstücke und Comics. Der Titel bezeichnet – nach einer irrigen Annahme des Autors – die Temperatur, bei der sich Papier ohne äußere Einwirkungen angeblich selbst entzündet. Und damit wird gleich auch auf die Thematik des Romans hingewiesen, es geht um papierne Bücher.

In einem utopischen Staat, der die Bevölkerung ungebildet und damit vor allem unmündig halten will, sind der Besitz und das Lesen von Büchern streng verboten, es gilt als destabilisierend für die Gesellschaft, darin sind sich alle einig. Die Feuerwehr wird nun, da sämtliche Häuser aus nichtbrennbaren Materialien gebaut sind, nicht mehr benötigt, sie hat die neue Aufgabe, Bücher aufzuspüren und zu verbrennen. Statt Wasserspritze ist jetzt der Flammenwerfer das Arbeitsgerät der Feuerwehrleute, die auf ihren Uniformen neben der Zahl 451 den Salamander tragen als Symbol, also jenes Tier, das der Legende nach im Feuer leben kann. Der Begriff «The Fire Man», wie der Titel der ersten Fassung lautete, ist übrigens doppeldeutig, er bezeichnet den Bekämpfer des Feuers ebenso wie den Feuerleger. Der Protagonist des Romans, der Feuerwehrmann Guy Montag, zweifelt zunehmend an dem unmenschlichen System. Er beginnt heimlich Bücher zu sammeln und lernt durch die Begegnung mit Clarisse, einem 17jährigen Mädchen, den Wert von Kultur und Natur schätzen. «Sind Sie glücklich?» lautet ihre scheinbar naive Frage, die ihn vollends aus der Bahn wirft bei seiner Sinnsuche. Als er in dem ehemaligen Literaturprofessor Faber dann auch noch einen Mentor findet, eskaliert seine innere Auflehnung und endet schließlich äußerst dramatisch. Er flüchtet in die Wälder und beobachtet von Ferne den schon lange vorausgesagten Kriegsausbruch, der diese fragwürdige Zivilisation denn auch mit einem Schlage vernichtet.

Von den Visionen des prophetischen Autors ist manches tatsächlich real geworden. Den Büchern als Quell von Wissen, das zu unterdrücken sei, entsprachen die Störsender, mit denen zum Beispiel in der DDR der Radioempfang aus dem Westen unterbunden wurde, und Westfernsehen war dort ebenfalls unerwünscht und mit Sanktionen belegt. Die «Fernsehwände» des Romans sind in den großformatigen Flachbildschirmen oder Beamern unserer Zeit schon fast realisiert, die winzige Abhörwanze im Ohr ebenfalls, selbst die heutigen mörderischen Autorennen durchgeknallter Jugendlicher finden bereits im Roman von 1953 statt. Und die gezielte Verdummung der Massen mittels geistloser Dauerbespaßung im Fernsehen ist heutzutage ebenfalls weitgehend Realität geworden.

Er habe, hieß es in einem Artikel zum Tode des 91jährigen Autors, «ein Mahnmal gegen staatliche Zensur» geschaffen. Der Roman ist in meinen Augen darüber hinaus vor allem eine harsche Gesellschaftskritik, völlig zeitlos in ihrer Anklage gegen die Unterdrückung der Massen durch eine unsichtbar agierende Elite. Im Nachwort unter dem Titel «Feuerspracht» hat Bradbury die Entstehungsgeschichte seines Romans ungewöhnlich detailliert geschildert, – aber auch deutlich zu eitel! Der Plot erscheint mir als einem das Genre generell ablehnender Leser, – Franz Werfels «Stern der Ungeborenen» sei ausgenommen -, geradezu hölzern und unplausibel, die sprachliche Umsetzung ist zudem ziemlich uninspiriert. Gleichwohl, ich zähle diesen Roman zu den Klassikern, die man gelesen haben sollte.

Fazit: lesenswert

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Genre: Roman
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Underground

UndergroundEin tödliches Grippevirus grassiert in den USA. Während Chaos um sich greift, flieht eine Gruppe ganz unterschiedlicher Menschen in einen unterirdischen Luxusbunker – das Sanctum –, ihre eigene, sich selbst versorgende Welt. Doch schon bald befeuern Abschottung und Enge erste Spannungen unter den Bewohnern. Als der Erbauer des Bunkers tot aufgefunden wird, bricht Panik aus. Mit ihm ist der Code zum Öffnen der Türen verloren. Der Sauerstoff wird knapp. Die Wasservorräte schwinden. Der Kampf ums Überleben beginnt.

 

Bereits seit einiger Zeit wütet ein tödliches Virus in Asien und tausende Menschen sterben. Nun ist das Virus auch in den USA angelangt und das Massensterben beginnt…

Wie gut dass es das „Sanctum“, einen unterirdischen Luxusbunker, versteckt in den Wäldern von Maine gibt. Für 1,5 Millionen Dollar kann man sich dort ein Luxusappartement mieten um einer drohenden Katastrophe zu entfliehen. Auf 7 Etagen sind 6 Luxussuiten, ein Aufenthaltsraum, ein Fitnessraum, Swimmingpool, eine Krankenstation, eine kleine Hühnerfarm, und ein kleiner Hydrokulturgarten verteilt. So soll das Überleben für ein Jahr gesichert sein.

Aber der Platz im Sanctum ist begrenzt und nur wenige haben das Glück sich so ein Appartement sichern bzw überhaupt leisten zu können.

Fünf extrem unterschiedliche Familien treffen zu Beginn der Geschichte im Sanctum ein, klar dass Spannungen vorprogrammiert sind. Denn nicht nur die grundverschiedenen Charaktere gestalten das Leben im Bunker als schwierig, der Erbauer des Sanctum hat in seiner Hochglanzbroschüre auch mächtig übertrieben und an allen Ecken und Enden gespart…

Die Krankenstation ist nicht einmal ansatzweise fertig, so dass es keinerlei ärztliche Versorgung gibt, der Fahrstuhl zwischen den einzelnen Etagen funktioniert nicht, Essensvorräte und Wasser reichen nicht annähernd für ein Jahr und Vieles ist einfach nur billig zusammengeschustert.

