My Genderless Boyfriend 1

Weiblich? Divers? Männlich?

Meguru ist ein typischer Influencer – sollte man meinen. Tatsächlich interessiert er sich für Dinge, die man klischeemäßig eher dem weiblichen Geschlecht zurordnet: Schminken, süß aussehende Sachen und schicke, farbenfrohe Kleidung. Und das alles teilt er täglich mit seinen vielen Followern. Die finden ihn toll und nehmen ihn sich zum Vorbild. Und sie wissen, dass er (ebenfalls entgegen aller Klischees) nicht schwul ist. Allerdings wissen sie nicht, dass Meguru schon seit langem mit seiner großen Liebe, der Manga-Redakteurin Wako, zusammen ist. Sie befürchtet, dass das seinem Immage schaden könnte. Da Wako ihn schon seit Schulzeiten managt, hält sie sich bei seinen Instagramm-Auftritten im Hintergrund. Wako selbst hält in der Öffentlichkeit ebenfalls geheim, dass sie einen Freund hat. Als eine neue Kollegin zufällig sie und Meguru zusammen sieht, zieht diese die falschen Schlüsse: Megurus weibliches Aussehen und Wakos Körpergröße verleiten sie zu der Annahme, dass Wako lesbisch ist.

 

“Ein stylischer Fellgood-Manga, der sich über alle Geschlechterklischees hinwegsetzt!” (Verlag)

Der erste Band macht sich einen Spaß daraus, die Rollenerwartungen an Frau und Mann komplett über den Haufen zu werfen und (fast diabolisch) durcheinanderzuwirbeln. Und das ist auch gut so! Es fängt an mit einen kleinen Mann, der sich für gutes Aussehen und Schminken interessiert und dabei nicht schwul ist, geht weiter mit seiner Freundin, die das genaue Gegenteil von ihm ist (groß, Aussehen egal) über Megurus Freund Kira, der ein gefragtes androgynes Model ist und sich darüber beklagt, dass wegen seiner Art niemand mit ihm befreundet sein will, bis hin zu einem Umfeld, das generell neugierig auf Neues ist und somit mehr oder weniger vorurteilsfrei. Aber auch mit diesem Umfeld wird gespielt, wenn Meguru ganz selbstverständlich als Frau und damit als Freundin von Wako gehalten wird und Wako somit als lebsisch gilt, auch wenn beide (ganz konventionell) stramm hetero sind.

Das ist genug Spielwiese, um für viel Situationskomik zu sorgen und so auf humorvolle Art und Weise den Blick zu weiten für Diversität, die auch auf ihre eigene Art manchmal ganz konventionell ist. Die Natur legt es generell nicht auf Gleichmacherei an, sondern eher auf Diversität – Möglichkeiten, die ausgeschöpft werden können oder auch nicht. Wie sonst lässt sich die Artenvielfalt auf der Erde und Homosexualität im Tierreich erklären?

Süß an dieser Manga-Reihe sind nicht nur die Figuren, das Styling und die Extras, sondern auch die Gefühle der Hauptfiguren, wenn z.B. Mako völlig fertig sagt, sie müsse kurz nach Luft schnappen, weil an Megurus androgynem Freund einfach alles phantastisch aussieht.

Aber es werden auch ernste Themen angesprochen. Kira leidet darunter, außer Meguru keine Freunde zu haben, weil auch die Leute in der Modewelt ihn sofort für arrogant halten, obwohl er das gar nicht sein und niemanden verletzen will.

Fazit

Insgesamt gesehen ist es es tatsächlich vordergründig ein Romance-Feelgood-Manga wegen seines Humors und der stylischen Elemente. Im Hintergrund aber schwingen Themen wie eine stabile Liebesbeziehung, Freundschaften mit Menschen, die anders sind, hartes Arbeitsleben und das Leben in einer immer mehr technisierten und gläsernen Welt mit.


Genre: Manga
Illustrated by Carlsen / Hayabusa

Ghostly Things 1

Übersinnliche Wahrnehmung

Oberschülerin Yachiho Takahara musste aufgrund ihres ständig abwesenden Vaters schon früh selbstständig werden. Wieder auf Forschungsreise hat dieser vorher für sich und seine Tochter ein Haus gekauft, das in der Umgebung als Geisterhaus verschrien ist. Yachiho merkt auch schon bald warum: In ihm wimmelt es von Natur- und anderen Geistern. Um sich in der Anderswelt besser zurecht zu finden und um ihre verschollene Mutter zu finden, stimmt sie zu, die Gehilfin des Grenzgeistes Moro zu werden. Außerdem sucht sie in dem Haus, das vorher einem Mann gehört hat, der ebenfalls Geister sehen konnte und zu ihnen geforscht hatte, nach der “Schrift des Totenreiches”. Denn auch diese Schrift könnte Hinweise zum Verbleib ihrer Mutter geben.

Mensch, Natur und Technik

Wie in Irland, aber auch in Deutschland, sind Geister und Naturwesen wesentlicher Bestandteil von Sagen und Mythen. So auch in Japan, das einen reichen Mythenschatz zu besitzen scheint. Und dieser wird auch gern für Mangas und Animes angezapft und verarbeitet. Man denke nur z.B. an Studio Ghiblis Animes “Prinzessin Mononoke” oder “Pompoko”, in denen es vorwiegend um den Streit zwischen den (technisierten) Menschen und der Natur geht. Auch dieser wird in dem vorliegenden Manga in Form des Herrn Kamo angesprochen. Er vertritt im Gegensatz zu Yachiho die Auffassung, dass man mit Naturgeistern nicht einträchtig zusammenleben kann. Er hält sie für gefährlich und v.a. will er deren Fähigkeiten kontrollieren und für die Technik zunutze machen. Seine Einstellung gegenüber Natur(geistern) ist feindselig, die von Yashiho offen und freundlich, obwohl sie sich auch fürchtet.

Interessant in diesem Zusammenhang ist die Geschlechterverteilung. Die naturfreundliche Einstellung wird von der Frau vertreten, die naturfeindliche vom Mann. Bezieht man das auf die Literatur über Matriarchat und Patriarchat, so scheinen erstere mit der Natur und zweitere gegen die Natur zu leben. V.a. das Patriarchat hat eine Neigung dazu, die Natur unterordnen und beherrschen zu wollen, sich über die Natur zu erheben und sich von ihr unabhängig machen zu wollen – koste es, was es wolle. Im Manga wird das durch folgenden Dialog zwischen Herrn Kamo und Yashiho deutlich: “Du verstehst da offenbar etwas falsch! Naturgeister besitzen Kräfte, die den Menschenverstand übersteigen. Das sind keine Wesen, mit denen man einträchtig zusammenleben kann. Doch wenn man ihre Kräfte auf diese Weise kontrolliert, dann werden sie zu Werkzeugen, die mit großartigen Technologien ausgestattet sind.” (Kamo) “Naturgeister sind vielleicht furchteinflößend, aber das heißt doch nicht, dass man mit ihnen nicht auskommen kann. Bitte lassen Sie die beiden frei!” (Yashiho)

Yashiho ist hier vorbildhaft. Sie steht für das Gewissen, für die Verbundenheit mit der Natur, und sie stellt sich gegen eine Herrschermentalität, die keinen Raum für ein friedliches Miteinander lässt und deswegen Schaden in allen Bereichen anrichtet. Auch das wird im Manga weiter ausgeführt: Sehr behutsam lässt der Baumgeistlehrer sich seine kleinen Baumgeisterschützlinge in ihrem eigenen Tempo entwickeln und leitet sie an, anstatt sie mit Wissen vollzustopfen (man denke z.B. an die Montessouri-Pädagogik oder die des offenen Konzepts in Kitas) und schiebt deshalb seinen Tod auf, während Herr Kamo den Baumgeist, der sich vordergründig am langsamsten entwickelt, hintergründig aber eine Tiefe beweist, die den anderen noch fehlt, vorsätzlich mit seinem Schuh zertritt.

Da schwingt Kritik mit, wie der (patriarchale) Mensch mit der Natur umgeht, die die Heimat und nährende Mutter für alle Lebewesen ist – auch für den Menschen. Das lateinische “mater” für “Mutter” steckt wie auch “materies” für u.a. “Holz” in dem Begriff “Materie”…

Offen sein für Dinge, die die Wissenschaft (noch) nicht nachweisen kann

Ein weiteres Thema ist das des Mediums, das in der Lage ist, eine Welt wahrzunehmen, die für die meisten anderen verschlossen ist. Da kommen einen fernsehaffine Medien wie Ira Wolff, Theresa Caputo, Tyler (Hollywood-Medium) oder Thomas John in den Sinn – wobei man hier kritisch anmerken könnte, dass diese ihre Gabe (sofern tatsächlich vorhanden) hochpreisig verkaufen. Ich würde behaupten, dass bei Medien, die tatsächlich mit ihrer Umwelt verbunden sind, auch die Preise für jederfrau/-man erschwinglich sind.

Eine grundsätzliche Offenheit für ein Mehr als die Wissenschaft bisher bestätigen kann, ist aber wohl von Vorteil. Denn die Technik scheint bzgl. aller (Natur-)Phänomene hinterherzuhinken. Allerdings muss man sich hier (wie sonst auch) vor Scharlatanen hüten.

Der Manga greift das Thema Medium auf, aber auch die Angst solcher medial begabter Menschen vor einer Welt, die sie aus o.g. Gründen nicht zu verstehen gelernt haben. Auch Yashiho hat Angst, aber sie stellt sich ihrer Angst und ist bereit dazuzulernen.

