My genderless boyfriend 3

Spiel mit dem (sozialen usw.) GeschlechtMy Genderless Boyfriend 3 als Taschenbuch

Meguru und Sasame, die beiden genderless boys von “Unicorn Boys” müssen sich einer neuen Herausforderung stellen: Sie sollen eine CD aufnehmen. Während ihr Mangager mithilfe von dessen Vorbild Bro Sasame von der Singerei überzeugen kann, muss sich Megurus Freundin Wako eingestehen, dass ihr geliebter Lebensgefährte alles kann – nur nicht singen. Allerdings scheint Meguru ein Händchen für japanische Schlager zu haben. Um die CD dennoch gut über die Bühne zu bringen, soll ein Vocal Coach die beiden unterstützen. Aber da braut sich schon das nächste Problem zusammen, denn der Coach ist eine Sie und eifersüchtig auf Sasame, weil ihre extrem männliche Kumpeline plötzlich so oft mit dem beliebten Influencer abhängt.

Als wäre das noch nicht genug, ist sowohl für Meguru als auch für Wako Homeoffice angesagt. Aber wie können sich beide auf die Arbeit konzentrieren, wenn sie wissen, dass der geliebte Mensch gleich nebenan ist? Auch ganz banale Alltagsprobleme können die Protagonist*innen in Atem halten, wenn nicht nur der Kühlschrank seinen Geist aufgibt, sondern auch die Wohnung aufgrund Wakos Sammelwut aus allen Nähten platzt.

Weiblich? Männlich? Oder etwas ganz anderes?

Der dritte Band der Serie spielt wieder auf amüsante Art und Weise mit Rollenklischees und regt dabei gleichzeitig zum Nachdenken an. Das fängt schon mit dem Mädelsabend der Männer an, wenn sich Meguru, Sasame und Kira treffen und sich wie Mädchen über Körperpflege und Gefühle austauschen, während Sasame lieber so sein würde wie männliches Vorbild Bro. Aber selbst Sasame muss sich eingestehen, dass so ein Abend einiges für sich hat. Damit wird indirekt deutlich, dass die verschmähte Gefühlsseite des Mannes zum Vorschein kommen darf und heilsam ist.

Es geht weiter mit einem Umstyling Wakos als Mann, in deren Arme schließlich ihr von diesem Erscheinungsbild völlig begeisterter Freund Meguru liegt – Geschlechtertausch. Ob Mann oder Frau wird bei Vocal Coach Misaki erst nicht deutlich, so androgyn ist deren Erscheinung. Ihre Freundin Sakurako hingegen ist trotz extemer Bemuskelung eindeutlig weiblich und wird von Kira schon als Freundin Sasames protegiert, weil der zartgliedrige Sasame auf Männlichkeit steht. Sasame aber darf diesen Traum aufgrund seines Images als genderless boy nicht leben. Er muss anstatt Poster vom Bro Einhörner und andere süße Dinge in seinem Zimmer deponieren, um seine Fans nicht zu enttäuschen. Da runzelt man als kritische*r Leser*in die Stirn: Ist das nicht die Peitsche in die andere Richtung? Warum muss sich Sasame verstellen – nur um einem in die andere Richtung verbohrtem Publikum zu gefallen? Eigentlich sollte er so leben und sein dürfen, wie er ist, ohne irgendeinem Klischee entsprechen zu müssen.

Die Oberflächlichkeit der Szene wird indirekt mehrfach angesprochen und dass sie auf eine andere Art Druck ausübt. Süß soll es sein, seicht und leicht. Das ist aber mit dem Alltag nicht immer zu vereinbaren. Dass das öffentliche Leben von Influencer*innen auch nach hinten losgehen kann, wird im Livestream der beiden genderless boy deutlich, als Sasame wegen Alkoholgenusses völlig aus dem Ruder läuft. Auch Wako unterliegt Klischees gegenüber ihrem Freund, wenn sie ihm unterstellt, beim Kauf eines neuen Kühlschranks nur auf dessen Äußeres zu achten. Auf der anderen Seite räumt sie ihrem Mangaka eine Geschichte über genderless boy ein, der keine Storyline haben muss, sondern einfach nur luftig sein darf. Die leichte Seite des Lebens hat eben auch ihre Berechtigung – solange das Ganze nicht ins andere Extrem abrutscht und man nur noch nach Äußerlichkeiten geht.

