Der durch die Corona-Pandemie erzwungene Wechsel von Büro- zur Heimarbeit hatte für Patricia Strunk eine positive Seite: Durch ihre tägliche Anwesenheit im eigenen Heim nahm sie ihre Umwelt, und das war in erster Linie ihr Garten, vollkommen neu wahr. Sie entdeckte Tiere, mit denen sie schon länger in enger Symbiose lebte: Spatzen, Amseln, Mäuse, Eichhörnchen, Füchse und Libellen. Mit all diesen freundlichen Gesellen teilte sie ihr Refugium und bemerkte doch erst allmählich, welchen Reichtum ihr die tierische Gesellschaft bescherte. Weiterlesen
Archiv
Geschichten aus dem Garten. Erlebnisse mit Eichhörnchen, Füchsen & Co.
Schnee-Bantu
»Der Schnee-Bantu« ist ein fesselnder autobiografischer Roman von Jürgen Heinzelmann, der uns in die faszinierende Welt von Südwestafrika, dem heutigen Namibia, entführt. Das Buch erzählt die Geschichte des Autors, der in den 1960er Jahren voller Abenteuerlust nach Afrika auswanderte und sich auf einer Rinderfarm wiederfand. Von Anfang an fasziniert von Land und Leuten, beschreibt Heinzelmann seine Erfahrungen und Begegnungen in einer lebendigen und mitreißenden Erzählweise. Weiterlesen
Der Minnesang des Frosches
Gerhard Spiller verbringt seine Freizeit gern an seinem Gartenteich im niedersächsischen Ilsede und lauscht dem Minnesang der Frösche. Ursprünglich nur zur Zierde mit Pflanzen angelegt, nutzen ihn die Vögel als Tränke und Badeteich. Schon nach einem halben Jahr siedelte sich auch ein Frosch an und ließ seinen Gesang erklingen. Das Echo blieb nicht aus: Schnell wuchs die Froschpopulation auf acht Tiere an, deren Quaken sogar die Nachbarschaft erfreute. Nun hat der Autor den Teichmusikanten einen Gedichtband in Haiku-Form gewidmet. Weiterlesen
Vom Endzeit-Blues zurück ins Leben
Turbulente Lebensgewässer
Vom bewegten Leben eines ganz normalen Bürgers erzählt die Autobiografie „Vom Endzeit-Blues zurück ins Leben“. Als eines von mehreren Geschwistern wächst der Autor zunächst bei seinen Eltern und später bei Onkel und Tante auf, die sich mit dem Kind wohl ihren Kinderwunsch erfüllt haben. Zunächst läuft es für den Jungen ganz gut; er ist begeistert von den Freiheiten, die er jetzt genießt. Aber das Leben bei Onkel und Tante hat nicht nur gute Seiten, sodass er als Teenager zurück zu seinen Eltern zieht. Dort macht er eine Lehre zum Schriftsetzer, muss aber quasi als Mädchen für alles vielerlei andere Arbeiten verrichten. Aus mehreren Gründen heiratet Ranstädt früh. Seine Frau bringt einen Sohn mit in die Ehe, zwei weitere Kinder folgen. Ein paar Jahre später muss der Autor seinen ersten Schicksalsschlag verkraften, denn der erste Sohn erkrankt schwer. Weitere Schicksalsschläge folgen in Form von Trennungen, schwierigen Beziehungen zu den Kindern und turbulenten Arbeitsstellen, bis Ranstädt sein stürmisches Lebensschiff in ruhigere Gewässer steuern kann.
Nach dem Ab folgt ein Auf
Die Autobiografie liest sich flüssig, schnell und spannend. Ich habe als Mutter nur ca. 3 Abende gebraucht, um sie zu lesen. Das verdankt sich nicht nur der flüssigen Schreibweise mit Appetizern am Ende der Kapitel, sondern auch der recht großen Schrift, die das Lesen angenehm gestaltet. Das Buch entfaltet sich als Lebensrückschau vor den Augen der Leser*innen und beweist, dass auch und gerade die Geschichte ganz normaler Leute interessant sein kann.
