Der Unberührbare

Sprachgewaltiger Nicht-Thriller

In seinem Roman «Der Unberührbare» erzählt der irische Schriftsteller John Banville die Lebensgeschichte eines Spions und Doppelagenten, der am Ende seiner konspirativen Karriere auffliegt und ins Bodenlose stürzt. Victor Maskell, Sohn eines protestantischen Bischoffs, als promovierter Kunsthistoriker hoch angesehen, Kurator der königlichen Kunstsammlungen mit verwandtschaftlichen Verbindungen zu den Windsors, wird nach seiner Enttarnung von einer jungen Frau aufgesucht, die ein Buch über ihn schreiben will. Der 72Jährige hält den Inhalt ihrer Gespräche schriftlich fest und schreibt damit quasi nebenbei seine Autobiografie, er rekapituliert als plötzlich geächteter und vereinsamter Mann der britischen Oberklasse sein bewegtes Leben. Darin hat er viele Rollen gespielt, ohne je wirklich Empathie entwickelt zu haben, selbst nicht seiner Frau und seinen Kindern gegenüber. Er hat nichts und niemanden an sich heran gelassen, er war stets «Der Unberührbare». Trotz seiner Thematik ist dieser Roman allerdings alles andere als ein Spionagethriller, soviel vorweg!

Der Schwerpunkt der nicht chronologisch angelegten Erzählung liegt im London Ende der wilden ‹Dreißiger Jahre›, wo der Ich-Erzähler als Mitglied der ‹Guten Gesellschaft› ein Leben in Saus und Braus führt. Als Kunstexperte hat Victor Maskell sich einer intellektuellen Szene angeschlossen, in der wilde Diskussionen auch über politische Themen geführt werden. Die kleine Clique, der er angehört, hält den Kommunismus für die bessere Gesellschaftsform und beginnt, dem russischen Geheimdienst Informationen zu liefern und britische Behörden und Institutionen auszukundschaften. Dabei bleibt der Protagonist auffallend distanziert, für ihn ist die Spionage lediglich eine Möglichkeit, etwas Leben in seinen langweiligen Alltag als Wissenschaftler zu bringen. Seine introvertierte Art hilft ihm dabei, später auch als Doppelagent viele Kontakte zu beiden Seiten zu halten, ohne dabei aufzufallen.

Auch privat ist er ein Einzelgänger, der erst spät, als über Zwanzigjähriger, die Schwester seines besten Freundes spontan nachts anruft und sie fragt: «Wollen Sie meine Frau werden?» Nach kurzer Bedenkzeit stimmt Vivienne zu. Er erlebt nach der Hochzeit seine Initiation, denn er hatte bisher noch nie Kontakt zu einer Frau. Aber Vivienne hilft ihm lachend über seine Unbeholfenheit hinweg, sie hatte schon etliche Liebhaber. Seine bisher unterdrückte, latente Homosexualität kommt dann allerdings später umso stärker zum Vorschein. Als Schwuler führt er ein geheimes Leben in den entsprechenden Kreisen, das streng geheim bleiben muss, um ihn nicht zu kompromittieren. Aber auch dabei bleibt er rigoros egoistisch, ohne enge und dauerhafte Bindungen einzugehen. Einzig die Kunst, und dabei speziell der französische Barockmaler Nicolas Poussin, berührt ihn wirklich, ist Balsam für seine Seele.

John Banville zeichnet seinen egoistischen Protagonisten als unberechenbar und kaltherzig, wenn er ihn detailreich davon erzählen lässt, wie er zum Spion wurde. In unendlich vielen, alkohollastigen Gesprächen der unnahbaren Hauptfigur erläutert der Autor kenntnisreich die vielen Querverbindungen und Kontakte der Akteure, die ein dichtes Spionagenetz bilden, in dem kaum noch einer den Durchblick hat, selbst die obersten Chargen nicht. Aber so viel da auch erzählt wird, so wenig erfährt der Leser letztendlich wirklich, alles bleibt im Dunstkreis der Geheimagenten und ihrer chiffrierten Sprache. Sein Held, der als kunstbesessen so gar nicht in die eher profane, politische Welt jener Zeit von vor bis nach dem Zweiten Weltkrieg passt, bleibt auch im Verhältnis zum Leser «unberührbar», er ist und bleibt in seiner emotionslosen Art eine zutiefst unsympathische Figur. So wenig also der Plot selbst zu bieten hat, so kontemplativ ist die Art des Erzählens, stilistisch ein Fest geradezu an intellektuellen Gedankengängen. Die alle nachvollziehen zu können fordert volle Aufmerksamkeit, wirkt anschließend dann aber auch sehr bereichend in seiner imponierenden Sprachgewalt.

Fazit:   lesenswert

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Genre: Roman
Illustrated by Kiepenheuer & Witsch Köln

Playlist zum Glück

Playlist zum Glück. 99,5 Songs zum glücklich werden. Michael Behrendt hat sie ausgewählt und erklärt warum gerade diese Musik ihn inspiriert, getröstet und vielleicht sogar therapiert hat. Ein Tempo von 100 bis 120 bpm scheint ideal für den Takt, den eine Herzmassage ab und zu einfach braucht!

Playlist zum Glück

Als wissenschaftlich erwiesen gilt auch die Vermutung, dass Musik Endorphine ausschüttet, anders ausgedrückt: Glückshormone wie Dopamin sorgen für ein Lächeln und Schmunzeln um die Mundwinkel und zaubern einen positiven Ausdruck in jede noch so müde Morgenmiene. “Auch den plötzlichen Optimismus und die Euphorie, die ein rauschhaftes Musikerlebnis wecken können,” schreibt Behrendt, “werden leidenschaftliche Musikfans nur zu gut kennen”. Jede verlorene Chance scheint wieder greifbar, wenn man nur die richtige Musik dazu hört. Oft sind es “bittersweet symphonies” die es laut einer kanadischen Studie schaffen, die Stimmung anzuheben, also eine Verbindung von Trauer und Glück, auch Pathos könnte man es nennen. Aber auch Ambient Musik erfüllt diesbezüglich ihren Zweck. Brian Eno lässt grüßen. Was oft als Muzak verschrieen wird, also Kaufhaushintergrundmusik, kann auf lange Frist durchaus positive Auswirkungen auf das Gemüt, wie auch Behrendt als eingefleischter Fan dieser Musik gesteht. Hätten Sie aber gewusst, dass Billie Eilish ein ASMR-Phänomen ist? ASMR steht für den neuesten musikalischen Trend: Autonomous Sensory Meridian Response. Das ist Musik die sowohl Ambient Geräusche als auch Flüstern u.ä. zu einer Soundcollage verbindet und so das Unterbewusstsein aktiviert.

99 ½ Songs für ein erfülltes Leben

Folgerichtig enthält die von Michael Behrendt hier vorgelegte Playlist zum Glück nicht nur fröhliche, positive Songs, sondern auch “nachdenkliche, traurig, sogar düstere Stücke”, wie er in seiner Einleitung schreibt. Auch “das Krachige, Schräge” könne eine eigene Schönheit, eine eigene konstruktive Wirkung entfalten. Songs stiften einfach Sinn und helfen bei der Persönlichkeitsentwicklung nicht nur von Jugendlichen. Songs sind ganz einfach Lebensbegleiter, entfalten eine positive Dynamik und können mitunter sogar für Ausgeglichenheit und mehr Zufriedenheit sorgen, sie fungieren als Ventil für Tränen ebenso wie Aggression. Michael Behrendt hat seine Playlist zum Glück nach bestimmten Gesichtspunkten strukturiert und in die Kapitel Das Universum und wir; Haltungen die das Leben erleichtern; Liebe und Partnerschaft; Resilienz; Veränderung managen und last not least Getting Started gegliedert. Zu jedem Kapitel sind es rund 20 Songs, die er vorstellt und mit weiterführenden stimmungsähnlichen Liedern ergänzt. So entsteht ein Rundumblick durch die Rock und Popgeschichte der letzten 70 Jahre, die sich natürlich allesamt in einer Playlist durchhören lassen. Den Link dazu finden Sie auf der Verlagsseite des Reclam Verlages!

Michael Behrendt
Playlist zum Glück.
99 ½ Songs für ein erfülltes Leben
Mit umfangreicher Playlist zum Buch
Originalausgabe
2025, Klappenbroschur. Format 13,5 × 21,5 cm, 272 S.
ISBN: 978-3-15-011508-4
Reclam Verlag
18,00 €


Genre: Kunst, Musik und Literatur
Illustrated by Reclam Verlag

E.M. Cioran, der Ketzer

E.M. Cioran. Um den 1911 in Rasinari bei Hermannstadt in Siebenbürgen als Sohn eines griechisch-orthodoxen Priesters geborenen rumänischen Schriftsteller ist es ruhig geworden. 2024, zum 30. Jahrestag seines Todes, erschien beim Suhrkamp Verlag eine Biographie mit dem Titel “Cioran, der Ketzer” von Patrice Bollon, die ihn ausgehend von dem verhängnisvollen Irrtum seiner Jugendzeit bis hin zu seinem bedeutenden Werk als Schriftsteller und Stilisten der französischen Sprache zeigt.

