Ebola

Zack_Crusius_EbolaSelf-Publisher genießen gegenüber klassischen Verlagen klare Vorteile. Aufgrund ihrer unkomplizierten Produktionstechnik und der äusserst flachen Entscheidungshierachie können sie sich locker ein Jahr Vorsprung verschaffen. Welche Bedeutung dies bei tagesaktuellen Themen hat, beweist Eddy Zack aka Detlef Crusius mit einem Roman, der ein hochbrisantes Thema in den Mittelpunkt stellt: Ebola.

Lars Petersen wird bei seiner Ankunft in Köln unter dem Vorwurf, einen dubiosen Geschäftspartner erschossen zu haben, verhaftet. Offenbar geht es um den illegalen Handel mit Blutdiamanten, die aus Krisengebieten in Schwarzafrika stammen. In einem Gespräch mit seinem Anwalt lässt er die Ereignisse der letzten Zeit Revue passieren.

Der Autor entführt den Leser daraufhin in die Tiefen des afrikanischen Kontinents und beweist dabei eine erstaunliche Orts- und Detailkenntnis. Ihm begegnen Mediziner, die ihren Patienten einen Ebola-Impfstoff verabreichen, die sie mit Diamanten von einem deutschen Pharmadealer beziehen. Schnell stellt sich heraus, dass die entsprechenden Dokumente gefälscht sind und der Bevölkerung ein wirkungsloses Präparat verabreicht wird …

»Ebola« ist ein ebenso kenntnisreicher wie spannend geschriebener Roman, der aber auch die Hilflosigkeit der Betroffenen deutlich macht. Denn die Pharmalobby scheint kein wirkliches Interesse daran zu haben, einen Wirkstoff zu entwickeln, der die neue Seuche in Griff bekommt. Letztlich interessiert die Reichen an Afrika nur das, was an Bodenschätzen ausgebeutet werden kann: Gold, Diamanten, Erdöl, seltene Erden. Dies funktioniert mit vollautomatischer Technik auch auf einem entvölkerten Kontinent. Bittere Erkenntnis des Autoren: »Wer nach Afrika reisen will, sollte sich beeilen. Er trifft sonst keine Menschen mehr an.«


Genre: Kriminalliteratur
Illustrated by Kindle Edition

Das verschwundene Haus Oder: Der Maharadscha von Breckendorf

Eduard Bohnkraut macht im fernen Amerika sein Glück und kehrt nach Hause zurück, um das väterliche Erbe anzutreten. Doch als der ehemalige Bürger von Breckendorf, einer lieblichen Novelle im großen Buch der Natur, das seine Unschuld verlor, als es wegen seiner guten Luft Mode wurde, das Haus seiner Kindheit aufsuchen will, ist dieses bis auf die Grundfesten abgerissen. Und auch der geheimnisvolle Rechtsanwalt Meyer III, mit dem er in angeregter Korrespondenz stand, entpuppt sich als nicht mehr vorhanden.

Gleichzeitig mit dem Amerikaner trifft der höchste Stolz des Kurorts ein. Das ist der Maharadscha von Bungesi, der mit seinem zahlreichen Gefolge auf Promenade und Kursaal höchstes Aufsehen erregt. Das honorige Breckendorf liegt dem Fürsten aus dem Orient zu Füßen und fühlt besonders mit, als der unermesslich reichen Hoheit eine wertvolle Perlenkette gestohlen wird.

Geraubt und gestohlen werden in dem lauschigen Ort aber nicht nur Häuser und Perlenketten. Bald wird das gesamte Opernhaus während einer Aufführung von Wagners »Lohengrin« geplündert, kein Mantel, kein Pelz, kein Regenschirm ist vor der unheimlichen Räuberbande sicher. Selbst Gummischuhe und Schals verschwinden in den Taschen der Diebe.

Bohnkraut, der von dem mit den Ermittlungen beauftragten Polizeiassessor Funke wenig überzeugt ist, macht sich selbst auf die Suche nach der Usache der mysteriösen Ereignisse. Bald überschlagen sich die Ereignisse, in die auch ein Foxterrier und eine Soubrette verwickelt sind.

Karl Ettlinger (1881-1939), der Autor der launigen Kriminalerzählung, war in den Zwanziger Jahren als Kriegsberichterstatter, Journalist und Verfasser von mehr als vierzig meist humorigen Büchern erfolgreich. Mit der Neu-Veröffentlichung von »Das verschwundene Haus« im Rahmen seiner Reihe »vergessene Bestseller« erinnert der Null-Papier-Verlag an ihn. Positiv an der Publikation wie an der gesamten Reihe ist, dass es eine Kurzbiografie des Autors gibt und Fußnoten helfen, unbekannte Begriffe zu erläutern.


