Der letzte Sommer der Unschuld

Chris Fuhrman starb mit 31 an Krebs und schaffte es gerade noch, seine Erzählung »The Dangerous Lives of The Altar Boys« (»Das gefährliche Leben der Messdiener«) abzuschließen. Freunde gaben das Buch postum in der »University of Georgia Press« heraus. Von dort entwickelte sich langsam eine Fan-Gemeinde des Werkes, das Fuhrman einen Spitzenplatz unter den Büchern über das Heranwachsen von Jugendlichen, neudeutsch »Coming-of-Age-Literatur«, sicherte. Das Buch wurde inzwischen sogar mit Jodie Foster verfilmt und lief in Deutschland unter dem Titel »Lost Heaven« im Kino. Die ungeschickte deutsche Titelfindung »Der letzte Sommer der Unschuld« und eine Pädophilen-Optik ließen die deutsche Ausgabe das Buch in der Versenkung verschwinden. Dieses literarische Kleinod verdient es jedoch, vor den Ramschhändlern gerettet zu werden.

Fuhrman erzählt von fünf dreizehnjährigen Messdienern, die sich an einer katholischen Klosterschule im Süden der USA quälen und nach Lektüre von »Der Pate« eine Gang bilden. Heimlich saufen sie Messwein und stehlen Oblaten. An Jesus Christus glauben sie nicht. Zeichnerisch begabt produzieren sie Comics, auf denen Pater und Nonnen in einer Weise dargestellt werden, die bei Veröffentlichung die öffentliche Hinrichtung der jungen Künstler nach sich ziehen würde. Wundervoll direkt und mit herrlichem Humor schildert der Autor die ersten Erlebnisse ihres Erwachsenwerdens: den Konflikt mit den Autoritäten in Elternhaus und Schule, den ersten Kater, den ersten Kuss, den ersten Joint, den ersten Sex.

Die Gemeinheit eines Mitschülers spielt den Hardcore-Comic einem Pater in die Hände. Wenige Tage vor Schulabschluss droht der Gang damit ein Verweis von der Schule. Die Jungen wollen ablenken und beschließen, ein Raubtier aus einem Nationalpark einzufangen und in der Schule auszusetzen. Mit diesem Plan nimmt das Drama, denn das Buch endet leider böse, seinen Lauf. Alles geschieht vor dem Hintergrund schwelender Rassenunruhen, die in das Leben der weißen Jugendlichen hineinspielt wie vor der leidenschaftlichen ersten Liebe, die zwischen dem Hauptheld und einer von ihm angebeteten Schülerin entflammt. Familien in Krisen, elterliche Gewalt, sexueller Missbrauch – das sind »normale« Elemente, die aus jugendlicher Sicht wie selbstverständlich mit in die Erzählung einfließen und diese damit zu einem zeitkritischen Stück aktueller Gegenwartsliteratur machen.

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Genre: Kurzgeschichten und Erzählungen
Illustrated by Heyne München

Der Seitensprung

Die Ehe von Eva und Hendrik scheint zerrüttet. Er betrügt sie mit der Kindergärtnerin ihres Sohnes. Sie fühlt sich tief verletzt und will sich von ihm trennen. Doch zuvor will sie Genugtuung. Sie rächt sich mit einem One-Night-Stand, bei dem sie allerdings einen Psychopathen aufgabelt. Damit gerät die Geschichte vom Seitensprung aus allen Fugen und führt ins Chaos. Was wie ein Drama sprachlicher Missverständnisse zwischen Mann und Frau beginnt und durch eine klärende Aussprache vielleicht gerettet werden könnte, entwickelt sich zu einem spannenden Thriller voller Hintersinn und doppelter Böden.

Die subtil scheinende Geschichte der schwedischen Krimiautorin Karin Alvtegen entpuppt sich als phantastisch ausgefeilte Fallstudie über die Kommunikationslosigkeit zwischen Mann und Frau vor dem Hintergrund von Zwangsneurosen. Vor allem aus weiblicher Perspektive zeichnet sie das Fühlen und Empfinden der Protagonistin auf, die entdeckt, dass sie von ihrem Ehemann hintergangen wird und vergeblich versucht, die Beziehung zu retten. Als sie erkennt, dass ihre Versuche harsch zurück gewiesen werden, entwickelt sie sich zum verletzten Racheengel.

Eva versucht, die Rivalin fertig zu machen. Sie fälscht deren E-Mails und kramt im Hintergrund der Widersacherin herum, um sie unmöglich zu machen. All das würde auch aufgehen, wäre sie nicht eines Nachts Jonas in die Arme gelaufen. Jonas ist ein von Zwängen getriebener Psychopath, der Frauen, die ihm begegnen, nicht mehr loslässt. Der Wahnsinnige verfolgt die Ehefrau und Mutter und bricht in ihr Leben ein. Damit entsteht in kürzester Zeit ein Tohuwabohu, das Eva nicht mehr beherrschen kann …


Genre: Frauenliteratur
Illustrated by Rowohlt

Eragon

Der junge Eragon entdeckt beim Jagen einen geheimnisvoll schimmernden Stein. Der seltsame Fund entpuppt sich als Ei eines Drachens, das ihm die Magie des Zufalls in die Hände gespielt hat. Tatsächlich springt die Eischale auf und eine junge Drachendame schlüpft: Saphira. Mit Hilfe eines alten Geschichtenerzählers erfährt Eragon die Bedeutung seines Funds: er ist zum Drachenreiter bestimmt. Drachenreiter schienen ausgestorben und wurden vom regierenden Diktator Galbatorix vernichtet, der sich damit seine düstere Herrschaft sicherte.