Läuterung eines Skeptikers

Am besten lässt sich der existentialistische Skeptiker anhand zweier anderer Bücher beim Suhrkamp Verlag entdecken. Mit “Vom Nachteil, geboren zu sein” (1979) und “Syllogismen der Bitterkeit” (1952) lässt sich der Verfasser zahlreicher Aphorismen als Meister der Klarheit, der Eleganz und der Gelassenheit erkennen, der frei von seinen Jugendsünden voller antisemitischer und hitlerfreundlicher Äußerungen vor allem den späteren Philosophen entdecken lässt. Cioran hatte von 1928 bis 1931 das Studium der Philosophie an der Universität Bukarest belebt, bis 1939 waren schon fünf Bücher in rumänischer Sprache von dem erst 28-Jährigen erschienen.

Cioran, der Ketzer

1937 kam Cioran als Stipendiat nach Paris, wo er als freier Schriftsteller lebte und ab 1945, dem Endes Krieges, begann, auf Französisch zu schreiben. Er starb am 20.6.1995 in Paris. Seine Bewunderung für Hitler und teilweise menschenverachtenden Aussagen stehen in einer Reihe anderer zeitgenössischer Schriftsteller wie etwa Louis Ferdinand Celine oder Curzio Malaparte, müssen allerdings von seinem Werk getrennt werden. Daran arbeitet sich auch die Biographie von Patrice Bollon ab, die den “Ketzer” im kulturellen und politischen Umfeld seiner Zeit porträtiert. Ballon zeigt, wie Cioran sich von seinen frühen Artikeln sowie jene verhängnisvolle Schrift über die “Verklärung Rumäniens” in einer lebenslangen Auseinandersetzung mit ebendiesem Irrtum von den “blutigen Possen” der Utopie und von jedem Glauben zu befreien suchte.

Rausch der Ausweglosigkeit

Bei Cioran ist ohnehin alles Lug und Trug. Selbst das Denken: “Alles ist Trug, ich habe es immer gewußt…” Auch das Denken selbst noch, das den Trug zu entlarven sich bemüht, entpuppt sich früher oder später als (Selbstbe-)Trug. Wer Nietzsche oder Georges Bataille gelesen hat, wird auch Cioran lieben, denn er verletzt und verstört ebenso alles, was uns bis vor kurzem noch als hoch und heilig galt. Der Geist ist stets “Indiskretion, Übergriff, Profanierung. Er `arbeitet´ nicht, er zersetzt. Die Spannung, die sein Vorgehen verrät, beweist Brutalität und Unerbittlichkeit. Ohne eine kräftige Dosis Grausamkeit könnte man keinen einzigen Gedanken zu Ende führen.” Harter Tobak also, wenn man seine Gedanken nicht mehr zensiert und sie so kreisen lässt, wie sie es wollen, wie es Cioran auch getan hat.

E.M. Cioran, der radikale Skeptiker

In seinen Aphorismen hat Cioran stets eine Position bezogen, die er selbst als die des Zweiflers, des radikalen Skeptikers bezeichnet. Darin kann er – jenseits aller intellektuellen weltanschaulichen Lager – sicherlich als Vorbild dienen, denn der Geist sollte keinen Tabus oder Beschränkungen ausgesetzt sein. Anders verhält es sich da schon mit der Tat. “Die Ideen”, schreibt er in “Vom Nachteil, geboren zu sein“, “eignen sich schlecht zur Agonie; sie sterben, das versteht sich, aber sie wissen nicht zu sterben, während ein Ereignis nur in Hinsicht auf sein Ende existiert. Das ist ein zureichender Grund, um die Gesellschaft der Historiker derjenigen der Philosophen vorzuziehen”, sagt der, der Philosoph.

Syllogismen der Bitterkeit

In der gleichnamigen Sammlung (im Französischen Original: Syllogismes de l’Amertume) widmet sich Cioran Themen die mit den Überschriften “Atrophie des Worts”, dem “Zirkus der Einsamkeit”, dem “Taumel der Geschichte” oder den “Quellen des Leeren” zusammengefasst wurden. Er schreibt auch “Über Musik”, den “Sog der Geschichte” oder den “Okzident”. “Wie sehr liebe ich die Geister zweiten Ranges, die aus Taktgefühl im Schatten des Genies der anderen lebten und ihr eigenes aus reiner Scheu ablehnten”, schreibt Cioran da einen Gedanken auf, der seine eigenen “stummen Tiefen” schon erahnen lässt. Im mit “Zirkus der Einsamkeit” übermittelten Kapitel geht es in seinen Aphorismen schon konkreter zur Sache: “Ich lebe nur, weil es in meiner Macht steht zu sterben, wann es mir belieben wird: ohne die /Idee/ des Selbstmords hätte ich mich schon längst getötet.” Die Verzweiflung bleibt für ihn Reportage, die Hoffnung Fiktion. Dennoch ziehe man aus dieser Fiktion die Nahrung zu leben. “Ohne Gott ist alles nichts; und Gott?”, schreibt der bei Priestern aufgewachsene Cioran, “Höchstes Nichts”.

Vitalität der Liebe

Schmeichelei betrachtet er als Waffe unsere Mitmenschen zu “knechten, demoralisieren und zu korrumpieren“. “Eine Liebe, die aufhört ist eine so reichliche philosophische Erfahrung, dass sie aus einem Friseur einen Konkurrenten des Sokrates macht“, in “Vitalität der Liebe”. Kurzum zu jedem Thema das uns wichtig erscheint, sind hier Gedanken und Aphorismen Cioran zusammengefasst, die uns in Unruhe versetzen können und die alteingesessenen Komfortzonen verlassen lassen. Das mag für manche unbequem sein, für andere die Essenz des Lebens. Oder wie sagt es Cioran: “Offen gestanden, kann man von irgendetwas anderem reden als von Gott oder von sich selber?

E. M. Cioran
Vom Nachteil, geboren zu sein
Aus dem Französischen von François Bondy
1979/2023, Broschur, 176 Seiten
ISBN: 978-3-518-37049-0
Suhrkamp Verlag
10,30.-€

Syllogismen der Bitterkeit
Bibliografische Angaben
1980/2016, Broschur, 90 Seiten
ISBN 978-3-518-371
Suhrkamp Verlag
11,00.-€


Genre: Aphorismen, Literatur
Illustrated by Suhrkamp Frankfurt am Main

Südtirol. Eine literarische Einladung

Südtirol oder auch Alto Adige und Trentino ist ein ganzjähriges Paradies. Schifahren in den Dolomiten, Baden im Kälterer See. Die Region zwischen Italien und Österreich, die auf eine konfliktreiche Geschichte zurückblickt, stellt sich in vorliegender Sammlung einheimischer Schriftsteller:innen vor. So genießen auch Leser:innen Schlutzkrapfen und Canederli, tauchen nach dem Kirchturm im Reschensee, treffen auf eine schöne Welt und böse Leut’, erleben Berg und Breakfast, singen launige Oden auf Bruneck oder erinnern sich an die erzwungene Italianità im Faschismus.

Die Felsen, die die Welt bedeuten

Das “schönste Bauwerk der Welt”, die Dolomiten, so nannte immerhin Le Corbusier die “elfenbeinweiß, graugrün, mitunter rötlich-gelb leuchtenden Kalkfelsen”. Aber es geht auch anders: als “kolossale Raumverschwendung” verunglimpfte Eve Gräfin Baudissin die Steinkolosse. Die Marmolada, die Brenta-Gruppe, der Rosengarten sowie die Bletterbachschlucht, die Drei Zinnen bilden die nach Déodat de Dolomieu benannten Dolomiten, die wesentlich die Region Südtirol mitgestalten. In “Berg und Breakfast” apeliert die Autorin Selma Mahlknecht an unsere archaische Seele, die das Wandern als Unruhe im Herzen und Sehnsucht nach dem Anderswo definiert. Ihr Heimweh richtet sich demnach nicht nach Südtirol, sondern nach den Bergen an sich aus. Dem Bild des starrsinnigen Hutzelmännchens widerspricht sie, denn gerade wer in den Bergen lebe, müsse sich bewegen. So ist jedes Heimweh auch gleichzeitig ein Fernweh.”Manchmal bedeutet Freiheit bereits einfach nur das Weglassen des Unnötigen”, schreibt Maxi Obexer in “Der rote Kontrapunkt”. Denn der Berg rufe nicht, er wolle nicht erobert werden, wie manche immer wieder behaupten. Er sei auch nicht römisch-katholisch wie die hineinbetonierten Gipfelkreuze weismachen wollen. Obexer wehrt sich gegen die völkische Vereinnahmung der Berge durch die Dirndl- und Lederhosenträger:innen. Ganz dem Begriff Südtirol widmet sich hingegen Alessandro Banda, er bezeichnet Alto Adige als pirandellische Provinz, als pessoanische sogar. Das Tirolo meridionale sei zwar Italienisch für Südtirol, Alto Adige aber in Wirklichkeit ein Gallizismus. “Haut-Adige” stammt aus den napoleonischen Kriegen und bezeichnete 1810 ein Gebiet das bald zum Königreich Italien gehörte, aber Meran noch beim Königreich Bayern verortete. Südtirol an sich bezog sich wiederum auf das was heute Trentino genannt wurde.