Bereits nach ein paar Tagen bricht ein kleines Feuer aus, welches die Internetverbindung zur Außenwelt abschneidet und der Erbauer Greg wird tot aufgefunden. Leider hatte er kurz vor seinem Tod wohl noch den Sicherheitscode für die Einstiegsluke geändert und diese Luke ist scheinbar das Einzige woran nicht gespart wurde…

Die Geschichte beginnt damit dass erst einmal alle Familien getrennt voneinander auf dem Weg ins Sanctum sind und man einen so einen ersten Eindruck von den Bewohnern bekommt:

• Da wäre die kanadische Zahnärztin Stella, mit Ihrem koreanischen Mann und dem Teenager Sohn Jae, der am liebsten den ganzen Tag World of Warcraft spielt und chattet

• das stinkreiche, verwöhnte und ziemlich arrogante Ehepaar James und Vicky, dessen Ehe auch schon besser Tage gesehen hat

• der alleinerziehende Vater Tyson, mit seiner vier jährigen Tochter Sarita und dem südafrikanischen Aupair Mädchen Cait, die Mitte 20 ist und einfach nur wieder nach Hause möchte

• das 70-jährige Ehepaar Dannhauser und ihre 40 jährige Tochter Trudi

• der Erbauer und Besitzer Greg

• sein Bauleiter Will, der eigentlich gar nicht im Sanctum bleiben sondern zurück zu seiner schwerkranken Frau wollte

• und zu guter Letzt die Familie Guthrie. Vater Cameron und Teenagersohn Brett sind absolute „Alphamännchen“, Waffenbesessen, rassistisch und totale Machos. Mutter Bonnie hat absolut nichts zu sagen, will sie aber auch eigentlich gar nicht denn sie ist übertrieben religiös, eigentlich schon fanatisch und beschäftigt sich am liebsten mit ihrer Bibel und Gebeten. Bretts Zwillingsschwester Gina könnte man schon fast als Hausmädchen statt als Familienmitglied bezeichnen und sie hat noch viel weniger zu melden als Mutter Bonnie.

Klar dass das totale Chaos bei so einer Konstellation, unter Extrembedingungen auf engstem Raum vorprogrammiert ist.

Die Geschichte wird Kapitelweise aus der Sicht von verschiedenen Personen erzählt, wobei aber nicht die Sicht von allen Personen geschildert wird. Interessant fand ich dass die Kapitel über drei bestimmte Personen immer aus der Ich-Erzählperspektive geschildert werden, die anderen aber nicht.

Das Buch war der totale Hammer, von Anfang an sehr spannend und ich konnte es gar nicht mehr aus der Hand legen, so dass ich die knapp 400 Seiten in Windeseile durch hatte.

Absolut großartig, sehr zu empfehlen!!

S.L Grey ist das Pseudonym der beiden Bestsellerautoren Sarah Lotz und Louis Greenberg. Sie leben beide in Südafrika. Unter ihrem Pseudonym beschäftigen sie sich mit Geschichten in denen Menschen in Extremsituationen geraten.


Genre: Dystopie, Endzeitgeschichten, Thriller
Illustrated by Heyne München

Radio Heimat – das Buch zum Film

radio-heimat Wie heißt es doch so schön: Du kriegst die Leute zwar aussem Pott, aber den Pott nicht aus den Leuten. Heimat kann eben doch eine Lösung sein, vor allem für die Leute im Ruhrgebiet, liebevoll Ruhrpott genannt.

Diesem Lokalpatriotismus ein literarisches Denkmal gesetzt hat Ruhrgebietschronist Frank Goosen im Kurzgeschichtenband “Radio Heimat”, der seine gesammelten “Geschichten von zuhause” beinhaltet. Die Erstveröffentlichung des Bandes war im Jahr 2010, dem Jahr, als das Ruhrgebiet Kulturhauptstadt Europas war.

Nun sind Geschichten aus diesem Buch und aus dem Roman “Mein ich und sein Leben” als retroselige 80er-Jahre Hommage unter dem Titel “Radio Heimat” als Film im Kino zu bewundern, gestartet diese Woche. Aus diesem Anlass wurde das Buch “Radio Heimat” neu aufgelegt. Die Neuauflage enthält Bilder aus dem Film, versehen mit Goosens ganz persönlichen Erinnerungen. Und einer Neu-Interpretation des berühmten Slogans von Goosen seine Omma: “Damals war auch Scheisse“.

War es natürlich nicht, aber es war eben auch nicht alles Kohlenstaub, was sich auf unsere Lungen legte. Film und Buch erzählen in “Radio Heimat” vonne Malocher-Idylle inne Schrebergärten, von schäbigen Schabracken und Kneipen und natürlich von den Menschen, die diese auch jetzt noch typischen Ruhrpott-Orte bevölkern.
Die “Radio-Heimat”-Sammlung ist ein ganz prima Einstieg in das Goosensche Universum und spannt den Bogen zeitlich noch etwas weiter als der Kinofilm. Er porträtiert die Menschen anne Ruhr schnoddrig, aber nie unter der Gürtellinie, melancholisch, aber nicht sentimental. Film wie Buch eignen sich prima, um zu erinnern, wie es früher mal war. Und um zu zeigen, was davon geblieben ist. Popkultureller Anschauungsunterricht sozusagen.

Und aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Nein, das alles ist nicht nur was für verklärte “früher war alles besser” Nostalgiker. Gerade hier im Pott, einem Gebiet, wo der Strukturwandel so tiefgreifend war wie sonst kaum irgendwo, interessieren sich viele junge Leute für ihre Wurzeln, wollen wissen, wie es früher hier war mit dem Kohlenstaub und den tausend Feuern in der Nacht. Das Bewusstsein für die Geschichte ist da, das Interesse auch. Und das ist doch schon mal ein guter Anfang. In diesem Sinne Glückauf für Film und Buch.