Der spannende Manga ist der 1. Band einer Reihe, die von den gut auf den Inhalt abgestimmten Zeichnungen mehr verspricht.

Fazit

Die Themen der medialen Begabung und des Konflikts “(patriarchaler) Mensch versus Natur” werden im ersten Band der Reihe stimmig und spannend umgesetzt.


Genre: Manga
Illustrated by Carlsen Manga!

Yakuza goes Hausmann 1-4

Yakuza goes Hausmann 1Yakuza goes Hausmann 2Yakuza goes Hausmann 3Yakuza goes Hausmann 4Vom Vollzeit-Yakuza zum Vollzeit-Hausmann!

“Immortal Tatsu” galt in der Unterwelt als gefürchtete Legende. Seit seiner Heirat aber schlägt er einen völlig neuen Weg ein: der des Hausmanns. Und zwar des Vollzeithausmanns! Da man aber auch immer Kind seiner Vergangenheit ist, kann selbst Tatsu seine nicht ganz hinter sich lassen. Das führt oft zu skurrilen Situationen: Seine liebevoll gehegte Küchenkräutersammlung auf dem Balkon z.B. wird zu einem Hanf-Verdachtsfall bei der Polizei. Die hat den ehemaligen Kriminellen sowieso auf dem Kieker. Aber auch die Gratis-Fitnesswoche oder das Mütter-Yoga kann nostalgische Yakuza-Erinnerungen wecken: “Das ist doch die Mein-Boss-Hat-Mir-Mit-Nem-Holzschwert-Ordentlich-Eine-Geballert-Pose!… Die Astreiner-Kopfschuss-Pose!” Der Kampf mit Kakerlaken, die Verkleidung als Weihnachtsmann für die Kids vom Kiez, das Volleyballspiel mit Müttern und der Gang, der Einkauf beim Fischhändler oder der Verkauf von niedlichem Selbstgestrickten auf dem Flohmarkt – die Verbindung zu seiner Vergangenheit, und sei sie noch so unwahrscheinlich, ist immer präsent.

Vergleich von Äpfeln und Birnen

Und gerade das macht einen Großteil der (Situations-)Komik dieser Reihe aus. Die Serie lebt von diesem ungewöhnlichen Vergleich von Äpfeln und Birnen, wobei man als Leser*in immer wieder staunt, dass dieser Vergleich tatsächlich gelingt. Richtig schräg wird es, wenn das astreine Kriminellen-Gesicht nicht nur beim Aerobictraining lächeln soll und die durchtrainierte Figur Tatsus in einer niedlichen, rüschenbewehrten und knallengen Hausfrauenschürze steckt. Aber gerade dies regt das im alltäglichen Trott verhaftete Hirn der Leser*innen zum Nach- und Umdenken an. Und zwar auf eine sehr amüsante Art und Weise, was auch die Cover schön verabschaulichen.

Rollentausch

Zum Umdenken regt aber auch der Rollentausch an, und dieser gleich in mehrfacher Hinsicht. Zum einen natürlich der Tausch vom gefürchteten und gefährlichen Kriminellen zum Vollzeithausmann. Zum anderen aber auch (und nicht zuletzt) der Tausch der weiblichen und männlichen Rolle. Tatsus Frau ist die Alleinverdienerin der Familie und wird von ihrem Göttergatten auch so behandelt. Dafür schätzt sie ihn (im Gegensatz zum alleinverdienenden Mann, der seine Hausfrau eher wenig schätzt und alles, was sie für ihn und andere tut, als selbstverständlich nimmt). Er umsorgt seine Herzensdame, die schwer gestresst von der Arbeit kommt, aufs Sorgfältigste und Liebevollste und das bin hin zu ernährungstechnisch-medizinischen Details. Er macht sich immens viele Gedanken um ihr Wohlbefinden, sorgt sich auch um Nachbarskinder und um hilfesuchende Kumpels und geht voll in seiner neuen Rolle als Hausmann auf.

So einen liebevollen, empathischen und die Hausarbeit tatsächlich ernst nehmenden Mann findet frau in der Realität leider viel zu selten. Tatsu ist vom Inneren her komplett das Gegenteil seines Äußeren. An dieser Stelle seien auch die hervorragenden aktuellen Dokumentationen des SWR von “betrifft:” empfohlen, die das Thema des Männerbildes und der (krank machenden) Superwoman-Rolle der Frau mit all ihren Konsequenzen zeigen:

https://www.swrfernsehen.de/betrifft/familie-heute-was-muetter-leisten-100.html

https://www.swrfernsehen.de/betrifft/familie-heute-wie-vaeter-sich-veraendern-100.html

Gerade letztgenannte Doku geht auf Väter ein, die tatsächlich Väter sein wollen – bis hin zum Hausmann, der in einer Gesellschaft, in der die traditionellen Geschlechterrollen immer noch in den Köpfen der Menschen (Gesellschaft, Wirtschaft, Politik) herumspuken, sich erst noch seinen Status erkämpfen muss. Aber v.a. die Männer, die tatsächlich ihre 50% zur Kindererziehung und im Haushalt leisten oder selbst Hausmann werden wollen, sind von Frauen gewollt und auf kurz oder lang das Zukunftsmodell Mann. Die Doku über Mütter zeigt, was Alleinerziehende leisten, wie tradititionelle Rollen die Frauen immer noch (zusätzlich zu ihrem Job) belasten und dass Homeschooling und Homeoffice (v.a. in Verbindung) ein Geschlecht hat, und das ist nicht männlich… Mich packt die nackte Wut, wenn ich sehe und höre, wie sich viel zu viele Männer immer noch mit erstaunlich viel Energie und Fantasie aus allem, was nur geht, herausreden und der Frau alles, was nur geht, aufbürden!

Der Manga zeigt in humovoller Art, wie es anders gehen kann. Und allein dafür gebührt ihm das Bundesverdienstkreuz.

Fazit

Humorvoller Manga, der gekonnt Äpfel mit Birnen vergleicht und dabei Rollenklischees komplett über den Haufen schmeißt! MEEEEEEHHR davon!!!


Genre: Manga
Illustrated by Carlsen Manga!

BL-Metamorphosen: Geheimnis einer Freundschaft 2

Vertiefung der Freundschaft

Zusammen stürzen sich die 17-jährige Schülerin und Buchverkäuferin Urara Sayama und die 75-jährige pensionierte Kalligrafielehrerin Yuki Ichinoi in das Abenteuer einer Manga-Messe. Beide unerfahren auf diesem Gebiet, aber voller Enthusiasmus überstehen sie lange Warteschlangen, unübersichtliche Hallen und die mehrstündige Verspätung ihrer Lieblingsmangaka. Das lange Warten, Erschöpfung und müde Beine lohnen sich: Sie können mit “ihrer” Mangaka ein paar Worte wechseln, ihr die Hand schütteln – und ihren neuesten Manga erwerben. Auch weiteres Lesefutter von Dojinshi-Zeichnerinnen ist hoch willkommen und sorgt gerade bei Urara für Überraschungen, denn Yuki interessiert sich durchaus für explizitere Manga mit ausnehmend hübschen Männern.

Wieder zuhause wird eifrig über die Messe diskutiert, eine monatliche Diskussionrunde ins Leben gerufen und auf Neuerscheinungen aufmerksam gemacht. Dabei kommt aber auch der Alltag nicht zu kurz: Ob das der überraschende Besuch von Yukis erwachsener Tochter ist oder der Liebeskummer von Uraras Sandkastenkumpel – sowohl Alltag als auch Hobby verbinden sich harmonisch, bieten Austausch- und Erfahrungsgelegenheiten und damit eine Vertiefung der ungewöhnlichen Frauenfreundschaft. Nur über eins traut sich Urara nicht zu sprechen: die Liebe. Denn das scheue Mädchen ist in der Liebe gänzlich unerfahren.

Harmonische Verbindung von Alltag und Hobby

Die harmonische Verbindung zwischen Alltag und Hobby setzt der Manga auch in der Panel-Gestaltung um: Die Schlüsselszenen des Lieblingsmangas der beiden Frauen tauchen in ruhigen Momenten immer wieder auf und gehen nahtlos über in die Alltagsszenen; eine Erzählung innerhalb der Erzählung. Auch der stressige Arbeitsalltag einer Mangaka wird angerissen und steht in deutlichem Kontrast mit dem friedlichen Dahinplätschern des Schülerdaseins von Urara und dem der Pensionärin Yuki. Die Mangaka lebt zwar ihren Traum, zahlt aber einen hohen Preis in Form von Stress und chronischer Schlaflosigkeit. Wohl ein Grund, warum ihre Freundin lieber Dojinshi-Zeichnerin bleiben und nicht ins Profi-Geschäft einsteigen will.

Dafür bietet die Mangaka durch ihre Geschichte Fans schöne Stunden allein und/oder gemeinsam, denn der Austausch über das Lieblingshobby fördert durchaus das soziale Miteinander. In jedem Fall fördert es die Freundschaft von Yuki und Urara, bietet aber auch Anlass zum Nachdenken für Uraras Sandkastenfreund, der unwillkürlich seine Kumpeline mit seiner Freundin vergleicht. Die Freundin selbst, obwohl hübsch und diszipliniert, fühlt sich der eher unscheinbaren Urara unterlegen, schafft es Urara doch, mit ihrem Freund ganz selbstverständlich umzugehen. Urara selbst weiß, dass sie eher einen Außenseiterstatus und es damit schwer hat und versteht die Reaktion des beliebten Mädchens nicht.