Italiansierung: politisch und kulinarisch

Ein dunkles Kapitel ist auch die von Ettore Tolomei durchgeführte Italiansierung der Region, die während Mussolini für das gesamte Südtirol durchgeführt wurde. Die Italianità wurde einfach behauptet, Orts-, Familien- und Vornamen italianisiert und sogar Grabsteine “umbenannt”. Aus Maier wurde etwa Massari, aus Raffeiner Rovina oder Dallarovina. Aus Pixner Armaroli, aus Tappeiner Depino, aus Urthaler Giudici usw. usf. Maddalena Fingerle erzählt in “Bozen” von ihrem Vater, der Aphasie hat oder ist es Mutismus? Die Tochter, die Erzählerin, hat Asthma und vermutet hinter den Worten dreckig und sauber etwas ganz anderes als die Erwachsenen. Auch der große Schriftsteller Stefan Zweig widmet sich in einem Gedicht dem so betitelten “Bozner Berg”. Ein Gedicht an einen herrlichen Morgen in den Bergen, der ihm “im Herzen klingt”. Aberauch kulinarische Aspekte werden in dieser literarischen Einladung berücksichtigt. “Ohne Knedl hosch nie gessn”, heißt es in Südtirol, wo Mehl, Milch, Butter, Topfen und Käse eben zu dem gehörten was man als Selbstversorger hauptsächlich hatte und daraus ließen sich vortrefflich Knödel rollen. Canederli, Ravioli, Mezzelune, Schmarren oder Schulter, eine weiße Küche, in der die Tomate keine Rolle spielte. Aber die alpine und die mediterrane Küche verbanden sich alsbald zu einer köstlichen Mischung.

Schöne Welt, böse Leut

Joseph Zauderer erzählt von der “Walschen”, wie man die Italiener in deutschen Kreisen nannte und ihr Vater, der stets für Toleranz plädiert hatte, musste schließlich doch an die Front um eine deutsche Heimat zu verteidigen, die es gar nicht mehr gab. “Schöne Welt, böse Leut” ist der Titel von Claus Gatterers Beitrag, in dem er uns in die Schulzeit entführt. Die Lehrerin tut sich mit den deutschen Namen schwer, “als hätte sie einen Igel verschluckt”, aber nicht mit allen. Denn wie überall zählte auch hier der Klassenunterschied. Die Kinder der besseren Familien hatten aussprechbare Namen, die der Bauerntölpel lohnte sich nicht zu lernen. Marco Balzano legt in “ich bleibe hier” einen erschütternden Bericht über die Enteignung vor: “Weiter bleibt nichts von dem was wir waren. (…)Niemand kann verstehen was sich unter den Dingen verbirgt. Niemand hat Zeit, stehen zu bleiben und um das zu trauern, was gewesen ist, als wir nicht da waren. Vorwärts gehen, wie Mutter zu sagen pflegte, das ist die einzige Richtung, die erlaubt ist. Sonst hätte Gott uns die Augen seitlich gemacht. Wie den Fischen.”

Im Anhang befinden sich Biographien der Autor:innen und Quellenverzeichnisse der zitierten Ausschnitte. Mit deutschsprachigen Texten und Übersetzungen aus dem Italienischen wie Ladinischen von Marco Balzano, Roberta Dapunt, Oswald Egger, Maddalena Fingerle, Claus Gatterer, Lilli Gruber, Francesca Melandri, Maxi Obexer, Joseph Zoderer und vielen anderen. Gaby Wurster ist auch die Herausgeberin der ebenfalls bei Wagenbach erschienen literarischen Einladungen nach Genua und Ligurien, Triest und Lissabon.

Gaby Wurster (Hrsg.)
Südtirol
Eine literarische Einladung
SALTO [284]. 15.8.2024
144 Seiten. Rotes Leinen. Fadengeheftet
ISBN 978-3-8031-1383-2
Wagenbach Verlag
22,– €


Genre: Literatur, Reisen
Illustrated by Wagenbach

Lektionen

Es gibt Bücher, die Ausschnitte aus dem Leben eines Menschen zum Thema haben oder gar den gesamten Lebenslauf. Letztere nennt man dann am ehesten Biographien. Es gibt Bücher, die verschiedene Epochen der Weltgeschichte beleuchten. Das sind dann meist Sach- oder Geschichtsbücher. Ian McEwan kam irgendwann auf die Idee, in Lektionen beides über eine lange Zeitachse zu fusionieren. Es wäre nicht Ian McEwan, der britische Schriftsteller, der am Fließband Preise und Ehrentitel einheimst wie einst Walt Disney die Oscars (22!) oder Bayern München deutsche Meisterschaften (33!) und dem nur eine Kleinigkeit fehlt, nämlich der Literatur-Nobelpreis (aber jener hat – wie schon in früheren Rezensionen unschwer erkennbar – mit Literatur schon immer weniger zu tun als mit Politik), also es wäre nicht Ian McEwan, wenn er diese Hercules-Aufgabe nicht mit bekannter Bravour meistern würde. Es ist zusammengefasst ein Highlight der Weltliteratur entstanden, ein Werk mit einer fesselnden, autobiografisch angehauchten Story, aber gleichzeitig auch ein Werk, das fast keine heißen gesellschaftlichen Eisen der letzten sieben oder acht Dekaden und der Neuzeit auslässt und damit jede Menge philosophische Denk-Impulse setzt. An dieser Stelle können die Eiligen also bereits aussteigen.

Die Leserschaft begleitet Roland Baines von seiner Geburt Anfang der 50er Jahre bis ins hohe Alter. Auf 720 Taschenbuchseiten oder in 1,9 MB eBook schlagen einen unendlich viele Erfahrungen in den Bann (von McEwan’s exzellentem Schreibstil ganz zu schweigen).

Nur zwei Beispiele.

Beispiel eins. Im Vordergrund steht die sexuelle Beziehung von Roland zu seiner Klavierlehrerin, welche sich im Alter von 11 Jahren anbahnt und mit 14 Jahren körperlich wird. Diese Erfahrung hat Nachwirkungen bis in seine Sechziger/Siebziger. Ist all das eine strafbare Handlung durch die selbst psychisch auffällige, erst knapp über zwanzig Jahre alte Lehrerin? Spontan würden viele einem gesellschaftlich normierten Reflex folgend sofort ja sagen, aber so einfach macht es einem McEwan nicht.

Beispiel zwei. Nach einem Leben des Sich-treiben-Lassens erhofft sich Baines von der Ehe mit Alissa die ersehnte Stabilisierung. Kleines Häuschen und Vorgarten-Idylle eingeschlossen. Doch vier Monate nach der Geburt des gemeinsamen Sohnes verschwindet Alissa in einer Nacht-und-Nebel-Aktion, um sich ihre Träume als Schriftstellerin zu erfüllen. Sie möchte dem Schicksal ihrer Mutter entgehen, die als verheißungsvolle Schriftstellerin nach Deutschland kam, aber durch eine Heirat alle hochfliegenden Pläne ad acta legen musste. Und welche für den Rest ihres Lebens unglücklich war („Ich habe das falsche Leben gelebt“).

Was alles steckt alleine in diesem meisterlichen Konstrukt? Von „Regretting Motherhood“ als einem ganz aktuellen Aspekt unserer gesellschaftlichen Gegenwart bis zur ewig gültigen und zeitlosen Frage „Was ist ein glückliches Leben?” und wie erreiche ich dieses.

Sind das die Erfahrungen und „Lektionen“ dieses Buches, die uns den Weg aufzeigen wollen? Mit großer Sicherheit nicht. Niemand kann sich am Ende der Lektüre erdreisten und beurteilen, wessen Leben denn nun glücklicher war – das des fatalistischen Roland Baines, dem das Leben einfach irgendwie passiert, der aus seiner gesellschaftskonformen Passivität, seiner lebenslangen Lethargie fast unmerklich in die senile Depression driftet. Oder das Leben von Alissa, die durch ihre fast schon immense psychische Kraftanstrengung und vielleicht auch durch den Ausbruch aus ihren Mutterpflichten zur weltberühmten Schriftstellerin wird, aber eine Vielzahl anderer Probleme kompensieren muss.

Das gesellschaftliche Denken der jeweiligen Zeit und die jeweiligen historischen Ereignisse bilden für all das das Bühnenbild, das sich mit der Handlung verwebt. Die Kuba-Krise, der Reaktorunfall von Tschernobyl, der Fall der Mauer, die Pandemie und viele andere Ereignisse der Weltgeschichte jener Zeit haben teilweise unmittelbaren Einfluss auf die Geschichte und das Leben und Agieren der Romanfiguren.

Als Leser stellt man sich bei der Lektüre immer wieder zwei Fragen:

Das Buch ist – das gibt Ian McEwan unumwunden zu – stark autobiografisch. Da wird man schon neugierig, was von alledem seinem Leben entspricht und was nicht, ohne dass dies letztendlich wichtig wäre. Ja, es gab den Major als strengen Vater, den verlorenen Bruder und das Klavierzimmer im Internat, aber sonst…?

Und zum anderen: Was sind denn nun die Lektionen oder neudeutsch die Lessons to take home, die Lifehacks? Natürlich kann und will er darauf keine allgemein gültigen Antworten liefern. Empfehlenswert ist in diesem Zusammenhang ein Interview mit Ian McEwan in der „Sternstunde Philosophie“ des Schweizer Fernsehens (SFR Mediathek oder YouTube), in dem McEwan sich im Gespräch mit Barbara Bleisch am ehesten dahingehend äußert, dass die Lektionen des Lebens die Summe der singulären Erfahrungen sind und dass Glück die Summe der bewusst wahrgenommenen glücklichen Momente ist.
Das ist doch schon eine ganze Menge.


