Das Buch habe ich mit wachsender Freude gelesen: Erst kommt das Buch wie eine Liebeserklärung an seinen Garten daher: so, als wäre er seine Beziehungskiste, wie zu seinem Hund. Dann geht es um nichts weniger als die Liebe zur Natur, zu Pflanzen. Zu „Tiere(n) im Garten–Wie werde ich ein guter Gastgeber?“ heißt ein Kapitel. Und dass er sich als Junge zur Kommunion eine Magnolie gewünscht hatte—so etwas gefällt einer Oma.
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Einfach gärtnern! Naturnah und nachhaltig
1984
George Orwell’s 1984. Neuübersetzung. „Alle Kinder sind Schweine.“ Es ist ein heller, kalter Apriltag und die Vorbereitungen für die allmonatliche Hasswoche laufen auf Hochtouren. Winston Smith, 39, ist nur ein kleiner, weiterer Mitarbeiter im „Ministerium für Wahrheit“ und er begeht eines der größten Verbrechen dieser totalitären Gesellschaft der Zukunft: er verliebt sich.
1984: Liebe in Zeiten des Krieges
Eigentlich ist es vielmehr Julia, die sich in ihn verliebt, steckt sie ihm doch insgeheim einen Zettel zu auf dem die drei so aufrührerischen, aber eigentlich harmlosen Worte stehen. Ich liebe dich. Aber im ENGSOZ der Zukunft gilt dies schon als gefährlich. Zudem wenn man auch noch Tagebuch führt und glaubt, man könne dies von der allgegenwärtigen Gedankenpolizei geheim halten. Eigentlich gibt es sogar vier Ministerien. Aber das beängstigendste ist das Ministerium der Liebe. Es hat keine Fenster. Die anderen Ministerien heißen Frieden und Fülle und alle vier haben sie ihre eigenen Abkürzungen im Neusprech des Engsoz. Es wird viel Gin getrunken und es darf auch geraucht werden. Der Markennamen lautet jeweils Victory. Denn das ist auch die Losung im Krieg gegen Eurasien: Sieg. Aber auch im Inneren tobt ein Krieg. Ein Krieg gegen die Bruderschaft, der ein gewisser Emmanuel Goldstein vorsteht. Äußerlich ähnelt er von der Beschreibung her Trotzki, was den Großen Bruder aber noch lange nicht zu einem Stalin macht. Alle die in Opposition sind werden verdampft. Vaporisiert, wie es im Original heißt. Und täglich rauchen die Kamine.
Orwell’s Dystopie des homo hominis lupus
George Orwell hat 1948 einen Roman geschrieben, der heute noch als Klassiker der Dystopie gilt. Er nahm Anleihen beim Nationalsozialismus und beim Stalinismus, ohne direkt darauf Bezug zu nehmen. Denn was in 1984 passiert, könnte überall passieren, in jeder Gesellschaft, in jedem Jahrhundert. Auch das 21. Jahrhundert ist nicht gefeit davor, was Orwell in so treffenden Worten wie kein anderer beschrieben hat: homo hominis lupus. Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf. Selbst die (unschuldigen) Kinder machen mit und werden zu gemeinen Denunzianten, jagen ihre Beute wie Hunde. Werden zu Schweinen. Auch Winston war ein solches. Er ließ seine Schwester und seine Mutter im Stich. Jetzt plagt ihn sein Gewissen. Er will rebellieren. Doch letztendlich besteht seine Revolte darin, ein verbotenes Buch zu lesen und Julia zu lieben. Der einzige Trost, der ihm bleibt, ist, sie nicht zu verraten: „Ein Geständnis ist kein Verrat. Was man sagt oder tut, ist nicht entscheidend, nur Gefühle zählen. Wenn sie mich dazu brächten, dich nicht mehr zu lieben – das wäre der wahre Verrat.“
Im Anhang befindet sich auch eine genaue Erklärung des Engsoz Neusprech, dessen wichtigste Vokabeln längst Eingang in unsere Alltagssprache gehalten haben. Man denke nur an Doppeldenk, Big Brother oder Thinkpol. 1984ist eine Offenbarung. Man kann es nicht oft genug lesen.
George Orwell
1984 – Roman
Neuübersetzung von Eike Schönfeld
2021, Gebunden, 382 Seiten
ISBN: 978-3-458-17876-7
D: 20,00 € / A: 20,60 € / CH: 28,90 sFr
Magie der Farben – Aquarelle aus dem Tessin.
„Jeder Mensch hat etwas in sich, jeder hatte etwas zu sagen. Aber es nicht zu verschweigen und nicht zu stammeln, sondern es auch wirklich zu sagen, sei es nun mit Worten oder mit Farben oder mit Tönen, darauf einzig kam es an!“, schreibt Hermann Hesse voller Begeisterung über sein Tun und Lassen, denn der Schriftsteller war ja eben vor allem als solcher und weniger als Maler bekannt. „Dem allen bin ich davongelaufen, es gibt jetzt für ein paar Stunden keine Bücher, keine Studierzimmer mehr. Es gibt nur die Sonne und mich, und diesen hellzarten, apfelgrün durchschimmerten Septembermorgenhimmel, und das strahlende Gelb im herbstlichen Laub der Maulbeerbäume und der Reben.“
Chiffren des Unsterblichen
Volker Michels spricht in seinem Nachwort zu vorliegender reich bebilderter Schmuckausgabe mit Bildern von Hermann Hesse von der geradezu „existentiellen Notwendigkeit“ zu der das Malen für Hesse geworden war. Das Eigenständige und Unverkennbare an Hesses Malerei sei „die enge Wechselwirkung zwischen der Abstraktion, Farbigkeit und Musikalität seiner Bilder mit denselben Komponenten in seiner Lyrik und Prosa“, schreibt Michels. „In seinen Dichtungen und Bildern vermittelt Hesse nicht ein Abbild der Wirklichkeit, sondern ihr Sinnbild.“ Denn die positive Tendenz der Zuversicht und Heiterkeit, die sich in Hesses Büchern erst nach langwierigen, krisenhaften Entwicklungen herauskristallisieren würden und „mit Chiffren wie das ‚Lachen der Unsterblichen’ (im ‚Steppenwolf’) oder ‚Die Goldene Spur’ (in ‚Narziß und Goldmund’) bezeichnet wird“, trete in seinen Aquarellen bereits augenfällig zu Tage.