Genre: Kriminalliteratur
Illustrated by Null Papier

Der Fluchpalast

»Fluchpalast« wird das spätbarocke Schloss mit dem unvergleichlichen Ausblick auf das hessisch-nassauische Mainpanorama im Volksmund genannt. Denn die unbewohnte Prunkresidenz hat den unheimlichen Ruf, dass dort nicht alles mit rechten Dingen zugeht. Bereits beim Bau verunglückten sechs Arbeiter tödlich aus ungeklärten Ursachen, und einen Tag nach der prunkvollen Einweihungsfeier verschwanden die Erbauer, zwei steinreiche italienische Tabakhändler, spurlos.

Keiner der Ortsansässigen wagt es seitdem, den düsteren Palast zu betreten. Lediglich der Badersohn Bartel Häcklein, ein achtzehnjähriger Betrüger und Dieb, der gern in die obere Gesellschaft aufsteigen möchte, nutzt das zerfallende Gemäuer als Schatzkammer für Diebesgut.

Doch eines Nachts wird dem Gelegenheitsdieb im Keller des Palais bei lebendigem Leibe das Herz heraus gerissen. Der Tote landet im Laboratorium von Professor Dr. Johann Jakob Fürchtegott Froebius, der vom städtischen Polizeicommissär den offiziellen Auftrag erhält, das Verbrechen aufzuklären. Doch als der Medicus den auf geheimnisvolle Weise umgekommenen jungen Mann sezieren will, mag er seinen Augen kaum zu trauen … und als bald darauf auch der Bürgermeister des Ortes ohne Herz tot aufgefunden wird, will Froebius unbedingt das geheimnisvolle Rätsel um das mit einem Fluch belegte Schloss klären …

Mit seinem 4. Froebius-Roman entführt Autor Norman Nekro seine Leser in die Welt okkulter Mächte, zu Untoten und Wiedergängern. Eine durch ein Zeitfenster mögliche Reise nach Venedig, ein böse starrender goldener Drache an einer barocken Brunnengalerie, Zaubersprüche aus Exorzistenhandbüchern und das Geheimnis des Dunklen Engels spielen in dieser spannenden Erzählung zentrale Rollen.

Der Autor versteht es, einen hochmodernen Genremix in ein historisch treffsicher gewebtes Kostüm zu kleiden. Hochspannung ist dabei ebenso garantiert wie das Überleben des Haupthelden, dessen Fans bereits auf weitere Abenteuer warten.


Genre: Kriminalliteratur
Illustrated by Kindle Edition

Hurenehre

zack_hurenehreTreibt in Zürich eine Organmafia ihr Unwesen? Die Mädels, die im Kreis 4 auf den Strich gehen, bangen um ihr Leben. Aus der Perspektive eines ehemaligen sizilianischen »Vollstreckers«, der als Barmann arbeitet, wird aus dem Leben der Bordsteinschwalben berichtet.

Luigi, der Ich-Erzähler, erzählt seine Story: Seine erste Station in Zürich ist das »Rialto« an der Rosentalbrücke. Dort ist er tätig, bis an einem Abend drei PKW langsam am Lokal vorbeifuhren, in denen jeweils vier Männer sitzen. Er entkommt durch einen Hinterausgang. In der Zeitung steht später, die Polizei habe einen Drogenring zerschlagen.

Im nächsten Club, in dem er tätig ist, kümmert er sich um die Prostituierten, die von ihren Freiern teilweise böse misshandelt werden. Doch er entwickelt auch eigene Bedürfnisse und kuschelt mit Chantal aus Brasov, in die er sich schließlich verliebt …

Eine Hure sei wie ein Schmetterling, dem das Leben die Flügel gebrochen hat, meint der Verfasser dieses Romans. Eddy Zack, das Alter Ego von Autor Detlef Crusius, erzählt seine Geschichte unprätentiös und dicht. Da ist nichts Überflüssiges, Crusius beschränkt auf das Wesentliche ohne hypotaktischen Verschraubungen. Es dominiert die Parataxe. Der Leser wird klar und leicht von einem Ereignis zum nächsten geführt.

Eddy Zack ist ein Lesevergnügen!


Genre: Kriminalliteratur
Illustrated by Kindle Edition

Zehntausend Fallen

Auch nachdem sie den Dienst quittiert und ein kleines Unternehmen am Stadtrand von Berlin etabliert hat, findet Ellen Faber keine Ruhe. Die ehemalige Hauptkommissarin rettet einem Landmann, der sich erschießen will, das Leben (leider wird diese Figur zwar in die Geschichte eingeführt, taucht dann aber nicht mehr auf). Faber will die Hintergründe des schief gelaufenen Selbstmordes klären und gerät darauf ins Blickfeld einer weltweit ihr Unwesen treibenden Gen-Mafia.

Hintergrund der Story ist das Bemühungen der Genmanipulateure, eigene Pflanzen auf ganz bestimmte Pflanzenschutzmittel abzustimmen, die aus eigener Produktion stammen. Dieses System wird unter dem Deckmantel verkauft, dadurch die Menge der Pestizide zu reduzieren. Hauptsächlich dient es aber zur Gewinnmaximierung. Es entsteht eine nahezu zwanghafte Kundenbindung, denn der Landwirt, der von einem bestimmten Unternehmen Saatgut bezieht, hat kaum eine Chance, zu wechseln. Ist das Saatgut auch noch so manipuliert, dass es keine Erträge bringt, dann ist der Bauer bald pleite und erledigt.