Der Autor will den Leser*innen Mut machen, indem er sagt, dass nach jedem (Jammer-)Tal auch wieder frohes Gipfelstürmen folgen kann. Das Leben erfolgt in Wellen; es gibt immer ein Auf und Ab. Und wie ein Stehaufmännchen soll man sich von den Tiefen nicht unterkriegen lassen, denn irgendwo kommt immer wieder ein Lichtlein her. Es ist wirklich faszinierend zu sehen, wie ein solches Lichtlein just in dem Moment um die Ecke biegt, wenn alles am Boden zu liegen scheint. Da beneide ich Ranstädt, denn in meinem Leben kam mal nicht eben ein Lichtlein vorbei, ich musste mir solche Lichter stets selbst erarbeiten. Das ist aber auch das einzige Beneidenswerte, denn ansonsten wurde dem Autor in seinem Leben kaum etwas erspart. Das ermöglicht ihm aber eine Weitsicht und Reife, die auch im Nachwort des Buches zu spüren ist.
Ich persönlich finde es schade, dass das Buch für meinen Geschmack zu sehr an der Oberfläche geblieben ist, denn ich wäre gern noch tiefer in seine Geschichte eingetaucht. Kaum angefangen war das Buch schon ausgelesen. Ich kann mir aber vorstellen, dass es sehr schwer sein muss, sein Leben derart offen darzulegen und Wunden wieder aufzureißen. Das geht wohl nur bis zu einem gewissen Grad. Hin und wieder tauchen Tippfehler auf, die evtl. für eine zweite Auflage angegangen werden könnten. Ansonsten habe ich aber an dem Buch nichts auszusetzen. Eigentlich könnte es ruhig mehr Biografien von „ganz normalen Leuten“ geben – sie lesen sich zumindest für mich spannender als so manche Promi-Biografie und beweisen, wie vielfältig der „ganz normale Alltagswahnsinn“ sein kann.
Der achtsame Mama-Begleiter
Es ist ein wunderbares kleines Büchlein, das sich, wie der Titel schon aussagt, an alle Mütter wendet. Die 55 Tipps für mehr Gelassenheit im Familienalltag sind nach dem Drei-Säulen-Konzept aufgebaut: Freude – Zeit – Liebe. Zu jeder Säule gibt es wertvolle Tipps, die kurz und prägnant ausformuliert sind. Und beim Lesen gibt es immer wieder einen Aha-Effekt. Dazu kommt, dass das Büchlein in jede Mama-Handtasche passt und damit jederzeit zur Hand genommen werden kann: am Spielplatz, beim Kinderarzt usw.
Ein Thema, das mich besonders angesprochen hat, ist die Generierung von „Me-Time“. Ein Begriff, den ich bis dato nicht kannte. Das, was dahinter steckt aber schon: Wie ist es möglich trotz Stress in Beruf, Alltag und Familie, der übrigens oft genug selbst gemacht ist, für mich ganz persönlich Zeit zu finden.
Sie werden sich nun fragen, warum ich dieses Buch gerade als Mann thematisiere? Zum einen ist der Ratgeber auch für Väter sehr nützlich und zum anderen finde ich es ein sehr schönes Geschenk für die Partnerin oder die Tochter. Es ist als Taschenbuch und als E-Book erschienen und kann somit auch am Handy gelesen werden.