Fazit

Mangareihe über die Frage, was Geschlecht eigentlich ist und ob man das überhaupt definieren sollte. Rollenklischees werden amüsant ausgehebelt, aber andererseits wird indirekt deutlich gemacht, dass nur der äußere Schein eben auch nicht alles im Leben ist.


Genre: Manga
Illustrated by Carlsen / Hayabusa

My Roommate is a Cat 6

Gemeinschaft

Subaru und Haru geben Leo wohlbehalten bei dessen Besitzer*innen ab. Der introvertierte Schriftsteller Subaru lernt einmal mehr über Menschen, Tiere und Gemeinschaft dazu. Auf dem Rückweg kommt er an einem Imbiss vorbei und erfährt von dessen Besitzer, wie sehr seine Mutter ihn geschätzt hat. Das stärkt sein Selbstbewusstsein und er erkennt, dass er nicht allein ist. Auch bei anderen Gelegenheiten wie z.B. Neujahr merkt Subaru, dass er nicht mehr allein ist, sondern sich langsam ein soziales Netzwerk um ihn herum bildet. Haru fasst die Situation in ihrer eigenen Art und Weise auf: Ihr Verantwortungsbewusstsein erstreckt sich auf Tier und Mensch und sie bringt Leo noch das ein oder andere bei. Und es kommt noch mehr Zuwachs: Haru macht Subaru darauf aufmerksam, dass unter seiner Veranda verlassene Katzenbabys sind.

Tiere als Balsam für die Seele und soziale “Therapie”

Auch der neue Band erzählt wieder einfühlsam von dem introvertierten Schriftsteller Subaru, der durch seine Katze Haru langsam seinen Weg zurück ins Leben und Freund*innen findet. Subaru lernt, Freundschaften anzunehmen und zu pflegen. Der Band erzählt ebenso von der tiefen Bindung von Haustierbesitzer*innen zu ihren Tieren und wie die Tiere Einsamkeit vertreiben und sogar Gemeinschaftsleben entstehen lassen und fördern können.

Aber es taucht auch immer wieder das Problem von ausgesetzten Tieren auf und wie es ihnen auf der Straße ergeht – sofern sie überleben. Tierschutzorganisationen können ein Lied von all dem Leid singen, das ausgesetzten Tieren wiederfährt. Deshalb wirbt der Manga für Verantwortungsbewusstsein für Lebewesen, die genau wie Menschen Freud und Leid empfinden können. Subaru stellt sich der Verantwortung für die Katzenbabys, bringt sie zum Tierarzt, informiert sich, was er für sie tun muss und will liebevolle Halter*innen für die Kätzchen finden. Wer Tiere hat, hat die Verpflichtung, sich um sie artgerecht zu kümmern. Nur das verhindert Tierleid.

Empfohlen.


Genre: Manga
Illustrated by Carlsen Manga!

BL Metamorphosen – Geheimnis einer Freundschaft 4

Freundschaft kennt kein Alter

Urara hat angefangen, ihren eigenen Manga zu zeichnen. Aber da sie sich selbst nicht viel zutraut, stagniert ihr Projekt. Ihre um zwei Generationen ältere Freundin Yuki hilft ihr, indem sie Urara bei sich zeichnen lässt, ihr dort kreativ Licht zum Zeichnen verschafft, ihr einen Freund vorstellt, der eine Druckerei besitzt, und sich schon überlegt, wie man den Tisch bei der 128. Comitia hübsch gestaltet, damit Uraras Werk sich verkauft. Bei so vielen praktischen Überlegungen rund um ihren Manga kann Urara gar nicht anders als weiterzuzeichnen – obwohl sie eigentlich für ihre Prüfungen lernen müsste. Der Tag der Con rückt immer näher und Urara hat nur noch wenig Zeit, um ihren ersten eigenen BL-Manga zu vollenden. Wird sie es trotz aller Hindernisse schaffen?