Der hinter allem stehende skrupellose Weltkonzern erfährt sehr rasch von den Nachforschungen der neugierigen Dame und will sie ausschalten. Dazu werden Unterlagen gefälscht, Analysen verändert, Wissenschaftler unter Druck gesetzt und Polizisten gekauft. Aufgrund von Falschinformationen wird Ellen Faber bald auch von ehemaligen Kollegen gejagt, und sie hat kaum eine Chance, bis zum Ende der Story durchzuhalten …

Vor diesem Hintergrund spielt der zweite Ellen-Faber-Krimi, den Klaus Seibel vorlegt. Außergewöhnlich an seinem Plot ist, dass sich die Ex-Kommissarin mit ihrem schlimmen Widersacher aus Band Eins, »Zehntausend Augen«, einem technologisch äußerst fitten Erpresser, zusammen tut, um ihre Haut zu retten und den Fall aufzuklären. An dieser ungewöhnlichen Wendung wird die individuelle Handschrift des Erzählers spürbar.

Seibel erzählt seine Geschichte geradlinig und schnell. Es gibt weder plötzliche Brüche noch verschlungene Pfade, die erst nach vielen hundert Seiten ineinander fließen. Gut und Böse sind deutlich gezeichnet, es fällt leicht, dem Lauf der Handlung zu folgen, es handelt sich um Literatur, die entspannt und unterhält.

Stilistisch bedient sich der Autor der Schilderung, wobei die Figuren relativ farblos bleiben. Er erklärt gern und wiederholt manches, was dem flüchtigen Leser hilfreich ist. Seibel schreibt in der Diktion der Sixties. Seine Wortwahl ist nicht jung, frech oder überraschend, sie entspricht dem Stil des Romans, der im Ergebnis als flüssig geschriebener, klassischer Krimi mit hohem Aktualitätsbezug bezeichnet werden darf.


Genre: Kriminalliteratur
Illustrated by Kindle Edition

Joyland

Wer – wie der Rezensent – im Laufe der letzten drei Jahrzehnte einige Dutzend Bücher von Stephen King gelesen hat, der fragt sich bei jedem neuen Roman, den der Meister des subtilen Grauens vorlegt: Wie schafft der King of Horror es diesmal, den Leser zu binden und in den Mahlstrom seiner Erzählung hineinzuziehen?

»Joyland« ist auf der einen Seite eine subtile Geschichte aus dem Amerika der frühen siebziger Jahre, in welcher der Ich-Erzähler Devin Jones aus heute abgeklärter Sicht schildert, wie er als 21-jähriger Student über den Verlust seiner ersten großen Liebe hinwegkam und dennoch seine Unschuld verlor.

In Liebesdingen gänzlich unerfahren, hatte er sich in eine Kommilitonin verknallt, mit der er zwar heiße Liebesschwüre tauschte, doch nie so weit kam, »es« zu tun. Sie hingegen war hinter seinem Rücken längst mit anderen Typen aktiv und wühlte sich als Partygirl durch Kissen und Decken.

Hilfreich war dem jungen Mann bei der Bewältigung seines Schmerzes, das Studium auszusetzen und sich für ein Jahr als Helfer in einem Vergnügungspark zu verdingen. In diesem »Joyland« darf er als Mädchen für alles den Dreck der »Tölpel«, wie die Besucher heimlich im Mitarbeiterjargon genannt werden, wegwischen. Er muss die Attraktionen warten und bedienen: das Riesenrad, die Schießbude, die Whirly Cups, und das Horrorhaus. Seine besten Auftritte aber hat er im Fellkostüm des Parkmaskottchens Howie, eines Hundes mit großen Schlappohren und langem Schwanz, der die jüngsten Besucher mit lustigen Tänzen begeistert.

Doch da gibt es noch eine geheimnisvolle Geisterbahn, die ein Gespenst beherbergen soll. Der Geist einer ermordeten jungen Frau spukt angeblich im stockdunklen Kabinett. Deren Kehle wurde von einem unentdeckt gebliebenen Mörder während der Fahrt mit einem Rasiermesser durchgeschnitten, anschließend wurde das Opfer brutal aus dem Wagen geworfen.

Menschen mit seherischen Kräften können die unheimliche Erscheinung wahrnehmen und reagieren verstört, andere meiden die Geisterbahn und halten sie für verflucht. Devin jedoch will an keinen Spuk glauben. Er ist neugierig und versucht, die wahre Geschichte des Verbrechens zu recherchieren. Mithilfe von Freunden erfährt er, dass auch in anderen Vergnügungsparks junge Frauen auf ähnlich bestialische Weise umgekommen sind. Es agiert offenbar ein Serientäter, auf den es allerdings kaum Hinweise gibt. Der junge Mann fühlt sich diesem geheimnisvollen Kirmesmörder nahe, er möchte das Rätsel gern lösen.

