Der Roman-Titel ist einer Bach-Kantate entlehnt und spielt in der Nachkriegszeit in Holland. In diesem autobiografisch geprägten Buch, in dem die Atmosphäre einer permanenten Bedrohung vorherrscht, verknüpft `t Hart spannende Kriminalhandlung mit Elementen des bürgerlichen Bildungs- und Erziehungsromans.
Der zwölfjährige Alexander, Sohn des Lumpenhändlers Goudevyl, wächst in einer holländischen Kleinstadt auf. Die alten Geschichten vom Krieg begleiten den Jungen. Von seinen Schulkameraden gehänselt und verprügelt und vom Ortspolizisten missbraucht, sucht er Zuflucht in der Musik. Da wird der Junge Zeuge eines Mordes an dem Dorfpolizisten, der unmittelbar hinter dem Rücken des Jungen erschossen wird. Die Aufklärung der Tat begleiten den Jungen Alexander sein Leben lang, der später als Komponist Ruhm und Ehre ernten wird.
Die Spuren führen zurück zu einem Kriegsverbrechen im Jahr 1940. Bei der Flucht aus dem besetzten Holland (nach England) wird ein Fischerboot versenkt. In dem Beiboot können die Passagiere und der Fischer (der später als Ortspolizist wieder auftaucht) entkommen. Als Alexander später Musikunterricht nimmt und sich mit den Söhnen der Musiklehrerin befreundet, ahnt er, dass hier eine Verbindung zu dem Verbrechen liegen könnte, genauso wie beim Apotheker, der ihn immer wieder zu sich einlädt.
Ein wirklich spannungsreiches Buch, das nicht so schnell loslässt, obwohl auch epische Längen das Lesen etwas zäh machen. Musische Passagen lockern den Roman wieder auf.
Über Menschen, Orte, Ereignisse und immer wieder über Bücher schreibt Elke Heidenreich seit mehr als drei Jahrzehnten. Dreißig ihr wichtige Geschichten fasst sie in diesem Band zusammen. Einige sind zuvor in der Frauenzeitschrift Brigitte erschienen, für die Elke Heidenreich siebzehn Jahre lang als Kolumnistin schrieb. Der Band ist insofern eine Zweitverwertung eines durch die Medien bekannten Autorennamens. Methodisch erzählt Heidenreich gern persönliche Dinge aus ihrer Kindheit und Jugend, sie erinnert an Bücher, Lieder, Radiostimmen und stellt Bezüge zu ihrer Jetztzeit her. Dabei wirkt sie stets moralisch, es fehlt ihr eine Prise Leichtigkeit.
Das Buch ist bereits makuliert. Erstaunlich, dass selbst eine relativ bekannte Autorin schon ein Jahr nach Herausgabe auf den Wühltischen der Buchmärkte landet.
Sprachgewaltige Wortakrobatik eines Kampftrinkers, der sich als Redakteur eines Hamburger Anzeigenblattes durchschlägt und dabei jahrelang in einem Paralleluniversum lebt. Auf der einen Seite der Elbe ist er seit Jahren mit Anita liiert, auf der anderen Flussseite »bärbelt« er heftig mit einer liebestollen Floristin, die er nach jahrelanger Gewöhnung vergeblich wieder loswerden möchte. Weiterlesen →
Die in dem leider vergriffenen Buch versammelten Geschichten und Reportagen sind für alle Freunde des ausgefeilten Stils und der bildhaften Sprache Leckerbissen. Veröffentlicht wurden sie zwischen 1976 und 1982 im Hamburger Nachrichtenmagazin »Der Spiegel«. Meist handelt es sich um intime Porträts von Leuten wie du und ich sowie von Wichtigtuern, Berühmtheiten und Politikern.