Die Kunde von der Wiedergeburt der Drachenreiter weckt Hoffnung auf Befreiung. Sie lockt aber auch allerlei Gegner und Feinde, die Eragons Familie weitgehend auslöschen, um den Jungen in ihre Gewalt zu bekommen. Ihm bleibt keine andere Wahl, als zu fliehen. Auf seiner weiten Reise ins Unbekannte trifft er Menschen, Ungeheuer, Elfen, Zauberer und lernt im Umgang mit ihnen, seine Fähigkeiten zu schulen und zu entwickeln. Er befreit eine Elfenprinzessin und schafft es im letzten Augenblick, seinen blutrünstigen Verfolgern zu entkommen und bei den Zwergen und Varden Unterschlupf zu finden.

Doch bald greifen die Mächte der Finsternis seinen Aufenthaltsort an und führen einen gewaltigen Schlag gegen das Reich der Zwerge. Eragon muss alle Kräfte und Fähigkeiten einsetzen, um seinen neuen Freunden beizustehen und den sicheren Untergang abzuwenden.

Der erste Band der Fantasy-Saga liest sich trotz seiner 730 Seiten geschmeidig und spannend. Das Werk ist ein echtes Jugendbuch. Es empfiehlt sich für diejenigen Leseratten, denen Tolkiens »Herr der Ringe« zu intellektuell und Tad Williams »Shadowmarch« zu vielschichtig ist. Aber auch ältere Leser können viel Freude bei der Lektüre empfinden. Serviert wird spannende Unterhaltung, und wer den ersten Band verschlungen hat, wartet gespannt auf die Fortsetzung der dramatischen Odyssee.

Interessant ist, den Werdegang des Bestsellers zu beleuchten. Christopher Paolini verfasste den ersten Band seiner Saga im zarten Alter von fünfzehn Jahren. Seine Familie unterstützte ihn mit Lektorat und brachte den Band schließlich im Eigenverlag heraus. Gemeinsam mit seiner Mutter unternahm der junge Autor, der nie eine öffentliche Schule besucht hat, eine gigantische Leserreise durch die USA und gewann tausende begeisterte Anhänger. Schließlich entdeckte ein Großverlag das Buch und nahm es in sein Programm auf. Als schließlich der Buchkonzern Random House den Autor unter seine Fittiche nahm, konnte der weltweite Drachenflug Eragons starten. Inzwischen ist das Buch verfilmt und der zweite Band in deutscher Sprache erschienen.


Genre: Fantasy
Illustrated by Bertelsmann München

High Times

Mit ihrer von Olaf Kraemer aufgezeichneten Biographie macht Uschi Obermaier, das wohl bekannteste deutsche Groupie und Sex-Symbol der 68er-Generation, noch einmal von sich reden. Das 1946 geborene Nachkriegsmodell war als Kind in ihren Vater vernarrt, für sie »der tollste Mann überhaupt«. Früh stand sie auf wilde Männer und verliebte sich sogar in einen US-Massenmörder, dessen Bilder sie wegen seiner maskulinen Ausstrahlung besonders sexy fand. Jung-Uschi wollte unbedingt von ihrem Vater entjungfert werden, doch der interessierte sich nur für andere Frauen. Die Tochter fühlte sich verletzt. Weil ihr Traumprinz auf attraktivere Frauen stand und auch ihre Mitschülerinnen nicht verschmähte, beschloss das Mädchen, ein heißer Feger zu werden und arbeitete auf Schritt und Tritt daran.

Fräulein Obermaier wollte aussehen wie die französische Schauspielerin Brigitte Bardot, die durch ihren Schmollmund berühmt geworden war. Bald verkehrte die Heranwachsende in Schwabings »Big Apple« und ließ sich auf Männer ein, die »Kopien meines Vaters« waren. Musik bekam für sie eine Art mystische Bedeutung. In ihr drückte sich alles aus, was sie fühlte, aber nicht in Worte fassen konnte. So kam es zu dem für sie Nächstliegenden: dem Sex mit Musikern, denen sie als Groupie folgte. In London reagierte Uschi bevorzugt auf Schlagzeuger, weil sie deren Beinarbeit antörnte. Sie versagte sich aber auch bei Gitarre, Bass und Gesang nicht. Bald lebte sie mit der damals prominenten Band »Amon Düül« in deren Kommune bei München und trat als Sängerin auf.

Bei den »Essener Songtagen« lernte sie den Sponti Rainer Langhans kennen und zog zu ihm die legendäre »Kommune Eins« nach Berlin. Langhans wurde ihr Lover und Manager, die Fotos der barbusigen Uschi zierten bald jede Illustrierte. Mit Titelbilder von »Twen«, »Spiegel« und »Stern« erreichte sie Kultstatus unter jungen Leuten. Nacktfotos in Jeans und mit Sonnenbrand waren die ersten (von geleckten Playboy-Aufnahmen abgesehen) Sexfotos in Deutschland.