An jedem Morgen, den Devin den Strand entlang zu seiner Arbeitsstätte geht, sieht er in der Ferne einen behinderten Jungen, der dort Sauerstoff tankt, mit seiner Mutter sitzen. Er freundet sich mit dem Sterbenskranken an und versucht, ihm seinen größten Traum zu verwirklichen, einen Tag in dem Vergnügungspark verbringen zu dürfen. Zwischen den beiden wächst eine Freundschaft. Das Kind, das von einem baldigen Tod weiß, ist dankbar für die Zuwendung, die ihm der Ältere schenkt. Der Junge sieht Dinge, die Devin nicht wahrnehmen kann, er scheint über mediale Fähigkeiten zu verfügen. So übermittelt er seinem neuen Freund Informationen, die dieser aber nicht zu deuten versteht. Nach einer kleinen Romanze, bei der Devin endlich seine Unschuld verliert, läuft damit alles auf den großen Showdown im Joyland hinaus, wo Spaß sich blitzschnell in Horror verwandeln kann.

Erstaunlich ist bei diesem Buch, dass Stephen King die unendlich vielen Möglichkeiten, die ein solcher Vergnügungspark der Phantasie bietet, nicht nur nicht ausspielt, sondern sie nahezu ignoriert. Er beschränkt sich vielmehr auf die Schilderung des Studenten, der durch seine Neugierde eine verhängnisvolle Kette von Ereignissen auslöst. Wer eine blanke Horrorstory erwartet, die den Leser über hunderte Seiten in Atem hält und ihn mit fieberhaften Augen Seite um Seite verschlingen lässt, wird mit diesem Werk weniger gut bedient. Geliefert wird vielmehr eine mit 352 Seiten für Stephen Kings Verhältnisse kurze, aber umso geschmeidigere Erzählung, die sowohl in der Personenführung wie der Dialogregie glänzend gebaut ist und in eine leicht überschaubare Kriminalhandlung mit übersinnlichen Momenten mündet.

Mit »Joyland« beweist der 1947 in Portland, Maine, geborene King die Bandbreite seines Könnens und erweist sich erneut als fantastischer Erzähler. Das eigentliche Thema des Buches ist indes fast philosophisch: Es ist die Konfrontation mit dem uns umgebenden Tod, der als Sensenmann jeden mitnimmt, ob er nun in Geld schwimmt, schreiend komisch oder auffallend gut bestückt ist. So muss sich auch der an Multipler Sklerose erkrankte kleine Junge in sein unvermeidliches Schicksal fügen, und das ist vielleicht sogar grausamer als das, was die Mordopfer erleiden.


Genre: Horror, Kriminalliteratur
Illustrated by Heyne München

Die Sehnsucht der Atome

Ein äußerst ungewöhnlicher Kriminalroman ist „Die Sehnsucht der Atome“ von Linus Reichlin. Denn bei der im Titel erwähnten Sehnsucht der Atome geht es um einen Lehrsatz der Physik, der als Grundlage für die Existenz von Leben gilt. Danach treiben Atome, die stets aus einem Kern und Elektronen, die diesen Kern umgeben, bestehen, einen Zustand an, in dem ihre Schalen voll sind. Lediglich das Heliumatom wird nicht getrieben von dieser Sehnsucht, sich zu binden und geht mit keinem anderen Atom eine Symbiose ein.

So wie das in sich ruhende Heliumatom fühlt sich auch Inspektor Hannes Jensen aus Brügge, der nach dem Tod seiner Frau keine neue Bindung eingegangen ist. Doch der Autor spielt Schicksal und führt ihm eine wunderschöne Frau zu, die ihn nicht nur vollkommen verwirrt, weil sie blind und herrisch ist, sondern zusätzlich noch über intuitive seherische Fähigkeiten verfügt, die ihm rätselhaft bleiben. Und das geschieht so:

Eine Morddrohung, die ein amerikanischer Tourist erhält, ruft Inspektor Jensen auf den Plan. Da er den Mann als paranoiden Alkoholiker einschätzt, nimmt er dessen Hilferuf nicht ernst und hinterlässt lediglich seine Visitenkarte bei den Zwillingskindern, die im Gefolge des Mannes eine Weltreise unternehmen. Doch schon am nächsten Tag ist der Tourist ohne erkennbare Spuren von Fremdeinwirkungen tot, und die Zwillinge sind verschwunden. Jensen, der sich schuldig fühlt, die Drohung nicht ernst genommen zu haben, macht sich auf die Suche nach den Kindern und will den Fall klären. Dabei wird er von einer geheimnisvollen Blinden begleitet, die offenbar mehr über den Fall weiß, als sie dem Kriminalbeamten mitteilt. Als die beiden feststellen, dass auch die Mutter der Zwillinge urplötzlich verstirbt, wird Ihre Reise zum Wettlauf gegen die Zeit. Denn parallel zu ihnen ist ein weiterer Mann, der sich gewalttätig seinen Weg bahnt, auf der Suche nach den beiden Kindern.