Genre: Biographie, Gesellschaftsroman, Roman
Illustrated by Diogenes

Trio

Drei Romane in einem

Zum umfangreichen Œuvre des schottischen Schriftstellers, Drehbuchautors und Regisseurs William Boyd gehört mit dem Roman «Trio» ein Alterswerk, das er in der ihm vertrauten Szene des Filmgeschäfts sowie auch im Milieu der Autoren und Verlage angesiedelt hat. In drei parallel laufenden Handlungssträngen schildert er am Beispiel seiner drei Protagonisten die Diskrepanz zwischen Innen- und Außen-Wahrnehmung des Menschen, die er als in der unterhaltenden Kunst besonders gravierend beschreibt. Angesiedelt ist dieser Plot im Jahre der gesellschaftlichen Umbrüche 1968. Deren politische Bedeutung wird im Roman deshalb nicht thematisiert, weil ihre Auswirkungen zum Zeitpunkt der revolutionären Ereignisse, wie sie heute historisch gewertet werden, so noch gar nicht absehbar waren.

Fernab von den studentischen Unruhen in Paris wird im südenglischen Seebad Brighton ein Film mit dem künstlerisch eher skeptisch machenden Titel «Emily Bracegirdles außerordentlich hilfreiche Leiter zum Mond» gedreht. Nacheinander werden die drei Protagonisten im Roman eingeführt, ihre jeweilige Geschichte wird in drei separaten Handlungsebenen erzählt. Da ist zunächst Talbot, der mit allen Wassern gewaschene, clevere Produzent dieses Films, ein Krisenmanager par excellence, der ahnt, dass sein Co-Produzent ihn ausbooten will. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder. Privat betätigt er sich klammheimlich mit der Aktfotografie, wobei Männer und Frauen gegen Honorar für ihn Modell stehen. Seine tief in ihm verborgene, homophile Neigung aber lebt er nicht aus, er verdrängt sie, um einen Skandal zu vermeiden.

Die junge amerikanische Schauspielerin Anny spielt in seinem Film die weibliche Hauptrolle. Sie erträgt den Stress der Publicity als umjubelter Star nur mit diversen Medikamenten und wechselnden Liebhabern, zu denen auch ihr Filmpartner gehört. Ihr Ex-Ehemann ist ein vom FBI gesuchter linker Terrorist, der in den USA drei Sprengstoff-Attentate begangen hat. Ihm ist bei einer Vernehmung die Flucht aus dem Gefängnis gelungen. Nun taucht er überraschend in ihrem Hotel auf und fordert Geld von ihr, damit er in ein möglichst weit entferntes Land fliehen kann.

Die dritte Protagonistin ist die mit dem Regisseur des Films unglücklich verheiratete Schriftstellerin Elfrida. Sie hat nach ihrem erfolgreichen Debütroman eine Schreibblockade, die nun schon zehn Jahre andauert und sie zur Alkoholikerin hat werden lassen. Ihr obsessiv gefasster Vorsatz, nun endlich wieder einen Roman zu schreiben, und zwar über den Suizid von Virginia Woolf, scheitet kläglich.. Mit der hatten die Kritiker sie ja einst bei ihrem Debüt euphorisch verglichen. Dieses Thema aber erweist sich jetzt als Debakel, sie kommt über den ersten Absatz einfach nicht hinaus. Die komplizierten Vorgänge beim Filmdreh und die Probleme und kleinen Katastrophen am Set werden in diesem Roman ebenfalls sehr anschaulich geschildert, man bekommt einen interessanten Einblick in die Usancen einer nach außen hin ja glamourösen Branche. Ähnlich bereichernd sind auch die geschilderten Schwierigkeiten von Elfrida, im Wechselspiel mit Verlagen und Agenten ein neues Romanprojekt zu realisieren.

Der turbulente, klug konstruierte und stets eindeutig nachvollziehbare Plot wartet mit vielen überraschenden Wendungen auf, die permanent für Spannung sorgen. Mit vielen Reflexionen über Innen- und Außen-Wahrnehmung demaskiert der Autor psychologisch tiefgründig die menschlichen Verhaltensweisen zwischen sturer Ignoranz und kleinlauter Selbsterkenntnis. Stilistisch angenehm unmanieriert und flüssig lesbar, erzählt der Autor oft in erlebter Rede, womit er die Distanz zu seinen Figuren aufhebt und ihr Innenleben offenlegt. Sie wirken dadurch besonders glaubhaft und realistisch. Als Leser wird man aber leider in der Erwartung enttäuscht, dass die einzelnen Geschichten am Ende zusammen geführt werden, – ein unnötiges Manko. Man hätte die drei Geschichten nämlich auch, jede für sich, als respektablen Roman veröffentlichen können!

Fazit:   erfreulich

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Genre: Roman
Illustrated by Kampa Verlag Zürich

Blackbox Gardening- Mit versamenden Pflanzen Gärten gestalten

Das Buch wollte ich lesen, weil ich beide Autoren schätze, und ich hoffte, vielleicht würde ich dann endlich wissen, was eine Blackbox ist.

Es kommt geheimnisvoll in einem schwarzen Einband, auch die ersten Innenseiten sind ganz in schwarz. Das Vorwort macht Leselust: Es werden neuzeitliche Gärten kritisiert, zu „oral-kugeligen Grünobjekten zurechtgestutzt sind,“ (ich hasse diese Topiary Art, s.Der grüne Garten!)  und auch Gartenbesitzer, die Kindern „das Geräusch einer Biene auf Tierstimmen-App vorspielen und nebenbei eine neue Landlust-Ausgabe genießen.“ Landlust gegen Landfrust.

Dann kommt die Aufforderung, die Natur als Freundin zu sehen und mit ihr zu spielen, so würde der Garten ganz der eigene! Genau das mache ich seit Jahrzehnten.

Blackbox-Gardening wird im Buch definiert als Arbeit mit der Natur (nicht gegen sie!), wobei Dynamik und Zufall beachtet werden. Die Samen der Pflanzen werden zu den Akteuren der Gestaltung. Nur vielleicht gäbe es einen Plan, der auch aufgeht, wichtiger ist aber: „Haben Sie Lust, sich auf ein Experiment mit vielen Blüten(er)folgen einzulassen?“

Bei den Ratschlägen, wie ich dieser Lust frönen kann, kommen dann die Realitäten. Es geht mehr um große Gelände, etwa bei den blühenden Wiesen: da geht es nicht um kleine Stadtgärten um Reihenhaushälften, wie bei uns.

Als Beispiele werden große Anwesen mit wunderschönen Fotografien des Fotografen Jürgen Becker gezeigt, drei in England, zwei in Holland. Der schönste von ihnen, Waltham Place hat 1000 qm—und dafür eine Gärtnerin, die ihn pflegt. Gerne hätte ich von ihrer täglichen Praxis gelesen. Denn das Geschehen in der Box ist aufwändig: Der Boden wird bearbeitet, oft abgemagert, der PH modelliert. Und für eine schöne Mohnwiese wird der Boden jährlich „umgebrochen.“

Das alles in der Box?! Was sagt Wikipedia? „Allgemein ist eine Black Box ein Objekt, dessen innerer Aufbau und innere Funktionsweise unbekannt sind oder als nicht von Bedeutung erachtet werden.“

Was hat das mit der Freude am Gestalten der Natur zu tun? Trotzdem habe ich es gerne gelesen, bei den vielen vorgeschlagenen Pflanzen neue Wunschkinder entdeckt, etwa das einjährige Gras Hordeum jubatum, die Tulipa Sprengeri, die sich versamt, allerdings erst nach 4-5 Jahren blüht.

Gefehlt hat mir der Hinweis darauf, dass nur die samenfesten Samen Akteure werden können, die Samen der Hybriden nicht, was aber leider auf den Tütchen, die man kauft, nicht draufsteht.

Beim Dungeness Garten hätte ich mich über den Hinweis gefreut, dass er Beth Chatto zu ihrem Kiesgarten angeregt hatte; dass Jarman sich das Gelände kaufte, als er HIV-positiv geworden war, hätte ich dafür gestrichen.

Great Dixter wird auch zur Black Box geadelt: Christopher Lloyd, den kreativen Gartenjournalist kann man nicht mehr fragen. Er durchbrach strenge Gartenregeln, pflanzte in Sussex Bananen, gestaltet aber nicht vor allem mit versamenden Pflanzen. Hätte es ihm gefallen, dass sein Werk ein Black Box Garten genannt wird?

Dankbar bin ich für den Hinweis unter den Danksagungen, dass Herr Pfenningschmidt ( Hier wächst nichts: Notizen aus unseren Gärten) einen anderen Titel vorgeschlagen hatte. Wahrscheinlich wäre das richtiger gewesen, denn es geht ja um das, was in der Box geschehen soll, um Freude am Gärtnern zu haben.


Genre: Blackbox, Garten
Illustrated by Ulmer

Air

Nur der narrativen Ästhetik verpflichtet

«Air», der neue Roman des skandalumwitterten Schweizer Schriftstellers Christian Kracht, weist schon mit seinem surrealistischen Titelbild auf ein zu erwartendes, unkonventionelles Erzählen hin, das Markenzeichen dieses literarisch höchst eigenwilligen Autors. Schon seit dem Hype um sein Debüt «Faserland» zerfällt die Leserschaft in glühende Verehrer und absolute Verächter seiner Kunst, nicht nur, was deren oft verquere Thematik anbelangt. Es ist auch die gewollt wirre, zuweilen kaum nachvollziehbare Art des Erzählens, die derart polarisierend wirkt. Schon der erste Satz von »Air» liefert eine Idee davon, wie alles relativiert wird in diesem dystopischen Roman: «Das Leben war voller Sorgen, aber auch nicht wirklich».

