Möchte die Witwe angesprochen werden, platziert sie auf dem Grab die Gießkanne mit dem Ausguss nach vorne

Das Geleitwort sagt auf Englisch, dass es die Zeit ist, die verhindert, dass alles auf einmal geschieht, und danach kommt die Bitte von Herrn Stanisic, man möge der „Reihe nach lesen“.

In der ersten Geschichte sind die Kumpels von der Schulzeit, die vom Buch Herkunft, wie damals, im Juni 1994, im Weinberg zusammen.

 Es ist viel zu heiß, Piero erzählt, wie sein Großvater in der Bürgerstunde nachgefragt hatte, ob die Bäume, die die Hitze mildern könnten, bei der Planung der neuen Gegend vergessen worden seien—Bäume sind doch nicht im Beton, sondern im Wald, lautet die Antwort der Fachleute.

Aber das ist nur ein Schlenker in gesellschaftliche Probleme des Heute, es geht eigentlich um die Frage der Zukunft erst der „Ausländer in Deutschland“, und dann für alle. Fatih schlägt einen Proberaum dafür vor, das ist seine Marketingidee: für Geld probiere man sich etwa 10 Minuten in seiner Zukunft aus, ob das Leben so zu einem passt. Ein bisschen Fantasy wird mal versucht.

Das geht in der nächsten Geschichte so: Dilek ist die Putzfrau einer wohlhabenden Weingutbesitzerin in Wien, die meinungsstark die politischen Verhältnisse kritisiert. Aber dann steht die Zeit still und Dilek denkt an ihre eigene Vergangenheit, das Aufwachsen in einem türkischen Dorf, ihren dominanten Vater und, inzwischen, der Plan ihres Mannes, bald dort ein Haus zu bauen und im Ruhestand zurückzukehren. Dass sie das nicht will, weiß sie schon lange, die stillstehende Zeit lässt den Entschluss reifen: ohne sie. Sie wird höchsten Mal zu Besuch kommen.

Aber nicht nur die Zeit ist tot, die Chefin auch. Da macht es Spaß, ihr einen Schnauzbart anzumalen.

Die Geschichten, die in der Realität bleiben, sind mir lieber: Stanisic, selbst stolzer Vater eines etwa Zehnjährigen, ist nun Georg Horvath, der die Vaterzeit genossen hatte, in dem er Pokémon Sieger geworden war.

Nun muss er erleben, dass das Kurzzeitgedächtnis von Kleinkindern besser ist als seins. Keine Chance, Memory zu gewinnen, es sei denn man schummelte…

Der Schummelcoup wird geplant, der Versuch, die Mutter einzubeziehen scheitert, sie hält sich sowieso aus Erziehungsfragen raus. Aber dann gibt es ein virtuoses Ende, das mit Memory zwar nichts mehr zu tun hat. Übrigens sind dem Sohn die Tricks aufgefallen…

Andere Geschichten finden mit diversen Personen- und Zeitverschiebungen statt, etwa damals mit Heinrich Heine auf Helgoland.

An einem Doppelkopf Abend in Winsen an der Luhe spielt Siggi, der Nachbar und AFDler mit. Er wird verarscht, erfährt keine Gnade, denn er ist so doof, dass er selbst verliert, wenn man ihn gewinnen lassen möchte. Das ist einer der Schlenker in die Gegenwart, die mich wundern. Wie wird das in Jahren, Jahrzehnten gelesen?

Die letzte Geschichte sind Besuche im Anprobe Raum. Hier meine schönste Anprobe 2003 mit Sasa als Fußballtrainer der Mannschaft seines Sohnes, ganz so wie im echten Leben.

Aber Heinrich Heines Probe, von 1797, wo er auf Helgoland badet, ist auch nicht schlecht: er wettert auf deutsche Nationalisten, weder nach England oder in die USA will er auswandern, in Frankreich isst man besser: Das wird sich auch in Jahrzehnten noch gut lesen!


Genre: Roman
Illustrated by Luchterhand

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