Genre: Kurzgeschichten und Erzählungen
Illustrated by Heyne München

Die Stadt der Diebe

517ts1yumllWir schreiben das Jahr 1943. Die Stadt der Diebe von David Benioff – das ist Leningrad. Diebe haben Konjunktur, denn deutsche Truppen haben die Stadt eingeschlossen und die Bewohner sind kurz vor dem Hungertod.

„Am schönsten sind die Luftkämpfe.“ Das sagen Vera und Lew, wenn sie nachts auf den Dächern oder zwischen den Trümmern der Stadt kauern und zusehen, wie die Ju88 der deutschen Luftwaffe und die Suchois der sowjetischen Luftwaffe über der Stadt kreisen und versuchen, sich gegenseitig abzuschießen. Sie haben die kriegswichtige Aufgabe, den Kämpfen zuzusehen und Meldung zu erstatten, wenn ein deutscher Flieger abgeschossen wird. Pflichtgemäß erstatten sie auch Meldung, aber erst nachdem sie den toten deutschen Piloten ihre Notrationen abgenommen und ihnen die Fliegerstiefel ausgezogen haben. Die deutsche Schokolade und den Zwieback brauchen sie, um nicht zu verhungern, und die Stiefel sind sehr haltbar, da kommt kein russischer Stiefel mit.

Beinahe zwangsläufig landet Lew im Knast, dem Kresty. In der Dunkelheit der Zelle lernt er Kolja kennen, einen angeblichen Deserteur. Lew ist siebzehn Jahre alt und hatte Hunger. Kolja ist knapp zwanzig Jahre alt, Soldat der Roten Armee und ein Deserteur. Er war ein paar Kilometer zu weit von seiner Truppe entfernt. Beide erwarten ihre Hinrichtung am folgenden Morgen. Doch es kommt anders.

Am Morgen werden sie einem Oberst des NKWD vorgeführt, der andere Pläne mit ihnen hat. Des Oberst hübsches Töchterlein, sie können  dem Mädchen einige Minuten beim Schlittschuhlaufen auf der zugefrorenen Newa zusehen, will in Kürze heiraten und zu einer standesgemäßen russischen Hochzeit gehört ein Kuchen. Zucker, Mehl und Honig hat die Frau Oberst erfolgreich requirieren können, nur die zehn Eier fehlen und ohne Eier ist ein Kuchen vielleicht ein Kuchen, aber kein Hochzeitskuchen.

„Besser zwölf“, sagt der Oberst, „zwei gehen sicher kaputt.“

Der Oberst schickt Lew und Kolja los, die zwölf Eier zu finden – ein schier unmögliches Vorhaben in einer Stadt, die seit mehr als zwei Jahren von deutschen Truppen belagert wird. Trotz der Aussichtslosigkeit machen sich Lew und Kolja auf den Weg, denn die Alternative ist, vor dem Erschießungskommando zu stehen.

Die mühsame Tour führt sie quer durch Piter, wie die Bewohner ihre Stadt immer noch in Erinnerung an den alten Namen Sankt Petersburg nennen. Stalin hat die Stadt umbenannt, aber man bleibt bei Piter. Vielleicht weil man ahnt, dass irgendwann, wenn der Große Vaterländische Krieg vorüber ist, man sich wieder des alten Namens erinnern wird. Das geschieht auch, wie wir alle wissen, wenn auch erst viele Jahrzehnte später als Gorbatschow die Weltbühne betritt.

Lew und Kolja ziehen derweil durch Leningrad und suchen zwölf Eier. Sie finden keine Eier, weil auch die Hühner mittlerweile gebraten und gegessen wurden, nicht einmal Spatzen, Mäuse oder Ratten gibt es. Alle haben ihren Weg in die ausgelaugten russischen Mägen gefunden. Sie schleichen sich durch den Belagerungsgürtel zu den Partisanen, aber die haben auch keine Eier. Immerhin erregen sie mit ihrer Geschichte so viel Heiterkeit, dass man sie nicht an den nächsten Baum hängt.

Stattdessen stoßen sie auf eine Fülle an Informationen, die alle nur ein Ziel haben – wie überlebt man. So lernt der Leser, welche Körperteile eines Menschen sich am besten zu Koteletts verarbeiten lassen – es sind die Gesäßbacken.

Was sich hier in dieser einen Zeile so unappetitlich liest, beschreibt der Autor David Benioff auf so humorvolle Weise, dass es beinahe seinen Schrecken verliert. Es ist überhaupt der Humor, die Lebensfreude, die dieses Buch mit diesen so entsetzlichen Beschreibungen auszeichnet. Der Leser bekommt auf knapp 400 Seiten eine Kurzlektion, wie man mit Humor und den Resten der Lebensfreude auf einem Trümmerhaufen, viel mehr war Leningrad nicht mehr, überleben kann. Er lernt auch, dass auf den Dächern der dunklen Stadt auch mit knurrendem Magen die Liebe einen Platz finden kann.

Es gibt nicht mehr viele Menschen, die Bombennächte in Deutschland erlebt haben. Aber da sind ja die Enkel, denen die Großeltern davon erzählt haben, von Dresden vielleicht, Hamburg oder Köln. Oder den vielen Städten, die militärische bedeutungslos waren, die nur bombardiert wurden, weil die Flieger ihre Bomben vor dem Heimflug loswerden mussten.

Die Deutschen waren nicht alleine. Das Grauen der Bombardierungen und der Hunger reichte vom Atlantik und der Nordsee bis zum Ural.


Genre: Roman
Illustrated by Heyne München

Das Geständnis

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Der Roman „Das Geständnis“ von John Grisham spielt im Jahr 1998 und ist auf beängstigende Weise zeitgemäß. Es geht um die Todesstrafe und um zweierlei Recht in den USA – für Weiße oder für Schwarze. Es geht auch darum, dass in Texas, Mississippi oder Kansas auch heute noch die juristischen Uhren völlig anders ticken, als im Rest des Landes.