Die Irrfahrt führt sie schließlich in das Innere von Mexiko, wo eine legendäre Heilerin in einem abgelegenen Bergdorf Hof hält und auch die Zwillinge beherbergt. Hier laufen nun alle Fäden aus erklärbaren und unerklärbaren, aus rationalen und spirituellen Welten zusammen, und selbst der sich vermeintlich für einen mit der Struktur eines Heliumatoms ausgestattete Jensen sehnt sich in einer alkoholschweren Nacht nach Verschmelzung und nähert sich der schönen Blinden.

Reichlin präsentiert einen intelligenten Kriminalroman, der die klassischen Grenzen des Genres überschreitet und sich auch einer klassischen Lösung entzieht. Der Titel des Buches hatte mich lange davon abgehalten, es trotz Empfehlungen zu lesen, zumal meine Physikkenntnisse unterirdisch sind, und ich auch nach der Lektüre des Buches nicht verstanden habe, wie denn die Verschmelzung der Atome nun eigentlich funktioniert. Dabei war mir indes vorher klar, dass der Mensch kaum dem Heliumatom ähnelt und schon aufgrund seiner Struktur Partnerschaft sucht. Deshalb überraschte es mich auch nicht, als der Inspektor nach Genuss diverser Flaschen Rotwein und Tequila auf Verschmelzung drängte …

Diskussion dieser Rezension im Blog der Literaturzeitschrift


Genre: Kriminalliteratur
Illustrated by Eichborn Verlag

Gott schütze Amerika

51TT9+AMhgL._BO2,204,203,200_PIsitb-sticker-arrow-click,TopRight,35,-76_AA300_SH20_OU03_Warren Ellis führt seinen Helden, Privatdetektiv Mike McGill tief ins Herz und die Abgründe Amerikas. Mc Gill, der sich selbst den Ehrentitel “Pech-Magnet” gab, erhält unvermutet vom Stabschef des weißen Hauses den Auftrag, ein seltenes Buch zu finden. Die alternative Verfassung der Vereinigten Staaten, dareinst unterzeichnet von der Gründungsvätern Amerikas. Wie geschaffen dafür, dem wahnsinnigen Treiben einer dekadenten Gesellschaft Einhalt zu gebieten. Ausgestattet mit einer halben Million Dollar und einem Palmtop hetzen McGill und Partnerin quer durch die USA. Begegnen redseligen Serienkillern, salzwasser-gespritzten Bodybuildern, Anwälten, die sich an letalen Sexualpraktiken delektieren, um nur eine kleine Auswahl zu nennen.

Soweit die vordergründige Handlung. Die Detektivgeschichte ist jedoch mehr Rahmen und Tarnung. Ellis eigentliches Thema ist die Reise durch die perversen Abgründe Amerikas und darüberhinaus das world wide web als neue Wiege des Mainstream. Eine simple, doch geniale Idee, im Netz geortete Absurditäten als Roman zu verarbeiten. Warren Ellis ist ein anerkannter britischer Graphic Novelist, berüchtigt dafür, das Superhelden-Genre zu parodieren und modernisieren. Sich selbst nennt er einen aktiven Online Bürger und nutzt den Roman als Mahnung, dass auch die groteskeste Handlung nur ein müder Abglanz dessen ist, was das Internet bereits morgen entfesseln kann. Logisch, dass es auch nur ein besessener Wissenschaftler und Netz-Messias sein kann, der McGill die Kurve zum korrekt aufgelösten Plot bringt.

Wer immer schon einmal lustvoll schaudernd in Amerikas Abgründe schauen wollte, ist mit diesem zum Buch gewordenen Comic bestens bedient. Wer dagegen gepflegte Krimi-Unterhaltung sucht, lässt besser die Finger davon.

Fazit: schnell, oft trashig geschrieben ist “Gott schütze Amerika” das freche, witzige Werk eines Engländers, der die Welt mit dem stoischen Blick desjenigen betrachtet, dessen Land dem Glanz eines verblichenen Weltruhms nachtrauert.

(Anm. d.Red.: Erstveröffentlichung dieser Rezension im zwischenzeitlich eingestellten Kulturmagazin Westropolis 20. Januar 2010. Aufgrund der derzeitig offen zutage tretenden und öffentlich diskutierten Abgründe Amerikas sowie der Nachricht, dass das gelobte Land adeligen gutten Zuwachs bekommt und demnächst zu allem Überfluss auch noch dem Freiherrn Karl Theodor von und zu war mal deutsche Nachwuchshoffnung Zuflucht bieten muss, fand ich es so angemessen wie selten “Gott schütze Amerika” in Erinnerung zu rufen. )