Es beginnt mit einem lukrativen Auftrag, den der in einer kleinen schottischen Stadt auf den Orkney Inseln lebende Innenarchitekt Paul von dem angesagten, «leicht spleenigen, sich selbst absichtlich irrelevant machenden Dekorations-Magazin» namens «Küki» bekommt. Es geht darum, das geheime, unterirdische Datenzentrum der amerikanischen Tech-Giganten in einem Fjord Norwegens neu zu streichen Und zwar in einem zur Bedeutung des Ortes perfekt passenden Weiß, wofür Pauls weltweit geschätzte Expertise gefragt ist. Ein zweiter, mittelalterlich anmutender Handlungsstrang führt in eine Parallelwelt und erzählt von dem neunjährigen, elternlosen Mädchen Ildr, das mit Pfeil und Bogen auf der Jagd nach einem Reh im dichten Gebüsch einen ganz in Weiß gekleideten Mann anschließt. Sie zieht ihn auf einer aus Stöcken zusammen gebastelten Bahre einen Kilometer weit durch den Wald bis zu ihrer Hütte und pflegt ihn dort gesund. Er ist auf der Flucht vor den Soldaten des Herrschers und verschanzt sich schließlich mit ihr in einem Kastell, wo Ildr mit der weißen Pistole des Mannes bei einem Ausbruch mehrere Soldaten erschießt, was die anderen in die Flucht schlägt. Als Ildr den Mann fragt, was das denn für eine Waffe sei, erklärt er ihr, sie sei von einem 3D-Drucker gemacht worden, und vorne kämen kleine Kugeln heraus, keine Pfeile.

Hinter allem, was man da liest, versteckt sich narrativ ein doppelter Boden, alles bleibt rätselhaft und entzieht sich immer wieder der Deutung. Dazu tragen auch die vielen Verweise auf die germanische Mythologie bei, ebenso die sich um Künstliche Intelligenz rankenden Fantasien und die deutlichen Hinweise auf Literaten, deren Visionen den Autor erklärtermaßen beeinflusst haben. Selbst Zitate aus Kinderbüchern und bekannten Hollywood-Spielfilmen gehören zu den deutlich erkennbaren Motiven dieses erratischen Romans. Dessen Plot dann aber oft Verwirrungen erzeugt, indem er auch sämtliche zeitlichen Begrenzungen aufhebt. Die Handlung gerät so zu einer unbekümmert hin und her oszillierenden Zeitreise ohne Ziel, alles bleibt provokativ in der Schwebe.

Bei aller Leichtigkeit des Erzählens irritiert letztendlich dann aber doch die völlige Sinnlosigkeit eines nur der narrativen Ästhetik verpflichteten, eskapistischen Romans ohne Inhalt und Bedeutung. Daran ändern auch die vielen sachkundigen Verweise und gegenseitigen Bezüge in diesem Roman nichts. Sie stehen erzählerisch quasi im leeren Raum und künden allenfalls von der Belesenheit des Autors, der sie aber partout in keinerlei Sinnzusammenhang bringen will. Damit wird ein Tummelfeld bereitet für die Exegese dieses Werkes, auf dem fantasiebegabte Fans und realitätsverhaftete Verächter dieses Skandal-Autors munter die Klinge kreuzen können. Und alle haben Recht! Denn mit lebhafter Fantasie lässt sich bekanntlich ja sogar jedes Horoskop verifizieren, – man liest ganz einfach nur das heraus, was man letztendlich wahr haben will. Für Leser mit Bodenhaftung bleibt zu hoffen, dass mit «Air» nicht etwa ein neues Zeitalter der Literatur eingeläutet wird, wie man das fast einhellig jubelnde Feuilleton interpretieren könnte, – das wäre dann sozusagen die Post-Postmoderne!

Fazit:   miserabel

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Genre: Roman
Illustrated by Kiepenheuer & Witsch Köln

Wackelkontakt

Ein Trauerredner und ein Ex-Mafioso

Der durch seine «Brenner»-Krimis bekannt gewordene, österreichische Schriftsteller Wolf Haas hat mit «Wackelkontakt» einen neuen Roman vorgelegt, der mit einem originellen Plot an seine ebenfalls pikaresken Romane «Das Wetter vor fünfzehn Jahren» oder «Die Verteidigung der Missionarsstellung» anknüpft. Mit einem raffinierten ‹Zwei Romane im Roman›-Konstrukt werden im Wechsel zwei Geschichten mit zwei verschiedenen Protagonisten erzählt, einem Mafioso und einem Trauerredner, die unabhängig voneinander das Buch lesen, welches von dem jeweils Anderen handelt. Wobei vom Layout her das Besondere daran ist, dass diese beiden Erzählungen im laufenden Text ohne äußerlich erkennbare Abgrenzung, oft sogar mitten im Absatz, ganz unvermittelt aufeinanderfolgen. Mit dem Griff nach dem Buch im letzten Satz des einen folgt übergangslos der Text des jeweils anderen Buches, ohne dass es je irritierend wirkt.

In Wien wartet der Trauerredner Franz Escher auf den Elektriker, der in seiner Küche einen Wackelkontakt in einer Steckdose beseitigen soll. Der alleinstehende 50jährige Mann vertreibt sich die Wartezeit mit einem Mafia-Buch, das von dem jungen Mafioso Elio Russo handelt, der als Kronzeuge der Justiz 27 Mafiabosse ausgeliefert hat und nach drei Jahren Gefängnis nun mit neuer Identität ins Ausland flieht. Durch das Zeugenschutz-Programm mit einigem Startkapital ausgestattet, taucht er nach einer seine Identität verschleiernden Gesichtsoperation in Deutschland unter und eröffnet unter seinem neuen Namen Marco Steiner in Duisburg eine Reparatur-Werkstatt für Fahrräder. Als nach fünf Jahren das Geschäft mit italienischen Fahrrädern plötzlich bedrohlich für ihn wird, siedelt er um nach Berlin und spezialisiert sich dort auf E-Bikes. Eines Tages bittet ihn eine junge Frau, die defekte Alarmanlage in ihrem Auto stillzulegen. Zögernd hilft er ihr, verliebt sich, heiratet sie und wird Vater einer Tochter, der sie den Namen Ala geben. Vier Jahre später drängt seine Frau ihn plötzlich, ohne einen Grund zu nennen, zu einem sofortigen Ortswechsel, sie ziehen spontan nach Wien um.

Nach weiteren zehn Jahren wird Ala in der Schule mit dem Thema Ahnenforschung konfrontiert und beginnt unangenehme Fragen zu stellen, weil sie fast gar nichts weiß von ihrem Vater. Neugierig geworden stößt sie auf das Buch, das er als junger Mann im Gefängnis angefangen hatte zu lesen, mit dessen Hilfe er damals Deutsch lernen wollte, das er aber nie zu Ende gelesen hat. Es handelt von dem Trauerredner Franz Escher, der während der Reparatur seiner Steckdose in der Küche ganz in Gedanken den abgeschalteten Sicherungsautomaten wieder eingeschaltet hat, was den Elektriker das Leben kostet. Die Polizei geht von einem Arbeitsunfall aus, aber das Gewissen lässt Escher keine Ruhe, und so versucht er, quasi als moralische Wiedergutmachung, wenigstens den Auftrag für die Trauerrede zu bekommen. Was ihm auch gelingt, aber in dem Gespräch mit der Witwe erfährt er von dem erbitterten Streit des Toten mit seiner 14jährigen Tochter am Vortag des Unglücks, die durch ihre Nachforschungen im Internet die Mafia auf ihre Spur gelenkt hat. Sie wird denn auch prompt entführt, man fordert 3 Millionen Euro Lösegeld für ihre Freilassung. Was Escher zu Höchstleistungen anstachelt, er will sie unbedingt befreien, er fühlt sich mitschuldig.

Es gehe ihm um die Frage der Identität in seinem Roman, hat der Autor erklärt, verdeutlicht an der Figur des Ex-Mafioso Elio/Marko. Eine zweite Thematik seien die Puzzles, denen sich Escher mit Hingabe widmet, Symbol für seinen Wunsch, sich die Welt anzueignen. Dieser formal eigenwillige Roman ohne moralischen oder philosophischen Tiefgang wartet mit einem hohen Unterhaltungswert auf. Bei ihm stehe immer der Tonfall im Vordergrund, hat Wolf Haas im Interview erklärt. Verblüffend ist, wie er es schafft, zwei zeitlich so weit auseinander liegende Geschichten wie die nur wenige Tage dauernde des Trauerredners und die sich über zwei Jahrzehnte erstreckende des Ex-Mafioso munter hin und her springen und am Ende sogar ineinander fließen zu lassen. Chapeau!