Bei einem Pfarrer einer Kirchengemeinde taucht ein Mann auf und bezichtigt sich des Mordes, begangen vor über neun Jahren. Brisant an seinem Geständnis ist, dass für eben diesen Mord in knapp einer Woche ein anderer Mann per Giftspritze – gängige Praxis in Texas – hingerichtet werden soll. Das einzige Vergehen des Todeskandidaten – wenn man es so nennen will – ist die Tatsache, dass er schwarz ist.

Als Schwarzer unschuldig in der Todeszelle, knapp eine Woche vor der Hinrichtung, da besteht wenig Anlass zur Hoffnung. Der Gouverneur von Texas, nur er kann einen Aufschub anordnen, hat vor allen Dingen seine Beliebtheit bei den weißen Wählern und seine anstehende Wiederwahl im Kopf. Das soll er für einen schwarzen Todeskandidaten, der auch noch dumm genug war, ein Geständnis abzulegen, aufs Spiele setzen? Auch wenn das Geständnis unter dubiosen Umständen zustande kam, und es eine amouröse Verquickung zwischen Richterin und Staatsanwalt gab. Die Geschworenenliste, ein ebenso brisantes Thema. Weshalb haben über einen schwarzen Angeklagten nur weiße Geschworene geurteilt?

Schließlich tauchen vor einer Hinrichtung immer wieder Spinner auf, die sich nur wichtig machen wollen. Nicht zu vergessen – der Mann, der sich als Mörder bezeichnet, steht kurz vor seinem eigenen Dahinscheiden – Hirntumor in fortgeschrittenem Stadium. Obwohl Weißer, ist er mit seinen Selbstbezichtigungen absolut unglaubwürdig, denn er hat sein halbes Leben wegen diverser Sexualdelikte im Knast verbracht.

Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt. Die immer noch für den Todeskandidaten aktive Anwaltskanzlei nimmt sich der Sache an und versucht einen Aufschub zu bewirken. Aber die Mühlen der Justiz mahlen stetig und unerbittlich, sind kaum aufzuhalten.

John Grisham schildert die Verwahrlosung – anders kann man es kaum nennen – der US-amerikanischen Justiz. Minutiös beschreibt er, wie hinter den Kulissen gemauschelt wird, wobei die Schuld oder Unschuld des Beklagten Nebensache ist. Da geht es um Wiederwahl des Bezirksstaatsanwaltes oder der Richter, Menschenleben sind zweitrangig. Überlegenswert ist höchstens noch die Frage, ob mit Rassenunruhen zu rechnen ist und ab wie vielen Hausbränden oder sonstigen Übergriffen die Nationalgarde alarmiert werden muss.

Wie bei jedem Roman muss auch hier im Epilog stehen – alle Personen und Sachverhalte sind frei erfunden. Das muss sein, will der Autor sich nicht selbst vor Gericht wiederfinden. Andererseits sind die Schilderungen der Abläufe derartig detailgenau, dass man annehmen darf, der Autor hat sich als Vorlage wahrer Begebenheiten bedient. Naheliegend, denn John Grisham war selbst Anwalt für Strafrecht in Southaven/Mississippi. Er kennt die Südstaaten und das US-Strafrecht aus eigenem Erleben.

Beschrieben wird auch das geltende Wahlgesetz, ein durchaus aktuelles Thema. Der Mensch, der nichts oder wenig besitzt, hat kaum Chancen, sich in die Wählerlisten eintragen zu lassen und verständlicherweise hat er auch wenig Interesse daran. Er ist mit dem Kampf ums Überleben beschäftigt und der ist in den USA ungleich härter als alles, was wir uns hier in Deutschland und Europa vorstellen können.


Genre: Thriller
Illustrated by Heyne München

Ich fühle was, was du nicht fühlst

51JKnbT1wXL._SX329_BO1,204,203,200_Irgendwo in einer süddeutschen Stadt in den Siebzigern. India 13 Jahre alt, mathematisch begabt und von ihrer Umwelt eher bestaunt als geliebt, lebt in einer freigeistigen Familie. Ihre Mutter gibt Seminare für Sinnsuchende und ihr Vater ist freischaffender Künstler. Ihr Bruder Che steckt mitten in der Pubertät und kämpft verzweifelt um ein Stückchen Normalität. Entsprechend frei und ohne Zwänge wachsen die beiden Kinder in dieser Familie auf. Indias Freundin Bettina ist das genaue Gegenteil und lebt in einer gutbürgerlichen, in Konventionen verhafteten Familie direkt nebenan. Wenn Indias Emotionen in Schieflage geraten, rechnet sie auf Teufel komm heraus oder baut sich imaginäre klare Strukturen aus Gegenständen ihrer Umwelt auf. Dass mit ihr etwas nicht stimmt, hat sie längst erkannt, aber noch klarer hat sie erkannt, dass mit der Welt um sie herum auch vieles nicht stimmt. Einzig Christian, Bettinas Vater, erkennt ihre Hochbegagung und erteilt ihr kostenlosen Klavierunterricht. Zum ersten Mal in ihrem jungen Leben fühlt sie sich verstanden, erkannt, akzeptiert und sie lebt auf. Bis ein Augenblick wie ein Wimpernschlag alles zerstört.