Für weitere Informationen:
https://www.bod.de/buchshop/der-achtsame-mama-begleiter-isabella-eisen-9783752611823
Kochen und Backen mit Buchweizen – Glutenfrei und vegan schlemmen mit dem Traditionskorn Buchweizen
Vegane Küche mit dem gesunden Pseudogetreide Buchweizen
Journalistin Katrin Luber hat ein Koch- und Backbuch rund um ein altes, lange Zeit in Vergessenheit geratenes Traditionskorn geschrieben: Buchweizen. Früher war das Kochen und Backen mit Buchweizen, das als Zwischenfrucht beim Getreideanbeau diente und sich aufgrund seiner Anspruchslosigkeit gut auf nährstoffarmen Böden machte, gang und gäbe. Die Kartoffel verdrängte das Korn. Heute weiß man: Dieses Nahrungsmittel ist gesund. Das hebt Luber immer wieder in ihrem Buch hervor. Buchweizen ist glutenfrei, wächst sehr gut auf Brachland, wächst schnell, ist widerstandsfähig, besitzt den Nährwert von Weizen, ist ein Magnet für Bienen, soll präbiotisch und antioxidativ wirken, kann eine Senkung des Blutdrucks und eine verbesserte Gewichtsregulierung bewirken und einen positiven Effekt auf Diabetes haben (ebenso auf Alzheimer) und kann krebshemmend sein. Wenn der Buchweizen allerdings ungeschält ist, kann man empfindlicher auf Sonne reagieren.
Bevor es an die Rezepte geht, beschäftigt sich Luber ausführlich mit dem Buchweizen selbst: Geschichte und Herkunft des Buchweizens, Buchweizen-Märchen, Botanik von Buchweizen, Nährwerte von Buchweizen, Zubereitungsarten in seinen Anbaugebieten und wie man Keimlinge und Sprossen selbst zieht. Sie beleuchtet auch, wie man mit Buchweizenmehl selbst Sauerteig herstellt und wie man Hefewasser macht. Alles in allem legt sie den geneigten Leser*innen das Kochen und Backen mit diesem Nahrungsmittel aus zahlreichen Gründen sehr ans Herz. Einige nennt sie auch in ihrem Vorwort. Zum einen hat die Autorin aufgrund gesundheitlicher Probleme auf vegan umgestellt und ist so auf Buchweizen gestoßen. Zum anderen, ebenfalls wegen gesundheitlicher Probleme, hat sie sich gluten- und zuckerfrei ernährt. Sie berichtet davon, dass ihre Verdauung sich verbesserte, sie plötzlich mehr Energie hatte und ihr Ausschlag wegging. Außerdem verschwanden Menstruationsschmerzen, Heuschnupfen, Reflux, Arthrose und Schilddrüsenunterfunktion. Ihre Erfahrungen gibt sie in ihrem Blog “Ist das vegan oder kann das weg?” und in diesem Buch weiter.
In dem Buch berichtet sie auch über die Machenschaften der Backwarenindustrie (die einem die Lust auf gekauftes Brot ziemlich verleiden) und klärt über verschiedene Arten von Getreideunverträglichkeit auf. Nach dem Lesen all dieser verständlich und flüssig geschriebenen Infos fühlte ich mich gut informiert und bereit, die Rezepte auszuprobieren. In einem ausführlichen Rezepteteil gibt Luber ihre Rezepte zu folgenden Themen weiter: Backwaren, Frühstück und Snacks, Süßes, Hauptgerichte. Da ist also für alle Tagesabschnitte und Geschmäcker etwas dabei. Ihre Rezepte sind vegan und glutenfrei. Das stellte mich persönlich vor Herausforderungen, da ich (neudeutsch) Flexitarierin bin und außerdem ein Kind mitzunernähren habe. Dieses Kind ist auch recht wählerisch, was das Essen angeht. Außerdem habe ich nicht alle Zutaten in “meinen” Supermärkten gefunden. Auch DM hatte z.B. keine Buchweizenflocken. An Buchweizen konnte ich deshalb nur Buchweizenmehl und Buchweizen als ganzes Korn ergattern.
