1940 in Europa: Die Deutsche Wehrmacht hat Polen überfallen und Europa mit Krieg überzogen. Die Nazis haben mit der systematischen Verfolgung und Ermordung der Juden begonnen und rüstet sich für den Überfall auf die Sowjetunion.
1940 in den USA: Präsident Franklin Delano Roosevelt kandidiert zum dritten Mal für die Präsidentschaft. Seine Regierung unterstützt Großbritannien im Kampf gegen die Nazis mit Rüstungsgütern und finanziellen Hilfen. Die Republikaner nominieren im Juni Charles A. Lindberg zum Präsidentschaftskandidaten. Lindbergh ist nicht nur ein international bekannter Flughelden, der als erster nonstop den Atlantik mit einem Flugzeug überquerte.
Lindberg ist auch Isolationist, tritt also gegen jegliche Einmischung der USA in den Krieg gegen die Nazis ein, er ist Antisemit und ein kaum verhohlener Bewunderer Hitlers.
Bei den Präsidentschaftswahlen geschieht das Unerwartete: Roosevelt verliert die Wahlen. Lindbergh ist der neue Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika.
Eine absurde Vorstellung? Was aber wäre geschehen, wenn die USA tatsächlich nicht in den Kampf gegen die Nazi-Horden eingetreten wäre? Wie sähen die USA aus, wenn sie sich von einem antisemitischen Präsidenten regiert worden wären?
Im 2006 erschienenen Roman von Philip Roth geschieht genau das. Rot lässt die Leserinnen und Leser diese USA durch die Augen eines jüdischen Kindes in Newark erleben. Das Kind erzählt uns von schleichenden Verwandlungen in seiner Umgebung, in der Schule und in der Familie. Er erlebt, wie die Erwachsenen in der jüdischen Gemeinschaft, in der er lebt, sich gegen die Niederlage von Präsident Roosevelt stemmen und sie doch nicht verhindern können. Er muss hilflos mit ansehen, wie sich die jüdische Gemeinschaft in seinem Stadtteil durch “Einbindung” in die “neue” amerikanische Gesellschaft spaltet. Sein eigener Bruder wird zu einem Fan des neuen Präsidenten Lindbergh. Ein Riss geht – nicht nur – durch seine Familie. Das ganze Land gerät an den Rand eines Bürgerkrieges.
In „Angriff auf Amerika“ lässt Roth das Bild einer liberalen Gesellschaft entstehen, die sich in rasender Geschwindigkeit in ihr Gegenteil verkehrt. Newark, die Stadt am Rande New Yorks, wird zu einer von Rassisten belagerten Stadt. Die USA, deren Entstehungsgeschichte erst durch Immigration und das Zusammenleben verschiedener Nationalitäten und Religionsgemeinschaften geprägt wurde, verwandelt sich in einen nationalistischen und rassistischen Staat.
Ein spannender Roman, ein politisches und psychologisches Lehrstück und ein Stück großer Literatur.