Malen als Frühling der Seele
„Oh, es gab auf der Welt nichts Schöneres, nichts Wichtigeres, nichts Beglückenderes als Malen, alles andre war dummes Zeug, war Zeitverschwendung und Getue.“ Im Alter von 40 Jahren, mitten im Ersten Weltkrieg, hatte Hermann Hesse zu malen begonnen und es ist auch für den Leser eine wahre Wonne, zu lesen, mit welchen Worten er seine Begeisterung für das Malen teilt: „Aber Tage wie heute, das war etwas anderes und Besonderes, an diesen Tagen konnte man nicht malen, sondern mußte malen. Da blicket jedes Fleckchen Rot oder Ocker so klangvoll aus dem Grün, jeder alte Rebenpfahl mit seinem Schatten stand da so nachdenklich schön in sich versunken und noch im tiefsten Schatten sprach jede Farbe klar und kräftig.“ Es ist förmlich zu spüren, wie ihm selbst das Herz aufgeht bei dieser neuen Tätigkeit, bei der er sich fast noch mehr entfalten kann als beim Schreiben. Es war ihm ein „Ausweg, um auch in bittersten Zeiten das Leben ertragen zu können“, wie er selbst an einer Stelle schreibt, „und um Distanz von der Literatur zu gewinnen“. „Das Produzieren mit Feder und Pinsel ist für mich der Wein, dessen Rausch das Leben so weit wärmt, dass es zu ertragen ist.“
Magie des Malens
Seine Malausflüge im Tessin zeitigten zusammenhängende Bilderfolgen und Aquarellalben und aus einem dieser Alben von 1922 erscheint hier eine Folge seiner reizvollsten Arbeiten, aber auch Blätter aus späteren Jahren. Zusammen mit seinen Betrachtungen über seine Malerei und Selbstzeugnisse aus seinen Briefen lässt dieser kleine schmale und doch so bunte Band den Leser an der Begeisterung teilhaben und einen sogar mitten im Winter eine Art Frühlingsaufbruch erspüren.
Hermann Hesse
Magie der Farben – Aquarelle aus dem Tessin.
Mit Betrachtungen und Gedichten
Zusammengestellt und mit einem Nachwort von Volker Michels
D: 14,00 € / A: 14,40 € / CH: 20,90 sFr
2019, Hardcover, Insel-Bücherei 1465, Gebunden, 104 Seiten
ISBN: 978-3-458-19465-1
Bel Ami
Souverän erzeugter Lesesog
Zum Olymp der französischen Literatur gehört auch Guy de Maupassant, dessen Roman «Bel Ami», 1885 als Erstdruck in einer Zeitung erschienen, zu seinem erfolgreichstem Werk wurde, das bis heute in immer neuen Auflagen gelesen wird. Der dem Naturalismus zugerechnete Schriftsteller ist ja vor allem als Novellist berühmt geworden, hatte aber später als Romancier deutlich höhere Auflagen als mit den Novellenbänden. Der vorliegende, zu den Klassikern der Weltliteratur zählende Roman eines geglückten gesellschaftlichen Aufstiegs markiert auch eine Abkehr vom sonst vorherrschenden Pessimismus im Œuvre des Autors, er trägt zudem erkennbar autobiografische Züge.
In Paris trifft der ehemalige Unteroffizier Georges Duroy zufällig seinen Kameraden Forestier wieder, der im politischen Ressort einer Zeitung arbeitet. Der verhilft dem in ärmlichsten Verhältnissen lebenden jungen Mann zu einer Anstellung bei seinem Verlag und führt ihn in die Gesellschaft ein. Dank der Protektion seines Freundes macht der gut aussehende Duroy schnell Karriere, verfasst mit Hilfe von dessen Ehefrau Madeleine erste Artikel für sein Blatt und fängt schon bald ein Verhältnis mit ihrer verheirateten besten Freundin an, deren kleine Tochter ihn immer nur «Bel Ami» nennt. Durch einen Tipp seiner Geliebten, die ihn auch finanziell unterstützt, verdient er bei einer Börsenspekulation plötzlich viel Geld und kommt endlich aus seiner bedrückenden finanziellen Notlage heraus. Als Forestier plötzlich stirbt, heiratet er dessen junge Witwe, die inzwischen den größten politischen Salon von Paris führt und ihren neuen Ehemann nun nach Kräften unterstützt. Der steigt weiter die Karriereleiter hinauf und gewinnt schließlich sogar, nicht ohne Hintergedanken, die Frau seines Dienstherrn, Mutter zweier Töchter im heiratsfähigen Alter, zu seiner neuen Geliebten. Bei einem Dinner in deren neuerworbener, schlossartiger Villa keimt erneut quälender Neid in ihm auf, so möchte er auch gerne mal leben! Das Geld für das pompöse Domizil stammt zudem aus einem riesigen Spekulationsgewinn, den Tipp dazu bekam der Zeitungsboss durch eine streng geheime Information aus Kreisen der Regierung. Es reift schließlich ein perfider Plan in Duroy heran, in dem die älteste Tochter seiner neuen Geliebten die Hauptrolle spielt.
Der in der Belle Époque angesiedelte, satirisch gefärbte Roman über einen opportunistischen, charismatischen jungen Mann, dessen Attraktivität letztendlich jede Frau unwiderstehlich anzieht, schildert seine Entwicklung vom zielstrebigen, dankbaren Freund zum neidischen, geldgierigen und skrupellosen Emporkömmling. Maupassants Geschichte entlarvt auch die Doppelmoral einer Gesellschaft der Belle Époque, deren prüde Konventionen in den Beziehungen der Geschlechter penibel einzuhalten sind, die andererseits aber bedenkenlos im Geheimen missachtet werden. Genau so entlarvend wird auch die weitverbreitete, korrupte Ellenbogen-Mentalität in politischen Geschehen der Gründerzeit angeprangert. Neben der Charakterstudie des Parvenüs bekommt der Leser ebenso interessante Einblicke in das Zeitungswesen jener Zeit mit seinem kämpferischen Meinungs-Journalismus wie in das oberflächliche Pariser Gesellschaftsleben.
Deutlich kontemplativer ist hingegen meine Lieblings-Szene, ein mehrere Seiten umfassender Dialog eines desillusionierten, älteren Dichters, der dem jugendlichen Helden zu bedenken gibt: «Was erhoffen Sie sich von der Liebe? Noch ein paar Küsse, und Sie sind impotent … Und was weiter? Geld? Wozu? Um Weiber zu bezahlen? Ein hübsches Glück! Um viel zu essen, dick zu werden und nächtlich unter den Stichen der Gicht zu schreien? Und was weiter? Ruhm? Wozu, wenn man ihn nicht mehr in Gestalt der Liebe schlürfen kann? Und was weiter? Immer der Tod zum Schlusse!» Maupassants berühmte Geschichte vermag, ohne psychologische Tiefenbohrungen und moralisch zurückhaltend erzählt, äußerst souverän einen unwiderstehlichen Lesesog zu erzeugen. Chapeau!
Fazit: erstklassig
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Besessen
Die Literatur im Fokus
Der literarische Durchbruch gelang der britischen Schriftstellerin Antonia Susan Byatt durch ihren Roman «Besessen», er wurde 1990 mit dem Man Booker Prize ausgezeichnet und avancierte schnell zum Bestseller im englischsprachigen Buchmarkt. Drei Jahre später erschien er in deutscher Übersetzung, und damit erschien überhaupt erstmals ein Roman dieser bis dato am meisten unterschätzten britischen Autorin auch in Deutschland. Von der Kritik wurde er überwiegend positiv beurteilt, vom total begeisterten Marcel Reich-Ranicki gar als Jahrhundertroman apostrophiert. Und das, obwohl er literarisch in jeder Hinsicht ein kompliziertes, hoch komplexes Werk ist mit einer Fülle von Zitaten, Andeutungen und Verweisen. «Ich wollte immer etwas Kompliziertes schreiben» hat die Autorin im Interview dazu erklärt. Wartet hier also auf mehr als 600 Seiten ein intellektuelles Fitnesstraining auf den potentiellen Leser?