Wir lernen Biggi kennen, »eine kinderblonde Scheidungswitwe, die einen tiefen finanziellen Frieden verströmt und durch ihren schmalen Kiefer wie ein Lamm aussieht.« Wir begleiten den englischen Schauspieler Jeremy Irons, »der von so empfindlicher Schönheit ist, dass er auf dem Satinpolster eines dicht schließenden Etuis zu Hause sein könnte.« Der Leser erlebt aber auch den rasanten sozialen Abstieg der Sophie Häusler mit, »die eine Schussfahrt durch eine zielgenaue Schneide macht, deren Markierungen ein Saboteur hätte stecken können.«
Im Zauberinternat Hogwarts wird in diesem Schuljahr heftig geflirtet und geknutscht. Ron ist über beide Ohren in eine Mitschülerin verliebt, Hermine zerspringt deshalb fast vor Eifersucht, und Harry entgeht nur knapp einem Liebestrank, den ihm eine Verehrerin einflößen will, um seine heimliche Bindung an Ginni zu zerstören. Neben diesen Nebenschauplätzen nimmt der Angriff des durch Harrys Blut wieder zum Leben erweckten Dunklen Lords und seiner getreuen Todesser den Leser im sechsten Abenteuer des Jungen mit der Narbe auf der Stirn gefangen. Voldemort hat seine Getreuen nach Hogwart eingeschleust, Harry verdächtigt Draco Malfoy und den unheimlichen Professor Snape, für das Böse tätig zu sein, doch keiner will seinen Beobachtungen Glauben schenken. Durch konservierte Erinnerungen erfährt Harry viel über die Familie und Jugend Voldemorts, der früher Tom Riddle hieß und sich danach sehnte, an der Zauberschule zu unterrichten. Er beginnt auch zu verstehen, worin Voldemorts Unsterblichkeit gründet: der Dunkle Lord hat durch Morde seine Seele in sieben Teile gespalten und diese als Horkruxe an verborgenen Orten deponiert. Mit Dumbledore gemeinsam will er einen dieser Horkruxe aufspüren und zerstören. In ihrer Abwesenheit greifen die von Draco ins Schloss geleiteten Todesser Hogwarts an …
In einem abgelegenen toskanischen Bergdorf geschehen vielerlei wunderliche Dinge rund um einen uralten Feigenbaum, der dem Ort seinen Namen gibt.
Eine rührende Geschichte mit herrlichen Eulenspiegeleien, angesiedelt zwischen „Il Postino“ und „Don Camillo“ Wundervoll einfühlsam geschrieben — von einem Amerikaner statt einem Italiener, und das ist wohl das Ungewöhnlichste an dem Werk.
Fünf Sterne für amüsanten Lesespaß!
Genre: RomaneIllustrated by Heyne München
Ein faszinierend geschriebener Krimi, der im Bereich des modernen Kunstbetriebs spielt und höchst ungewöhnliche Blickwinkel und Sichtweisen vermittelt. Im Kern geht es um so genannte »hyperdramatische Kunst«, bei der Menschen als Leinwände benutzt, gestaltet, ausgestellt und verkauft werden. Ein über allen Wassern schwebender Meister gestaltet sein finales Werk, indem er seine menschlichen Leinwände ebenso wie Zeichnungen auf Papier zerstört und sich damit letztlich selbst inszeniert. Der Umgang mit dem Körper in allen denkbaren bizarren Verrenkungen und Verdrehungen erinnert an die surrealistischen Figuren des niederländischen Malers Jan Bouman. Die Ausstellung des (allerdings toten) menschlichen Körpers als Kunstwerk lässt an Gunter von Hagens »Körperwelten« denken.
Dieser Metropolenkrimi entspricht seinem Titel und ist wirklich hart am Rand geschrieben. Praktischerweise ist der Hauptheld ein Berliner Location-Scout, der von Mitte nach Zehlendorf und wieder zurück surft. Es werden alle gängigen Klischees bedient, es gibt reichlich Tote, und es fließt viel Blut. Es agieren: eine Abteilung brutaler und hoch gerüsteter Russenmafioso, moderne Frauen, die Frauen lieben, ewig gestrige Männer, die sich in gut gebaute Nutten verknallen, Knackis, Penner, Goldkettchenträger. Es wird in Szenekneipen, pardon, ostdeutsch heißen sie jetzt: Bars, gefrühstückt, gekokst und gesoffen. In unaufgeräumten Jungmännerwohnungen treffen sich Pillendreher, Paffer und Penner mit Eisenwarenhändlern, die en gros Schießeisen dealen. Anrufbeantworter und Mobiltelefone streuen Gründe aus, ständig die Szene zu wechseln. So torkeln Autor und Leser beschwingt und im Sauseschritt durch das Berlin genannte Kuriositätenkabinett. Whow, was für eine wilde Stadt!
Lakonisch erzählter, vielfach verschachtelter Kriminalfall aus Norwegen um Kindesentführungen und —morde eines unberechenbaren Psychopathen, der von einem gemütlichen älteren Kommissar und einer von ihm spontan als Profilerin auserkorenen Psychologin gesucht wird. Die Fachfrau von der geisteswissenschaftlichen Fakultät ist überdies mit einem düsteren Justizirrtum aus der Vergangenheit des Landes beschäftigt, hier geht es um die unschuldige Verurteilung eines angeblichen Kinderschänders. Auf dem Höhepunkt des Romans laufen die Handlungsstränge zusammen und verweben sich elegant.