All dies ließ mich Kompromisse eingehen: Ich kochte nur an einigen Tagen vegan, wenn ich die entsprechenden Zutaten zuhause hatte, ansonsten vegetarisch und mit anderen Zutaten, z.B. anstatt Buchweizenflocken mit Haferflocken. Dabei kam heraus: Man kann mit diesem Buch gut improvisieren, selbst wenn man kein*e Veganer*in ist. Und insgesamt sind diese Rezepte alltagstauglich (wenn man Zeit für Hefegebäck hat). Und: Ich war bass erstaunt, dass mein Sohn gar nichts gegen Buchweizen hat! Ich weiß nicht, wie ich es besser ausdrücken soll, aber ich hatte gleich den Begiff “vegane Hausmannskost” im Sinn… Und das ist ganz und gar nichts Schlechtes. Außerdem erfeulich: Buchweizen macht satt! Sogar mich. Allerdings sind Buchweizenpfannkuchen ohne Ei etwas bröselig. Ich konnte sie in der Pfanne nicht wenden, ohne dass sie mir gebröckelt sind. Tipps erwünscht.
Nur Kleinigkeiten: Zweimal im Buch kam die gleiche Info über Buchweizen (S. 86 und 110) vor. Was ich mir noch gewünscht hätte: Bezugsquellen von z.B. Buchweizenflocken, Buchweizenschalen, Buchweizennudeln, Sojamehl… Wo bekommt man gute Produkte her? Ud: Ich glaube, dass folgender Satz anders gemeint war: “Etwas Wasser nach Bedarf, falls der Teig zu flüssig ist” (S. 67): Da ist bestimmt gemeint, “falls der Teig zu fest ist”. Außerdem als Anmerkung zu dem Satz “Meistens wissen die Menschen selbst, dass es nicht gesund ist und sie es eigentlich besser machen müssten.” Ich sage hier jetzt mal als alleinerziehende Mutter, dass es ganz klar eine Frage der Zeit und des Geldbeutels ist, sich gesünder zu ernähren. Gute Produkte sind definitiv teurer als zusatzstoff- und pestizidverseuchter Fertigmist. Und wenn man vollzeitschaffend nur eine halbe Stunde Zeit in der Mittagspause hat und nach Feierabend ein sehr lebendiges Kind zuhause, dann wird es auch zeittechnisch schwer mit der gesunden Ernährung. Zum Glück bessert es sich, je größer das Kind wird. Auch vorher habe ich schon versucht, möglichst gesund zu kochen, aber es ist alles andere als einfach, wenn man keine hilfreichen Hände hat, die einem entweder das Kind abnehmen oder selbst kochen. Das gilt auch für Frauen, die Männer haben, die sich (zu) wenig bis gar nicht im Haushalt und der Kindererziehung engagieren.
Sehr sympathisch: Die Fotos der Autorin sind genauso hausgemacht wie ihr Essen. Also keine mit Hilfsmitteln oder Styropor aufgepimpten Gerichte, die auf jede erdenkliche Art auf Hochglanz poliert wurden, sondern alltagstaugliches Essen, das die Autorin nach dem Fotografieren im Sinne der Nachhaltigkeit und der Wertschätzung der Lebensmittel selbst aufgegessen hat. Sie will Leser*innen damit auch Mut machen, es selbst auszuprobieren, indem sie sagt: “Das können Sie auch!”
Fazit
Informatives, flüssig geschriebendes Buch über vegane, gut nachzukochende Hausmannskost mit Buchweizen, dessen Rezepte zumindest mir und meinem Sohn gut schmecken!
Orgelgeschichten
Schon bevor er spielt, ahnt der Organist die Farben der Orgel: Wind bläst die Bälge auf, Atem weht durch die Kanäle. Sie warten auf die Berührung eines Fingers, um die Sanftheit des Gedackts, die strahlende Klarheit der Mixturen, das ausdrucksvolle Schweben der Voix céleste, die Wildheit der Spanischen Trompeten, die Majestät des Plenums zu erwecken. Weiterlesen
Märchen aus der Unterschicht
Eine märchenhafte Gesellschaftskritik
Diese Überschrift soll nicht in die Irre führen, märchenhaft meint in diesem Fall nicht so etwas wie traumhaft oder rosa und glitzerig. Sie besagt lediglich, dass vorliegendes Buch ein Märchenbuch ist. Und Märchen waren schon zu früheren Zeiten eine Möglichkeit, Kritik am System, an der herrschenden Klasse zu üben. So auch in diesem Buch: Es beinhaltet altbekannte Geschichten dieser Art, nur wurden sie in unsere moderne Welt adaptiert.