“Frauenbild einmal anders, bitte!” “Et voilà!” 🙂

Auch das ist in diesem Manga wohltuend anders: Neben einer Frauenfreundschaft, die trotz Schüchternheit mit Offenheit und Neugier auf die Welt Generationsgrenzen überwindet, sind die beiden weiblichen Hauptfiguren alles andere als dem Zeitgeist entsprechend hübsch.

Yuki ist sichtbar alt und damit per se schon eine Ausnahme in Manga und Comics, die als Hauptpersonen eher junge, hübsche Frauen, am besten sexy aufgemacht (v.a. in Comics und Mangas für männliche Leser) bevorzugen. Dass sie ihres Alters zum Trotz oder gerade deswegen (s. Erfahrung, Gelassenheit) nicht aufs Abstellgleis gehört, beweist Yuki immer wieder, obwohl die Alterserscheinungen sowohl ihres Körpers als auch ihres Hauses, die Alterswehwehchen und die damit einhergehenden Schwierigkeiten nicht verschwiegen werden. Geistig ist sie fit und offen für neue Erfahrungen, die ihre Lebensqualität spürbar verbessern und sie aus der Einsamkeit herausführen. Sie selbst lässt sich innerlich und äußerlich nicht gehen und besucht auch gern mal den Friseur.

Urara erinnert vom Äußeren her eher an eine schwarze, struppige Krähe und ihre winzigen Augen stehen dem asiatischen Schönheitsideal der runden, westlichen Augen in krasser Form entgegen. Urara erinnert ihre Mutter  an die schwarzen (niedlichen) Rußmännchen aus dem von Studio Ghibli produzierten Film “Totoro”. Dass ihre Mutter sie niedlich findet, ist allerdings auch das beste, was Urara bzgl. ihres oft auch männlich aufgemachten Äußeren von ihrer Umwelt erwarten darf. Ihr Sandkastenfreund schätzt noch ihre trotz ihres verschlossenen Gesichtsausdrucks freundliche Art. Beide Frauen machen sich nichts aus Äußerlichkeiten, auch bei anderen nicht, sodass Kommunikation möglich wird. Sie schauen hinter die für Asien so wichtige Maske. Yuki z.B. ist es völlig egal, was andere von ihr und ihrem Hobby halten.

Das doch oft sehr eindimensionale Frauenbild in Comics und Mangas wird so wohltuend erweitert und hat Vorbildfunktion!

Fazit

In wohltuend ruhiger, unaufgeregter Form wird eine ungewöhnliche Frauenfreundschaft, verbunden durch ein ungewöhnliches Hobby, warmherzig und liebevoll beschrieben. Das Frauenbild selbst hebt sich sehr positiv von dem der sonst üblichen Manga und Comics ab, sodass sich “echte” Frauen durchaus wiederfinden und den beiden weiblichen Hauptcharakteren nur fest die Daumen für eine lange, fruchtbare Freundschaft drücken können, die man sich auch im realen Leben wünschen würde.


Genre: Manga
Illustrated by Carlsen Manga!

I had that same dream again 3

Artikelbild-0

Des Rätsels Lösung

Nanoka will sich Rat bei Frau Abazure holen, denn ihr Freund Hikari hat sich zu Hause verbarrikadiert und will die Schule nicht mehr besuchen, seitdem er gemobbt wurde. Die beiden Freundinnen sprechen sich gegenseitig Mut zu und tauschen wichtige Tipps für ihre Lebenswege aus. Gestärkt mit diesen Tipps, aber angesichts des Verlustes von Minami mit der Furcht im Herzen, dass auch Frau Abazure verschwindet, geht Nanoka zu Hikari. Sie hat sich vorgenommen, zu seinem Herzen zu sprechen. Tatsächlich gelingt ihr der Zugang zu Hikaris Herz und der Junge geht wieder zur Schule. Dort wehrt er sich auf seine Weise gegen die Anfeindungen und steht Nanoka bei. Aber als Nanoka Frau Abazure von ihrem Erfolg erzählen will, erfährt sie, dass in ihrem Apartment nie eine Frau gewohnt haben soll. Voller böser Vorahnungen geht Nanoka zum Haus ihrer ältesten Freundin und hofft, wenigstens sie noch anzutreffen.

Träume, Paralleluniversen, Zukünfte, das eigene Ich

Der letzte Band der Reihe löst nach und nach die Rätsel auf, vor die sich Nanoka gestellt sieht. Dabei bedienen sich die Autorinnen der Träume innerhalb eines Traumes und lassen dabei Paralleluniversen und diverse Zukunftszweige aufeinander treffen. Alle Frauen mit ihren unterschiedlichen Lebenswegen und Nanoka haben diesen einen Traum – und er ermöglicht ihnen nach und nach eine glückliche Zukunft. Nanoka lernt, dass jede Entscheidung, die sie trifft, einen neuen Zweig der Zukunft eröffnet, dass es viele Abzweigungen geben kann, die in jeweils unterschiedliche Richtungen führen. Und sie lernt, dass alle Antworten für eine glückliche Zukunft in ihr selbst liegen. Aus ihrem letzten Traum erwacht sie in der für sie glücklichsten Zukunft. Diese hat sie im Gespräch mit ihren unterschiedlichen Ich-Aspekten herausgearbeitet und überführt die wichtigsten Eigenschaften dieser Aspekte in ihr für sie bestes Leben. Ebenso deutlich wird, dass man in egal welchem Alter sein Leben zum Besseren wenden und trotz seelischer Narben das Beste aus sich herausholen kann.

Die schwarze Katze Merle fungiert dabei als sanfte Führerin Nanokas durch die verschiedenen Universen ihres Ichs. Bedenkt man, dass Katzen (v.a. schwarze; Schwarz steht für fruchtbaren Mutterboden => in dem Manga sind das wohl die fruchtbaren Gespräche und Ideen) früher zu den heiligen Tieren der Großen Göttin gehörten, die wie die Göttin selbst verteufelt wurden, dass die Katze bzw. der Hase eines der Tiere des chinesichen Kreises der Sternzeichen ist und sie zudem als Krafttier für Selbstbestimmtheit, innere Weisheit, den 7. Sinn und geistige Entfaltung steht, scheint Merle die göttliche Gesandte für Nanokas Lebensglück zu sein. Später verschwindet auch sie, aber Nanoka besitzt letztlich eine Katze, die Merle zum Verwechseln ähnlich ist.

Fazit

Insgesamt scheint diese Manga-Reihe eine Mischung aus Elementen der Science Fiction, der Psychologie, der frühen Religionen und der Esoterik zu sein. Und diese Mischung ist äußerst gelungen! Die Lebenstipps in dem Manga dürfen ruhig bedacht und für das eigene Leben geprüft werden. “Halte dich an dich selbst, finde heraus, was du wirklich willst, mache dich mutig Schritt für Schritt auf den Weg, entwickle wohlwollende Empathie und vertraue bei der Prüfung anderer Menschen auf dein Herz” scheint die Essenz dieser Manga-Reihe zu sein. Nicht die schlechteste, wie ich finde.


Genre: Manga
Illustrated by Carlsen Manga!

Sunny 1

Leben in Waisenhaus

Im Kinderheim “Star Kids” sind Pflegekinder mit unterschiedlichen Charakteren aus ebenso unterschiedlichen Familienverhältnissen untergebracht. Allen gemeinsam ist, dass ihre Eltern nicht in der Lage sind, ihre Kinder zu erziehen. Die Kinder wissen, dass sie anders sind und deswegen in der Schule als Außenseiter abgestempelt werden. Das schweißt sie notgedrungen enger zusammen. Gemeinsamer Zufluchtsort der Heimkinder ist ein alter Nissan Sunny, in dem sie in ihre eigene Fantasiewelt abtauchen und so Kraft für den Alltag schöpfen können. Weiterlesen


Genre: Graphic Novel, Manga
Illustrated by Carlsen graphic novel

BL Metamorphosen – Geheimnis einer Freundschaft 1

BL-Otaku – man muss nicht immer jung sein!

Die 75-jährige Witwe Yuki Ichinoi hat sich in ihrem ruhigen, überschaubaren Leben eingerichtet. Aber das ändert sich, als sie eines Tages entdeckt, dass ihr Lieblingscafé geschlossen hat. Das erste Mal seit langer Zeit sucht sie stattdessen eine Buchhandlung auf. Aber anstatt der dort vermuteten Kochbücher landet sie in der Abteilung für Manga. Aus einem Impuls heraus sieht sie sich einen romantischen BL-Manga (Boys Love Manga = Manga, der sich mit der gleichgeschlechtlichen Liebe zwischen jungen Männern beschäftigt) an. Und beschließt spontan, ihn zu kaufen. Der jungen Verkäuferin und Oberschülerin Urara Sayama fallen fast die Augen aus dem Kopf, als sie den Manga sieht. Denn Urara hat ein Geheimnis: Sie ist bekennende BL-Otaku (Fan von BL) und wünscht sich schon seit langem jemanden, mit dem sie über ihr Hobby reden kann. Dass es ausgerechnet eine alte Oma sein würde, wäre ihr aber im Traum nicht eingefallen. Und doch entsteht zwischen den beiden Frauen aus so unterschiedlichen Generationen und ebenso unterschiedlichen Charakteren eine zarte Freundschaft, die beide gewissenhaft zum Erblühen bringen.