Amelie Fried taucht tief ein in die Psyche einer 13-jährigen Schülerin und lässt den Leser an ihren Gedanken teilhaben. Mit Vergnügen liest man, wie sie die Welt um sich herum seziert und ihre Mitbürger in ihre Einzeteile zerlegt. Der Erzählstil passt sich nicht der Jugendsprache an, sondern klingt, als würde die Protagonistin heute als Erwachsene erzählen, was ihr als Kind widerfuhr. Ein lockerer Plauderton, der durchaus erkennen lässt, in welchen Konflikten sich India befindet. Genau das bereitet sehr viel Lesevergüngen und unterscheidet diesen Roman von einem Kinderbuch. Als Leser möchte man dieses Mädchen herausholen aus dieser schrecklichen Familie, erst recht, als auch innerhalb dieses ohnehin wackeligen und wenig Halt gebenden Gebildes Konflikte enstehen. Man möchte dieses  Mädchen in seine Küche setzen, ihr einen Riesenteller Nudeln hinstellen und sie beschützen. Nötig ist das nicht, denn die Autorin schafft immer wieder Momente, in denen man erkennt, dass India klar kommt mit ihrer Situation. Während des Lesens tauchen Bilder auf, Lebensmittel (Fruchtschnitten!), Zeitschriften, Musiker und das Lebensgefühl aus den Siebzigern. Ein wissendes Nicken während des Lesens konnte nicht unterdrückt werden.
Wie sich die Geschichte dieses Mädchens entwickelt und wie sie sehr erwachsene Entscheidungen trifft, um voranzukommen, hat Amelie Fried wunderbar unterhaltsam aufgedröselt, sodass ein Ende dieser Geschichte viel zu schnell kommt. Trotzdem atmet man als Leser auf und freut sich mit India und ihrem Bruder, dass jedes Chaos irgendwann in eine Form passt. Zuversichtlich, dass aus India und ihrem Bruder Che zufriedene und lebenstüchtige Erwachsene werden, lässt die Autorin den Leser zurück.

Wunderbar.

 


Illustrated by Heyne München

Basar der bösen Träume

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Ein Auto, das Leute frisst, ein Strand, an dem wie von Geisterhand Namen von bald Sterbenden geschrieben werden und ein Kindle mit magischen Qualitäten. Das sind nur einige der Protagonisten in »The Bazaar of Bad Dreams«; willkommen in der Welt von Stephen King! In dieser neuen Sammlung von Kurzgeschichten zeigt der Meister, dass er auch dieses Metier perfekt beherrscht. Er wird ja von Kritikern oft für seine angeblich allzu ausschweifenden Romane kritisiert (eine Einschätzung, die ich ganz und gar nicht teile), aber hier ist er zur Selbstdisziplinierung gezwungen und das funktioniert, die Pointen sitzen und treffen zielsicher.

»Basar der bösen Träume« enthält neben dem Hardcore-Fan bereits bekannten Stories wie »Mile 81«, »Bad Little Kid«, »Ur«, »Under the Weather« und »Blockade Billy« jede Menge neues Material und auch das ist richtig gut, der Leser wird immer wieder aufs Neue überrascht vom Einfallsreichtum und der Erzählkunst des Autors. Zu jeder Geschichte gibt es eine sorgfältige Einleitung über die Entstehung, die ebenso lesenswert ist wie die Story selbst. Enthalten ist übrigens auch »That Bus is Another World«, die Idee dafür hatte King, als er im November 2013 auf Europa-Tournee war, bei der Lesung in München erzählte er davon.

Für Fans ist das Buch sowieso ein Muss, für Neulinge ein prima Einstieg in das Alptraum-Universum von Mister King. Vergleichen lässt sich diese Geschichtensammlung (wie so vieles) mit einer Schachtel Pralinen, man kann sie nach und nach genießen, oder alles möglichst schnell hinunter schlingen. Ich habe mich für die zweite Variante entschieden, die erste lässt sich ja nachholen.

P.S.: Ich habe das Buch im amerikanischen Original gelesen und kann daher die Qualität der Übersetzung nicht beurteilen.


Genre: Horror
Illustrated by Heyne München

Bockmist

51wL-phASfL._SX313_BO1,204,203,200_Ein grünes Buch mit einem knallblauen Herrenschlüpfer. Nicht gerade ein ansprechendes Cover, aber wahrscheinlich deshalb nach Aufmerksamkeit schreiend. Meine Aufmerksamkeit hat es geweckt und als ich dann gesehen habe, dass “Dr. House” dieses Buch geschrieben hat, kaufte ich es.

Titel und Cover stellen keinerlei Bezug zur Handlung her, die im Grunde auch vollkommen unwichtig ist. Denn es geht dem Autor nur darum, seinen englischen Humor unter die Leute zu bringen. Das ist ihm meisterhaft gelungen. Der guten Ordnung halber fasse ich die Handlung kurz zusammen: Ein ehemaliger englischer Geheimdienst-Agent, der auch in Nordirland tätig war, arbeitet inzwischen als Sicherheitsberater. Klischee bedient. Natürlich ist er der einsame Wolf, der nachts gerne mit einem schweren Motorrad durch die Straßen Londons heizt. Ihm werden 100 000  Dollar angeboten, damit er einen amerikanischen “Geschäftsmann” ermordet. Natürlich lehnt er diesen Auftrag ab, weil er zu den Guten gehört. Trotzdem kommt er aus dieser Geschichte nicht mehr hinaus, weil er eben jenen Geschäftsmann warnen will, dabei dessen Tochter kennenlernt und sich in sie verliebt. Prompt sitzt er zwischen allen Stühlen: CIA, Secret Service, Terroristen, Waffen- und Drogenhändler geben sich bei ihm die Klinke in die Hand…..

Hugh Laurie ist Brite. Durch und durch. Wer den britischen Humor mag, dem sei dieses Buch unbedingt empfohlen. Seine Wortwahl ist brillant und fordert jede Windung des lesenden Gehirns. Nur ein Beispiel: “Bis zu diesem Augenblick waren Rayner und ich in verschwitztem Männerschweigen gegen Wände und Möbel geknallt und hatten nur ab und zu gegrunzt, um dem anderen zu zeigen, dass wir noch bei der Sache waren”. In diesem Satz geht es schlichtweg darum, dass einer der beiden Prügelknaben überlebt. In diesem Stil schildert er dem Leser, wie er versucht, aus allen Schwierigkeiten herauszukommen, dabei aber aus Liebe zu einer Frau, deren Identität ihm nicht wirklich bekannt ist, immer tiefer hinein gerät. Während man sich durch seine wahrhaft köstlichen Wortgebilde beißt, verliert man nach und nach den Überblick, welcher Organisation er nun gerade angehört. Oder ob er wieder undercover unterwegs ist. Was bleibt, ist das Wissen, dass er zu den wirklich guten Ex-Agenten gehört und keinesfalls zur anderen Seite wechseln möchte.