Das Glamourgirl konnte mit einem einzigen Augenaufschlag feuchte Träume erzeugen und wurde zum Sex-Symbol jener Zeit. Sie verkörperte Sinnesdinge, Drogen und Musik wie keine andere. Mit Politik hatte sie wenig im Sinn, die Kommunarden waren entsetzt über die Braut, die bei Diskussionen im Haschischrausch wegdämmerte und überhaupt nicht verstand, worum es der 68er-Bewegung ging. Dafür sah sie blendend aus und war wohl ein Knaller im Bett.

Davon durften sich bald auch einige Größen der Popmusik überzeugen, mit denen »uns Uschi« durch die Betten stob: Jimi Hendrix, Mick Jagger und Keith Richards gehörten zu denen, die immer wieder Eskapaden mit Uschi unternahmen, obwohl sie verheiratet waren. Als Gattin kam das Betthupferl allerdings nie in Frage, und das wurmte sie.

In den Armen von Reeperbahn-König Dieter Bockhorn blühte Uschi dann richtig auf: die Welt der Gesetzlosen und Outcasts faszinierte sie noch stärker als die Welt des Rock ’n’ Roll. Mit dem Kiezprinz zog sie in einem prächtig ausgestatteten Bus sechs Jahre lang durch Asien, die USA und Mexiko und erlebte ihre persönlichen »HighTimes«. Nach dem Unfalltod von Bockhorn ließ Uschi Obermaier sich in Kalifornien nieder, wo sie heute eine Werkstatt für Silberschmuck betreibt.

Die Biographie ist für diejenigen Leser interessant, die sich an die Zeit der Außerparlamentarischen Opposition (APO) anno 1968 erinnern. Dabei repräsentiert Uschi Obermaier keine politische Idee oder Bewegung. Sie spiegelt den sexuellen Aufbruch jener Zeit wider, sie beschreibt die Schwierigkeiten vieler junger Leute mit den Konventionen der Nachkriegszeit und den ungeheuren Einfluss, den Sex, Drogen und Musik auf das Leben der jungen Generation hatten. So betrachtet ist das Buch ein Dokument, das Kulturgeschichte beschreibt.


Genre: Biographien, Memoiren, Briefe
Illustrated by Heyne München

Schiffbruch mit Tiger

Der in Kanada lebende Schriftsteller Yann Martel erzählt in seinem wundervollen Roman »Schiffbruch mit Tiger« die Geschichte des indischen Schülers Piscine Molitor Patel, der seinen französischen Vornamen einem prächtigen Schwimmbad verdankt. Es dauert jedoch nicht lange, und der Geistesblitz des Bösen durchfährt einen seiner Mitschüler, der eines grauen Tages ruft: »He da kommt Pisser Patel«. Auf dem Haupte des Jungen lastet fortan eine Dornenkrone. Immer wieder wird er mit der Frage konfrontiert: »Ich muss mal. Wo ist denn hier für Pisser?« Selbst die Lehrer, die ihm nichts Böses wollen, sprechen seinen Namen aus schierer Trägheit falsch aus.

Als Piscine auf die Oberschule wechselt, entschließt er sich zu einer Radikalkur. Der Unterricht beginnt, wie stets am ersten Schultag, mit dem Aufsagen der Namen. Als Piscine an der Reihe ist, springt er auf und läuft an die Tafel. Bevor der Lehrer etwas einwenden kann, greift er ein Stück Kreide und schreibt mit, was er sagt: »Ich heiße Piscine Molitor Patel, besser bekannt als …«, und er unterstreicht doppelt die ersten beiden Buchstaben seines Vornamen, » …Pi Patel«. Um es noch deutlicher zu machen, fügt er hinzu: »Pi = 3,14« und zeichnet einen großen Kreis, den er dann mit einem Strich durch die Mitte in zwei Hälften teilt, damit auch der Letzte begreift, auf welchen Grundsatz der Geometrie der Junge anspielt. So wird der »Pisser« zu Pi, und ein neues Leben beginnt für den jungen Mann.

Pi Patel wächst in einem Paradiesgarten auf: Sein Vater ist Direktor eines gepflegten Zoologischen Gartens, der in der südindischen Stadt Pondicherry betrieben wird. Er erfährt viel über die verschiedenen Tiere und das aus Sicht der Zooleute gefährlichste aller Lebewesen: den Menschen. Im Zoobetrieb geht es darum, die Tiere an den Menschen zu gewöhnen und ihre natürliche Fluchtdistanz zu verringern, das ist der Abstand, den ein Tier zu seinem natürlichen Feind hält. Pi lernt, dass gesunde Zootiere nicht aus Hunger oder Mordlust angreifen, sondern weil der erforderliche Abstand zu ihnen unterschritten wird. Und er begreift die Rolle des Alphatieres: wenn zwei Geschöpfe sich begegnen, wird derjenige, dem es gelingt, den anderen einzuschüchtern, als der Ranghöhere anerkannt, und zu einer solchen Rangentscheidung ist kein Kampf erforderlich, in manchen Fällen genügt eine Begegnung.