Meta-Manga

Immer noch zu wenig, aber dennoch gibt es sie – die Manga über Manga (und deren Fans). Eine ähnliche Richtung schlug schon der 2009 in deutscher Übersetzung erschienene Manga “Akihabara Shojo” von Rize Shinba und Pentabu ein, eine Geschichte über die Liebesbeziehung eines jungen Mannes zu einer Frau, die BL liebt. Dort liegt der Fokus der im Übrigen auf einer wahren Begebenheit beruhenden Geschichte eher auf dem Humor, während in “BL-Metamorphosen” großer Wert auf einen ruhigen Storyaufbau und auf die unterschiedlichen, immer liebenswerten Charaktere gelegt wird, die ein schönes Hobby eint. Das spiegelt sich schon im Cover wider.

Dabei wird auch gleich mit dem Vorurteil aufgeräumt, dass Senioren zum alten Eisen gehören und damit veraltete Ansichten haben. Tatsächlich ist die ruhige Yuki der treibende Pol hinter dieser Freundschaft, denn v.a. von ihr gehen die Impulse aus, Fragen zu stellen und sich zu treffen. Und sie ist sich nicht zu schade, ein altes Hobby von ihr, nämlich die Lektüre von Mangas in Jugendtagen, wieder aufleben zu lassen. Auch wenn ihr das BL-Genre anfangs gänzlich fremd ist. Da zeigt sich eine Offenheit und Flexibilität, die junge Leute Älteren oft nicht mehr zutrauen. Yuki betritt im wahrsten Sinne des Wortes Neuland, als sie mit Urara auf eine Manga-Messe geht.

Metamorphosen

Das altgriechische Wort “metamorphosis” bedeutet übersetzt “Umgestaltung”. Und tatsächlich gestaltet sich sowohl das Leben von Yuki als auch das von Urara um – und zwar zum Positiven. Die ältere allein lebende Dame erhält Gesellschaft und die einsame, schüchterne Urara eine Gesprächspartnerin. Eine Win-Win-Situation also. Schon im ersten Band wird deutlich, dass beide Frauen ihre Komfortzone verlassen und dafür mit neuen, schönen Erlebnissen belohnt werden, die ihr Leben wieder lebenswert machen. Dabei verändert sich auch allmählich der Charakter der beiden, indem dieser sich öffnet und weitet. Und dabei wird mit noch einem Vorurteil aufgeräumt: Der bzw. die Otaku, die/der sich im Zimmer ein- und die Welt ausschießt. In diesem Manga öffnet sich durch ihr gemeinsames Hobby die Welt wieder, anstatt dass sie außen vor gelassen wird. Und: Die Sozialkompetenz der beiden Frauen steigt. Gerade weibliche Otakus können nämlich sehr gesellig sein, wenn sie die richtigen Menschen kennenlernen. Und kreativ sind sie allemal.

Fazit

Es kommt nicht oft vor, dass ich Mangas mehrmals lese. Aber dieser ruhige, empathische Manga, der einen zarten, offenen und trotzdem bodenständigen Optimismus verströmt, gehört definitiv zu meinen Lieblingen, die auch nach mehrmaligem Lesen nicht langweilig werden. Ich bin schon sehr gespannt auf Band 2!


Genre: Manga
Illustrated by Carlsen Manga!

Santa Maria Heartland

Verbotene LiebeArtikelbild-0

Herzliches, liebevolles, gütiges Verhalten – für all das stand Maria, die Gründerin des Staates Santa Maria Heartland. Aber ihre Nachfahren wurden zunehmend selbstsüchtig und dem Volk gegenüber tyrannisch. Schließlich beendete ein Militärputsch die Monarchie blutig. Nur der kleine Prinz Lyon und sein persönlicher Leibgardist Olivier konnten entkommen. Einige Jahre später dienen beide beim Militär. Lyon kann sich an seine Vergangenheit nicht mehr erinnern und Olivier möchte die schmerzlichen Erinnerungen und die damit verbundenen Gefahren von seinem Schützling fernhalten. Allerdings hat er die Rechnung ohne seinen Vorgesetzten gemacht, der in den Unterlagen recherchiert und einige Unstimmigkeiten bzgl. der Herkunft der beiden herausgefunden hat. Als sei das noch nicht genug, schlagen sich beide mit der unheilvollen Liebe füreinander herum. Denn die homosexuelle Liebe war schon unter der Gründerin verboten.

Staaten und Homosexualität

… diese Paarung war immer schon ein schwieriger Fall. Sieht man sich Staaten wie die Vereinigten Arabischen Emirate, Pakistan, Afghanistan, Iran, Irak, Saudi-Arabien, Katar, Sudan, Mauretanien und Jemen steht die Todesstrafe auf (männliche) Homosexualität. In Nigeria, Somalia und Syrien müssen Homosexuelle ebenfalls in einigen Teilen der Länder mit der Todesstrafe rechnen. Bestraft wird sie u.a. in Russland und Litauen. Und auch in Deutschland standen homosexuelle Handlungen zwischen Männern bis zum 11. Juni 1994 unter Strafe. Frauen scheinen in manchen Ländern besser dazustehen – aber nur vordergründig. Denn der Frau wurde z.B. in Deutschland lange Zeit keine eigenständige Sexualität außerhalb des Mannes zugebilligt. So erhielt auch ihre sexuelle Orientierung weniger Aufmerksamkeit.

Auf diese Zusammenhänge spielt der Manga an, führt sie aber nicht weiter aus. Man erfährt z.B. nicht, warum die Homosexualität bestraft wird und wie diese Strafe aussieht. Zumindest ist die Homophobie, und die damit verbundene Schwierigkeit sich zu outen, ein Thema dieses Mangas, was oft in Shonen-Ai-Mangas mit dem äußeren Rahmen eines Fantasiestaates fehlt oder höchstens angedeutet wird. Die unterschwellige Bedrohung für die Protagonisten ist immer fühlbar. Ihre Liebe müssen sie also unterdrücken oder heimlich ausleben. Beides probieren die Protagonisten aus, aber beides ist nicht wirklich gangbar für sie.

Maria

Die Anspielung auf die Gottesmutter Maria in dem Manga ist offensichtlich. Allerdings wird in der christlichen Religion diese göttliche Frau, in der die prähistorische Göttin in sehr beschnittener Form überlebt hat, der “normalen” Frau enthoben und so für sie unerreichbar. Denn die Frau im Katholizismus wird vor die für sie unmögliche Wahl gestellt, entweder eine Hure zu sein oder ein asexuelles Wesen in Form der Gottesmutter. Dazwischen gibt es nichts, was nicht nur extrem frauenfeindlich, sondern auch für das Selbstbewusstsein und die Identität einer Frau äußerst schädlich ist. Was auch so gewollt ist, denn die Frau soll sich ja unterwerfen.

Die Maria in dem Manga wird zwar als Heilige verehrt, ist dem normalen Menschen aber nicht enthoben. Sie war eine normale Frau, die allerdings als heilig empfundene Werte wie Mildtätigkeit und Barmherzigkeit verkörpert hat. Diese weitete sie aber nicht auf alle Menschen aus. Sie taucht wieder in Form der Mutter Lyons auf, die – im Gegensatz zur restlichen königlichen Familie – offene Ansichten vertritt.

Fazit

Insgesamt gesehen ein netter, romantischer Manga über männliche Homosexualität, der tiefgreifendere Probleme dieser sexuellen Richtung zwar deutlicher ausführt als andere Manga, es da aber immer noch Luft nach oben gibt. Zumindest wirbt er indirekt für mehr Toleranz, was auch im Herzkreuz des Titels dargestellt wird. Wahre Liebe sollte sich frei entfalten dürfen und nicht gekreuzigt werden.


Genre: Manga
Illustrated by Carlsen Manga!

Unsere Farben 1


Oberschüler Sora trägt schon lange schwer an seinem Geheimnis: Er ist schwul. Und weil er die negative Reaktion seiner Klassenkameraden auf das Thema Homosexualität kennt, hat er sich dazu entschossen, seine wahre Identität geheim zu halten. Deshalb verschweigt er auch seinem Klassenkameraden Yoshioka, dass er ihn liebt. Selbst seine Sandkastenfreundin Nao weiß nichts von seinen sexuellen Neigungen.

Um im Alltag zu bestehen, hat sich Sora eine Maske aus Ausreden, Schweigen und Lügen aufgebaut. Diese Maske bekommt einen großen Riss, als sein Schwarm Yoshioka mit den anderen Schwule auslacht. Ab diesem Erlebnis ändert sich Soras Leben langsam, aber nachdrücklich. Erst gesteht ihm ein älterer Mann, dass er ihn mag, dann erkennt Sora, dass er ertrinken und ersticken würde, wenn er nicht endlich zu sich steht. Und als er dem älteren Mann in dessen Café folgt, findet er nicht nur neuen Mut, sondern auch ein neues Zuhause, in dem er sein darf, wie er ist.

Homosexualität

Dieser Manga widmet sich endlich dem Thema Coming Out und beschreibt sehr detailiert und einfühlsam, welchen Schwierigkeiten sich ein homosexueller Mensch (nicht nur in Japan, aber dort u.a. besonders) gegenübersieht, wenn er sich outen will. Er beleuchtet Soras Gefühlswelt und seine Maske, sowie die Einsamkeit und das vermeintlich Normale, das so verletzend wirken kann. Es ist ein Enwicklungsmanga, der den Weg Soras zu seinem wahren Ich warmherzig und empathisch nachvollzieht. Soras Schlüsselerlebnis für sein eigenes Comig Out ist das Liebesgeständnis eines anderen Mannes. Das gibt ihm dem Mut, zuerst diesem Mann und dann seiner besten Freundin seine Homosexualität zu gestehen. Er fängt mit Menschen an, die ihn verstehen könnten, und gewinnt dadurch an Sicherheit, mehr Selbstbewusstsein und einen Schutzraum.