Mit Genuss habe ich diese “Fast-Persiflage” eines Agententhrillers in zwei Tagen ausgelesen. Hugh Lauries Protagonist ist liebenswert und doch sehr clever. Mein Gelächter hallte durch unsere Räume und die Spannung hat mich bei der Stange gehalten. Am Ende klärt sich manches auf, dass ich schon verloren gegeben hatte.

Vergnüglich und spannend.


Genre: Humor und Satire
Illustrated by Heyne München

Dead Zone – Das Attentat

51BiafspSsL._SX312_BO1,204,203,200_Johnny Smith ist glücklich an diesem letzten Oktobertag 1970 und er hat allen Grund dazu: Er ist jung, voller Ideale, frisch verliebt und arbeitet mit seiner Freundin Sarah in einer High School als Lehrer; den beiden steht die Welt offen. Als Johny bei einem Jahrmarktbesuch am Glücksrad eine geradezu unheimliche Glückssträhne hat, ahnen sie nicht, dass dies ein Vorbote nahenden Unheils ist, denn auf dem Heimweg erleidet Johnny bei einem bizarren Autounfall schwere Kopfverletzungen und fällt ins Koma.

Es passiert viel in dieser Zeit: Der Vietnamkrieg eskaliert noch einmal bevor er endet, Nixon muss das Präsidentenamt aufgeben und ein skrupellos psychopathischer Provinzpolitiker namens Greg Stillson schickt sich an, nach höheren Weihen zu streben. Als Johnny Smith 1975 aus seinem langen Schlaf erwacht, hat sich auch seine private Welt ein Stückchen weiter gedreht: Seine alte Liebe Sarah ist inzwischen verheiratet und hat einen Sohn, während seine eigene Mutter dem religiösen Wahnsinn anheim gefallen ist. Er hat viel verloren, aber dafür etwas gewonnen, allerdings ein eher fragwürdiges Geschenk: Die Gabe, durch Berühren oder Gegenstände bestimmte Ereignisse aus deren Vergangenheit oder Zukunft zu erblicken. Johnny ist zunächst nicht glücklich darüber, er setzt seine Fähigkeit äußerst zögerlich und unwillig ein, bis er erkennt, dass sie auch Verantwortung und Verpflichtung bedeutet, besonders als er eine Vision erhält, wie die Welt unter einem Präsidenten Stillson aussehen könnte…

Stephen King hat mit diesem frühen Meisterwerk (Erstveröffentlichung 1979) die Messlatte für sich selbst sehr hoch gelegt: „Dead Zone“ gehört zu seinen besten Büchern. Die Geschichte des all-American guy John Smith (der Name spricht Bände), der zum Helden wider Willen wird, ist packend und einfühlsam erzählt und berührt den Leser zutiefst, da er sich der Faszination des Geschehens kaum entziehen kann. Auch die übersinnlichen Aspekte kommen überzeugend daher und jagen einem – etwa bei Johnnys Visionen während der Suche nach einem Frauenmörder – schon mal kalte Schauer über den Rücken.

Der Roman ist außerdem vielleicht Kings politischstes Buch überhaupt; neben einer Abrechnung mit dem Vietnamkrieg und der Nixon-Ära wird darin die uralte Frage nach der Rechtfertigung des Tyrannenmordes thematisiert und am Ende vom Autor höchst elegant gelöst. Ebenso reizvoll ist die Verquickung fiktiver und realer Personen, so begegnet Johnny zum Beispiel Jimmy Carter. Fans des Schriftstellers lernen hier auch zum ersten Mal das Städtchen Castle Rock kennen, das in späteren Werken Schauplatz und Katastrophen ist, sowie den dortigen Sheriff, der allerdings bereits in „Cujo“ wieder aus dem Verkehr gezogen wird. „Dead Zone“ wurde unter der Regie von David Cronenberg erfolgreich verfilmt, der Streifen mit Christopher Walken (Johnny) und Martin Sheen (Stillson) ist absolut sehenswert, was bei King-Adaptionen ja nicht ganz selbstverständlich ist.

Denkt man an Politiker wie Donald Trump, könnte der Roman bald erschreckende Aktualität erlangen…


Genre: Horror
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Hotel Alpha

Das “Alpha” ist eine Institution in London, das außergewöhnlichste Hotel der Metropole und wohl auch sein schönstes. Sein Besitzer, der charismatische Howard York, Selfmademan, Zauberkünstler und Alleskönner, hat sich mit dem Alpha das Reich seiner Träume gebaut. Er ist ein Mensch, der jedem das Gefühl gibt, einfach alles sei möglich. Ganz London liegt ihm zu Füßen und sonnt sich in seinem Glanz und dem seiner Bilderbuchfamilie; der bildschönen Gattin Sarah-Jane, JD, dem ältesten Sohn und Nachwuchsplayboy und dem blinden Adoptivsohn Chas, den Howard dareinst bei einem Brand aus den Flammen gerettet hat.

Für Chas ist das Alpha noch mehr ein Kosmos im Kosmos als für die anderen. Er geht nicht gerne hinaus in die Welt, ihm reicht der Widerhall, den alles, was draußen geschieht, im Alpha erfährt und er findet Halt in den ganz eigenen Regeln des Hotels. Bis zwei Dinge seinen Horizont erweitern – das Internet im noch jungen Computerzeitalter und die Liebe. Sie alle werden begleitet und behütet von Graham, dem unnachahmlichen, einzigartigen, unentbehrlichen Concierge, Seele und guter Geist des Hauses seit dem Tage seiner Eröffnung.