Diesem Wissen soll der junge Mann sein Leben verdanken. Denn die Familie entscheidet sich, mit Sack und Pack, einschließlich der meisten Tiere, von Indien nach Kanada auszuwandern. Die weite Reise erfolgt auf einem Überseedampfer, das indes bei Nacht und Nebel kentert und spurlos versinkt. Pi Patel überlebt das Inferno und flüchtet sich in ein Rettungsboot. Wie groß ist jedoch sein Schreck, als aus den Fluten weitere Überlebende auftauchen, die das Rettungsboot als ihre Insel ansehen: eine grässliche Tüpfelhyäne, ein Orang-Utan, ein Zebra und ein bengalischer Königstiger, der auf den Namen »Richard Parker« hört und eine Attraktion im Zoo war.

Die Überlebenden massakrieren sich bald gegenseitig, nur Pi Patel und Richard Parker bleiben zurück. Der Junge versucht anfangs, sich auf ein selbst gebasteltes Floß vor der Bestie zu flüchten. Doch dann beginnt er vorsichtig, seinen eigenen Bereich abzustecken, den das Tier schließlich akzeptiert. Er zähmt den Tiger, der ihm gehorcht, zumal er von ihm mit frisch geangelten Fischen gefüttert wird. Hilflos treiben sie im Ozean. Es beginnt eine monatelange Odyssee, die Martel mit derartig großer sprachlicher Anmut und sensiblem Einfühlungsvermögen erzählt, dass der Leser jede Phase des Zusammenlebens zwischen Mensch und Tier mitempfinden kann.

»Schiffbruch mit Tiger« ist eine sowohl witzige wie auch abenteuerliche Erzählung mit philosophischem Tiefgang. Obwohl die Handlung zwischen permanenter Todesangst und listigen Überlebensstrategien pulst, enthält sie herrliche Szenen voller Komik und Humor. Der Text bietet dem Leser leichten Zugang auf verschiedensten Ebenen und berührt auch Fragen des religiösen Verständnisses. Die Story endet skurril, die Schiffbrüchigen entdecken ein seltsame Insel aus Algen und werden schließlich an Land und in ein neues Leben gespült.


Genre: Romane
Illustrated by Fischer Taschenbuch Frankfurt am Main

Der kleine König Dezember

Der kleine König Dezember lebt in einem Mauseloch in der Wohnung des Erzählers, mit dem er sich gelegentlich zu Gesprächen trifft. Kaum größer als ein Gummibärchen, entstammt der kleine Wicht einem Geschlecht, das permanent schrumpft – bis er schließlich völlig verschwunden ist.

Axel Hacke hat den Däumling eines Tages in seinem Bücherregal gefunden und sich mit ihm angefreundet. Er erkundet mit ihm die Stadt und lauscht den Geschichten vom kleinen König Dezember II., der von seinem Vater, König Dezember I. und seinem Großvater König Dritter Januar, erzählt.

In der Welt des dicken kleinen Mannes, der in einem langen roten Mantel mit Hermelinbesatz steckt, wird man groß geboren, man weiß schon alles, kann lesen und schreiben. Mit zunehmendem Alter wird man klitzeklein und zu guter Letzt unsichtbar. Es ist alles spiegelverkehrt zum menschlichen Leben, und doch gleicht sich vieles.

König Dezember vertritt die Ansicht, dass man lebt, um zu träumen. Sein klitzekleines Wohnzimmer ist voller Schachteln, in der seine schönsten Träume fein säuberlich verpackt liegen. So kann er bequem wirklichkeitsfrei leben, und der Leser fühlt sich vielleicht ebenfalls angeregt, ein wenig mit der kleinen Exzellenz in den Tag zu träumen.


Genre: Kurzgeschichten und Erzählungen
Illustrated by Kunstmann München

Der Bär verspürt an manchen Tagen ein rätselhaftes Unbehagen

Wer deutsche Gedichte liest, bekommt selten Lachfalten. Deutsche Dichter wandern mit betroffenen Mienen und gramzerfurchter Stirn umher und wabern bevorzugt im Nebel. Dunkelheit gilt unverändert als Charakteristikum der literarischen Moderne und Schwermut als Beweis von Ernsthaftigkeit. Dichter, die von diesem Kanon abweichen, werden von der offiziellen Literaturkritik ebenso wie von der akademischen Germanistik verschmäht und in die Abteilung Kasperltheater abgeschoben.

Wilhelm Busch wurde von seiner Zeit lediglich als kauziger Comic-Zeichner statt als Dichter anerkannt. Über Christian Morgensterns Verse schrieb ein zeitgenössischer Rezensent, es handele sich keinesfalls um eine Art Literatur als um »das Lallen des Deliriums, um Hirnschwund-Aphasie«. Der unlängst verstorbene Robert Gernhardt wurde jahrzehntelang vom Feuilleton ignoriert, obwohl seine Bücher erfolgreich in mehreren Auflagen erschienen waren.