Farben

Die Farben spielen in diesem Manga eine wichtige Rolle. Sora und seine Freundin Nao sind in der Kunst-AG. Allein das weckt schon Assoziationen bzgl. eines empfindsamen Menschen. So soll Sora im Café auf einer Wand ein Bild malen. Er fängt an mit den Gesichtszügen Yoshiokas, löscht diese aber wieder. Das spiegelt seine widerstreitenden Gefühle gegenüber seines Schwarms wider. Sora sieht die Welt einerseits mit den Augen eines Künstlers und beschreibt detailiert die Farben des Himmels und des Meeres, die er sieht. Andererseits bilden die Farben den Zustand seiner Gefühle ab. Das führt zu der Farbe Blau und zum Meer. Beides gilt als Symbol des Unterbewussten und der Emotionen. Sora hat das Gefühl, im Meer seiner unterdrückten Gefühle zu ertrinken. Der Himmel beschreibt das Transzendente, aber auch das Gefühl der Freiheit, das Sora letztlich empfinden will.

Es gibt noch eine weitere Komponente: Die Farben des Regenbogens sind u.a. die Farben der Homosexualität. Farben werden in diesem Manga also in die Tiefe gehend und damit vielschichtig eingesetzt.

Aussehen

Im Gegensatz zu den meisten BL-Mangas sehen die Figuren in diesem Manga nicht extrem schön, sondern wohltuend alltäglich aus. Auch Sora, selbst eher unscheinbar, hat sich in einen Mann verliebt, der alles andere als hübsch ist. Auch das vermittelt wichtige Botschaften: 1. Aussehen ist nicht alles. 2. Homosexuelle sind Menschen wie du und ich. Es müsste mehr Mangas geben mit alltäglich aussehenden Menschen.

Der Autor

Gengoroh Tagame ist Mangaka, Art Director und hat Romane geschrieben und illustriert. 2014 veröffentichte er den 4-bändigen Manga “Der Mann meines Bruders”, der für Akzeptanz gleichgeschlechtlicher Beziehungen wirbt und internationale Erfolge feierte. Tagame bekam dafür u.a. den Eisner-Award. 2018 wurde die Reihe als Fernsehserie adaptiert. Außerdem nahm der Autor an vielen Ausstellungen in Paris, Berlin und New York teil.

Fazit

Einfühlsamer Manga über die Schwierigkeiten, denen sich homosexuelle Menschen im Alltag und beim Coming Out gegenübersehen.


Genre: Manga
Illustrated by Carlsen Manga!

I had that same dream again 2

I had that same dream again 2

“Das Leben ist eben wie eine Wassermelone” (Nanoka)

Immer noch auf der Suche nach dem, was eigentlich Glück ist, erfährt die 10-jährige Nanoka auch das Gegenteil: Nachdem ihre neue Freundin Minami ihr eindringlich das Versprechen abgenommen hat, dass sich Nanoka wieder mit ihren Eltern vertragen soll, ist Minami wie vom Erdboden verschluckt. Nanoka spekuliert mit ihrer mütterlichen Freundin Frau Abazure, dass ihr ein Geist erschienen sei. Später stellt sich heraus, dass die Lebensgeschichte der beiden jungen Frauen recht ähnlich ist. Mit Frau Abazure spricht Nanoka aber auch über die beiden Jungen aus ihrer Klasse, die ihr viel bedeuten. Der eine liest wie sie gern und ist beliebt, der andere ist ein begabter Maler, aber ängstlich und verschlossen. Auch Frau Abazures Vorstellung von Glück gibt sie an Nanoka weiter.

Mit ihrer Eratzoma spricht Nanoka, als sie ein wunderschönes Gemälde bei ihr mit der Unterschrift “live me” entdeckt, über ihren malenden Freund Hikari, der von den anderen Jungen gemobbt wird. Die ältere Frau erklärt ihr, dass manche Menschen besonders sensibel sind und besonders tief empfinden. Trotzdem ist Nanoka enttäuscht, als sie sich in Absprache mit ihrer Lehrerin für ihren verschlossenen Freund einsetzt und von ihm dafür Hassgefühle erntet. In ihrer Klasse wird sie für ihren mutigen Einsatz danach wie Luft behandelt. Besonders verletzt sie, dass ausgerechnet der kluge Bücher lesende Ogiwara dafür verantwortlich ist, dass Hikari ständig angegriffen wird.

Traurig berichtet sie Frau Abazure von ihren schlimmen Erlebnissen, die ihr daraufhin von einem immer wiederkehrenden Traum erzählt.

Mütterliche Freundinnen

Nanoka hat vier ältere Freundinnen, die schon ihre Lebenserfahrungen gemacht haben und diese an Nanoka weitergeben. Im Gegenzug dazu bereichert Nanoka sie mit ihrer kindlichen Weltsicht und bricht so alte Strukturen auf. Beides ermöglicht für alle Beteiligten Weiterentwicklung. Minami, Frau Abazure und Nanokas Klassenlehrerin, sowie die ältere Frau erinnern an das weibliche göttliche Dreigestirn des Mädchens (Minami), der Frau (Frau Abazure und die Lehrerin) und der weisen alten Frau (die Ersatzgroßmutter), die in verschiedenen Lebensphasen stehen und der Frau beistehen.

Bewusst oder unbewusst wird hier das uralte Muster der Frauenfreundschaft aufgegriffen, das Frauen und Mädchen durch das weibliche Netzwerk Schutz und Geborgenheit bietet. Dabei wird nicht verschwiegen, dass das Leben wie eine Wassermelone ist, deren Fruchtfleisch (das Gute) man schnell verschlingt, die Kerne (das Negative) aber aussortiert. Aber auch in den Tiefen der schlimmen Erlebnisse kann man noch einen Schatz heben und daran wachsen: Wenn man die Kerne sammelt und einpflanzt, anstatt wegzuwerfen, erwachsen daraus neue Pflanzen. Oder anders ausgedrückt: Aus gemeisterten Problemen erwächst eine gestärkte Persönlichkeit.

Hochsensibilität

Die Psychologin Elaine Aron prägte in den 90ern den Begriff der Hochsensibilität /Hochsensitivität für Menschen, die besonders tief empfinden können und eine besonders hohe Verarbeitsungsdichte von Informationen haben, was sich sehr positiv auf Empathie, Kreativität und die Analyse und Interpretation des Lebens auswirkt. Diese Hochsensibilität wird von der älteren Frau im Manga entsprechend positiv dargestellt, um Nanokas negative Sicht auf den vermeintlichen Feigling zu relativieren. Nanoka befindet sich allerdings noch in einem Entwicklungsprozess, sodass sie Hikari nur teilweise versteht und für sein Verhalten verurteilt.

Mobbing

Mobbing ist ein grundlegendes Problem der Gesellschaft, das sich durch alle Zeiten hinweg überall zeigt, sowohl auf der Arbeit, als auch in der Schule oder Freizeit. Jede(r) kennt wohl z.B. Ausenseiter/innen in der Klasse, mit denen man nicht gern gesehen werden wollte. Wie auch in dem Manga gut dargestellt, geht Mobbing zurück auf eine engstirnige Weltsicht, auf Ignoranz, auf Vorurteile, auf Lust am Quälen anderer, auf Gerüchte, auf Rufmord, auf das Aufbauen des eigenen (niedrigen) Selbstbewusstseins, indem man sich selbst erhöht und andere dafür erniedrigt. Nanoka stellt sich dem entgegen und erntet dafür den kompletten Ausschluss aus der Klasse. Das Herdentier Mensch mag es eben nicht, wenn man gegen den Strom schwimmt. Das bekommt auch Nanoka schmerzlich zu spüren, nachdem sie sich auf die Seite des Außenseiters gestellt hat. Sie beweist Mut und zeigt mit ihrem Verhalten, dass dieser Mut den anderen fehlt. (Mangelnde) Zivilcourage ist immer noch ein heißes Eisen in der Gesellschaft. Der Manga legt den Finger auf diese Wunde.

Außerdem dreht Nanoka mit ihrem Verhalten das traditionelle Rollenmuster um: Sie beschützt einen Jungen (und  nicht umgekehrt). Das weckt Urängste vor einer starken Frau, die Nanoka von ihren männlichen Klassenkameraden prompt gespiegelt bekommt.

Träume (s. Titel des Mangas)

Träume, Mythen, Märchen bedienen das Unterbewusste. Dementsprechend erzählt Frau Abazure Nanoka ihr Leben in Form eines Traumes. Nanoka erfasst unbewusst den Kern und Frau Abazure wird zurückversetzt in eine Schlüsselszene ihrer Kindheit. Außerdem erzählt sie, was passiert, wenn man sich selbst enfremdet.

Fazit

Der 2. Teil setzt das hohe Niveau des 1. Bandes fort. Man darf gespannt sein auf den 3. und abschließenden Band!

 


Genre: Manga
Illustrated by Carlsen Manga!