Der Text lässt dem Leser viel Freiraum für eigenes Überlegen und Mutmaßen, er lädt regelrecht zur persönlichen Stellungnahme ein und wirkt damit alles andere als glatt gegossen. Die sachkundige Autorin hebt weniger das kriminalistische Genie Einzelner in den Himmel, sie beleuchtet vielmehr ihre Fälle von möglichst vielen Seiten und aus den unterschiedlichsten Perspektiven und wirkt insofern auch realistischer als andere skandinavische Kriminalschriftsteller. Hier müht sich, anders als bei Mankells Starkommissar Wallander, kein Polizist als Alter Ego des Autors. Holt reportiert spannende Fälle und leuchtet sie facettenreich und fachkundig aus.
In seinem zweiten Memoirenroman, der nach Mallorca in Amsterdam spielt, erweist sich Don Vigo erneut als Meister des mäandernden Monologs.
Ins Detail verliebt beschreibt er seine Rolle als Begleiter eines rabenschwarzen brasilianischen Gelehrten durch die holländische Metropole, von dem erst in den letzten Zeilen enthüllt wird, ob es sich um einen Hochstapler, ein Genie oder eine tragische Gestalt handelt.
Wie bereits in seiner »Insel des zweiten Gesichts« breitet Thelen auch in diesem Band sein lexikalisches Wissen über historische Zusammenhänge ebenso ausführlich aus wie augenzwinkernde Beobachtungen des Alltagslebens in den Niederlanden und das Wesen ihrer Bewohner.
Thelen ist ein ausufernder Erzähler, das macht sein Werk zu anspruchsvoller Lektüre. Doch das Vergnügen, diesen Eulenspiegel begleiten zu dürfen, überwiegt.
Thelen ist eine echte Entdeckung unter den deutschsprachigen Erzählern.
Die Bücher des leider früh verstorbenen Autors sind unter Südfrankreich-Fans ebenso Kult wie unter den Studenten Marseilles. In spannungsgeladener Atmosphäre versteht es Izzo, ein milieudichtes Bild der Hafenstadt zu entwerfen, die zwischen Mafia, Baulöwen, Marokkanerbanden und Rassenkonflikten ständig kurz vor der Explosion zu stehen scheint. Ob die Romane geeignet sind, den Tourismus in Marseille anzukurbeln, ist zweifelhaft, allzu düster erscheint die Stadt in den Kriminalgeschichten um seinen Protagonisten.
Fabio Montale, ein klassischer Film-Noir-Held, der häufig durch ein Meer von Blut waten muss, ist ein unbedeutender Polizist mit Hang zum guten Essen und einem weiten Herz für die verschiedenen Bewohner der Hafenstadt: für die Italiener, die Spanier, die Nordafrikaner, und auch die Franzosen.
Stilistisch werden parallel verlaufende Handlungsstränge ineinander verschmolzen, immer wieder tauchen Figuren auf, die aus Montales Vergangenheit stammen. Damit erinnert er den deutschen Leser an Fernsehkommissar Schimanski, dem er auch an unkonventioneller Vorgehensweise und Lebensphilosophie ähnelt.
Wer Izzos drei in einem Band zusammen gefassten Kriminalromane liest, neigt zu dem Schluss, Marseille sei schon längst auseinander gefallen und stehe kurz vor dem Untergang. Aus eigenem Erleben sei deshalb hier bestätigt: die Stadt existiert weiterhin, ihr Herz pulsiert, und es gibt sogar noch echte Franzosen!
Hier beschreibt ein 1964 geborener Autor seine Kindheit und Jugend, die wesentlich bestimmt war durch die provinzielle Enge Solingens, in dem er aufwuchs und die politische Haltung seiner Eltern. Die waren im Geist der damaligen Zeit links eingestellt und bewegten sich zwischen Naturfreunden, Spontis und DKP-Kommunisten, die der Hass auf die den Vietnamkrieg führende Supermacht USA einte. Prechts Eltern engagierten sich weitgehender als andere und adoptierten zwei vietnamesische Kriegskinder, die wie Geschwister des Autors aufwuchsen. Sie verbannten von Coca-Cola bis Ketchup alles, was einen amerikanischen Schatten trug und wehrten sich auch gegen die »Verdummungsmaschine« Fernseher.
Precht versucht in seinem Buch, die Haltung seiner Eltern zu verstehen und den Kontext zu erklären, in dem sie dachten und handelten. Dabei ist ihm hoch anzurechnen, dass er weder ins große Jammern über ein versunkenes Idyll ausbricht noch die antiautoritären Achtundsechziger als mephistophelische Ausgeburt verdammt, wie es derzeit modern zu sein scheint. Er müht sich aufrichtig, Antworten auf Fragen zu finden, die mit seiner eigenen Entwicklung zu tun haben. Dieses Bemühen scheitert allerdings daran, dass er aus der Perspektive desjenigen berichtet, der sich die meisten Zusammenhänge erst im Nachhinein aus Büchern erarbeitet hat. Besser wäre sicherlich gewesen, er hätte sich auf sein Erinnern beschränkt und den Oberlehrer weggelassen. Und an dem ständigen Hin und Her zwischen den Polen krankt der gesamte Bericht, von dem nie ganz klar wird, ob es sich um eine Autobiographie, einen Hintergrundbericht oder ein Feuilleton handelt. Gänzlich hilflos wirkt der Autor, wenn er in der Jetztzeit landet, und sich wie ein Schneekönig freut, wenn ihn ein Typ wie Guido Westerwelle in burschikoser Freundschaft »Junge« nennt.