Fazit:   erfreulich

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Genre: Roman
Illustrated by Hanser Verlag München

Mittagsstunde

Flurbereinigung auf den Mädchenköpfen

Dem Genre ‹Heimatroman› haftet nicht ohne Grund der Verdacht auf Kitsch an, «Mittagsstunde» von Dörte Hansen ist der schlagende Beweis für das Gegenteil. Ganz ohne jede Rührseligkeit wird darin die Geschichte eines Dorfes erzählt, das sich im Wandel befindet und in dem die alten Gewissheiten und Angewohnheiten sich dem Zeitgeist entsprechend verändern, so dass irgendwann auch die titelgebende «Mittagsstunde» der Vergangenheit angehört. Seit alters her als ‹Mittagsschlaf› von allen Bewohnern praktiziert, strukturiert er als Arbeitspause zeitlich das Leben des Dorfes und bildet dementsprechend auch den roten Faden in dieser Geschichte aus Nordfriesland. In ihrer Familie, hat die Autorin wissen lassen, wird untereinander nur Plattdeutsch gesprochen. Und so finden sich auch in ihrem Roman entsprechend viele mundartliche Dialoge, die das Lokalkolorit überaus stimmig abbilden.

Dörte Hansen erzählt von dem fiktiven nordfriesischen Geestdorf Binkebüll, oder, wie sie es erklärt hat, «vom Ende der Sesshaftigkeit». Der Archäologe Dr. Ingwer Feddersen hat sein Dorf vor 25 Jahren verlassen, um in Kiel zu studieren. Der inzwischen 47jährige Hochschullehrer kehrt im Rahmen eines Sabbaticals dorthin zurück, um sein Leben neu zu ordnen. Er ist immer noch Single und lebt seit mehr als zwei Jahrzehnten in Kiel in einer Wohngemeinschaft mit einer gleichaltrigen Architektin und einem Freund aus Studienzeiten. Ob in einer Menage á trois, wie man vermuten könnte, bleibt unklar, es wird nicht mal versteckt irgendwo angedeutet in diesem absolut ‹jugendfreien› Roman. Seine Großeltern betreiben seit Jahrzehnten den alten Dorfkrug, der neben Kirche, Rathaus und Schule eine der Institutionen dieses verschlafenen Dorfes darstellt. Ingwers ledige Mutter ist geistig zurück geblieben und kam als Erbin nicht in Frage. Er selbst aber wollte den Gasthof nicht übernehmen, er war einer der wenigen Hochbegabten, denen der Dorfschul-Lehrer dringend geraten hatte, nicht zu bleiben, sondern studieren zu gehen.

Der Niedergang des Dorfes begann in den siebziger Jahren, äußeres Anzeichnen dafür war die Flurbereinigung, die das Kleinklein der bäuerlichen Strukturen und das Ungeplante und Zufällige der Jahrhunderte alten Infrastruktur beseitigte. Während die großen Höfe investierten und immer größer wurden, verschwanden nach und nach die kleinen, bis schließlich nur noch vier Vollerwerbs-Landwirte übrig blieben. Monokulturen und Großbetrieben bilden fortan die ökonomischen Grundlagen von Binkbüll. Auch einige Städter drängen nach, kaufen für wenig Geld die aufgegebenen, maroden Bauerhäuser und etablieren sich darin mit alternativen, das urbane Zeitalter strikt ablehnenden Lebensentwürfen. Auf Freiflächen entstehen zudem neue Siedlungen mit modernen Häusern, die ebenfalls von Zugezogenen gekauft werden, die als Pendler zur Arbeit in die Stadt fahren. Die ehemals fest verschworene Dorfgemeinschaft, in der jeder jeden gekannt hat und alles seine festen Regeln hatte, löst sich zunehmend auf, und viele der Einheimischen ziehen weg.

Zeitlich zwischen Jetztzeit und siebziger Jahre angesiedelt, wird hier mit viel Witz und ohne sentimentale Schönfärberei vom Strukturwandel erzählt, detailreich und mit einem durchweg sympathischen Figuren-Ensemble. Leider stören einige Ungereimtheiten im Plot, insbesondere das plötzliche und spurlose Verschwinden der schwachsinnigen Mutter von Ingwer Feddersen, das von allen ungerührt hingenommen wird, so als wäre nur ein Wellensittich entflogen. – na und? Aber nicht nur die Störche bleiben weg, weil die Feuchtwiesen trocken gelegt wurden, auch die Menschen ändern sich in Binkebüll. Beim Vergleich zweier Klassenfotos stellt der alte Dorflehrer fest, dass die kleinen Mädchen heute ja alle keine Zöpfe mehr haben, nur noch Kurzhaarfrisuren! «Flurbereinigung jetzt auch schon auf den Mädchenköpfen», denkt er resignierend. Auch für Leser, die keine Nordlichter sind, ist «Mittagsstunde» als stimmig beschriebenes, unsentimentales Zeitzeugnis eine bereichernde und unterhaltsame Lektüre.

Fazit:   lesenswert

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Genre: Roman
Illustrated by Penguin

UTOPIA AVENUE

Was sagen Ihnen die folgenden Namen? Frank Zappa, Jackson Browne, Grateful Dead, Jefferson Airplane, Herman’s Hermits.

Stirnrunzeln? Zu schwierig? Machen wir es einfacher. Leonard Cohen, Janis Joplin.

Es schwant etwas?

Ok, nun ist es eigentlich kein Rätsel mehr: John Lennon, Mick Jagger, Jimi Hendrix, Bob Dylan.

In der Tat handelt es sich durchgehend um Bands oder Musiker, die solo oder in Musikgruppen in den späten Sechzigern, den Siebzigern oder sogar noch lange danach die weltweite Musikszene bestimmten. Kurzzeitig oder als Evergreens, wobei ein einzelner Herr in dieser Reihe mit den verbliebenen anderen rollenden Steinen bis zu einem Durchschnittsalter von circa 80 Jahren regelmäßig auf Welttournee ging. Doch das ist eine andere Geschichte.

Nach seinen diversen literarischen Welterfolgen hat sich David Mitchell in ein ganz anderes, unerwartetes Metier gewagt. Eben in diese Musikszene der „Wild Sixties“, der wilden Sechziger.

Der Plot: Ein talentierter und ehrgeiziger Produzent stellt in England – wo sonst – eine Band zusammen. Natürlich zieht man zu Beginn erfolglos über die Dörfer, aber wird schließlich – wie könnte es anders sein – zu Weltstars. Im Laufe des Karriere-Weges trifft man so ganz nebenbei alle oben angeführten Legenden der damaligen Musikwelt. „Cool“, denkt der Leser und spürt den Promi-Schauer den Rücken runterlaufen. Ach ja, ist ja nur eine Geschichte. Die Band gab es nie, sie ist rein fiktiv. Aber die anderen ja schon. Also wenigstens ein bisschen Gänsehaut darf dann doch sein.

Aber es wäre nicht ein Werk von David Mitchell, wenn es nicht doch die typischen Fantasie-Exzesse abseits des Haupt-Erzählstranges gäbe.

Jeder Protagonist der vierköpfigen Band erhält von Mitchell seinen ganz eigenen Charakter und seine ganz persönliche Story.

Da ist Dean, der Junge aus sozial schwachem Umfeld mit dem gewalttätigen Vater. Dean, der Frauenheld und der Angeklagte in einem Vaterschaftsprozess. Aber auch Dean, der begnadete Bassist, Komponist und Texter. Dean, der neben dem schon allseits selbstverständlichen Koks auch LSD-Versuchen nicht abgeneigt ist.

Jasper, der magische Gitarrist, der aber mit seiner Schizophrenie zu kämpfen hat. Jasper, der versucht, mittels Horologie und psychochirurgischer Seelentransplantation (was immer das ist), aus seinem Teufelskreis herauszukommen. An dieser Stelle erlaubt sich Mitchel ein wenig Story-Recycling. Jasper ist Niederländer und heißt mit Nachnamen De Zoet (gesprochen „de Zuut“). Klingelt was? In der Tat kommt sein Großvater bei der Analyse der Timeline aller Vorfahren kurzzeitig vor. Mitchells Buch aus dem Jahre 2014 „Die tausend Herbste des Jacob de Zoet“ lässt grüßen.

Da ist Elf, nicht nur die Quotenfrau der Band, sondern weibliches Rückgrat der Gruppe, aber auch der Familie, die unter dem plötzlichen Kindstod bei Elfs Schwester leidet. Irgendwann entdeckt sie im Verlauf auch noch ein eigenes unterdrücktes Geheimnis.

Am blassesten kommt Griff, der Schlagzeuger, weg, wie so viele Schlagzeuger der Welt (vielleicht abgesehen von Charlie Watts). Seine Persönlichkeit beschränkt sich auf den Tod des Bruders und ein paar Frauengeschichten. Und Schlagzeugspielen.

Die vier entwickeln sich gemeinsam weiter, werden musikalisch besser, touren durch England und die USA, geben Konzerte, schuften Tag und Nacht in Studios und lassen auch keine Party aus.

Alles in allem also alles genauso, wie man sich ein Bandleben in den späten Sechzigern so vorstellt. Ist das Buch von David Mitchell deshalb eine stereotype Flachpass-Geschichte?

Eigentlich eher nein. Denn es drängt sich der Eindruck auf, dass David Mitchell genau das wollte. In diesem Autor schlummerte ganz offensichtlich über all die Jahre genau dieses Werk, denn seine Begeisterung für den Zeitgeist der Sechziger und Siebziger mit der Hippie-Flower-Power-Anti-Vietnam-Bewegung, sein Detailwissen zu den historischen Ereignissen, weltpolitisch wie in den Straßen von San Francisco, und seine Faszination und seine Kompetenz für die Musik der damaligen Zeit sind unverkennbar. Da hat sich einer seine Leidenschaft von der Seele geschrieben. Man sieht förmlich seine strahlenden Augen und das ist manchmal ein wenig ansteckend.