Frau Holle lebt nicht im Himmel, sondern auf einer Onkologiestation. Hänsel und Gretel werden zu einer modernen Version von Bonnie und Clyde. Allerleihrau hat ihren Namen durch ihre von Neurodermitis geschändete Haut bekommen, ausgelöst durch Zitrusfrüchte. Nebenbei hilft diese Haut einer „Pferdebürste“ auch, den zudringlichen Heimleiter abzuwehren, leider nicht langfristig.
Schneeweißchen und Rosenrot leben auf Sylt und müssen sich mit ihrer Mutter allein durchschlagen, weil ihr Erzeuger ausschließlich Geld scheffeln will.
Die sieben Geißlein stammen eigentlich aus dem Kongo und sollen abgeschoben werden und der Fischer mit seiner dicken, gierigen Frau lebt, natürlich, in Wilhelmshaven.
Der böse Wolf jagt in Gestalt eines grantigen Hausmeisters Rotkäppchen. Es ist schließlich eine Unverschämtheit, dass eine Sozialschmarotzerin mit einem roten Kopftuch herumläuft, mit dem Aufdruck einer teuren Label-Marke.
Märchen haben eine moralische Aussage, heute wie früher. Und Märchen sind brutal, erzählen eine lange Geschichte komprimiert zusammengefasst, nur mit den wichtigsten Inhalten.
So hat es der Autor hier auch gehalten.
Die Bremer Stadtmusikanten ziehen als Punks durch die Lande und gehen knallhart vor, als sie sich eine Villa erobern wollen. Trotzdem erscheint es für den Leser richtig, wird das Haus doch von Ausbeutern bewohnt, die es nicht besser verdient haben. Zimperlich darf man jedoch nicht sein, harte Worte zur Beschreibung des Geschlechtsaktes fallen z.B. häufig und ungeschönt.
Einen großen Unterschied von diesen zu den alten, bekannten Märchen gibt es: Sie gehen nicht immer positiv aus und das Gute gewinnt nicht immer (nebenbei: auch bei älteren Märchen, abseits der Grimmschen, siegt manchmal das Böse).
Sehr eindrücklich ist „Die Alle-Ausländer-nehmen-Drogen-und-werden-kriminell-Geschichte“. Vorurteile werden hier geschickt verpackt aufgezeigt, wer hier nicht merkt, dass da irgendwas gehörig schief läuft, dem ist nicht mehr zu helfen.
Märchen waren früher nicht für Kinder gedacht und dieses Buch ist es auch nicht. Wer ein Problem mit deutlichen Worten außerhalb des gehobenen Schriftniveaus hat, sollte die Finger davon lassen. Wer nicht bereit ist, sich einen Spiegel vorhalten zu lassen, ebenso. Wenn ich auch gerade diesen Menschen zu gerne dieses Büchlein in die Hände drücken würde, es hätte wohl keinen Sinn. Perlen vor die Säue und so.
Jedem, der ein bisschen Futter zum Nachdenken sucht, Märchen mag, Kritik erkennen und annehmen kann oder einfach ein Buch lesen möchte, welches auf einer schönen Idee basiert, sei es ans Herz gelegt. Manche der Geschichten sind sogar ein bisschen witzig, der größere Teil jedoch eher positiv (im Sinne von aufrüttelnd) verstörend. Ganz nebenbei ist es handwerklich einfach toll geschrieben, kleine, feine Sprachspielereien haben mich begeistert und die Anlehnung an etablierte Märchen ist perfekt gelungen.
Definitiv ein Autor, den ich im Auge behalten werde und von dem ich mehr lesen will.
Labyrinth Tokio
Wer Japans Hauptstadt Tokio bereits im Titel seines Führers ein »Labyrinth« nennt, weiß, wovon er spricht. Tatsächlich gilt es immer noch als Abenteuer, sich individuell und ohne Sprachkenntnisse in der 13-Millionen-Metropole zu bewegen. Häufig fehlen Straßennamen, das Hausnummern-System gleicht höherer Mathematik und ist oft in der Reihenfolge der Bauanträge geordnet. Taxifahrer kennen sich nur grob aus, und zu allem Überfluss ist Englisch für viele Japaner ein Buch mit sieben Siegeln.
