Die Verschwörung der Idioten

Ignaz J. Reilly ist ein Muttersöhnchen aus dem tiefschwarzen New Orleans, das sich auch mit 30 Jahren noch von Mami mit Kuchen und Cremeschnitten füttern lässt. Der feiste, stinkfaule und philosophisch veranlagte Phlegmatiker lebt bevorzugt in seinem Bett und rennt von dort gegen die Segnungen der amerikanischen Zivilisation an. Wütend kommentiert er die nachmittäglichen Programme des Verdummungsfernsehens, ohne auch nur eine Folge der Achse des Schwachsinns auszulassen.

Ignaz – ein exzentrischer Parasit

Gelegentlich greift Ignaz zu Banjo und Trompete, um ein paar Takte abzusondern und damit die Nachbarn auf die Palme zu bringen. Auf Schmierzetteln notiert er Traktate und Erkenntnisse, mit denen er die Welt aus den Angeln heben will. Der Fleischklops beschimpft alles und jeden. Er ist deftig, dreist, obszön, dabei aber auch unerhört gebildet und ausgesprochen intellektuell. Sich selbst bezeichnet er als »Anachronismus«.

Einer Verkettung unglücklicher Umstände ist es geschuldet, dass Mutter Reilly einen Verkehrsunfall verursacht. Um den entstandenen Schaden zu bezahlen, will Ignaz arbeiten gehen. Er streift sein bodenlanges Flanellnachthemd ab und hüllt sich in eine Ausgehuniform, zu der ausgebeulte Tweedhosen, kariertes Hemd und eine grüne Jagdmütze gehören. Deren Ohrenklappen schlägt er herunter, wenn er redet und klappt sie auf, wenn er ausnahmsweise zum Zuhören bereit ist.

Kreuzzug »zur Ehrenrettung der Mohren«

Der exzentrische Parasit, der sich durch vulkanische Blähungen und freche Überheblichkeit gegen alles und jeden auszeichnet, tritt seinen Dienst in der Welt einer herunter gekommenen Hosenfabrik an. Dessen verwesendes Personal sieht in ihm ein Vorbild.

Ignaz entwickelt einen Kreuzzug »zur Ehrenrettung der Mohren« und wird zum Anführer der mehrheitlich schwarzen Belegschaft. Er möchte damit auch seiner Brieffreundin Myrna Minkoff aus Manhattan imponieren, die ihn unbedingt »durch Sex« therapieren will. Der Kreuzzug endet im Inferno, die Hosenbude rutscht ins Chaos.

Darauf versucht der eigenwillige Ignaz sich als Würstchenverkäufer. Während er selbst bald sein bester Kunde wird, arbeitet er verbissen an einem neuen Plan zur Rettung der Menschheit »durch ihre Entartung«. Dazu versucht er sich als Anführer einer Schwulenbewegung, die in dem Gecken einen lustigen Zeitvertreib sieht. Er schlüpft in die Rolle des spätantiken Philosophen Boethius, der im entarteten späten Rom als »letzter Römer« die Rolle des Mahners übernahm.

Ein unvergleichlich köstliches Buch

»Die Verschwörung der Idioten Roman« ist ein unvergleichlich köstliches Buch. Der originelle Held versteht es, durch pures Ungeschick und intellektuelle Missverständnisse von einer Katastrophe in die nächste zu stolpern.

Kann der Leser sich eigentlich nur schütteln über die widerwärtige Erscheinung dieses verfressenen Riesenbabys, dessen Verdauungsprobleme sein Hauptanliegen sind, so liefert ihm der Protagonist zugleich eine Steilvorlage nach der anderen zum chronischen Lachanfall.

Dieses wahnsinnige Buch ist so intensiv und milieudicht geschrieben, dass es in einem Rutsch verspeist werden möchte, was bei dem Umfang von 478 Seiten jedoch kaum gelingt.

Tragischer Hintergrund

Tragisch ist der Hintergrund des satirischen Romans. Autor John Kennedy Toole suchte verzweifelt einen Verleger für seinen Roman. Als ihm das nach jahrelangem Bemühen misslang, nahm er sich entmutigt 1969 das Leben.

Tooles Mutter mühte sich dann noch einmal elf Jahre lang, einen Verlag für das Manuskript zu finden. Als es ihr tatsächlich gelang, wurde das Buch ein unbeschreiblicher Erfolg. 1981 erhielt der Autor postum den Pulitzer-Preis für seinen Roman.

Die deutsche Taschenbuchausgabe in hervorragender Übersetzung von Alex Capus trägt dazu bei, diese wahrhaft göttliche Komödie auch dem deutschsprachigen Publikum zu erschließen.


Genre: Humor und Satire, Roman
Illustrated by dtv München

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