Literarisch ist „Utopia Avenue“ allerdings nicht Mitchells bestes Werk und zum Beispiel mit „Wolkenatlas“ nicht vergleichbar. Stellenweise hat man fast das Gefühl, er hat bestimmte Passagen einem Ghostwriter oder aufstrebenden Jungautor übergeben. Geradezu plump wirkt sein(?) Stil, wenn er krampfhaft versucht, längere Dialoge aufzulockern. Ein Beispiel:

„Würde das nicht alles ändern?“

Ein Müllwagen rumpelt vorbei.

„Dein Leben wartet, Jasper!“

Der Auflockerungs-Müllwagen taucht immer mal wieder auf. Ebenso der zwitschernde Vogel oder das schreiende Kind auf der Straße vor dem Haus. Zwanghafte Bildeinschübe in einem einzigen Satz, die man in dieser Form nicht mal mehr in den Volkshochschulkursen für kreatives Schreiben in Wanne-Eickel oder Bad Ischl durchgehen lassen würde.

Dennoch ist David Mitchell in Summe ein durchaus unterhaltsames Buch gelungen. Die einleitend abgefragten Grundkenntnisse sind hilfreich, aber keine Conditio sine qua non.


Genre: Erzählung, Gesellschaftsroman, Historischer Roman, Roman
Illustrated by Rowohlt

Im Schnellzug nach Haifa

Gabriele Tergit ist eine anerkannte Journalistin von Gerichtsreportagen und Bestsellerautorin (Käsebier erobert den Kurfürstendamm) im Berlin der zwanziger Jahre, verheiratet mit einem Architekten; nie wären sie auf die Idee gekommen, nach Palästina auszuwandern.

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Genre: Autobiografie, Politik und Gesellschaft, Reisen
Illustrated by Schöffling & Co Frankfurt am Main

Ein Haus für Mr. Biswas

Lesespaß aus kontrapunktischer Ironie

In seinem Roman «Ein Haus für Mr. Biswas» erzählt der Nobelpreisträger V. S. Naipaul die Lebensgeschichte eines Journalisten, der als Außenseiter der Gesellschaft einen ständigen Kampf mit den widrigen Umständen seines armseligen Lebens führt. Ort des Geschehens ist die Karibikinsel Trinidad, aus deren indischem Milieu auch der Autor stammt, der damit seinem eigenen Vater ein literarisches Denkmal setzen wollte. Gleichermaßen Entwicklungs- wie Familienroman, nehmen darin die Herausforderungen kein Ende, denen der Sohn eines armen Landarbeiters wie ein Fluch zeitlebens ausgesetzt bleibt, bis zu seinem Tod. Insoweit wäre «Pleiten, Pech und Pannen» ein stimmigerer Titel für dieses trübsinnig machende Buch.

Der zweiteilige, um Prolog und Epilog ergänzte Roman wird in 16 Kapiteln chronologisch erzählt, er beginnt im Kapitel «Pastorale» mit der Geburt des Protagonisten Mohun Biswas. «‹Ein Junge, ein Junge›, jammerte die Hebamme, ‹aber was für ein Junge! Verkehrt herum geboren, und mit sechs Fingern›». Ein zur Hilfe gerufener Pandit beruhigt die aufgebrachte Mutter: «Es gibt immer Mittel und Wege, mit solch unglücklichen Fügungen fertig zu werden». Der weise Mann verordnet nicht nur, dass man das Kind vom Wasser «in seiner natürlichen Form», also «von Flüssen und Teichen», fernhalten müsse, sondern auch, dass der Vater sein Kind die ersten einundzwanzig Tage nach der Geburt nicht sehen dürfe. Am einundzwanzigsten Tage aber müsse er das Kind sehen, und zwar nicht direkt, sondern nur als Spiegelbild auf einer mit Kokosöl gefüllten Messingschale. Mit einer Zweischillingmünze für seine Dienste entlohnt, ist der Pandit «recht zufrieden, er hat mit weniger gerechnet». Auf den mehr als siebenhundert Seiten des zutiefst melancholischen Romans wirken solche amüsanten Szenen immer wieder wohltuend kontrapunktisch. Bei all der Trübsal ist stilistisch zudem immer auch ein ironischer Grundton vorhanden, der eine skeptische Distanz des Autors zu dem sozialen Milieu offenbart, dem er ja selbst entstammt.

Immer knapp bei Kasse, schlägt Mr. Biswas sich mit allerlei Gelegenheitsjobs durchs Leben, um schließlich als Journalist zu arbeiten. Irgendwann kommt er zufällig sogar zu einer Frau und nebenbei dann bald auch zu einer Schar von Kindern. Durch seine Ehe gerät er in den weitläufigen Familienclan seiner Frau, was ihm weitere Probleme und sogar handfeste Konflikte beschert, weil die neue Verwandtschaft ihn zusätzlich plagt und immer nur verspottet. In seinem ständigen Kampf verliert er aber nie sein Ziel aus den Augen: Er möchte irgendwann das titelgebende, eigene Haus haben. Was ihm, nach vielen Umzügen und vorübergehendem familiären Zusammenwohnen dann auch tatsächlich gelingt.

Als Misanthrop zieht der Protagonist boshaft über viele seiner Mitmenschen her. Er erzieht seine Kinder äußerst streng, sie sind ihm ähnlich gleichgültig wie seine gefühlskalte, boshafte Frau, mit der er im Dauerstreit liegt. Die vielen Figuren des Romans sind zumeist unsympathisch, man bekommt keine Nähe zu ihnen als Leser, wozu natürlich auch beiträgt, dass ein exotischer Schauplatz wie Trinidad mit seiner Armut und seinen prekären Lebens-Verhältnissen einem Deutschen gesellschaftlich fremd bleiben muss. Der pessimistischen Stimmung angepasst, wird natürlich auch die zweifellos ja vorhandene Karibik-Idylle mit ihren Traumstränden nicht thematisiert, das lebensfrohe Trinidad der Touristen bleibt konsequent außen vor. Die depressive Grundstimmung dieses voluminösen Romans, in dem so gut wie nichts passiert und das Ende schon im Prolog vorweg genommen wird, ist in ihrer Einförmigkeit auf Dauer nur noch langweilig. Denn auch ein Erkenntnis-Gewinn ist kaum gegeben, man erfährt nichts Neues aus dem tristen Mikrokosmos des Mr. Biswas, auf den sich der Autor narrativ weitgehend beschränkt. Ein Minimum an Lesespaß lässt sich allenfalls aus der kontrapunktisch wirkenden Ironie gewinnen, mit der da erzählt wird.

Fazit:   mäßig

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Genre: Roman
Illustrated by Fischer Verlag

Das Protokoll

Version 1.0.0

Von der Gleichheit aller Daseinsformen

Der Debütroman des damals 23jährigen französischen Schriftstellers Jean-Marie Gustave Le Clézio wurde mit dem renommierten Prix Renaudot ausgezeichnet, gleich zu Beginn ein Ritterschlag also für den späteren Nobelpreisträger. Er sei, hat die schwedische Jury in ihrer Begründung geschrieben, «ein Autor neuer Ansätze, poetischer Abenteuer und sinnlicher Ekstase, Erforscher neuer Menschlichkeit jenseits und unterhalb der herrschenden Zivilisation.» In dem außerordentlich informativen Vorwort zu seinem ersten Roman hat sich der junge Autor über das Verhältnis zwischen Schriftsteller und Leser folgendermaßen geäußert: «Es gibt einen Augenblick, in dem sich zwischen dem Erzähler und dem Zuhörer das Vertrauen einstellt und Gestalt annimmt. Dieser Augenblick ist vielleicht der Augenblick des ‹aktiven Romans›, dessen wesentlicher Faktor in einer Art Zwang zur Mitarbeit besteht. Wobei der Text nur ab und zu mit einer Prise Handlung nachhilft». Er möchte nicht an den veristischen Geschmack des Publikums appellieren, «mit Seelen-Zergliederung und Bilderbuch-Deutlichkeit, sondern an seine Gefühle.» Wie auch immer, eine Zuordnung seines Schreibens zum Nouveau Roman ist allenfalls sehr entfernt zu erkennen. In einem längeren Interview hat er später dann erklärt, seine Lieblings-Romanciers seien Robert Louis Stevenson und James Joyce.

Adam, der 29zigjährige Protagonist der Geschichte, hat sich in einer unwirtlichen, verlassenen Villa an der Côte d’Azur einquartiert und lebt dort ziellos und glücklich in den Tag hinein. Der introvertierte, seltsame Hausbesetzer weiß weder, wie er da hingekommen ist, noch ob er vorher im Militärdienst war oder im Irrenhaus. Als Eigenbrödler hat er kaum Kontakte zu anderen Menschen, auch nicht zu seinen Eltern, die er vor zehn Jahren Knall auf Fall verlassen hat. Äußerer Anlass dafür war damals eine von ihm zerbrochene blaue Schüssel, was den Vater sehr in Rage gebracht hat. Aber daneben war der Wunsch nach Freiheit außerhalb der elterlichen Sphäre ebenfalls mit im Spiel, Adam hat sich immer eingeengt gefühlt bei den Eltern und hat seither keinerlei Kontakt mehr mit ihnen. Auf endlosen Spaziergängen durch die Stadt und am Strand entlang sinniert er vor sich hin, beachtet jedes Detail in seiner Umgebung, hinterfragt den Sinn all dessen, was er wahrnimmt, spekuliert über die Zusammenhänge der Dinge. Er ist finanziell ständig abgebrannt, leiht sich kleine Beträge, ohne dass jemals von Rückzahlung die Rede ist oder vom Geldverdienen. Wovon er lebt, bleibt offen, wie auch so vieles Andere in diesem rätselhaften Roman, der nichts auserzählt und alle Realitäten souverän ausblendet.