Diskussion dieser Rezension im Blog der Literaturzeitschrift


Genre: Kriminalliteratur
Illustrated by Heyne München

Ein perfekter Freund

Journalist Fabio Rossi erwacht in einem Krankenhaus. Er trägt einen schweren Kopfverband und wurde offensichtlich brutal niedergeschlagen. Durch die Verletzung ist der Faden der Erinnerung an die letzten Wochen vor dem Unfall abgerissen, und so erkennt er auch die junge Frau nicht, die an seinem Bett sitzt und ihn küsst. Er kann sich schlicht an nichts mehr erinnern. Weiterlesen


Genre: Kriminalliteratur
Illustrated by Diogenes Zürich

Die dunkle Seite des Mondes

Urs Blank hat mehr erreicht, als er sich zu Beginn seines Jurastudiums hätte träumen lassen. In einer Schweizer Wirtschaftskanzlei ist er innerhalb kurzer Zeit zu einem hoch bezahlten Staranwalt aufgestiegen. Seine Klienten sind steinreiche Männer mit erheblicher Macht, die sie skrupellos zu mehren wissen, und der auf Fusionsverhandlungen spezialisierte Advokat hilft Ihnen dabei. Doch irgendetwas stimmt nicht mit dem smarten Volljuristen. Es schimmert eine dunkle Seite in ihm auf, und er muss sich bisweilen stark zurückhalten, um seine Gesprächspartner nicht zu ohrfeigen oder in den Arsch zu treten. Weiterlesen


Genre: Kriminalliteratur
Illustrated by Diogenes Zürich

Small World

Small World. Konrad Langs Welt schrumpft und wird immer kleiner. Er vergisst seine Brieftasche im Kühlschrank, er verirrt sich im Dickicht der realen Welt, und eines Tages übergießt er feuchtes Kaminholz mit Benzin, um es leichter entzünden zu können. Das hat er zwar schon öfter gemacht, doch diesmal liegt das Holz noch neben dem Kamin, und die luxuriöse Ferienvilla seiner Chefin und Gönnerin Elvira Senn auf Korfu wird bald darauf zum Raub der Flammen. Nun ist es nicht mehr zu verbergen: Konrad Lang hat Alzheimer, und die Krankheit schreitet mit erschreckender Geschwindigkeit voran. Weiterlesen


Genre: Kriminalliteratur
Illustrated by Diogenes Zürich

Der Tod der Königskinder

Katja Sommer, Mitte Deißig und von Beruf Kriminalkommissarin, hat sich entschieden nach Rügen zu ziehen, in eine alte Scheune, die sie Stück für Stück herrichtet, um dort in Zukunft mit ihrem Sohn Patrick zu leben. Noch ist ihr zwölfjähriger Sohn in Köln bei Freunden geblieben, um ihm nicht die Umbaumaßnahmen und einen zu frühen Umzug zuzumuten. Seine Mutter möchte es richtig machen, obwohl sie die Entscheidung bereits selbst gefällt hat, ihren ehemaligen Freund und Dienststellenleiter Hauptkommissar Kai Grothe zu verlassen. Und dies tat sie so konsequent, dass sie sogar auf ihrer alten Arbeitsstelle in Köln kündigte und hier auf diese Insel zog, die doch eigentlich nur für die alljährlich wiederkehrenden, Erholung suchenden Touristenströme interessant ist.
Doch auch hier leben und arbeiten Menschen. Katja Sommer möchte zu ihnen gehören und findet sich gut in das ihr bereits von einem vorherigen Fall vertraute Ermittlerteam (siehe auch: „Und es wurde Nacht“ von Birgit C. Wolgarten) ein. Da ist der smarte, stets auf seine Wirkung auf Frauen bedachte, Sven Widahn, der gründliche Rechtsmediziner Dr. Majonika, sowie Konrad Vohwinkel, der Leiter der Spurensicherung; mit beiden letzteren Herren hat Katja Sommer schon einen feuchtfröhlichen Kneipenabend verbracht. Mit Sven Widahn verbindet sie bereits mehr und es fällt ihr oft schwer, sich von ihm nicht bei den Ermittlungsarbeiten in ihrem jetzigen Fall, durch seine testosterongesteuerte Art durcheinander bringen zu lassen.
Ihr jetziger Fall sind zwei junge Menschen, die recht offensichtlich einem ganz besonderen Täter unterlegen waren…
Während das Ermittlerteam sich auf die Suche nach dem Täter macht und scheinbar nur mühsam vorankommt, wird der Leser – vom ersten Wort an – mit dem Erleben und den Schilderungen des Täters konfrontiert. Die Autorin geht dabei sehr geschickt vor und lässt den (un)geübten Krimileser immer wieder in die Irre tappen. Die verdächtigen Personen aus dem Umfeld des jungen Liebespaares werden differenziert gezeichnet und man spürt als Leser schnell, das sind keine künstlichen Wesen, sondern Menschen aus Fleisch und Blut mit ihrem bereits gelebten Leben, ihren Hoffnungen, ihren Enttäuschungen, mit ihren erfahrenen Verlusten, mit ihrem immer wieder aufflackernden Bedürfnis nach Anerkennung und Liebe…

Letztendlich kann das Ermittlerteam um Katja Sommer den Fall der zwei Königskinder, die einander so lieb hatten, abschließen. Doch zurück bleibt der schale Geschmack von einem Täter, der sich in das Leben seiner Opfer einschlich und daraus höchste Befriedigung zog…

Für Katja Sommer ist der Umzug nach Rügen noch lange nicht abgeschlossen: ihr Sohn möchte lieber in Köln bleiben, Kai Grothe startet eine reumütige Versöhnungsaktion und Sven Widahn ließ bei einem Besuch in ihrer Scheune eine rote Rose zurück…
Das lässt den Leser hoffen, Katja Sommer bald wieder bei ihren durchweg spannenden Ermittlungen zu begleiten.