Dennoch wagt es Axel Schwab, seinen Leser in das Tokio zwischen Mythos und Moderne zu locken. Er liefert dazu keinen Reiseführer im klassischen Gewand. Der Autor schlägt vielmehr 29 Touren im Zentrum und weitere neun in der näheren Umgebung vor, die auch die Sehenswürdigkeiten umfassen.
Besonderer Pfiff des Buches sind zweisprachig gehaltene Kartenausschnitte von den jeweiligen Routen. Einige davon sind mit QR-Codes ausgestattet. Mit einem Smartphone lassen sich diese Pixelkästchen entschlüsseln und führen zu detaillierten Online-Straßenkarten.
Axel Schwab hat jahrelang in Tokio gelebt und als Ingenieur für einen Automobilhersteller gearbeitet. Er arbeitet ständig an der Weiterentwicklung seines sorgfältig erstellten Vademecums, das mit 90 Fotos, 42 Karten, 260 Internet-Links und 20 Online-Karten lockt. Darüber hinaus ist der Verfasser für interessierte Leser per E-Mail erreichbar.
Derart gut ausgerüstet verfügt der Leser mit dem Buch über einen Ariadnefaden, mit der er das Layrinth Tokio betreten und sicher wieder herausfinden kann.
Japan in Berlin
Einen nützlichen Reiseführer für Japan-Fans in Berlin liefert Axel Schwab mit diesem 88-seitigen Vademecum. Von den zahlreichen Japan-Restaurants an der Spree wählte er 36 Restaurants aus, die er zusammen mit Empfehlungen für 35 Geschäfte und anderen nützlichen Adressen kombinierte.
Mich freut, dass Schwab viele der Adressen, die ich selbst zu meinen Favoriten zähle, mit Bestnoten versieht. Dazu zählen das »Udagawa« mit feinsten Tempura-Spezialitäten (und einer leider schnell überforderten Bedienung, was Schwab indes gnädig verschweigt), das »Ishin« an der Steglitzer Schlossstraße mit einer sensationell günstigen Happy Hour und das »Daitokai« als wohl ältestes Japan-Lokal in Westberlin.
Toll ist auch, dass es in Berlin mittlerweile Zugang zum japanischen Tee und dem mit seiner Darreichung verbundenen Zen-buddhistischen Zeremoniell gibt. Auch hier weist Axel Schwab den Weg.
Neu entdeckt bei der Lektüre habe ich das »Sake Kontor«. in Berlin-Friedrichshain. Ich muss diese kurze Besprechung deshalb jetzt leider beenden, damit ich dort noch vor Ladenschluss eintreffe..
Spannung – Der Unterleib der Literatur
Setzt ein gestandener Redakteur, Lektor, Kritiker, Literaturcoach ein Buch in die Welt, schauen Branchenkollegen gern genau hin: Begeht er hier oder dort einen unverzeihlichen Fehler? Sammelt er beim Spaziergang die berühmten drei Steine ein, um später fünf davon auf der heimischen Fensterbank zu drapieren? Rutscht er auf dem Parkett der Sprache, schlägt er rhetorische Purzelbäume? – Legen Sie sich beruhigt zurück, lieber Leser: Hans-Peter Roentgens Ratgeber kostet zwar als Elektrobuch nur ein paar Euro. Die Veröffentlichung ist jedoch bis zur letzten Zeile stimmig, informativ und spannend.
SPANNEND?
»Spannend soll ein Buch sein, das wünschen sich die Leser, und Autorinnen und Autoren möchten spannend schreiben«, schreibt der Verfasser gleich in der Einleitung. In erster Linie bezieht er diese Aussage auf das Schöngeistige. Doch ich behaupte, ein Sachbuch muss den Leser ebenfalls in Atem halten. Es muss Neues wie Altbekanntes auf eigene Art präsentieren, ihn packen, fesseln, in Bann schlagen. Auch ein Schreibratgeber sollte »spannend« sein, will er wirken und Spuren hinterlassen.