Dabei gibt es herrlich humorige, kauzige, schräge und surreale Gedichte deutscher Wortakrobaten, die anschaulich beweisen, wie unvollständig das literarische Feuilleton deutsche Dichtkunst spiegelt. Christian Maintz stellt in einer Anthologie ausgewählte komische Gedichte des 20. Jahrhunderts zusammen. Dem Weltbild-Verlag ist es zu danken, diesen ursprünglich bei Hanser erschienenen Sammelband als äußerst preiswertes Hardcover wieder aufgelegt zu haben.

Komische Gedichte stammen nicht nur von den Spezialisten des Genres wie Wilhelm Busch, Christian Morgenstern, Joachim Ringelnatz, Kurt Schwitters, Karl Valentin, Heinz Erhardt, F. W. Bernstein und Robert Gernhardt. Auch »ernste« Dichter kennen das komische Element und verwenden es bewusst, wie Texte von Erich Fried, Peter Rühmkorf, Bertolt Brecht und Hans Magnus Enzensberger belegen.

Der Titelzeile des Buches ist einem Gedicht von Volker Kriegel entlehnt, der sich auch als Jazzer einen Namen machte: »Der Bär verspürt an manchen Tagen ein rätselhaftes Unbehagen. Ist es der Kopf? das Herz? der Magen? Kann er das Bier nicht mehr vertragen? – Zu diesen schweren Schicksalsfragen weiß auch der Bär nicht viel zu sagen.« Was Kriegel da mit Tiefsinn blödelt, bildet keine Ausnahme. Die repräsentative Auswahl der geistreichsten, ulkigsten und brillantesten Gedichte ist eine Lesefreude und empfiehlt sich als Geschenk für jeden, der gern lacht.


Genre: Humor und Satire
Illustrated by Weltbild

Die verrücktesten Hotels

Eine Fleißarbeit legt Kurt Jaworski mit diesem Band vor, der vom Verlag mit der Aufnahme in seine neu angelegte »Edition BoD« geadelt wird. Auf rund 230 Seiten werden in kurzen Artikeln Quartiere auf Inseln und Bergen, in Palästen und Klöstern, bei Eskimos und Dschungelbewohnern beschrieben.

Die Buchidee ist nett, obwohl es derzeit mehr als 600 deutschsprachige Hotelführer gibt, die sich gegenseitig das Wasser abgraben wollen. »Absolut unvergleichlich« sei sein Führer, erklärt Autor Jaworski, der nach eigenem Bekunden fast 50 Jahre als Tourismus-Manager die Welt bereiste. Den Beweis bleibt er leider schuldig. Nur bei sechs von ihm persönlich favorisierten Häusern vermittelt er den Eindruck, auch tatsächlich vor Ort gewesen zu sein.

Die Zusammenstellung wirkt ein wenig steril. Es scheint, als habe der Autor einen großen Teil seiner Recherche vom Lehnstuhl aus per Internet abgewickelt. Dabei listet er dann häufig Adressen von Reiseveranstaltern auf statt direkt zu den Unterkünften zu führen, die mit Google durchaus zu finden sind.


Genre: Reisen
Illustrated by BoD Norderstedt

Heimatliebe ist mehr als eine Spreewaldgurke

»Vor lauter Globalisierung und Computerisierung dürfen die schönen Dinge des Lebens wie Kartoffeln oder Eintopf kochen nicht zu kurz kommen.« Hier spricht eine berufene Hausfrau, es formuliert aber auch die Chefköchin der Bundesrepublik Deutschland, Angela Merkel.

Im Zeitalter der digitalen Medien rutschen immer mehr Äußerungen von Würdenträgern und anderen Wichtigtuern unredigiert in die Öffentlichkeit, die dem Bürger ein Lächeln schenken. Im Falle der Pionierleiterin Merkel ist jetzt daraus ein kleines Büchlein entstanden, das eine Viertelstunde Freude schenkt. Die Zitate werden dem Ruf der großen Führerin gerecht, der kleinstmögliche Abstand zwischen zwei Fettnäpfchen zu sein.

Angelas Welt ist voller Geheimnisse und Abgründe: »Frauen sind wie Teebeutel. Du weißt nicht, wie stark sie sind, bis du sie ins heiße Wasser tauchst«, prophezeite die Oberkommandierende und tauchte unter. Vielleicht dachte sie dabei an den Kochtopf eines Kannibalenstammes und betete: »Die heilige Barbara starb den Martyrertod. Ich hoffe, dass mir das erspart bleibt.

Da sie aber über »gewisse kamelartige Fähigkeiten« verfügt, wird die Merkelin diesen Weg kaum beschreiten müssen. Derweil bereist sie die blühenden Landschaften und lobt dieses, unser deutsches Land: »Ich denke an dichte Fenster! Kein anderes Land kann so dichte und so schöne Fenster bauen!« Das ist auch gut so, dann dringen die Lacher der Bürger selten an die Öffentlichkeit.

Besonders bemerkenswert ist die ausgeprägte Heimatliebe unserer Regierungschefin. »Ich will, dass Mecklenburg-Vorpommern das Bayern des Ostens wird«, lautet ihr politisches Credo. Und so ist es auch ein Merkel-Spruch, der diesem Band seinen Titel verlieh: »Heimatliebe ist mehr wert als eine Spreewaldgurke.« – Guten Appetit!