Mother’s Spirit 1 und 2
by Enzo

Liebe zwischen zwei Kulturen

Schlimmer kann es für den schmächtigen, zurückgezogenen, schüchternen, aber liebenswerten Universitätsangestellten Ryouichirou Tsutsuki kaum noch kommen: Er soll im Auftrag des Unipräsidenten einen Austauschstudenten aufnehmen. Vorbei die Ruhe, denn Austauschstudent Qualtaqa kommt direkt aus dem Dschungel – ohne jemals Kontakt mit der westlichen Zivilisation gehabt zu haben. Dementsprechend kann er weder Englisch, noch kennt Qaltaqa die Errungenschaften der modernen Technik. So stellt allein schon ein Gang auf die (japanische Hightech-)Toilette den muskulösen Krieger vor ungeahnte Herausforderungen. Aber der sanfte Riese ist zäh und willig, alles über sein Gastland zu lernen. Und so erstaunt er nicht nur die hohen Tiere der Universität mit seiner Lerngeschwindigkeit, sondern nötigt auch Ryo eine gehörige Portion Respekt ab.

Ryo selbst ist im Laufe der Zeit fasziniert von Qaltqa und dessen Fähigkeiten, im Dschungel zu (über)leben. Aber auch Qaltaqas Äußeres lässt ihn nicht kalt, denn alle Menschen vom Stamm der Lutha sind extrem attraktiv. Qaltaqa hingegen mag Ryos Liebenswürdigkeit und Warmherzigkeit. Und da Qaltaqa gewohnt ist, im Einklang mit der Natur zu leben, zeigt er Ryo offen seine Gefühle. Das ist für den japanischen Mann, dem von Anfang an beigebracht wird, seine Gefühle zu verbergen und ständig Selbstkritik zu üben, sehr erschreckend, aber gleichzeitig auch faszinierend.

So nähern sich die beiden vordergründig so unterschiedlichen Männer langsam einander an und beginnen eine heimliche Liebesbeziehung. Allerdings will Qaltqa mehr. Er nimmt Ryo mit in den Dschungel und stellt ihn seinen Stammesmitgliedern als seine “Braut” vor. Wie werden die Stammesältesten auf diese kühne Ankündigung reagieren?

Homosexualität

Die beiden in sich abgeschlossenen Bände bedienen das Genre BL (boys love = gleichgeschlechtliche Liebe zwischen jungen Männern). Da auch Sexszenen vorkommen, ist der Manga allerdings erst für ältere Leser/innen zu empfehlen. Dass dem Thema Homosexualität in Mangas ein eigenes Genre eingeräumt wird, ist erst einmal zu begrüßen. Allerdings dient es meist nicht dazu, mehr Toleranz in der (japanischen) Gesellschaft zu fördern, sondern zielt auf den Frauengeschmack ab: BL wird vorwiegend von Leserinnen gekauft, die die attraktiven Charaktere sehr zu schätzen wissen. Das Gegenstück, Yuri genannt, das die gleichgeschlechtliche Liebe zwischen Frauen thematisiert, wird eher stiefmütterlich behandelt. Das weist leider auch wieder auf die unterschiedliche Wertigkeit von Frau und Mann hin. Lesbische Liebe wird auch hierzulande nicht so offen gelebt wie schwule Liebe. Sie führt im Vergleich dazu eher ein Schattendasein. Zudem müssen viele Lesben (mit oft vorausgehenden schlechten herterosexuellen Beziehungen und den daraus resultierenden Kindern) genau wie heterosexuell Alleinerziehende mit finanzieller Armut klarkommen. Diese scheint bei schwulen Männern nicht so verbreitet zu sein.

In den BL-Mangas wird der Problematik, denen sich homosexuelle Paare ausgesetzt sehen, nicht besonders viel Raum eingeräumt, obwohl es Mangas gibt, die das durchaus tun. Das Problem des Outings wird auch hier realtiv schnell abgehandelt. Ansonsten ist die zarte Liebe, die da erblüht, schön anzusehen, denn sie ist durchaus romantischer Natur und nicht explizit auf Sexszenen ausgelegt.

Westliche Welt versus Naturvölker

Auch dieser Manga tappt in die Falle, die westliche Kultur über die der Naturvölker zu stellen. Der Vorstandsvorsitzende betont zwar die Intelligenz und die außergewöhnlichen körperlichen Fähigkeiten der Lutha, aber “da sie ein Naturvolk sind und weit weg von der Zivilisation leben, kennen sie bedauerlicherweise keinerlei Kultur des Lernens” und will dem mit seinen Beziehungen Abhilfe schaffen. Weder stellt sich ihm  die Frage, ob das gut für das Naturvolk ist, noch ist ihm die Vetternwirtschaft bewusst, die er da betreibt. Und Ryou fragt auch nicht nach, denn es gilt das hierarchische Prinzip des Gehorsams. Arrogant auch die Aussage, das Naturvolk würde “keinerlei Kultur des Lernens” kennen. Wer sich damit mehr beschäftigt, weiß, dass es sehr wohl eine Kultur des Lernens gibt, die aber anders (und damit der westlichen offensichtlich nicht gleichwertig, weil mündlich und nicht schriftlich) ist.

Davon abgesehen macht sich keine der Figuren darüber Gedanken, was die “Segnungen” der Zivilisation für Schäden anrichten können. Und es in der Vergangenheit auch getan haben, wie z.B.  Raubbau an der Natur, Einschleppen tödlicher Krankheiten, Alkohol, Landwegnahme, Zivilisationskrankheiten usw. Gut, dass der Manga zumindest ansatzweise die naturverbundene Sicht der Lutha dagegenstellt, von der der Raubbau betreibende Westen noch einiges bzgl. Nachhaltigkeit lernen kann. (Mal abgesehen davon muss man ja auch in der westlichen Welt nicht jeden technischen Schnickschnack mitmachen; Internet-, Handy- und Fernsehsucht kombiniert mit Bewegungsmangel reicht vollauf.) Schön auch, dass die Lutha einen Kult der Großen Göttin betreiben. Der Manga greift hier die Vorstellungen der vor-patriarchalichen Zeit auf, in der die Göttin als lebensspendende Frau in all ihrer Macht aufgetreten ist und selbst in den patriarchalischen Religionen immer noch weiterexistiert, weil sie trotz aller Repressionen und Streichungen nie ganz verschwunden ist. Anstatt Männer und Frauen zu beschneiden, wird hier eine Religion präsentiert, die Stärke und Schwäche gleichwertig vereint, die Veränderung begrüßt und betont, dass man aus sich heraus strahlen kann. Zum Glück wird ebenfalls deutlich, dass die Lutha ihre Traditionen keineswegs aufgeben wollen. Sie wollen das Beste aus beiden Welten miteinander vereinen und sich von den schädigenden Vorstellungen trennen.

Fazit

Romantischer BL-Manga, der durchaus Potential hat, aber an entscheidender Stelle auch unkritische Momente aufweist.


Genre: Manga
Illustrated by Carlsen Manga!

Arte 2

Quellbild anzeigen

“Ich verstehe, was du sagst. Aber du bist anders als wir. Du bist eine Frau.” Angelo

Arte hat den Auftrag bekommen, die reiche Kurtisane Veronica zu malen. Diesen Auftrag erfüllt sie gerne, denn Veronicas Intelligenz und Liebenswürdigkeit haben sie tief beeindruckt. Aber sie merkt schnell, dass Veronicas Beruf auch Schattenseiten hat. Zum einen darf sich eine (Edel-)Kurtisane nicht verlieben, wenn sie in ihrem Beruf weiterhin erfolgreich sein will. Veronica zeigt Arte als abschreckendes Beispiel eine Kollegin, deren tiefen Fall sie einem Mann zu verdanken hatte, der ihre Liebe nicht zu schätzen wusste. Zum anderen verursacht dieses Liebesverbot nicht nur ständige Distanz zu Männern, sondern auf Seiten der Männer Leid, wenn diese sich in die Kurtisane verlieben. Und Kaltblütigkeit, denn Veronica muss diese Liebe für ihr Auskommen nutzen, solange sie nicht verblüht ist. Artes mitfühlendes Herz verkraftet diese Kaltblütigkeit nicht, weswegen sie vorerst mit Veronica bricht.

“Mann oder Frau – das interessiert mich nicht. Um Malerin zu werden, brauche ich die gleiche Ausbildung wie ihr. Vielleicht muss ich sogar mehr tun.” Arte

Stattdessen will sie erneut versuchen, Angelos Meister dazu zu überreden, dass sie seine Statuen skizzieren darf. Diesmal hat sie mit ihrer Energie und Hartnäckigkeit Erfolg. Aber der Meister scheint Unmögliches von ihr zu verlangen: Sie muss zehn schwere Säcke quer durch die Werkstatt tragen. Niemand traut ihr das zu, aber Artes Wille ist ungebrochen und sie schafft das Unmögliche. Der Meister hält sein Versprechen.

“Mädchen kosten nur Geld. Ein Junge könnte mir wenigstens zur Hand gehen.” Dacias Vater

Außerdem freundet Arte sich mit Dacia an, die zunächst nicht gut auf Arte zu sprechen ist. Die arme, aber disziplinierte Näherin kann nicht verstehen, dass Arte als Adlige freiwillig arbeitet, während sie sich mühsam ihre Aussteuer zusammensparen muss, um überhaupt eine Chance auf Heirat zu haben. Als Näherin werden sie und ihre Kolleginnen von ihrem männlichen Vorgesetzen gnadenlos ausgebeutet. Eines Tages reicht es Dacia und sie beschwert sich lautstark bei ihrem Vorgesetzen. Die anderen tun es ihr gleich. Daraufhin lässt er die Näherinnen im Stich, gibt ihnen aber noch die gut bezahlten Aufträge, um die zornigen Frauen zu besänftigen. Allerdings kann keine der Frauen lesen, sodass Arte, die Dacias Ersparnisse gefunden und ihr zurückgebracht hat, diese Aufgabe übernimmt. Die Frauen sind von nun an ihr eigener Chef.