Spannung sei, so zitiert der Verfasser Erfolgsautor Andreas Eschbach, wenn der Leser einen Text nicht mehr weglegen kann. Weil er weiterlesen MUSS. Im Idealfall vergisst er, dass längst Schlafenszeit ist, kneift die Knie zusammen, weil er dringend auf die Toilette will. Aber er lässt es, denn dazu müsste er den Text weglegen …
Roentgen erzeugt Spannung, indem er weder erklärt noch doziert. Er baut geschickt Textproben, Fragestellungen und Übungen ein, bei denen der Leser viel erfährt und durch die eigene Brille prüfen kann. Er zeigt auf, wie wesentlich es für einen Autor ist, sein Thema sowie die handelnden Personen genau zu kennen. Denn nur so lässt sich einer Szene Tiefe schaffen, die den Stoff glaubwürdig macht. Kennt der Autor hingegen Sujet oder Akteure nur oberflächlich, dann wird seine Schilderung schwammig. Der Leser spürt das unbewusst, ohne es exakt formulieren zu können.
Wichtig dabei ist neben dem, was konkret im Text steht, all das, was nicht explizit ausgesprochen wird. Ich nenne diese unterschwelligen Botschaften »Subtext«. Roentgen spricht von »Lücken, die der Leser füllen muss«. »Erzählen«, so der Verfasser des Ratgebers, »ist immer eine Gratwanderung zwischen dem, was der Rezipient weiß, und dem, was er wissen möchte, was ihm der Autor aber nicht verrät.«
Letztlich geht es darum, über das zu schreiben, was der Verfasser selbst liebt oder hasst. Ein Text muss den Autor selbst berühren, nur dann bewegt sie auch den Leser. Hans-Peter Roentgen beherrscht und mag das Thema, das er sich mit diesem Ratgeber vorgenommen hat. Und er kann einiges dazu sagen, das vielleicht schon lange bekannt ist, aber hier in einem Zusammenhang vorgetragen wird, der plausibel ist. Im Ergebnis kann der Leser davon profitieren, indem er mit dem Roentgen-Blick sein Werk durchleuchtet.
Die Launen der Reichen
Irma Ondra ist ein „dienstbarer Geist“, wie es in vergangenen Jahrhunderten hieß, eine Haushälterin, die überall positiv wirkt, sich ständig zurücknimmt, die Klappe hält, nie über ihre Auftraggeber redet und möglichst wenig kostet. Weiterlesen
Die verrücktesten Hotels
Eine Fleißarbeit legt Kurt Jaworski mit diesem Band vor, der vom Verlag mit der Aufnahme in seine neu angelegte »Edition BoD« geadelt wird. Auf rund 230 Seiten werden in kurzen Artikeln Quartiere auf Inseln und Bergen, in Palästen und Klöstern, bei Eskimos und Dschungelbewohnern beschrieben.
Die Buchidee ist nett, obwohl es derzeit mehr als 600 deutschsprachige Hotelführer gibt, die sich gegenseitig das Wasser abgraben wollen. »Absolut unvergleichlich« sei sein Führer, erklärt Autor Jaworski, der nach eigenem Bekunden fast 50 Jahre als Tourismus-Manager die Welt bereiste. Den Beweis bleibt er leider schuldig. Nur bei sechs von ihm persönlich favorisierten Häusern vermittelt er den Eindruck, auch tatsächlich vor Ort gewesen zu sein.
Die Zusammenstellung wirkt ein wenig steril. Es scheint, als habe der Autor einen großen Teil seiner Recherche vom Lehnstuhl aus per Internet abgewickelt. Dabei listet er dann häufig Adressen von Reiseveranstaltern auf statt direkt zu den Unterkünften zu führen, die mit Google durchaus zu finden sind.