Genre: Humor und Satire
Illustrated by Rowohlt

Der Gefangene

Als Anklage gegen das bestehende Rechtssystem in den USA sowie gegen die Verhängung der Todesstrafe liest sich John Grishams jüngstes Buch »Der Gefangene«.

In seinem ersten Sachbuch beschreibt der gelernte Jurist und bekannte Bestsellerautor den Fall eines unschuldig zum Tode verurteilten weißen Amerikaners. Elf Jahre saß Ron Williamson in der Todeszelle, weil ihn gewissenlose Polizisten, die unbedingt einen spektakulären Mordfall abschließen wollten, trotz eines Alibis und offenkundiger Beweise seiner Unschuld zu einem »Traumgeständnis« nötigten. Danach gingen die Beamten in gnadenlosen Verhören unter Androhung von Gewalt soweit, von dem psychisch labilen Mann eine Geschichte zu erpressen, wonach er geträumt habe, wie der Mord abgelaufen sein könnte. Gemeinsam mit »verdächtigen« Lügendetektorkurven und Berichten von Gefängnisspitzeln, die behaupteten, Williamson habe die Tat gestanden, reichte das aus, ihn anzuklagen und zum Tod durch die Giftspritze zu verurteilen.

Die Polizei des kleinen Städtchens Ada im »Bibelgürtel« von Oklahoma hatte zuvor schon zwei Männer, Tommy Ward und Karl Fontenot, auf diese Weise lebenslang ins Gefängnis befördert. Deren Fälle war wegen ihrer offensichtlichen Absurdität von dem Schriftsteller Robert Mayer aufgegriffen und in seinem Buch »The dreams of Ada« veröffentlicht worden. Beide Fehlurteile sind bis heute nicht aufgehoben.

Grishams Buch beschreibt das Leben eines depressiven Baseballprofis, der aufgrund von Krankheit und mangelnder finanzieller Mittel einem Fehlurteil zum Opfer fiel. Der Zufall wollte es, dass sich Mitarbeiter eines unabhängigen Bürgerrechtskomitees des Falles annahmen und in letzter Sekunde einen Freispruch erkämpften. Minutiös arbeitet Grisham schlechte Polizeiarbeit, pseudowissenschaftliche Methoden, irrtümliche Identifizierungen, schlechte Verteidiger, faule oder arrogante Staatsanwälte und parteiische Richter auf. Streckenweise liest sich sein Buch wie ein Krimi, wobei ellenlange Ausführungen über Baseball eher den amerikanischen Leser interessieren mögen.

Dennoch ist bei diesem Buch alles andere: Grisham, dessen bisherige Bücher packende Thriller sind, tritt mit diesem Werk unspektakulär auf. Obwohl die Bedeutung des geschilderten Falles ungleich dramatischer als jede Romanhandlung ist, fehlen die üblichen Grishamschen Fluchten und Verfolgungsjagden. Wer einen typischen Grisham erwartet, sollte dies vorher wissen, bevor er zu dem Buch greift.


Genre: Sachbuch
Illustrated by Heyne München

Love

Mit seinem neuesten Roman setzt Stephen King seiner Frau als seiner großen Liebe ein literarisches Denkmal. Die inzwischen 50. Buchveröffentlichung des erfolgreichsten Autors unserer Tage heißt im Original »Lisey´s Story« und trägt in der deutschen Ausgabe den Titel »Love«. Wie vom Meister des literarischen Schauers zu erwarten, handelt es sich dabei um einen Psychothriller, der diesmal jedoch äußerst sensibel erzählt wird. »Es ist eine Liebesgeschichte mit Monstern. Einige davon sind Menschen«, beschreibt der rasend produktive Autor seine neueste Kopfgeburt.

Die Witwe des Erfolgsautors Scott Landon räumt den Nachlass ihres Mannes auf und erinnert sich anhand persönlicher Fundstücke ihres gemeinsamen Lebens. Lisey Landon empfindet auch nach dem Tod ihres Mannes eine derartig enge Bindung an ihn, dass sie meint, er wolle sie aus dem Jenseits bitten, noch Unbewältigtes aus seiner Biographie für ihn aufzuarbeiten, damit er in Frieden ruhen könne. Sie reist anhand von Zeitungsartikel und Memorabilien in die gemeinsame Vergangenheit, in die Zeit, wo sie sich kennen und lieben lernten, in die Zeit seines schweren Starts als Schriftsteller, seines enormen Erfolgs und seiner weltweiten Anerkennung.

Die Reise auf der Memory Lane wird für Lisey indes ein Trip zur Freak Alley. Denn neben vielen wunderschönen Erinnerungen gibt es auch bittere Szenen. Bei der Grundstückslegung einer Universitätsbibliothek wird Scott von einem Stalker angeschossen und schwer verletzt. Lisey rettet ihrem Mann in letzter Sekunde das Leben, indem sie den Verrückten mit einer silbernen Schaufel zu Boden drischt. Der Angreifer ist einer der Deep Space Cowboys, die behaupten, angebliche Geheimbotschaften der Autoren zu verstehen und glauben, deren Bücher seien in Wirklichkeit Führer zu Gott, Satan oder den Gnostikern.