“Lasst euch das nicht einfach gefallen!” Arte

Der Manga zeigt vielerlei. Zum einen präsentiert er mit Arte, Veronica und Dacia (willens-)starke Frauen, die in einer Zeit, in der sie keinerlei Rechte haben, noch stärker sein müssen (auch körperlich) als Männer. Er zeigt auch an diesen weiblichen Beispielen Frauen aus unterschiedlichen Schichten, die allerdings alle aufgrund ihrer Rechtlosigkeit (die eigentlich schon den Status der Sklaverei inne hat) trotzdem das gleiche Schicksal teilen.

Zum anderen scheinen in den Situationen der Frauen auch heutige Frauenschicksale durch. Man denke nur an die Frauen in Indien, deren Eltern für die Aussteuer und Hochzeit aufkommen müssen. Mittlerweile ist die Mitgifttradition zwar verboten, aber es sterben deswegen in Form einer Brautverbrennung immer noch offziell ca. 6600 Frauen pro Jahr.

In westlichen Ländern ist die Unsitte, dass Frauen v.a. bei gleicher Arbeit deutlich weniger als Männer verdienen, immer noch verbreitet. Zudem werden sogenannte Frauenberufe von vorneherein schlechter bezahlt als die traditionell männlichen Berufe. Auch wenn die Frauenbewegungen und der Feminismus viel bewirkt haben – am Ende der Fahnenstange sind wir mit der Gleichberechtigung und v.a. der Gleichwertigkeit (eingeschlossen der gesellschaftlichen und finanziellen Anerkennung der Frau) noch lange nicht!

Dacia löst das Problem der Aussteuer, indem sie nicht mehr die Heirat (und damit die Abhängigkeit) in den Fokus ihrer Anstrengungen stellt, sondern ihr bisher gespartes Geld Arte gibt, die ihr dafür das Lesen beibringen soll. Nicht nur damit helfen sich die Frauen in dem Manga selbst. Somit sind wir bei der Bildung v.a. für Mädchen, um die es in ärmeren Ländern immer noch schlecht bestellt ist. Bildung aber bedeutet neben mehr Wissen und damit weniger Manipulierbarkeit in erster Linie Unabhängigkeit durch die Chance auf einen gut bezahlten Beruf. Das hat Dacia erkannt.

“Man muss genügend Aufträge haben. Und mit ihnen Geld erwirtschaften. Später wird das auch für dich wichtig werden.” Meister Leo zu Arte

Zu diesem sehr guten Manga gibt es auch einen Anime.

Fazit: Sehr gut gestalteter Manga, der vielerlei Ungerechtigkeiten in der Beziehung der Geschlechter aufzeigt, die leider auch heute noch aktuell sind.


Genre: Manga
Illustrated by Carlsen Manga!

Shiba – ein Hund zum Verlieben

Cover-Bild Shiba - Ein Hund zum Verlieben“Ein Hund muss her! Denn ganz allein mag die ‘die alte Hexe’ Hinako auch nicht weiter sein. Ein süßer Shiba Inu soll es werden. Und die resolute Dame wird fündig in der Tierhandlung: Ihre Wahl fällt auf den niedlichen Taro. Doch den kleinen Welpen gibt es nicht ohne Shibako. Diese – äußerlich nicht ganz perfekt geratene – Hündin muss als ‘Ladenhüterin’ endlich an den Menschen gebracht werden. Zunächst widerwillig nimmt Hinako sich des Tieres an – und merkt schnell, welch treue Freundin ihr die Shiba-Hündin in allen Lebenslagen sein wird.” (Inhaltsangabe der Rückseite des Mangas)

 

 

 

Der Einzelband bietet in sich abgeschlossene Episoden, die vordergründig luftig-leicht, optimistisch und warmherzig sind. Hintergründig behandelt der Manga aber durchaus auch tiefsinnigere Themen. Da wäre zum einen die von allen als hässlich empfundene Hündin Shibako, die traurig über die ständig abwertenden Kommentare der anderen ist. Sie sieht sich selbst daraufhin auch nicht als hübsch an, hat sich aber gezwungenermaßen an die Kommentare gewöhnt und versucht so gut es geht, damit zurecht zu kommen. Ihr liebenswertes Wesen hat sie trotz allem aber nicht verloren und auch nicht ihr Bedürfnis, für andere da zu sein. Das erinnert sehr an abwertende Kommentare, die sich vordergründig hässliche Menschen, v.a. Frauen, anhören müssen, wenn sie nur über ihr Äußeres definiert werden, das ihnen vom jeweiligen Zeitgeist aufdiktiert wird. Die Schäden, die solche  Schönheitsbilder v.a. bei Mädchen und Frauen anrichten können, sind bekannt. Da hilft wirklich nur noch die Abgrenzung von Äußerlichkeiten, die frau entweder durch Kampfgeist, durch Selbstbewusstsein, Charme oder, wie in Shibakos Fall, durch ein liebenswertes Wesen erreichen kann, sodass das Äußere – ebenfalls wie bei Shibako – irgendwann in den Hingergrund tritt.

Nicht so akzeptiert zu werden, wie man ist, ist auch ein Hauptthema der (vordergründig) nervtötenden Nachbarin Matsuko. Ihre Kinderlosigkeit wurde ihr von ihrem Mann und ihren Schwiegereltern zum Vorwurf gemacht und sie wurde als “unnütz” bezeichnet. Das ist auch eine negative Auswirkung des Patriarchats, das die Frau seit Jahrtausenden auf die Mutterrolle reduziert, anstatt sie in ihrer Vielfalt wahrzunehmen. Als Folge wird  erst gar nicht nachgeforscht, wer tatsächlich unfruchtbar ist, sondern automatisch der Frau die Schuld für die Kinderlosigkeit gegeben. Es folgt eine weitere Konsequenz, für die sich die erniedrigte Frau aufgrund ihres angezüchteten mangelnden Selbstbewusstseins die Schuld gibt: Sie ist froh, als ihre Peiniger (in dem Fall die Familie, die doch eigentlich ein Hort der Geborgenheit sein sollte) endlich tot sind. Ein Tabu-Thema, denn die Gesellschaft gibt vor, dass man gut von den Toten zu reden hat. Shibako aber versteht Matsuko, weil sie empathisch ist und unvoreingenommen hinter die Fassade blicken kann.

Mit offenen Augen durch die Welt gehen und hinter die Fassaden blicken sie und Taro bei einem weiteren Thema, das nicht so ohne Weiteres in der Öffentlichkeit akzeptiert wird: Sie können hinter die Kulissen der mathematisch-naturwissenschaftlich ausgerichteten Welt schauen. Das heißt in diesem Fall,  Geister zu sehen. Damit greift das Auorinnengespann zweierlei auf. Zum einen klingt leise Kritik an den naturwissenschaftlichen Therorien an, die (egal, wie gut sie sind) im besten Fall wie bei der Fabel der Blinden und dem Elefanten immer nur einen Ausschnitt der Wirklichkeit abbilden können. Zum anderen greift es damit das Phänomen auf, dass Tiere offensichtlich etwas wahrnehmen, was den meisten menschlichen Sinnen verborgen bleibt. Ich habe mich beim Lesen sehr an das Buch von Mary Ann Winkowski “Mit Geistern reden” erinnert gefühlt, das auch auf Tiergeister eingeht. Die von den Wissenschaftlern oft lächerlich gemachte Esoterik und das Paranormale (wobei man sich insgesamt fragen könnte, was eigentlich “normal” ist – darüber gibt es durch alle Zeiten, Regionen und Kulturen hinweg unterschiedliche Meinungen) wird hier als ganz selbstverständlich genommen. Kinder und Tiere urteilen nicht, sie nehmen alles, was sie wahrnehmen, als selbstverständlich an. Und nebenbei gilt in dieser Geschichte als selbstverständlich, dass alles, was lebt, eine Seele hat – nicht nur der Mensch.

Ein weiteres Thema, das angeschnitten und als nicht selbstverständlich betrachtet wird, ist die Liebe im Alter. Alte Menschen sehnen sich genauso nach Zuneigung und einer liebevollen Beziehung wie junge Menschen. Das und die Vorurteile, die sogar in den Beteiligten selbst wirken, skizziert der Manga liebevoll-empathisch und im Fall von Shibako vorurteilsfrei. Kurz erwähnt wird auch die Liebe mit (großem) Altersunterschied. Besonders skandalös ist hierbei die Liebe zwischen einer älteren Frau und einem jüngeren Mann. Man fühlt sich in den letzten Panels dieser Episode ein wenig an “Harold and Maude” erinnert, wo dieses Vorurteil der skandalösen Liebe genüsslich zerpflückt wird.