Im Milieu der Literaturwissenschaft angesiedelt, beginnt diese äußerst gekonnt erzählte und bis zum Schluss spannend bleibende Geschichte eines großen Geheimnisses mit einer Trouvaille. Roland Michell, der über den viktorianischen Poeten Randolph Henry Ash promoviert hat, findet in der London Library in einem Buch, das einst Ash gehörte, Entwürfe von dessen Hand für einen Brief an eine nicht genannte Dame. Sein Forscherdrang ist geweckt, er begibt sich auf eine komplizierte Suche, studiert Tagebücher, Briefe und Gedichte auf versteckte Hinweise und vermutet schließlich die kaum bekannte Schriftstellerin Christabel LaMotte als Adressatin der Briefentwürfe. Und tatsächlich kann er mit Hilfe seiner Kollegin Maud Bailey belegen, dass die beiden sich gekannt haben mussten, – ja, mehr als das! Die akribischen Recherchen im Literaturmilieu lesen sich wie eine verzwickte Detektivgeschichte, unermüdlich tragen die jungen Wissenschaftler ein Puzzleteilchen nach dem anderen zusammen und fügen sie zu einem stimmigen Bild, welches einige der Gewissheiten über den im literarischen Rang mit Goethe gleichgestellten britischen Lyriker Ash widerlegt. Die schriftlich fixierten Ergebnisse der gemeinsamen Recherche bringen dem bis dato erfolglosen Hilfsassistenten Roland Michell nicht nur Angebote für lukrative Stellungen gleich dreier Universitäten, er kann schließlich sogar das Herz seiner spröden Mitstreiterin Maud gewinnen.
Die zweite der kunstvoll ineinander verschachtelten Erzählebenen wird fast komplett mit Zitaten aus Tagebüchern, Briefwechseln und Werken der beiden viktorianischen Dichter, aus Märchen und anderen Quellen des 19ten Jahrhunderts bestritten. All das ist fiktiv, auch wenn es authentisch wirkt! Das Leitmotiv bildet dabei die Sage von Melusine, deren Tabubruch hier als Motiv im Feminismus gespiegelt wird, aber auch Kunst, Wissenschaft sowie erregende, übernatürliche Kräfte werden thematisiert. Letztere sind als Besessenheit ja sogar titelgebend, die – in ihrer nur vage angedeuteten Leidenschaft – kurze Liaison der beiden Poeten verstößt gegen jede Vernunft und hat dramatische Folgen.
Mit seiner raffinierten narrativen Struktur ist «Besessen» nicht nur hoch komplex, es ist auch ein geradezu archetypischer englischer Roman, dessen schwarzer Humor insbesondere in der höchst amüsanten, ironischen Schilderung der Literaturwissenschaft, ihrer Akteure, Methoden und abseitigen Forschungsgegenstände zum Ausdruck kommt. Antonia Susan Byatt hat vor allem den sprachlichen Wechsel zwischen den mehr als ein Jahrhundert auseinander liegenden Erzählzeiten bravourös gemeistert. Wobei allerdings die altmodisch betuliche Ausdrucksweise, aber auch die vielen Seiten in Versform für heutige Prosaleser eine ziemliche Hürde darstellen dürften. In diesem Roman zweier zeitlich mehr als ein Jahrhundert auseinander liegender Liebesgeschichten ist der Hauptakteur das geschriebene Wort. Die Literatur vor allem also steht im Fokus dieser ebenso geistreichen wie unterhaltenden und bereichernden, am Ende auch sehr berührenden Lektüre.
Fazit: erstklassig
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Rodins Aquarelle. Diese vollkommenen Wunderwerke
„Fleurs humaines“ nennt Rilke die Zeichnungen Rodins in “Rodins Aquarelle. `Diese vollkommenen Wunderwerke´.” und fürwahr haben seine Aquarelle die in vorliegender Publikation des Insel Verlage sin Farbe abgedruckt sind etwas „Florales“, denn wie etwa seine kambodschanischen Tänzerinnen ihre Hände in die Höhe recken oder ihre Beine über die Erde schweben lassen erinnert tatsächlich an „menschliche Blumen“. Die Studien zu den kambodschanischen Tänzerinnenstammen aus dem Jahre 1906 und zeigen fröhliche Frauen bei ihrer Lieblingsbeschäftigung, dem Tanzen. Aber auch andere Aquarelle Rodins werden von Rilke kommentiert. So sieht er etwa in einer Zeichnung zu einem Gedicht von Charles Baudelaire aus den „Fleurs du Mal“ mit dem Titel „La Mort des Pauvres“ eine „hinreißende Schönheit“: „Die Federzeichnung, die neben das Gedicht gestellt ist, reicht mit einer Gebärde von so einfacher, fortwährend wachsender Großheit über diese großen Verse hinaus, daß man meint, sie erfülle die Welt von Aufgang nach Untergang“.
Freizügig, sinnlich, erotisch
„Oui, il faut travailler, rien que travailler“ war das Arbeitscredo des in Paris lebenden Bildhauers Auguste Rodin, den Rilke 1902 erstmals in seinem Atelier in der Rue d’Université besuchte. Im September 1905 begann Rilke als Privatsekretär des Künstlers Rodin zu arbeiten und kann seine intimen Beobachtungen über den Schaffensprozess so noch weiter vertiefen. Man könne sie vergleichen mit alten Bildern der Japaner oder mit jenen farbigen einfachen Fresken, die uns von Ägypten übrig geblieben sind, schreibt Paula Modersohn-Becker an ihren Mann, sie war es auch, die Rilke im März 1903 die Augen für das Werk Rodins geöffnet hatte. Beide zusammen hatten erkannt, schreibt Rainer Stamm im Nachwort, dass es sich bei den „freizügigen, sinnlich-erotischen, aquarellierten Zeichnungen Rodins nicht um Vorzeichnungen zu seinen Skulpturen handelte, sondern um einen eigenständigen Werkkorpus, der parallel zu den plastischen Arbeiten des Bildhauers entstanden und in seiner Unmittelbarkeit und zeichnerischen Freiheit in der europäischen Kunst ihrer Zeit vorbildlos war.“
Menschliche Blumenpracht
In einem anderen Kommentar vergleicht er die Zeichnungen der Tänzerinnen mit Herbarium-Blättern: „blumen sind da aufbewahrt worden und haben, bei vorsichtigem Vertrocknen, ihre unwillkürliche Gebärde zu einer endgültigen Intensität zusammengezogen, die ihr ganzes Gemeinsein wie in einem Zeichen enthält.“ Frauenakte werden in der vorliegenden Publikation ebenso abgebildet wie das Herbarium der kambodschanischen Tänzerinnen. Ein Nachwort von Rainer Stamm sowie Anmerkungen und ein Abbildungsverzeichnis ergänzen diese kostbare Veröffentlichung der „vollkommenen Wunderwerke“ Rodins.
Rainer Maria Rilke
„Diese vollkommenen Wunderwerke“
Rodins Aquarelle.