Genre: Kriminalliteratur
Illustrated by Prolibris Verlag Kassel

Das Herz des Jägers

Thobela Mpayipheli ist ein großer und starker Mann. Er arbeitet als „Mädchen für alles“ in einer BMW-Motorrad-Vertretung in Kapstadt. Thobela Mpayipheli hat eine Freundin, die er liebt und deren kleiner Sohn hat an ihm einen Narren gefressen.
Thobela Mpayipheli führte einmal ein ganz und gar nicht so friedliches Leben. Während der letzten Jahre des rassistischen Apartheidregimes war er „Umzingeli“ – was in der Sprache seines Volkes, der Xhosa, Jäger bedeutet. Dieser Riese war ein Soldat des bewaffneten Arms der südafrikanischen Befreiungsbewegung African National Congress von Nelson Mandela.
Als eines Tages ein alter Freund von Thobela die Begleichung einer Ehrenschuld einfordert, bricht dieses vorherige Leben in sein Jetziges hinein und verändert von einem Tag auf den anderen Alles.

Thobela soll eine Festplatte mit Datenmaterial für seinen Freund nach Mozambique bringen. Dort halten Unbekannte diesen Freund gefangen und drohen ihn umzubringen, falls diese Festplatte nicht binnen 48 Stunden ausgeliefert wird. Mit einer schweren BMW, einem Geländegängigen Motorrad macht sich Thobela auf den Weg. Dabei wird er vom südafrikanischen Geheimdienst verfolgt, der die Auslieferung der Daten verhindern möchte. Die Reise, die wir lesend mitverfolgen ist zugleich eine Reise zurück in die jüngere Geschichte Südafrikas. Der Befreiungskampf gegen die Rassisten, die Ausbildung Thobelas zum Agenten der Befreiungsarmee und dessen Leben als „Tötungsmaschine der Befreiung“ wird ebenso Thema, wie die Wehen, unter denen die südafrikanische Demokratie seit dem Ende des Apartheidregimes geboren wird.

Dieser Thriller ist sowohl eine spannende Geschichtslektüre als auch ein mitreißender Roman, den man nur schwer aus der Hand legen kann. Prädikat: Hochspannend.

Deon Meyer wurde 1958 in Südafrika geboren. Als Reporter arbeitete er lange Zeit, bevor er 1994 seinen ersten Roman vorlegte. Heute gilt er als der erfolgreichste Krimiautor Südafrikas. Deon Meyer schreibt seine Bücher in Afrikaans und lässt sie dann ins Englische übersetzen.


Genre: Kriminalliteratur
Illustrated by Unbekannter Verlag

Sense

Kristof Kryszinksi erwacht nach durchzechter Nacht mit dröhnendem Schädel in seiner Matratzengruft neben einer Leiche. Der Tote ist der Automatenkönig Sascha, den der Privatdetektiv eigentlich gesund und munter ausfindig machen sollte. Die attraktive Gattin des Spielhöllenbetreibers hatte den Schnüffler angeheuert, weil Männe die Einnahmen nicht wie gewohnt brav daheim abgeliefert hatte sondern spurlos verschwand. Nun ist der Mann mausetot und liegt in seinem Blut. Kryzinski hat den lukrativen Auftrag ergo voll vor die Wand gefahren, und seine »Freunde« von der Bulleria halten ihn zu allem Überfluss auch noch für den Mörder.

Vor diesem Hintergrund geht der vollkommen heruntergekommene Detektiv in den düstersten Ecken zwischen Essen, Bochum und Gelsenkirchen auf die Suche nach seinem Alibi und dem Hergang des Geschehens. Kryszinski geht nicht wirklich auf die Suche. Was er unter Suche versteht, ist ein chaotisches Herumstöbern mit dem Ziel, etwas aufzuspüren oder aufzuscheuchen, das ihn seiner Sache näher bringt. Er schwört dabei auf seinen »Instinkt«. Hat er aber erst einmal eine Fährte aufgenommen, dann verstärkt er den Druck durch sofortiges Hinterherhetzen. Bleibt das ohne Erfolg, kehrt er zurück zum Ausgangspunkt und spickt das Terrain mit Lockmitteln, Ködern und Fallen. Seine Technik nennt er »Jagd«.

