Mit ihrer von Olaf Kraemer aufgezeichneten Biographie macht Uschi Obermaier, das wohl bekannteste deutsche Groupie und Sex-Symbol der 68er-Generation, noch einmal von sich reden. Das 1946 geborene Nachkriegsmodell war als Kind in ihren Vater vernarrt, für sie »der tollste Mann überhaupt«. Früh stand sie auf wilde Männer und verliebte sich sogar in einen US-Massenmörder, dessen Bilder sie wegen seiner maskulinen Ausstrahlung besonders sexy fand. Jung-Uschi wollte unbedingt von ihrem Vater entjungfert werden, doch der interessierte sich nur für andere Frauen. Die Tochter fühlte sich verletzt. Weil ihr Traumprinz auf attraktivere Frauen stand und auch ihre Mitschülerinnen nicht verschmähte, beschloss das Mädchen, ein heißer Feger zu werden und arbeitete auf Schritt und Tritt daran.
Fräulein Obermaier wollte aussehen wie die französische Schauspielerin Brigitte Bardot, die durch ihren Schmollmund berühmt geworden war. Bald verkehrte die Heranwachsende in Schwabings »Big Apple« und ließ sich auf Männer ein, die »Kopien meines Vaters« waren. Musik bekam für sie eine Art mystische Bedeutung. In ihr drückte sich alles aus, was sie fühlte, aber nicht in Worte fassen konnte. So kam es zu dem für sie Nächstliegenden: dem Sex mit Musikern, denen sie als Groupie folgte. In London reagierte Uschi bevorzugt auf Schlagzeuger, weil sie deren Beinarbeit antörnte. Sie versagte sich aber auch bei Gitarre, Bass und Gesang nicht. Bald lebte sie mit der damals prominenten Band »Amon Düül« in deren Kommune bei München und trat als Sängerin auf.
Bei den »Essener Songtagen« lernte sie den Sponti Rainer Langhans kennen und zog zu ihm die legendäre »Kommune Eins« nach Berlin. Langhans wurde ihr Lover und Manager, die Fotos der barbusigen Uschi zierten bald jede Illustrierte. Mit Titelbilder von »Twen«, »Spiegel« und »Stern« erreichte sie Kultstatus unter jungen Leuten. Nacktfotos in Jeans und mit Sonnenbrand waren die ersten (von geleckten Playboy-Aufnahmen abgesehen) Sexfotos in Deutschland.
Das Glamourgirl konnte mit einem einzigen Augenaufschlag feuchte Träume erzeugen und wurde zum Sex-Symbol jener Zeit. Sie verkörperte Sinnesdinge, Drogen und Musik wie keine andere. Mit Politik hatte sie wenig im Sinn, die Kommunarden waren entsetzt über die Braut, die bei Diskussionen im Haschischrausch wegdämmerte und überhaupt nicht verstand, worum es der 68er-Bewegung ging. Dafür sah sie blendend aus und war wohl ein Knaller im Bett.
Davon durften sich bald auch einige Größen der Popmusik überzeugen, mit denen »uns Uschi« durch die Betten stob: Jimi Hendrix, Mick Jagger und Keith Richards gehörten zu denen, die immer wieder Eskapaden mit Uschi unternahmen, obwohl sie verheiratet waren. Als Gattin kam das Betthupferl allerdings nie in Frage, und das wurmte sie.
In den Armen von Reeperbahn-König Dieter Bockhorn blühte Uschi dann richtig auf: die Welt der Gesetzlosen und Outcasts faszinierte sie noch stärker als die Welt des Rock ’n’ Roll. Mit dem Kiezprinz zog sie in einem prächtig ausgestatteten Bus sechs Jahre lang durch Asien, die USA und Mexiko und erlebte ihre persönlichen »HighTimes«. Nach dem Unfalltod von Bockhorn ließ Uschi Obermaier sich in Kalifornien nieder, wo sie heute eine Werkstatt für Silberschmuck betreibt.
Die Biographie ist für diejenigen Leser interessant, die sich an die Zeit der Außerparlamentarischen Opposition (APO) anno 1968 erinnern. Dabei repräsentiert Uschi Obermaier keine politische Idee oder Bewegung. Sie spiegelt den sexuellen Aufbruch jener Zeit wider, sie beschreibt die Schwierigkeiten vieler junger Leute mit den Konventionen der Nachkriegszeit und den ungeheuren Einfluss, den Sex, Drogen und Musik auf das Leben der jungen Generation hatten. So betrachtet ist das Buch ein Dokument, das Kulturgeschichte beschreibt.