Insel Bücherei Nr. 1440
ISBN: 978-3-458-194408
15,00€
Der Fall Deruga
Ein Brot-und-Butter Werk
«Die erste Frau Deutschlands» nannte Thomas Mann 1924 seine Schriftsteller-Kollegin Ricarda Huch anlässlich ihres 60ten Geburtstages. Im riesigen Œuvre der damals überaus angesehenen und vielfach geehrten Autorin nimmt der 1917 erschienene Roman «Der Fall Deruga» als Kriminalroman eine besondere Rolle auch deshalb ein, weil sie selbst in einem Brief an eine Freundin von einer «Schundgeschichte» sprach, die sie nur des Geldes wegen geschrieben habe. Der Stoff wurde zweimal verfilmt und entspricht so gar nicht den Erwartungen eines Krimilesers, die typischen Ingredienzien dieses literarischen Genres fehlen hier jedenfalls völlig. Wesentlich treffender erscheint mir der Begriff «Gesellschaftsroman» für diese Erzählung, die zwar einen vor dem Schwurgericht München verhandelten Mordfall zum Gegenstand hat, in der jedoch die auftretenden Figuren selbst im Fokus stehen, beispielhaft als typische Vertreter der vor dem Untergang stehenden Gesellschaft jener Zeit.
Und so sind denn auch die lebendigen und häufig auch bewertenden Personenschilderungen in diesem Roman das Wesentliche. Der Plot entwickelt sich nämlich aus der weitgehend in Dialogform erzählten Geschichte einer Mordanklage heraus, der sich der italienischstämmige Arzt Deruga gegenübersieht. Er soll seine seit 17 Jahren von ihm geschiedene Ehefrau Mingo aus Habsucht mit dem in Südamerika als Pfeilgift genutzten Curare ermordet haben, um in den Besitz einer beträchtlichen Erbschaft zu kommen. Die wohlhabende Exfrau hatte ihn testamentarisch zum Alleinerben bestimmt, die gemeinsame Tochter war viel zu früh verstorben. Weiteres zu erzählen verbietet sich natürlich bei einem Roman wie diesem, der von seiner Spannung lebt, die sich hier tatsächlich auch idealtypisch zum Ende hin stetig steigert und in einem vorab vom Leser kaum vorhersehbaren Schluss endet. Gleichwohl versteht es die Autorin, dem Leser ein angenehmes Gefühl der Überlegenheit zu vermitteln, weil er immer ein wenig mehr weiß als die meisten Beteiligten der Gerichtsverhandlung, denen sich die komplizierten Zusammenhänge erst allmählich erschließen.
Das Figurenensemble, welches wir hauptsächlich vor Gericht in Aktion erleben, repräsentiert die verschiedenen Gesellschaftsschichten des Fin de Siècle vom Bettler und Straßenhändler über die Dienstboten, Handwerker und kleinen Händler bis zur Bourgeoisie und dem niederen Adel. In einer feinfühligen Sprache, in wohl formulierten Dialogen zumeist, entlarvt die Autorin scharfsichtig Standesdünkel, Marotten, Vorurteile und Gesinnungen ihrer Zeitgenossen, die ihr hier als Protagonisten dienen und deren Fehler und Schwächen sie uns verdeutlicht, ohne das man ihr dabei einen ironischen Unterton nachsagen könnte. Zwiespältigste und weitaus interessanteste Figur ist dabei Deruga selbst, ein idealtypischer Gutmensch auf der einen Seite, der aber depressiv veranlagt ist und häufig total aus der Rolle fällt, seine Mitmenschen damit über die Maßen düpierend in seinem Furor auf die Gesellschaft.
Ricarda Huch gilt als bedeutende Vertreterin der deutschen Neoromantik mit einer ausgesprochen Vorliebe für Wunderbares und Geheimnisvolles, das sie in einer kunstvoll verfeinerten Sprache erzählt. Die Psyche der Personen ist ihr im vorliegenden Roman wichtiger als die kriminologischen Details ihrer Geschichte oder die juristische Seite eines Prozesses, dessen Verhandlungsführung nicht immer stimmig zu sein scheint, zumindest aus heutiger Sicht. Als Zeitzeugnis konnte ich dem Melodram jedenfalls wenig abgewinnen. Das Ganze wirkt erzählerisch altväterlich, es ist zuweilen maßlos überhöht und regelrecht trivial. Insoweit scheint die selbstkritische Einstufung der Autorin für ihr Werk als «Schundroman» auch nicht ganz unbegründet. Zugutehalten muss man ihr jedoch, dass sie ein auch heute noch ganz aktuell und heftig diskutiertes Grundproblem menschlichen Daseins thematisiert hat, mit einer allzu kitschig ausgefallenen Geschichte allerdings.
Fazit: miserabel
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Die blaue Blume
Britischer Hype um deutschen Romantiker
Mit dem Titel ihres letzten, im Original 1995 erschienenen Romans verweist die englische Schriftstellerin Penelope Fitzgerald auf «Die blaue Blume» als Sinnbild romantischer Poesie, welches auf Sehnsucht, Liebe und Fernweh ebenso hinweist wie auf die Unendlichkeit. Florales Vorbild ist laut Novalis der blaue Heliotrop, in seinem Romanfragment «Heinrich von Ofterdingen» hat er sie erstmals als metaphysisches Symbol verwendet. Jene mystische Blume, die niemals gefunden werden könne, symbolisiere, wie Fitzgerald es ausdrückte, was man selber vom Leben will, ein Ziel, das man unbeirrt anstreben muss, auch wenn es vergebens zu sein scheine. Im vorliegenden Roman versinnbildlicht die blaue Blume die tragische Liebesgeschichte zwischen Friedrich von Hardenberg, der später als frühromantischer Dichter unter dem Synonym Novalis berühmt wurde, und der blutjungen Sophie von Kühn. Der in England als Meisterwerk gelobte historische Roman gilt als Höhepunkt im Œuvre dieser Schriftstellerin, als ihr gelungenstes und anspruchsvollstes Werk.
Zeitlich umfasst ihre Geschichte die Jahre von 1790 bis 1797. Fritz, wie der junge Hardenberg in der Familie genannte wurde, begegnet Ende 1794 erstmals der 12jährigen Sophie, eine «Viertelstunde», die über sein Leben entschieden habe, wie der damals 22Jährige seinem Bruder schrieb. Keine drei Jahre später stirbt Sophie an Tuberkulose, eine in jenen Zeiten meist tödlich verlaufende Krankheit, der Fritz vier Jahre später ebenfalls erlag. Die kurze Spanne dieser Liebesgeschichte bildet den inneren Kern der Erzählung. Gegliedert in 55 Kapitel, ergänzt um ein Nachwort, ist dieses Buch, wie die Autorin es ausdrückte, eine «Art Roman», stellt also im Wesentlichen eine fragmentarische Biografie des Dichters Novalis dar, aber auch eine um Fiktionales ergänzte, historisch aufschlussreiche Schilderung dieser Epoche. Der vielseitig gebildete Novalis verkehrt mit Geistesgrößen seiner Zeit, steht mit Schiller, Goethe, Schlegel, Fichte und anderen auf vertrautem Fuß. Aber auch Profanes hat seinen Platz in diesem kleindeutschen Milieu mit Jena und Weimar als geistiger Mittelpunkt, ob dies nun die finanziell angespannte Lage der Familie Hardenberg mit ihren elf Kindern ist oder kaum zu glaubende Praktiken der Mediziner, der pietistisch den Herrnhutern hörige Vater ebenso wie die Charaktere der skurrilen Familienmitglieder und ihre eigenartigen Rituale, beim Frühstück oder zu Weihnachten. Auch das uns Heutige äußerst rüde erscheinende Alltagsleben auf einem abgewirtschafteten Gutshof, die englische Autorin gibt uns gut recherchierte Einblicke in die damaligen Lebensverhältnisse.