Die schier unglaubliche Entstehungsgeschichte des kleinen Harald könnte ebenso gut von Helge Schneider stammen. Ob das nun gut oder schlecht ist, mögen die beiden untereinander ausmachen. Jedenfalls kam HS als Sturzgeburt zur Welt, und das geschah so schnell, dass selbst die Mutter nicht rechtzeitig zur Stelle war. Entsprechend sprudelt es in munterer Folge aus dem inzwischen betagten Knaben hervor: von der Zwölftonmusik Schönbergs, mit der er als Kind angeblich in den Schlaf gesungen wurde über Begegnungen mit Schriftstellern, Filmstars, Regisseuren und anderen Stars der Siebziger Jahre, die in bunter Folge über- und durcheinander purzeln, hin zu Vaterschaftsprozessen in Kirgisien. Schmidts vollkommen absurde „Tagebücher“ sind, seien wir heute einmal großzügig, ein Potpourri des gebildeten Blödsinns, ein Feuerwerk des angewandten Alphabetismus.
Der zweite Teil des Buches (in Wahrheit sind es vier Fünftel) besteht aus neueren Kolumnen, die wöchentlich im „Focus“ unter dem Konterfei des Talkmasters erscheinen. Die sind erste Sahne und lassen sich wie leckere kleine Teilchen stückweise verzehren.
Wie erging es Frank Lehmann eigentlich, bevor er nach Berlin-Kreuzberg kam, dreißig Lenze und „Herr Lehmann“ wurde? Er wuchs in der Provinz auf, genauer gesagt in einem scheußlichen Stadtteil von Bremen, der jetzt auch als Titel auf einem großartigen Roman prangt: Neue Vahr Süd.
Frank lebt noch bei den Eltern, als die Bundeswehr nach ihm ruft. Von Natur aus ein wenig verlangsamt, vergisst er, obwohl er eigentlich nicht zum Bund will, zu verweigern. Er wird trotz Tricks und Täuschungsversuchen eingezogen und singt bald den öden Blues der Grundausbildung, in der die jungen „Schnüffel“ von kaputten Kommissköppen geschunden werden. Sein Glück im Unglück ist, dass er in Bremen stationiert bleibt, so kann er zum Wochenende seine Freunde sehen und sich auch um die chaotische Wohngemeinschaft kümmern, in die er mittlerweile eingezogen ist.
Irgendwie will er dann doch noch verweigern, scheitert dabei aber an den Clowns, die sein Gewissen „prüfen“ sollen. Also kriecht er weiter durch den Schlamm. Nur das „feierliche Gelöbnis“ will er auf keinen Fall mitmachen, und so kommt es zu einem herrlichen Showdown, der derartig anschaulich und detailreich geschildert wird, dass es eigentlich schade ist, dass schließlich die Akte des Rekruten Lehmann aus den schlammigen Tiefen der Bundesbürokratie auftaucht und ihn leider, leider, leider für untauglich erklärt.
Es hätte doch noch so wundervoll weiter gehen können, lieber Frank, und nun musst du nach Berlin, um Herr Lehmann zu werden. Da liest man das Buch am besten gleich ein zweites Mal!
Genre: RomaneIllustrated by Eichborn Verlag
In der „Mallorca-Zeitung“ bezeichnet der Autor sein Werk selbst als „Mogelpackung“, denn ein farbenfroher Schuber hindere den potentiellen Leser am vorzeitigen Öffnen und Durchblättern seines Werks. Tatsächlich handelt es sich bei der Veröffentlichung, die aus Gründen des Gebrauchswerts einige Kochrezepte unterrührt, weder um einen Reiseführer noch um eine Inselbeschreibung. Vielmehr sind es kurze Erzählungen, die sich an fiktiven einheimischen Freunden des Autors bewegen: einem Schäfer, einem Gärtner und einer Apothekerin. Es geht um Mallorca im Regen, um den täglichen Umgang mit Fremden und anderen Eingeborenen, um Prozessionen, schwarze Schweine, Windmühlen, Fahrradfahrer und Pferderennen. Inselkenner, die keine Ausflugstipps oder sonstige Hilfestellungen bei der Erkundung des Eilands erwarten, werden die literarisch gefärbten Reflexionen über das Leben auf „der“ Insel gern lesen.