Der ebenso verrückte Zellengenosse dieses Attentäters taucht nun zwei Jahre nach dem Ableben des Autors in Liseys Leben auf und beginnt, sie zu terrorisieren. Mit Hilfe ihres verstorbenen Mannes wehrt Lisey sich gegen den Dämon. Dazu folgt sie einem »Blut-Bool«, einer blutigen Schnitzeljagd, die sie von Hinweis zu Hinweis führt, und bei der immer wieder Versatzstücke der Wahrheit durch einen purpurroten Vorhang schimmern. Sie trifft Scott unter dem Boo`ya-Mond, einem Auenland der Phantasie, in das er sich bereits als Kind zurückzog, um sich vor der gewalttätigen Welt der »Bösmülligen« zu schützen, und es gelingt ihr, sich immer wieder in diese Zone des Zwielichts zu transportieren, um neue Kraft zu schöpfen.

»Love« ist ebenso ein Psychothriller wie die Biographie einer dreißigjährigen Ehe, die durch Höhen und Tiefen geht. Viele Parallelen öffnen sich zu Kings eigenem Leben, und doch ist dieser Roman weit mehr als ein Werk mit autobiographischen Reminiszenzen. Es ist eine einfühlsame Liebesgeschichte von symbiotisch verbundenen Menschen, die auch über den Tod hinaus in ihrer eigenen Sprache, ihren eigenen Ritualen und ihrer eigenen Welt leben. Es ist ein Buch über die Trauerarbeit beim Hinscheiden geliebter Menschen von einem Kenner der Untiefen und Abgründe der menschlichen Seele. Es ist ein zärtlicher Roman über die heilende Wirkung der Liebe und ihre Bedeutung als Kraftzentrum für die Beziehung.

King verarbeitet in seinen Büchern gern Geschehnisse der eigenen Lebensgeschichte: er war selbst Alkoholiker wie sein Protagonist Scott Landon in »Love«, und er ertrug einen durchgeknallten Fan, der in sein Haus eindrang. Er überlebte einen lebensgefährlichen Autounfall, den er im siebten Buch von »Der dunkle Turm« bis zum Klarnamen des Unglücksfahrers verarbeitete. Der King of Horror bereitet oft intime Details seines Lebens in seinen Romanen auf. Doch alle Spuren, die er legt, führen letztlich immer zu dem großen Pool der Mythen und Worte, aus dem der Schriftsteller trinkt: sie erweisen sich als literarische Fiktion.

In seiner Sprachgewalt wie in seiner Schöpferkraft ist Stephen King ein literarisches Phänomen. Gleichwohl wirkt es auf den Kenner des Gesamtwerks so, als schreibe King gegen die Uhr, als wolle er in einem Schreibmarathon Long Boy, dem Sensenmann, davon laufen. Das ist für den Autor, dessen Bücher sich nach eigenem Bekunden weitgehend selbst schreiben und ihm förmlich aus der Feder fließen, sicherlich eine ebenso ungewöhnliche Erfahrung wie für seine Leser.


Genre: Thriller
Illustrated by Heyne München

Imperium

Die Geschichte des römischen Senators und Rechtsanwaltes Cicero, erzählt von seinem Diener und Sekretär Tullius Tiro, ist Gegenstand dieses herausragenden Historienkrimis. Tiro, Erfinder der Kurzschrift, protokolliert die unvergleichliche Entwicklung Ciceros vom stotternden und scheuen Jüngling zum selbstbewussten Machtpolitiker, der auf dem Höhepunkt seiner Karriere die ihm vom Staat übertragene Macht über Leben und Tod, das »imperium«, ausübte.

Cicero gewann im Alter von 42 Jahren, dem jüngsten erlaubten Alter, mit dem römischen Konsulat das höchste Amt im Staat. Er erlangte es durch das einstimmige Votum aller Zenturien, als homo novus, ohne einflussreiche Familie, ohne Vermögen und ohne die Macht von Waffen: ein Kunststück, das noch nie zuvor gelungen war und nie mehr gelingen sollte. Mit seiner einzigen Waffe, seiner Redekunst, trat er allem entgegen, was im römischen Staat korrupt und verabscheuungswürdig war. »Redekunst, die nicht aufrüttelt, ist für mich keine Redekunst«, lautete sein Motto, und noch zweitausend Jahre später werden seine mitreißenden Reden als rhetorische Kunststücke gelesen und zitiert.

Im römischen Senat, im Volkstribunal und an den Gerichtshöfen herrschten Korruption und Intrige. Richter und Geschworene waren ebenso gekauft wie die Wähler, die auf dem Maifeld ihre Stimme abgeben durften. Für den Republikaner Cicero war es nahezu unmöglich, sich gegen die zementierten Machtstrukturen und die Allmacht des Geldes und der Aristokratie zu behaupten. Dass es ihm dennoch gelang, schreibt der Erzähler seiner Fähigkeit zum Pragmatismus und zur Demagogie zu.