Indem Fitzgerald sich mit begleitenden Hinweisen und Erklärungen, die sie als «Beleidigung des Lesers» empfunden hat, ganz bewusst zurückhält, die Geschehnisse also ungeschönt, ganz unkommentiert auf ihn einwirken lässt, erhalten ihre kurzen Episoden eine einzigartig direkte Wirkung, erhellen das Wesen ihrer zahlreichen, lebensprall gezeichneten Figuren und deren verbindendes Beziehungsgeflecht. Besonders bedrückend wirkt deshalb am Ende auch die knappe Schilderung von Sophies Todesstunde. Fritz kann sie nicht anlügen, ihren sich verschlimmernden Zustand nicht schönreden, er verlässt den Gutshof ohne Abschied, ohne seine übliche Beteuerung: «Sophie, du bist die Seele meiner Seele».
Zweifellos ist es der Autorin gelungen, uns einen großen Dichter der Romantik nahe zu bringen. Wichtigstes Thema jedoch ist die rätselhafte Anziehungskraft zwischen Liebenden und ihr letztendlich schmähliches Versagen vor dem Menetekel des nahenden Todes. Ihre Sprache ist schnörkellos, wirkt allerdings recht holzschnittartig, die Handlung zudem ist allzu sprunghaft erzählt, was dem Lesevergnügen ziemlich abträglich ist. Der große Erfolg im englischsprachigen Ausland dürfte in der dort unbekannten Thematik um den Dichter Novalis begründet sein, kaum in den literarischen Qualitäten dieses Romans.
Fazit: mäßig
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Die Buchhandlung
Ein Lehrstück über das Scheitern
Als beinahe Sechzigjährige hat die englische Schriftstellerin Penelope Fitzgerald geborene Knox 1975 ihr erstes Werk veröffentlich, der literarische Spätstart einer Tochter aus gutbürgerlichem Elternhause. Über ihren Vater und seine drei Brüder, alle geistig hoch stehende Persönlichkeiten, hat sie unter dem Titel «The Knox Brothers» sogar eine Biografie geschrieben. Autobiografisch geprägt ist auch «Die Buchhandlung» von 1978, ihr, wie sie selbst sagte, «erster richtiger Roman», angeregt durch eine Episode aus ihrem Leben. Er erschien erst 22 Jahre später auch auf Deutsch, das inspirierende Titelbild der aktuellen Taschenbuchausgabe ist durchaus geeignet, viele Buchfreunde spontan zur Lektüre zu animieren. Mir ging es jedenfalls so, und ich habe es nicht bereut, soviel sei hier schon gesagt.
Eine allein stehende Frau mittleren Alters beschließt, in einer englischen Kleinstadt eine Buchhandlung zu eröffnen, zeitlich ist der Plot 1959/60 angesiedelt. Von diesem, vielen Mitbürgern völlig absurd erscheinenden Vorhaben lässt sie sich weder durch widrige Umstände noch durch diverse Rückschläge abbringen. Sie ist überzeugt: «Wenn man alles gibt, was man hat, muss man doch zu Erfolg kommen». Dieses Streben nach dem ideal Wünschbaren findet sich als Motiv auch in anderen Werken der Autorin. Sie selber nennt ihr Buch einen «kurzen Roman mit einem traurigen Ende», der letzte Satz des Romans unterstreicht das: «Als der Zug aus dem Bahnhof hinausfuhr, hielt sie den Kopf gesenkt vor Scham, dass die Stadt, die fast zehn Jahre lang ihr Wohnort gewesen war, keine Buchhandlung gewollt hat».
In einer knappen, fast lakonischen Sprache schildert die Autorin das Geschehen ruhig und gelassen, gewürzt mit schwarzem, typisch englischem Humor, der den Leser häufig schmunzeln oder sogar laut auflachen lässt. Landschaft und Atmosphäre der kleinen Stadt sind liebevoll und stimmig, aber nüchtern, ohne blumige Wendungen beschrieben, man erfährt auch erstaunlich wenig über die Protagonistin Florence Green. Weite Teile der Handlung erschließen sich zudem aus den immer wieder amüsanten, lebensechten Dialogen. Das Figurenensemble besteht aus kauzigen Typen, Solitäre zumeist in einer sozialen Gruppe, in der das Gute wie das Böse gleichermaßen zu Hause ist, in der es menschelt allenthalben. Große Literatur wird nicht thematisiert in diesem Roman, einzige Ausnahme bildet Vladimir Nabokovs «Lolita», ein sensationeller Erfolg auch für die kleine Buchhandlung, ansonsten dominieren als Umsatzbringer Sachbücher und Trivialliteratur. Die als Ergänzung des Sortiments angebotenen Ansichtskarten unterstreichen noch das Profane, eine tatkräftige, clevere Schülerin, die aushilfsweise mitarbeitet, verabscheut Bücher sogar, sie liest nur Comic-Hefte.
Schon im ersten Absatz erwähnt die Autorin das Scheitern am Beispiel eines Reihers, der einen Aal zu verschlingen sucht, was ihm aber nicht gelingt, der Aal windet sich in seinem Schnabel, er kann ihn nicht hinunterschlucken. «Keines der beiden Geschöpfe konnte den Kampf für sich entscheiden, ihr Anblick war zum Erbarmen. Sie hatten sich zuviel vorgenommen». Dieses Bild raubt ihr den Schlaf in einer Nacht, in der sie um die Entscheidung für ihre Buchhandlung ringt. Als scharfe Beobachterin entlarvt Fitzgerald eine unredliche, gedankenlose, egoistische, gefühlsarme, engstirnige Gesellschaft von Kleinbürgern, demontiert gnadenlos das gängige Klischee von der ländlichen Idylle. Ihr trockener Humor entwickelt sich in dieser Tragikkomödie vor einem traurigen Hintergrund, die eingestreuten Reflexionen sind oft nur Andeutungen, die ihrer surreal angereicherten Geschichte eine erstaunliche Tiefe verleihen. Umgeben von korrupten Anwälten, ehrlosen Bankangestellten, verlogenen Mitmenschen und undankbaren Kunden, bleibt die tragische Heldin in ihrer unbeirrten Geradlinigkeit sich selbst treu bis zum bitteren Ende, sie ist die moralische Gewinnerin im Kampf um ihren Buchladen.