Doch ist wirklich alles so einzigartig, so perfekt wie es scheint? Ist das Alpha wirklich aus Träumen und Visionen erbaut oder gibt es da ein dunkles Geheimnis, eine Lüge gar, die in stillem Einverständnis von allen, die das Alpha lieben und glorifizieren, mitgetragen wird? Erste Risse bekommt das ach so perfekte Gebäude mit dem überraschenden Weggang zweier Mitarbeiterinnen, die vor allem Graham und Chas mehr als nur bloße Kollegialität bedeutet haben. Im Laufe der Jahre verliert Grahams Mantra “”Je mehr die Dinge sich ändern, desto mehr bleiben soe, wie sie sind” seinen tröstlichen Charakter. Dinge ändern sich und mit ihnen das Licht, in dem der Held erscheint. Und das führt zu einem der wiederkehrenden Lieblingsthemen Mark Watsons: Manchmal sind es unwesentliche kleine Entscheidungen, die im Nachhinein ein furchtbares Gewicht bekommen.

Einmal mehr ist es dem Briten Mark Watson mit dem “Hotel Alpha” gelungen, einen Kosmos zu erschaffen, den der Leser gerne betritt, mehr noch, von dem er sich wünscht, dazugehören zu dürfen. Die Geschichte des Hotels wird über einen Zeitraum von drei Jahrzehnten abwechselnd aus der Perspektive Grahams und Chas’ erzählt, wobei sie das Hotel nicht nur glorifizieren, sondern geradezu personifizieren. Howard ist ihr Held, der Charakter, um den sich alles dreht. Dennoch erfährt der Leser nichts aus seiner Perspektive, so dass Howard (fast) bis zum Schluß der unangefochtene Entertainer seiner eigenen Vision bleiben darf.

Obwohl das Hotel vordergründig im Mittelpunkt steht, ist das Hotel Alpha letztendlich eine Familiengeschichte, in eine sehr geschickte, sehr ansprechende Rahmenhandlung gepackt. Der Rahmen des Hotels gibt dem Autor die Gelegenheit, eins seiner größten Talente zu entfalten: Zu zeigen, wie sich Charaktere entwickeln, wie Menschen sich miteinander vernetzen und wie vielfältig sie miteinander verbunden sind. Der Roman entwickelt sich wie eine gehobene Seifenoper für die unterhaltungssüchtige, aber anspruchsvolle Leserschaft. Es gibt die euphorische Anfangszeit, in der alles möglich scheint. Ein Feuer, welches alles beinahe zunichte macht, aber gerade eben nochmal gut ausgeht und so die eigentlich schon da fällige Katharsis um Jahrzehnte verzögert. Den technischen Fortschritt und schließlich eine weitere Beinahe-Katastrophe, die endgültig alle Mitwirkenden zwingt, den Schleier der Illusion zu lüften. Eine großartige Fernsehserie könnte man daraus machen.

Auch Howard ist nur vordergrüding die Person, um die sich alles dreht. Je weiter die Handlung fortschreitet, desto klarer wird, dass seiin Mythos erst von denen ermöglicht wird, die scheinbar am Rande stehen und “nur” beobachten. Dass der Mythos Alpha, mit ihm der Mythos Howard so lange überlebt, das große Geheimnis so lange gewahrt bleibt, liegt an denen, die es wahren und beschützen, denen die sich nicht trauen, die sie wärmende Illusion aufzugeben. “Wenn das Alpha auch nicht dier reale Welt war, so war es doch die, in der wir lebten.” Es bleibt die Frage, wie geht man mit Veränderungen um, wie nimmt man sie an, ohne seine ureigensten Überzeugungen zu verraten und sich selber treu zu bleiben?

Es hat eine gewisse berückende Logik, dass ein Ausnahmeschriftsteller wie Mark Watson, der schon in seinen vorherigen Romanen mit einem ganz eigenen, besonderen und warmherzigen Schreibstil gefiel, mit dem Hotel Alpha einen so eigenen, besonderen, von Warmherzigkeit gekennzeichneten Ort zum Mittelpunkt eines Romas macht. Das Hotel Alpha und seine Eigentümer zeichnen sich durch eine ganz besondere Atmosphäre, einen sehr speziellen Flair aus – ebenso wie die Bücher von Mark Watson. Auch im “Hotel Alpha” fällt eines wieder besonders auf: Bei aller Begabung zur Lakonie ist Watson ein Autor, der seine Protagonisten aufrichtig mag. Alle. Ausnahmslos. Auch die, die nicht als Sympathieträger angelegt sind. Watson hat für alles Verständnis, nichts Abseitiges ist ihm fremd, er begleitet alle seine Charaktere mit Menschlichkeit und Nachsicht. Watson wirbt fortgesetzt für mehr Empathie und weniger Schubladendenken. Gerade heute – in einer Zeit allzu schnell festgesetzter Urteile – wichtiger denn je.

Das Hotel Alpha ist ein kluges Buch, nie verliert es seinen optimistischen Unterton Anspruchsvoll ob der vielen sich kreuzenden Geschichten und handelnden Personen schafft Mark Watson den Spagat zwischen Leichtigkeit und Tiefsinn und gibt dem Leser so ganz en passant den Glauben an die Wunder des Lebens und des Alltags zurück.