Auch die junge Michelle, an die Adam öfter Briefe schreibt in seinem gelben Heft und die sie dort sogar beantwortet, steckt ihm manchmal Geld zu und versorgt ihn mit Zeitungen. Er schnorrt sich scheinbar überall durch. Hin und wieder stielt er zuweilen Kleinigkeiten in den Läden, er lebt immer nur von der Hand in den Mund. Die Natur und auch Tiere spielen in seinem Leben eine große Rolle, minutiös werden die maritim geprägte Landschaft, die Gärten und Strände, die Jahreszeiten und das mediterrane Wetter beschrieben. Wenn er Michelle trifft, aber auch bei allen anderen Begegnungen, hält er endlose Monologe, philosophiert über Gott und die Welt. Adam raucht viel, trinkt auch gern mal einen Schluck zuviel und landet am Ende des Romans zur Beobachtung in einer psychiatrischen Klinik. Dort läuft der Antiheld zur Höchstform auf, verblüfft das Ärzteteam mit seinen Erkenntnissen, scheinbar hat er sogar mal studiert, – er ist jedenfalls intellektuell auf Augenhöhe mit den Göttern in Weiß.

Stilistisch arbeitet Le Clézio mit den verschiedensten Textgattungen, baut Aufzählungen, Briefe, Zeitungsartikel und Formeln mit ein, spielt mit Auslassungen, Unterstreichungen, Schwärzungen und Tabellen in seinem Text. Der Versuch des Autors, eine Art Anti-Existenz zu beschreiben, sein Credo von der Gleichheit aller Daseinsformen, führt den Leser en passant durch ein Labyrinth philosophischer Fragen, die allesamt unbeantwortet bleiben, aber inspirierend wirken.

Fazit:   lesenswert

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Genre: Roman
Illustrated by Piper Verlag München

Joan Didion’s Verlust und Trauer

Joan Didion’s Verlust und Trauer. Die amerikanische Journalistin, Schriftstellerin und Drehbuchautorin widmet sich in zwei Romanen ihres Spätwerks den Themen Verlust und Trauer auf eine unnachahmliche, ganz feinsinnige Art und Weise. Während ihre Tochter Quintana auf der Intensivstation liegt, verstirbt ihr Ehemann, der Schriftsteller John Gregory Dunne, an einer Herzerkrankung. Ein doppelter Verlust, der von Normalsterblichen nicht zu bewältigen ist. Von Schriftstellern vielleicht durch das Schreiben.

Das Jahr magischen Denkens

Das Jahr magischen Denkens” legt seinen Schwerpunkt auf den überraschenden und abrupten Verlust ihres Ehemannes. Auch wenn 16 Jahre zuvor eine Herzerkrankung festgestellt wurde, kommt der Tod mit 71 irgendwie doch ohne Vorankündigung, bei Tisch, in der gemeinsamen Wohnung, beim Abendbrot. Ein Kappa 900 SR Herzschrittmacher befand sich in seiner Brust als er starb. 1987 beim Kardiologen sagte er, jetzt wüßte er wenigstens, woran er einmal sterben würde. Die linke Herzkranzarterie wird von Ärzten auch als “Witwenmacher“, wie Didion erwähnt. Den beiden fehlten gerade noch einunddreißig Tage bis zum vierzigsten Hochzeitstag. Zeit ihres Lebens waren sie füreinander der Mensch, dem man vertraute. Das, was sie erlebte, wollte sie immer sogleich mit ihm besprechen und alles mit ihm teilen. Auch die gemeinsame Tochter Quintana. Für andere Schriftstellerehepaare waren die beiden fast ein Vorbild, so gut funktionierte die Beziehung und die Zusammenarbeit. Als er stirbt, gab es eine Weile lange eine Ebene, bei der sie glaubte, es rückgängig machen zu können. Deswegen musste und wollte sie zuerst unbedingt allein sein. “Ich musste allein sein, damit er zurückkommen konnte. So begann mein Jahr magischen Denkens.

Die Ra(s)tlosigkeit der Hinterbliebenen

Da die Wirklichkeit des Todes noch nicht ins Bewusstsein vorgedrungen ist, erscheinen Hinterbliebene oft so, als könnten sie die Verlust relativ gut akzeptieren“, spricht Didion wohl allen Hinterbliebenen der Welt, die einen ähnlichen Verlust zu beklagen haben, aus dem Herzen. Sie unterscheidet zwischen Trauer und Leid: letztere sei vor allem passiv, Leid geschah, aber trauern, die Auseinandersetzung mit Leid, verlange Aufmerksamkeit. Hinterbliebene sehen, wenn sie zurückblicken, Omen, Botschaften, die ihnen entgingen, erklärt sie. Strudel tun sich auf und der Betroffene vermeidet Orte, die ihn an die verlorene Person erinnern könnten, zunächst zumindest. “Jetzt versuchte ich nur noch, den Aufprall zu rekonstruieren, den Sturz des erloschenen Sterns.” Man wisse noch nicht, dass die Beerdigung schmerzstillend sei, eine Art narkotischer Regression, “wo wir in der Fürsorge anderer und in der Schwere und Bedeutung des Anlasses aufgehoben sind“, schreibt sie.

Halluzinatorische Wunschpsychosen

Später dann wird einem sichtbare Trauer quasi vorgeworfen, sie erinnere an den Tod, es werde als unnatürlich empfunden, als “Unvermögen, die Situation zu meistern“. Ein einziger Mensch fehle dir und man habe nicht einmal mehr das Recht, das auch laut zu sagen, wie sie Philippe Ariès paraphrasiert. Auffallend sei auch das Festhalten an Objekten (des Verstorbenen) Festhalten durch eine “halluzinatorische Wunschpsychose“. In Blaue Stunde schreibt sie über denselben Aspekt und fügt hinzu: “Eine Zeit in der ich glaubte, Menschen lebendig und bei mir halten zu können, indem ich ihre Andenken aufbewahrte, ihre `Sachen´, ihre Totems.” (..) Theoretisch dienen diese Andenken dazu, den Augenblick zurückzurufen. Tatsächlichen dienen sie nur das, mir zu verdeutlichen, wie wenig ich den Augenblick genoss, als er da war.”

Blaue Stunden und eine neuer Morgen

In manchen Breitengraden gibt es vor der Sommersonnenwende und danach eine Zeitspanne, nur wenige Wochen, in der die Dämmerungen lang und blau werden. Während der blauen Stunden glaubt man, der Tag wird nie enden. Wenn die Zeit der blauen Stunden sich dem Ende nähert (und das wird sie, sie endet), erlebt man ein Frösteln, eine Vorahnung der Krankheit: das blaue Licht verschwindet, die Tage werden schon kürzer, der Sommer ist vorbei.“ Das Ende des Versprechens, das Joan Didion hier so poetisch anspricht, bezieht sich auf die kürzer werdenden Tage, aber natürlich auch das kürzer werdende Leben, das allzu schnell an einem vorbeifliegt wie ein nichts. Erst erzählt sie von ihrem Haus in Brentwood Park, Kalifornien, wo die geborene New Yorkerin mit ihrem Mann und ihrer Tochter wohnte, bevor sie nach rund 20 Jahren (1988) nach New York rückübersiedelte.

Das Unsagbare aufschreiben

Es ist grausam, sich sterben zu sehen ohne Kinder“, zitiert sie Napoleon Bonaparte, aber noch grausamer ist es wohl, wenn die Kinder vor einem sterben. Damals glaubte sie noch die Zeit würde nie vergehen, ebenso wenig wie die blauen Stunden. Damals, glaubten wir das alle. Auch die Buschfeuer standen damals schon an der Tagesordnung und es war nicht die Frage, ob sie ausbrachen, sondern wann. “Relaxin’ in Camarillo” wie es in dem Eagles Song Hotel California heißt, bekommt eine andere Bedeutung, wenn man diese Zeilen von Joan Didion liest, denn Camarillo war eine Klapse. Und der härteste Satz in “Blaue Stunden” trifft exakt wie ein Torpedo: “Erinnerungen sind das, woran man sich nicht länger erinnern möchte.

Notes to John

Joan Didion ist es in ihren beiden Werken, “Blaue Stunden” und “Das Jahr magischen Denkens”, gelungen, das Persönliche exemplarisch zu machen und es so auch anderen Menschen zugänglich zu machen. In ihrer bewundernswerten Resilienz zeigt sie, dass Aufgeben keine Option ist und das Leben wert ist, jeden Atemzug gelebt zu werden. Joan Didion überlebte die beiden größten Katastrophen ihres Lebens, den Verlust von Geliebtem und Tochter, um beinahe 20 Jahre. Sie starb im Dezember 2021. Demnächst – 2025 – erscheint auch ein Buch aus dem Nachlass mit dem Titel “Notes to John“.

Joan Didion
Das Jahr magischen Denkens
(Originaltitel: The Year of Magical Thinking)
Aus dem Amerikanischen von Antje Rávik Strubel
2021, Broschur, 256 Seiten,
ISBN: 9783548065588
Verlag Ullstein Taschenbuch
14,99 €


Genre: Autobiografie, Roman, Trauer
Illustrated by Ullstein