Fazit: lesenswert
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Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge
Der Lyriker als Romancier
Rainer Maria Rilke selbst hat «Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge» als Prosabuch bezeichnet, nicht als Roman. Im Brockhaus wird der Roman definiert durch «die individuell gestaltete Einzelpersönlichkeit, die einer als problematisch empfundenen Welt gegenübertritt», und genau dieses Charakteristikum findet sich hier in der fiktiven Figur des dänischen Poeten, der einem aussterbenden Adelsgeschlecht angehört und als armer Dichter in Paris seinen Weg sucht – also doch ein Roman! Es ist der einzige, den der Lyriker Rilke geschrieben hat, ganz unter dem Eindruck seines Aufenthaltes in der damals drittgrößten Stadt der Welt, sein Roman wurde 1910 veröffentlicht.
Im ersten Teil der fragmentarischen, aus 71 Aufzeichnungen bestehenden Erzählung berichtet der 28jährige Malte als eine Art Tagebuchschreiber von seinen Pariser Erlebnissen und den schockierenden Eindrücken, der Moloch Großstadt steht jedenfalls in krassem Gegensatz zu seiner Kindheit in einer wohlbehüteten ländlichen Welt. Er schildert die Menschenmassen und das unsägliche Elend, das mit der Industrialisierung einhergeht. Verfall, Krankheit und Tod scheinen allgegenwärtig, ständig begegnen ihm nie gesehene Aussätzige, Krüppel, übelste Gerüche verfolgen ihn auf seinen Streifzügen, – in seinem Eckel ist ihm die Bibliothek einzige Zufluchtsstätte im Paris des Fin de Siècle. Seine Kindheitserinnerungen im zweiten Themenkomplex sind geprägt von hochherrschaftlichen Wohnsitzen mit großen Zimmerfluchten, dunklen Ölgemälden mit den Portraits der Vorfahren, steifen Essensritualen im Kreise der Familie, sogar der Spuk einer vor hundert Jahren gestorbene Ahnfrau fehlt da nicht, sie erscheint gelegentlich in weißem Kleide und durchquert das Esszimmer, zum Schrecken aller. Und ganz verschlüsselt schimmert auch eine verbotene Liebe durch in den Jugendbildern, von denen Malte in nicht chronologischer Folge berichtet.
Ergänzt wird all dies durch Reflexionen über historische Ereignisse, denen zu folgen, deren Anspielungen zu verstehen, den Normalleser deutlich überfordern dürfte, bei mir war es jedenfalls so. Ob da von längst verblichenen Königen oder edlen Damen die Rede ist, vom Papst in Avignon, von antiken Gestalten, hundert Jahre nach Erscheinen des Romans dürfte dem heutigen Leser oft der adäquate Verständnishintergrund fehlen. Einfacher ist es da und auch ergiebiger, Rilkes Gedanken über Grundfragen menschlichen Lebens zu folgen, die Frage nach Gott, die eigene Identität, Schicksal, Liebe, Angst, Tod, aber auch Gesellschaft, Kunst und Sprache natürlich, die Benennung von Geschehnissen und Dingen also, deren pure Existenz ohne die Sprache ihm fraglich erscheint.
Und damit sind wir genau bei dem, was diesen Roman auszeichnet, die unglaublich feinfühlige, tiefgründige Sprache nämlich, die ihresgleichen sucht in der deutschen Prosa, kurzum subtil Erzähltes, gemeinhin als Prosagedicht bezeichnet. Hier wird nicht blumig in Worten geschwelgt wie bei manchen Großschriftstellern, nicht maßlos ausufernd wie bei seinem Zeitgenossen Proust zum Beispiel, Rilke entwirft im Gegenteil in knappen Worten einen ganzen Kosmos an Gedanken. Die Dichte seiner Prosa ist atemberaubend, er war der sensible Poet, der «unter dem Sichtbaren nach dem Äquivalenten suchte für das innen Gesehene», und was wir als Ergebnis bei ihm lesen ist äußerst komprimierte «Schmucksprache» im besten Sinne des Wortes. Als einer der Wegbereiter der literarischen Moderne verwendet Rilke Montagetechniken, setzt den Bewusstseinsstrom ein, sogar ein fiktiver Herausgeber findet sich, personifiziert durch gelegentlich eingestreute Randnotizen im Manuskript und verschiedene Fassungen im Anhang. Auch wenn wir nicht alles erfahren über Malte, an dieser oder jener Verständnisklippe scheitern, dieser Roman ist ein sprachliches Fest für entsprechend orientierte Leser mit Muße für ihre Lektüre, vielleicht sogar mit der seltenen Geduld, ein schwieriges, aber wichtiges Werk auch mehrmals zu lesen.
Fazit: erfreulich
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Ein Leben mehr
Wenn es Vögel regnet
Zu den erfreulichsten Lesefrüchten zählt eine etwaige Horizonterweiterung, der bereichernde Blick in unbekannte Welten, den uns Lektüre bescheren kann. Der Roman «Ein Leben mehr» der kanadischen Schriftstellerin Jocelyne Saucier wurde in ihrer Heimat mit diversen Preisen geehrt, seine Geschichte entführt uns auf solch unbekanntes Terrain, in eine unwegsame, lebensfeindliche Wildnis. Ort des Geschehens nämlich sind die tiefen Wälder im Norden Kanadas, in der seine hoch betagten Protagonisten als menschenscheue Einsiedler leben, – der begehrte Blick ins Unbekannte ist also gegeben.
Drei alte Männer haben sich vom Leben total zurückgezogen in die absolute Freiheit, sie wohnen einsam und allein in selbstgebauten einfachen Hütten tief im Wald, an einem malerischen See, jeder für sich. Zeitlich ist der Roman Anfang der 1990er Jahre angesiedelt, er beginnt damit, dass plötzlich eine junge Fotografin auftaucht, die Boychuck sucht, jenen sagenumwobenen Überlebenden des großen Waldbrandes von 1916, dem sie seit langem fasziniert nachspürt. Der ist nun gerade gestorben, der sechsundachtzigjährige Tom und der drei Jahre ältere Charly haben ihn ganz unfeierlich im Wald vergraben, schon bald wird von seiner Grabstelle nichts mehr zu sehen sein. Neben der Rente haben sie sich ein Zubrot verschafft, tief im unwegsamen Wald bauen sie Hanf an, ihr windiger vierzigjähriger Freund Bruno sorgt für den Absatz des Rauschgiftes. Als Bruno seine Tante nach sechzig Jahren aus der Psychiatrie befreit, findet die Männeridylle ein Ende, sie bauen ihr eine neue Hütte und nehmen die alte Frau in ihren Kreis auf, zwischen Charlie und ihr entsteht sogar eine zarte Altersliebe. Als die Fotografin wieder einmal zu Besuch kommt wegen der von Boychuck hinterlassenen Gemälde, trifft sie niemanden an, die Hütten sind leer, – und sie ahnt, was geschehen ist.
In getrennten Handlungssträngen erzählt die Autorin kapitelweise von den greisen Waldmenschen auf ihrem Trip der absoluten Freiheit, die auch den Tod mit einschließt, von der seit ihrem sechzehnten Lebensjahr ins Irrenhaus weg gesperrten alten Tante, die nun noch eine glückliche Zeitspanne erleben darf, und von der Fotografin, die ihre Sammlung von Aufnahmen alter Menschen zusammen mit Boychucks Bildern ausstellen will. Man erfährt wenig von den Protagonisten, vieles bleibt ungesagt, die Fotografin hat keinen Namen, andere nur einen Vornamen, gleichwohl kommen einem die Figuren näher, erscheinen durchaus sympathisch mit ihrer skurrilen Persönlichkeit. Kursiv gesetzte Zwischenkapitel dienen zur Kommentierung des Geschehens durch die auktoriale Erzählerin, weisen gleichzeitig aber auch voraus auf dessen Fortgang, eine überaus originelle, mich sehr ansprechende Art einer Erzählweise aus verschiedenen Perspektiven. Die sprachliche Umsetzung ist weniger originell, völlig uninspiriert wird diese Geschichte allzu brav herunter erzählt in einer anspruchslosen Diktion.