Mark Watson genießt in England auch als Kolumnist, Radio- und Fernsehmoderator sowie als Stand-Up Comedian Kultstatus. Die Briten lieben ihn für seine Unerschrockenheit, seine klaren Worte und seine Experimentierfreude auf allen Gebieten Früh schon hat er mit seinem Blog die Möglichkeiten, die das Internet ihm zusätzlich bietet, erkannt und genutzt. Konsequenz aus dieser Erfahrung und seiner Experimentiertfreude ist nun eine fulminante Idee. Mit dem Schluss des Buches ist noch lange nicht Schluss mit dem Hotel Alpha. Auf der liebevoll und sorgfältig gemachten Seite hotelalphastories.de finden sich hundert weitere Stories aus dem Hotel-Kosmos. Eine Geschichte ist nun mal nicht nur auf das beschränlt, was man zwischen zwei Buchdeckeln pressen kann. Anstatt das Internet zu verteufeln, nutzt Watson seine Möglichkeiten – ganz so wie Chas’ in seinem Roman. Mit den Alpha-Stories hat er die Möglichkeit, seinen Kosmos noch schillernder auszubreiten und – der Leser muss sich nicht nach Ende der Lektüre allzu schnell von der gerade erst liebgewordenen Welt und den ans Herz gewachsenen Helden verabschieden. Der Vorsatz allerdings, das Goodie der 100 Stories nur wohldosiert zu genießen, lässt sich aufgrund des hohen Suchtfaktors von Watsons Geschichtens eher nicht halten

Diskussion dieser Rezension im Blog der Literaturzeitschrift


Genre: Romane
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Böser kleiner Junge

Ein zum Tode verurteilter Kindermörder erzählt kurz vor der Hinrichtung seinem Anwalt die Geschichte, die ihn zu der (für Außenstehende unbegreiflichen) Tat trieb. Und diese Geschichte hat es in sich…

Über Stephen King muss man nicht viele Worte verlieren, seine Erfolge sprechen für sich. Auch hier beweist er wieder sein Erzähltalent und serviert dem Publikum ein spannend und flott geschriebenes kleines Meisterwerk. Das Ende kommt für den King-Kenner zwar nicht wirklich überraschend, aber das tut dem Genuss keinen Abbruch. Das E-Book enthält zusätzlich noch eine Leseprobe aus “Doctor Sleep”; für die Fans ist das allerdings kein Zusatznutzen, sie haben den letzten Roman längst gelesen.

Interessant an dieser neuen Kurzgeschichte ist, dass sie (zunächst) nur auf Deutsch und Französisch erscheint, da der Meister vom Empfang in diesen Ländern angesichts seines Besuchs im November offenbar so angetan war, dass er damit seinen Lesern dort danken möchte. Da ich an einer dieser Lesungen teilnehmen durfte, fühle ich mich natürlich besonders angesprochen. 😉

Amazon ist bekanntlich nicht gerade geizig im Aussprechen von Empfehlungen an seine Kunden anhand der bisherigen Käufe. Dass ich dennoch nur durch Zufall und an anderer Stelle von dieser Neuerscheinung erfuhr, kann ich deshalb nicht ganz nachvollziehen.


Genre: Kurzgeschichten und Erzählungen
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Doctor Sleep

Ich falle mit der Tür ins Haus und nehme schon mal das Wichtigste vorweg: Es war ein rundum gelungener Abend mit dem erfolgreichsten Schriftsteller der Welt, der auch ein richtig netter Kerl ist; überhaupt nicht abgehoben, sondern entspannt humorvoll und einfach muy simpatico. Bei seinem allerersten Besuch in Deutschland traf er im (selbstverständlich ausverkauften) Circus Krone-Bau in München auf 2.500 Gäste, die ihm nach eigenen Bekunden eine „Scheißangst einjagten“ (Autoren bevorzugen das Schreiben statt Auftritte in der Öffentlichkeit), die er sich jedoch nie anmerken ließ. Durch den Abend führte als Moderator Denis Scheck, der interviewte und auch übersetzte und seine Sache sehr gut machte.

Es begann mit einem Gespräch über die (ebenfalls schreibende) Königs-Familie und erste Eindrücke in Deutschland; natürlich verteilte der Meister die obligatorischen Komplimente. Für alle Videos entschuldige ich mich für die grenzwertige Bildqualität, die den Lichtverhältnissen und der Entfernung geschuldet ist; dafür ist wenigstens der Ton verständlich und der ist ja wichtiger:

Danach trug King ein Kapitel aus dem neuen Roman Doctor Sleep vor (die Präsentation desselben ist der eigentliche Anlass seiner Europareise), und weiter ging es mit dem Interview, diesmal war die Entstehung von Shining das Thema:

Nun wurden auch heiklere Dinge angesprochen, nämlich die Kubrick-Verfilmung und der Alkoholismus, sowohl der Familie Torrance aus den Romanen als auch des Autors selbst. Steve zollte zunächst dem Regisseur Respekt, bezeichnete Kubrick als Genie, lediglich die Umsetzung seines Buchs mag er nicht besonders:

Für einen weiteren Höhepunkt sorgte nun David Nathan (der deutsche Hörbuchsprecher) mit einem weiteren Kapitel aus dem neuen Roman, sein Vortrag war sogar besser als der des Meisters, aber er ist ja auch Vorleseprofi.

Im letzten Teil des Abends beantwortete King dann Fragen aus sozialen Netzwerken und gab auch dem Publikum Gelegenheit, Fragen zu stellen. Erneut bewies er seine Vorliebe für diverse F-Wörter, sichtlich angetan von der entspannten Atmosphäre, die er in den prüderen USA wohl so nicht vorfindet. Bemerkenswert, als er (gefragt nach autobiographischen Bezügen) meinte, dass jeder Autor lüge, wenn er den Mund aufmacht…

Noch eine klasse Nachricht für alle Fans: Roland und der Dark Tower lassen King nicht los, er denkt intensiv über neue Geschichten nach:

Dann war ein wunderbarer Abend (auch wenn es kein meet and greet mit dem Rezensenten gab) leider viel zu schnell zu Ende und Steve genoss die verdienten stehenden Ovationen der Fans aus aller Welt (auf dem Heimweg hörte man die verschiedensten Sprachen). Es war nicht nur für mich einfach ein tolles Erlebnis, diesen großartigen Autor und feinen Menschen einmal live und in Farbe erlebt zu haben!


Genre: Horror
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