Richard Harris macht aus dem Thema einen Staatskrimi, der den Leser bis zur letzten Zeile fesselt. Selten wurde römische Geschichte und die Fäulnis eines untergehenden Riesenreiches so spannend beschrieben wie in diesem Buch.


Genre: Historischer Roman
Illustrated by Heyne München

Skelett

Im endgültig letzten Roman der Reihe um den britischen Spezialagenten Tweed geht es wieder um die erfolgreiche Aufklärungsarbeit des unschlagbaren Geheimdienstmannes und seiner Helfer. Im Büro des Ermittlers herrscht Langeweile: ein Mitarbeiter raucht eine King-Size-Zigarette, ein anderer putzt seine Knarre, ein dritter gähnt aus dem Fenster, da wird ein neuer Fall geliefert, der natürlich nur von Tweed aufgeklärt werden kann.

Ein Mann hat offensichtlich einen Mord gesehen und ist darüber in tiefe Amnesie gefallen. Der vornamenlose Tweed und seine Assistentin Paula fahren zum Landsitz des Zeugen, der Mitglied einer einflussreichen Milliardärsfamilie ist. Es geht ins modrige Dartmoor, wo sie bereits bei ihrem ersten Spaziergang grausam verunstaltete Skelette finden, von denen große Stücke Fleisch abgelöst wurden. Außerdem stoßen sie auf eine geheimnisvolle unterirdische Waffenfabrik. Schon entspinnt sich eine zwar abenteuerliche, jedoch in sich leider vollkommen unlogische Geschichte.

Wie in den zahllosen früheren Tweed-Romanen reisen die Agenten durch halb Europa, wobei sie stets in den besten Häusern logieren. Sie hinterlassen eine Spur der Verwüstung, wobei ihnen selbst kein Haar gekrümmt wird, obwohl der weltbeste Serienkiller auf den Ermittler anlegt. Colin Forbes (1923-2006) vermittelt auch mit diesem Werk wieder den Eindruck, die Beschreibung der gerade besuchten Städte sowie seiner Kleidung hätten mehr Gewicht als die Handlung des Romans selbst. Insofern kann der Klappentext des Verlages, der Autor sei »als fanatisch Reisender bemüht, seine Handlungsschauplätze stets selbst zu besuchen«, auch als milde Warnung verstanden werden.

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Genre: Kriminalliteratur
Illustrated by Heyne München

Der mystische Masseur

In seinem ersten Roman erzählt der mittlerweile auch im deutschen Sprachraum bekannte westindische Autor die witzig-melancholische Geschichte von Ganesh, dem großen Heiler von Trinidad, und liefert das satirische Porträt eines Dorfes, das den ungewöhnlichen und überraschenden Aufstieg eines gescheiterten Lehrers staunend begleitet. Der Protagonist versucht sich als Masseur, und er schreibt ein Büchlein über den Hinduismus. Leider ist er weder als Therapeut noch als Buchverkäufer erfolgreich. Doch Ganesh hat Phantasie, und die setzt er bei der Behandlung eines von einem bösen Dämon besessenen Kindes ein. Er wird zum »mystischen Masseur« und Erfolgsautor und landet schließlich sogar in der großen Politik.

Naipaul schafft mit seinem satirisch reflektierenden Roman ein wundervolles Werk auch über die Rolle des Autors, den Stellenwert des Buches, die Bedeutung von Titelblatt, Aufmachung, Umfang und Widmung sowie über den Sinn, den eingeschlagenen Kurs festzuhalten und an sich selbst zu glauben. Diese Auffassung hat zumindest dem Autor, der 2001 den Literatur-Nobelpreis bekam, geholfen und ihn weit gebracht.


Genre: Romane
Illustrated by List München

Der Zauberer

Im Kampf gegen den Drachen Grengarm ist Sir Able of The High Heart gefallen und wird in den Götterhimmel Skai aufgenommen, wo er lange Zeit verbringt. Doch er sehnt sich nach seiner geliebten Prinzessin Disiri, deren Ritter er ist. Auf seine Bitten entlässt ihn der Walvater noch einmal nach Mythgarthr. Ihm wird allerdings das Gelübde abgenommen, von den zauberischen Fähigkeiten, die er inzwischen erlangt hat, keinen Gebrauch zu machen.

Sir Able trifft auf eine Welt, die in Auflösung begriffen ist. Die Frostriesen greifen an, und ein Drache aus Muspel will das Land unter seine Kontrolle bringen. Der inzwischen zum Mann gereifte Junge tritt wieder als einfacher Kämpfer den Gefahren entgegen, allerdings hat er jetzt eine Erfahrung und einen Hintergrund, der ihm zum Vorteil gereicht. Außerdem hat er Freunde und Getreue, deren Schicksalsfäden bereits im ersten Band gesponnen und nun wieder aufgenommen werden.

Der zweite und letzte Band der Geschichte aus Mythgarthr ist ebenfalls als Brief des Helden an seinen Bruder Ben verfasst. Er knüpft nahtlos an die Geschehnisse des ersten Buches an und rundet die Geschichte zu einem Fantasy-Werk der besonderen Art.


Genre: Fantasy
Illustrated by Klett-Cotta Stuttgart