Wenig überzeugend ist auch der Plot. An der diesen Roman wie ein roter Faden durchziehenden Geschichte von Boychucks Liebe zu den schönen, blonden Zwillingsschwestern zum Beispiel scheint selbst die Autorin Zweifel zu haben, wenn sie an einer Stelle schreibt: «Der Fotografin war die Geschichte etwas zu verquer», – mir auch, sage ich, aber nicht nur etwas! Saucier bedient wenig phantasievoll diverse gängige Klischees. Ihre Themen Waldmenschen, Schicksalsschläge, selbst bestimmter Tod, Liebe im hohen Alter sind allesamt dazu angelegt, ergänzend dazu die vielfältigsten Emotionen wachzurufen. Stärkste Geschichte im Roman ist zweifellos die dramatische Schilderung der zum Teil durch Brandrodungen verursachten, fürchterlichen Waldbrände, bei denen tatsächlich die Vögel tot vom Himmel gefallen sind wegen der immensen Hitzeentwicklung. In diesem Punkte wenigstens ist der ansonsten literarisch anspruchslose Roman dann doch tatsächlich bereichernd.
Fazit: mäßig
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Die Kreutzersonate
Leider keine Satire!
Die A-Dur-Sonate Opus 47 für Klavier und Violine hatte Ludwig van Beethoven dem französischen Geigenvirtuosen und Komponisten Rodolphe Kreutzer gewidmet, sie wird deshalb populär auch als «Kreutzersonate» bezeichnet. In Leo Tolstois gleichnamiger Erzählung bildet dieses Musikstück den Kulminationspunkt einer düsteren Geschichte um eheliche Treue, die mit einem Eifersuchtsmord endet. Die russische Erzählprosa des 19. Jahrhunderts erreichte mit Tolstoi und Dostojewski einen Höhepunkt, wovon auch dieses Buch zeugt. Offensichtlich ging es dem berühmten Autor hier vor allem darum, die verlogenen Konventionen seiner Zeit zu demaskieren, eine Absicht, die man ja auch in vielen anderen Werken der Literatur jener Zeit häufig antrifft, nicht nur in der russischen.
Während einer Bahnfahrt erzählt ein etwas verwirrt wirkender älterer Mann von seiner Ehe und ihrem tragischen Ausgang. Es handelt sich weitgehend um einen Erzählmonolog, sein Gegenüber, der Ich-Erzähler, fungiert ganz selten mal als Stichwortgeber, er bleibt fast imaginär. Ein Leitthema bei Tolstoi ist ja Liebe und Ehe mit ihren vielschichtigen Problemen, hier nun auf die Spitze getrieben durch eine rigorose Verurteilung der Geschlechterliebe als Wurzel allen Übels in der Beziehung zwischen Mann und Frau. Als Konsequenz aus dieser Erkenntnis sei die völlige sexuelle Enthaltsamkeit vonnöten, das Zölibat als Ziel für alle gewissermaßen, und die Arterhaltung ist dabei insofern sichergestellt, als ja nicht alle diesen idealen Zustand erreichen, nicht alle Paare wie Brüderlein und Schwesterlein zusammenleben werden. Starker Tobak, der da abgebrannt wird, aber ernst gemeint! Wie das alles geschildert wird, ist einfach meisterhaft, die Gedankenwelt eines eifersüchtigen Ehemannes wird geradezu seziert, seine Ansichten und Standpunkte zum Thema sind logisch aufeinander aufgebaut. Eine unglaublich detailreiche Beschreibung führt den Leser durch einen Plot, dessen Ende ihm zwar schon früh bekannt ist, ohne dass es dadurch jemals langweilig würde. Es entfaltet sich das Psychogramm eines verbitterten Mannes, der an seinen falschen Schlüssen scheitert, auch zwingend scheitern muss, da ihnen ein falsches Menschenbild, eine absurde Moralvorstellung zugrunde liegt. So weit, so gut!
Nicht gut aber ist die verbissene moralischer Verallgemeinerung, die Tolstoi seiner Geschichte als Leitfaden mitgibt, das, was Thomas Mann eine «Riesentölpelei« nannte im Werke seines russischen Kollegen. Auch wenn man Tolstois Geschichte als absolut zeitgebunden betrachtet, sind die von seinem Protagonisten vertretenen Ansichten nichts Abstraktes, keine philosophischen Reflexionen einer erfundenen Figur, der Autor identifiziert sich unzweifelhaft mit seinem Protagonisten, hat ein geradezu distanzloses Verhältnis zu ihm. Man könnte nun einwenden, diesen Schluss lasse der Text gar nicht zu, hätte Tolstoi seiner Geschichte nicht jenes unsägliche Nachwort hinzugefügt, in dem er seine abstrusen Thesen wiederholt und weiter verdeutlicht. Die zu diskutieren ich mir an dieser Stelle aber verkneife, solches Gedankengut war schon vor mehr als hundert Jahren jenseits aller menschlichen Erfahrungen und Erkenntnisse. Die «Kreutzersonate» ist also leider keine Satire und folglich ein äußerst ambivalentes Werk der Weltliteratur!
Und so bleibt als Motiv zum Lesen eigentlich nur der Spaß an der grandiosen Erzählkunst dieses Autors. Mancher mag vielleicht sogar Lust bekommen, mal wieder Beethovens «Kreutzersonate» zu hören, wie ich das gerade tue, während ich diese Rezension schreibe, um damit meinen Ärger über völlig ernst gemeinte Sätze wie «Kinder sind eine Plage» und die zugehörige, wortreiche Begründung dieser Weisheit wenigstens ein bisschen abzumildern.
Fazit: mäßig
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In hora mortis
Wild wächst die Blume meines Zorns
und jeder sieht den Dorn
der in den Himmel sticht
dass Blut aus meiner Sonne tropft
es wächst die Blume meiner Bitternis
aus diesem Gras
das meine Füße wäscht
mein Brot
o Herr
die eitle Blume
die im Rad der Nacht erstickt
die Blume meines Weizens Herr
die Blume meiner Seele
Gott verachte mich
ich bin von dieser Blume krank
die rot im Hirn mir blüht
über mein Leid.
Zum Frühwerk von Thomas Bernhard zählen rund 400 Gedichte. Sein Gedichtzyklus „In hora mortis“ („In der Stunde des Todes“) erschien erstmals 1958 und war der zweite Lyrikband, der von dem österreichischen Schriftsteller veröffentlicht wurde.