Hinako selbst ist auch ein Fall des “Hinter-die-Kulissen-schauen”. Denn die Hunde merken, dass sie trotz aller Schroffheit eigentlich eine warmherzige Person ist, deren wahre Qualitäten ihr verstorbener Mann trotz ihres wenig schönen Äußeren erkannt hat. In dem Fall ist es die Umkehrung der Geschlechter der bekannten Geschichte “Die Schöne und das Biest”: Der Mann ist der Gutaussehende, der die verborgenen Qualitäten des unschönen Biests, oder in diesem Fall “der alten Hexe”, erkennen kann. Aber selbst Hinako, die diese Erfahrung gemacht hat, lässt sich zunächst durch das vordergründig hässliche Äußere von Shibako täuschen. Da sieht man, die tief Vorurteile sitzen.

Der humorvolle, warmherzige Manga vermittelt mit recht realitätsnahem Optimismus das Thema “Schein versus Sein: Nicht alles ist so, wie es scheint” und beleuchtet es aus vielen verschiedenen Perspektiven heraus. Äußeres wie Inneres muss nicht so sein wie es auf den ersten Blick scheint. Ein zweiter Blick hinter die Kulissen lohnt sich allemal – das ist das Fazit des Mangas.


Genre: Manga
Illustrated by Carlsen Manga!

Die Schrift des Windes – Yagyu Jubei

https://images-na.ssl-images-amazon.com/images/I/51RElQEFxqL._SX346_BO1,204,203,200_.jpg

“Japan 1649. Nach zwei Jahrhunderten kriegerischer Auseinandersetzungen herrscht die Tokugawa-Dynastie streng aber friedlich über das Land Japan – unter Festsetzung des Kaisers innerhalb der Palastmauern in Kyoto. Der Diebstahl geheimer Dokumente schürt die Konflikte und führt an die Grenze eines neuerlichen Bürgerkrieges. Um einen solchen zu verhindern, beauftragt das Shogunat den Samurai Jubei mit der Suche nach den Schriften.” (Inhaltsangabe der Graphic Novel)

 

 

 

Katsu Kaishu (Quelle: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/1/1f/Katsu_Yasuyoshi.jpg/220px-Katsu_Yasuyoshi.jpg)Quellbild anzeigen

Winter 1898. Etliche hochrangige Regierungsbeamte besuchen ihren ehemaligen Feind, den alten Mann, den sie im Scherz “Der Aufschneider vom Hikawa-Viertel” nennen. Der Mann namens Katsu Kaishu war es, der die friedliche Übergabe der Burg Edo veranlasst hat. Die Beamten wollen unbekannte Episoden aus der Zeit des Shogunats erfahren. Und werden nicht enttäuscht, denn der alte Mann hält den Schlüssel zum Aufbruch in die Moderne in den Händen. Er erzählt: “Am Wendepunkt des Schicksals der Tokugawa sollten diese Dokumente dem Bevollmächtigten des Shogunats überreicht werden… Das war die persönliche Anweisung des göttlichen Ieyasu. Ihr Inhalt hat mich aber wirklich überrascht.” Denn dieser ist so wegweisend wie einfach. “Die Geheimdokumente der Yagyu waren tatsächlich für die Meiji-Restauration notwendig… Aber ich frage mich, wie sie zukünftig auf Japan einwirken werden…”

Dass sich der 2017 verstorbene Mangaka Jiro Taniguchi nicht  mit seichten Storylines zufrieden gibt, ist seinen Fans bestens bekannt. Auch dieses Werk macht da keine Ausnahme. Wie schon bei “Ihr Name war Tomoji” hat sich der Mangaka ein historisches Sujet ausgesucht, um es aus seiner Sicht vor den Augen der Leser/innen lebendig werden zu lassen. Dabei wird deutlich, dass er kein Schwarz-Weiß-Bild der Geschichte zeichnet, sondern auch die “Gegner” jeweils ihre eigene nachvollziehbare Motivation haben, um zu handeln, wie sie handeln. Auch Jubei hegt keinen persönlichen Groll gegen seinen Hauptwidersacher Yashamaro, den er dazu bewegen will, den Konflikt friedlich zu lösen. Er setzt dabei auf Argumente, die allerdings gegen Yashamaros Motivation keine Chance haben. Letztlich gewinnt niemand, denn die Menschen, auch Jubei, opfern sich für ein höheres Ziel. Es geht also nicht um Gewinnen oder Verlieren, sondern um humanes Verhalten, das letztlich den Menschen (und nicht den Mächtigen) dienen soll. Damit wird Jubei (und indirekt Shogun Ieyasu als vernunftbegabter Herrscher) als Vorbild in Szene gesetzt.

Unabhängig davon, ob dieses positive Bild des Ieyasu der Wirklichkeit entspricht oder nicht, ist die Bedeutung klar – v.a. in der jetzigen Zeit, in der es (zu) viele unfähige Menschen an der Macht gibt: An erster Stelle hat nicht das Wohl der Mächtigen zu stehen, sondern das der gesamten Menschheit.

Mit gewohnter Detailtreue muten die Panels an wie kleine Gemälde, wobei aber auch die mangatypische Dynamik der Action-Szenen nicht zu kurz kommt. Diese Detailtreue gilt allerdings auch für die Darstellung der Kämpfe und damit der Gewalt, die ungeschönt und scheinbar emotionslos in Szene gesetzt wird. Automatisch stellt sich hier die Frage, ob der Weg zum Frieden tatsächlich erst einmal über Leichen führen muss. Dies versucht auch Jubei zu verhindern, indem er eine neue Kampftechnik erfindet, die den Gegner wie beim Schachmatt wirkungsvoll ohne Blutvergießen ausschalten soll. Aber auch hier und v.a. im Entscheidungskampf wird deutlich, dass es der freie Wille des Menschen (hier des Gegners) ist, wie er sich letztlich entscheidet.

Die Geschichte Jubeis wird umrahmt von der Geschichte Kaishus, die wiederum einen prägnanten Ausblick auf die Welt des 20. Jahrhunderts gibt. Die Folgen des II. Weltkrieges sind den Japanern immer noch gut im Gedächtnis.

Insgesamt wieder ein vielschichtiges Werk sowohl im Innen (Story) als auch im Außen (Gestaltung), das es verdient, gelesen und angeschaut zu werden.

 


Genre: Graphic Novel, Manga
Illustrated by Carlsen Verlag Hamburg

Snack World 1

Chup ist ein echter Abenteurer. Mit seiner Heldengruppe hat er schon viele lebensgefährliche Situationen – mehr schlecht als recht – überstanden.

Deshalb bekommt er vom naiven König die Aufgabe, für seine eitle Tochter Prinzessin Melonia das wertvolle Purpurauge zu besorgen. Dafür müssen die Helden aber erst einmal die Medusa überwinden.

Mithilfe der sogenannten Snacks (Handykarten mit magischen Geschöpfen, die herbeigerufen werden können), will Chup auch dieses Abenteuer bestehen. Aber die Prinzessin ist unersättlich: Sie will für ihren Teint die seltene Kranel-No.-2-Creme vom Riesenkraken und den Immortali-Tee vom Phönix-Huhn. Als wäre das nicht genug, will sich Chup unbedingt am bösen Kaufmann Sultan Basamico rächen, der Chups Familie auf dem Gewissen hat.

Die Abenteuer sind genauso skurril, wie sie sich anhören. Die Werbestrategie verkauft sie zwar als witzig, aber eigentlich ist der Witz sehr bemüht, geht in die Fäkalrichtung und verharmlost die Gewalt, die in diesem Manga reichlich vorkommt.

Außerdem geht der Witz meist auf Kosten der anderen, denn die Abenteurer selbst, bis auf die Frau der Heldentruppe, muten wie Lemminge an, die ohne Sinn und Verstand auf den Abgrund zulaufen. Prinzessin Melodia wird als hirnlose, nur ihrer Eitelkeit verpflichtete Frau dargestellt, der andere völlig egal sind. Ihr Vater hat ihr die Hirnlosigkeit anscheinend vererbt; bei ihm fragt man sich, wie er bei seinem praktisch nicht vorhandenen IQ König werden konnte.

Auch die Anspielungen auf die Mythologie retten die Story nicht, da auch diese eher flach daherkommen. Die Medusa z.B. wird einseitig als verrückt und mordlüstern dargestellt und dient eigentlich nur als Mittel der gegen sie auszuübenden Gewalt. Im (griechischen) Mythos bzw. in den Urmythen dagegen ist ein schlangenumkröntes Haupt das Symbol für eine weise Frau und des “weisen Blutes”, das Frauen göttliche Macht verleiht.

Schlangen werden oft mit Weiblichkeit und mächtigen weiblichen Göttinnen in Verbindung gebracht. Medusa selbst war ursprünglich die Schlangengöttin der libyschen Amazonen und verkörperte das weibliche Wissen. Ihr Blut soll lebensspendend, aber auch tödlich gewesen sein. Gemeint war wohl das Menstruatonsblut, dem früher Zauberkräfte nachgesagt wurden. Naturvölker glaubten oft, dass der Blick einer menstruierenden Frau einen Mann in Stein verwandeln kann.

Von dieser machtvollen Göttinnengestalt ist in diesem Manga leider nichts zu spüren. Einzig die blondhaarige Heldin der Gruppe fällt keinem Klischee zum Opfer, denn sie ist die (ungehörte) Stimme der Vernunft und kann für sich, im Gegensatz zu den männlichen Helden und der sexistischen Blondinen-Witze, Intelligenz beanspruchen.

Wer flache Schenkelklopfer-Witze und Storys ohne Sinn und Verstand mag, ist mit diesem Manga gut bedient. Alle anderen sollten die Finger von so viel tumber Hirnrissigkeit lassen.


Genre: Manga
Illustrated by Carlsen Manga!