Das »private eye« bewegt sich bevorzugt im Rotlichtmilieu zwischen seiner Stammkneipe »Endstation«, Abwrackplätzen und Lasterhöhlen. Dabei versucht er, eines der letzten Abenteuer des Alltags zu bestehen und 24 Stunden ohne Alkohol und Koks zu bleiben. Das fällt ihm spürbar schwer, und so sieht er wie etwas aus, das ein Hund im Wald gefunden, runter geschlungen und dann daheim aufs Kanapee gewürgt hat. Bevorzugt schleudert er in betagten japanischen Spritfressern durch die Landschaft und schafft es durch seine Auftritte, eine gehörige Portion Unruhe in die Halbwelt des Pütts zu bringen. Farbenprächtige Schlägereien in Kneipen und Clubs, wilde Verfolgungsjagden über Stock und Stein in gestohlenen Autos sowie wüste Sauf- und Drogenexzesse reihen sich wie Perlen auf eine Schnur und liefern alles, was ein Krimi bieten sollte.

Juretzka serviert eine brillante Kombination von Wortwitz und Sprachgewalt Die furztrockene, mit schwarzem Humor gewürzte Sprache des Kohlenpott-Chandlers macht es zu einem großen Vergnügen, diesen chaotischen Krimi zu lesen. Es handelt sich dabei um den Auftakt einer kantigen Detektiv-Reihe um den Mühlheimer Antihelden Kryszinski, die zwischenzeitlich eine Reihe Preise bunkern konnte und eine wachsende Zahl von Fans findet. Dieser Roman ist großes Kino!

Diskussion dieser Rezension im Blog der Literaturzeitschrift


Genre: Kriminalliteratur
Illustrated by Aufbau Taschenbuch Berlin

Codex Regius

Der Nordistik-Student Valdemar kommt 1955 an die Universität Kopenhagen um dort die isländischen mittelalterlichen Handschriften zu studieren. Sein Professor an der Uni Kopenhagen gilt als die Koryphäe in seinem Fach. Mit dem erhofften vertiefenden Studium wird es allerdings nichts. Stattdessen wird Valdemar mit seinem Professor in Indiana-Jones-Manier aus Kopenhagen über Berlin und Schwerin nach Island durch allerlei turbulente und durchaus abenteuerliche Szenen getrieben. Was sich so liest, als handele es sich bei diesem Buch um einen vielleicht kurzweiligen aber ansonsten banalen Abenteuerroman mit historischem Hintergrund, täuscht. In Wirklichkeit hat der isländische Schriftsteller Arnaldur Indridason einen überaus spannenden Roman vorgelegt, in dem es um die Bedeutung der historischen Handschriften für die kulturelle Identität der Isländischen Nation und den persönlichen Mut gegenüber Tyrannei und Völkerhass geht.

„In keinem anderen Land des Nordens sind im Mittelalter so viele Pergamentmanuskripte entstanden wie ausgerechnet im kleinsten von ihnen, Island“ schreibt die Übersetzerin der Bücher von Arnaldur Indridason in ihrer informativen Nachbemerkung über isländische Handschriften, die dem neuesten Roman Indridasons folgt.
Der Roman trägt den Titel „Codex Regius“ und tatsächlich spielen nicht eigentlich die beiden Protagonisten, der Student Valdemar und sein Professor die Hauptrolle, sondern diese mittelalterliche Handschrift, die auch unter dem Namen „Lieder-Edda“ bekannt ist.
Die Suche nach ihr eröffnet das Buch, dessen erstes Kapitel im Jahre 1863 beginnt und mit einem Mord endet. Tote hinterlässt auch die weitere Handlung im Buch, die mit einem Prolog im Jahre 1971 endet: Der Heimkehr des frisch gebackenen Literatur-Nobelpreisträgers Haldor Laxness mit dem Schiff aus Kopenhagen nach Island. Der Hauptteil der Handlung aber spielt im Jahre 1955 und erzählt nicht nur von Valdemar, seinen Versuchen ein Experte für isländische Handschriften mithilfe eines Professors zu werden, der allerdings eher dem Alkohol zugeneigt zu sein scheint, als der Wissenschaft. Lesend begegnen wir auch einer Gruppe von Nazis, die den Codex Regius für ihre rassistischen Wahnvorstellungen instrumentalisieren wollen und im Buch nur „die Wagneriten“ genannt werden: Eine Anspielung auf den „Ring der Nibelungen“ von Richard Wagner und der Instrumentalisierung dieser Musik durch die Nazis.
Arnaldur Indridason gelingt es in „Codex Regius“, Fragen um die Bedeutung von Literatur für das Individuum, die kulturelle Identität einer Nation und nach persönlichem Mut gegenüber Brutalität und Tyrannei mit einer spannenden Handlung zu verbinden, die die Lektüre von der ersten bis zur letzten Seite trägt. Viel mehr kann man kaum verlangen.


Genre: Kriminalliteratur
Illustrated by Bastei Lübbe Bergisch Gladbach