Der Titel ist dem „Ave Maria“ entlehnt und beschwört die Todesstunde eines Sterbenden. In Form eines direkt an Gott („Oh, Herr!“) gerichteten Stoßgebetes beschreibt der Dichter die Qualen, die er angesichts des Wartens auf seine Todesstunde empfindet. Thomas Bernhard stand aufgrund schwerer Lungenprobleme wiederholt auf der Schwelle des Todes und beschäftigte sich wohl auch deshalb immer wieder mit dem Thema Sterben.
Der Text beginnt mit der durchaus noch festen Klage „Wild wächst die Blume meines Zorn …“, um dann abzuklingen und in Traurigkeit zu verbrennen: „Ich bin vor Frost schon müd´ und traurig, weil mein Tag verglüht.“
Der Tod und die Relativierung aller anderen Werte angesichts dessen steter Nähe und Bedrohung ist eines der wichtigsten Motive des Zyklus. „Wo ist, was ich nicht mehr bin? – Die Zeit ist ausgelöscht“ schreibt der Dichter und stammelt schließlich am Ende des Textes: „zerschnitten ach zerschnitten ach zerschnitten ach ach ach mein Ach.“ Zerschnitten wird die Wahrnehmung der Außenwelt und des eigenen Ich. Der Tod erwischt alle, und keiner entkommt.
Deutlich klingt in dem Gebet auch die katholische Prägung Bernhards durch, wenn er mehrfach den Wunsch zu beten äußert und Gott als seinen Herrn preist. Später sagte er sich von der Amtskirche los und erklärte sie als eine der Hauptschuldigen für die Verkrüppelung des Individuums.
Die Stimmen des Flusses
Herrschende Geschichte und Geschichte der Herrschenden
Was der Mensch auch braucht, ist, dass man ihm gute Geschichten erzählt. Dieses Buch enthält eine solche und ihr katalanischer Autor Jaume Cabré erzählt sie uns auf fast 700 Seiten. Sie beginnt im spanischen Bürgerkrieg und findet in den ersten Jahren des 21. Jahrhunderts noch nicht ihr Ende. Erzählt werden mehrere Handlungen, die ineinander verwoben sind. Cabrés Roman startet damit, dass eine Lehrerin im Jahre 2004 hinter der Tafel eines Klassenraumes einer zum Abriss bestimmen Dorfschule in den Pyrenäen, die Tagebuchaufzeichnungen des ehemaligen Dorflehrers Oriol Fontelles findet. Fontelles ist im Dorf als Faschist bekannt, der 1944, in jungen Jahren, von Antifaschisten ermordet worden sein soll.
In seinen Tagebuchaufzeichnungen lernt die Lehrerin Tina Bros einen gänzlich anderen Oriol Fontelles kennen, und sie erfährt viel über die Zeit zu Beginn der Franco-Herrschaft.
Historischer Ausgangspunkt von Cabrés Geschichte ist aber das Jahr 1936. Vater und Bruder von Elisenda Vilabrú, Sprössling der reichsten und mächtigsten Familie im Dorf, werden während des spanischen Bürgerkrieges von Anarchisten erschossen. Dieser Mord treibt die junge Frau ihr gesamtes Leben lang um. Alles zu tun, um diese Tat zu rächen, wird zu ihrem Lebensinhalt. Und diese Rache will sie durch den von ihr durch Bestechung als Bürgermeister eingesetzten Falangisten Valenti Targa erreichen. Er soll für sie die Mörder ihrer Angehörigen töten. Einmal im Amt, richtet Bürgermeister Targa, nicht nur zu diesem Zweck, ein Schreckensregime ein. Grausamer Höhepunkt seiner Schreckensherrschaft ist die Ermordung eines vierzehnjährigen Jungen, nur weil dessen Vater im antifaschistischen Widerstand aktiv ist.
Der Dorfschullehrer Oriol Fontelles wird Zeuge dieses Verbrechens, aber er unternimmt nichts dagegen. Von der Familie des Jungen und den anderen Dorfbewohnern wird er deshalb beschuldigt, seinen Schüler an die Faschisten ausgeliefert zu haben, selbst ein Faschist zu sein. Die Gewaltherrschaft verändert das Leben im Dorf verändert nach und nach. Hass, Unterdrückung, Widerstand und Unterwerfung: Die Widersprüche im Alltag der spanischen Gesellschaft unter Franco, die sich in diesen Jahren erst bildet, können im Mikrokosmos dieser Geschichte beobachtet werden. Mittendrin das Leben des Dorfschullehrers: Wir lernen es in der Version kennen, die die faschistischen Machthaber verbreiten. Oriol Fontelles der Märtyrer für Franco, Kirche und Vaterland. Wir lesen aber auch seine Tagebuchaufzeichnungen. In ihnen lernen wir einen ängstlichen Mann kennen, der als Doppelagent des antifaschistischen Widerstandes agierte. Der seine Schule zu einem Zentrum des Maquis umfunktionierte.
Cabré erzählt seine Geschichte mit waghalsigen Schnitten, die den Leser wiederholt auf ein und derselben Seite aus den 1940er Jahren in das Jahr 2004 und zurück befördern. Dialoge zwischen den Protagonisten des vergangenen Jahrhunderts werden nicht selten von Personen im 21. Jahrhundert weitergeführt. Damit gelingt es ihm, den Leser unaufhaltsam in die Welt dieses katalanischen Dorfes, in die beginnende faschistische Herrschaft einzubeziehen, aber auch in die nur mit angezogener Handbremse stattfindende Auseinandersetzung des neuen, demokratischen Spanien mit seiner faschistischen Vergangenheit.
Jaume Cabré hat mehr als sieben Jahre an diesem Roman geschrieben. “Die Stimmen des Flusses” ist das bisher einzige ins Deutsche übersetzte Buch des 1947 geborenen katalanischen Autors. Die Tatsache, dass es glücklicherweise auch in Deutschland zum Bestseller geworden ist, beschert uns hoffentlich noch die eine oder andere Übersetzung aus seinem Werk.
Vindings Spiel
Wenn die Not der Pubertät mit dem Tod der Mutter zusammentrifft, kann dies nur in eine Katastrophe münden. Doch der fünfzehnjährige Aksel Vinding nennt eine starke Kraft sein eigen, die einzige Hinterlassenschaft seiner Mutter: die Liebe zur Musik. Wie viele Stunden haben sie gemeinsam dem alten Bechstein-Klavier himmlische Musik entlockt, wie viele Tage und Nächte vor dem Radiogerät gesessen und den Konzerten großer Musiker gelauscht. Nun ist die Musik alles im Leben des Aksel Vinding, die Musik und jenes unnahbare Mädchen, das sich schließlich als virtuose Pianistin mit dunklem Geheimnis offenbart …
Der norwegische Schriftsteller Ketil Bjornstad ist selbst von Haus aus Musiker. Sein psychologisch raffinierter und tiefgründig ausgefeilter Roman hat die Rezensentin zwei Urlaubsnächte lang völlig vereinnahmt und einen wirklich starken Eindruck hinterlassen. Liebe, Leben und Musik prägen den steinigen Weg seines eigenwilligen Protagonisten, einer starken Persönlichkeit, die beharrlich und kompromißlos nach Höherem strebt.
»Vindings Spiel« – ein zuweilen unbequemes, beinahe sprödes Buch, das sich intensiv und voller Spannung ins Bewußtsein der Leser drängt.