 

Im Anderssein unterstützt werden

Der 4. Band der Serie vertieft die Freundschaft zwischen den beiden ungleich alten Frauen mit einem gemeinsamen Hobby – den Boys-Love-Mangas. Dabei sprechen oft schon die Zeichnungen für sich, um Stimmungen adäquat und auf den Punkt gebracht an die Leser*innen zu bringen. Da reicht z.B. schon ein Blick Uraras in ein Schaufenster, um zu zeigen, wie hässlich sie sich in Gegenwart der hübschen Freundin ihres Kumpels fühlt. Oder es wird bildhaft ein Vergleich zwischen der von Urara und Yuki hochverehrten BL-Profizeichnerin und Urara angestellt: Erstere ist von ihrem Beruf aufgrund des Stresses und der unfreien Arbeitsweise nicht mehr so begeistert, während die zwar an sich selbst zweifelnde, das Projekt aber trotzdem durchziehende Urara eine leise, dafür aber tiefgehend leidenschaftliche Begeisterung für das Zeichnen entwickelt. Die eine sehnt sich nach den Freiheiten und der Anonymität der Dojinshi-Messe, die andere hofft auf ebenjener, dass wenigstens eine*r ihr Werk kauft und damit wertschätzt.

Wertschätzung erhält Urara von der über 70-jährigen Yuki. Sie verurteilt Urara nicht, die anstatt für die Prüfungen zu lernen ihren eigenen Weg geht. Im Gegenteil: Ohne viele Worte zeigt Yuki ihr ihre Wertschätzung, indem sie in praktischer Weise alle Probleme und die Organisation der Con durchdenkt und Urara ihre Lösungsvorschläge präsentiert. Sie zeigt so sehr deutlich, dass sie an Urara und ihr Vorhaben glaubt. Man muss nicht immer viele Worte um eine Sache machen (zumal Worte oft Schaum sind), sondern tatkräftig mitanpacken. Genau das tut Yuki. So eine Freundin wünscht sich jede, hat aber leider nicht jede. Die beiden Frauen gehen auf diese Art und Weise ihren eigenen Weg, der auf mehrerlei Art nicht mit dem der uniformen Gesellschaft übereinstimmt. Sie zeigen: Jede*r hat das Recht, auf ihre/seine Weise glücklich zu werden.

Nebenbei wird der Alltag der beiden Frauen in unaufgeregter, aber warmherziger Weise gezeigt, den sie oft unabhängig voneinander erleben. Selbstständigkeit spielt also ebenfalls eine große Rolle, sowie der ganz natürlich stattfindende Wechsel zwischen Alleinsein und Gemeinschaft. Überhaupt ist der Manga wie immer sehr warmherzig und in unaufgeregeter Art pointiert in seiner Art und Weise, die Dinge darzustellen.

Außerdem wird nebenbei gezeigt, wie man mit dem Altern umgehen kann: Yuki altert genauso unaufgeregt wie sie ihren Alltag meistert. Ja, da sind die Altererscheinungen, die ihr zu schaffen machen. Ja, sie ist nicht mehr hübsch. Aber Letzteres spielt für sie keine Rolle und Ersteres ist nur für den Moment unangenehm. Es hält sie jedenfalls nie davon ab, ihr Leben weiterhin so zu gestalten, wie es ihr gefällt und wie sie es für richtig hält. So möchte ich auch altern!

Empfohlen!


Genre: Manga
Illustrated by Carlsen Manga!

I hear the sunspot limit 3

Behindert ist man nicht, man wird dazu gemacht

Taichi ist so traurig darüber, dass Kohei Abstand von ihm will, dass ihm der Appetit vergangen ist. Für den ewig Hungrigen ist das etwas noch nie Dagewesenes. Taichis Arbeitskollegen machen sich deshalb Sorgen um ihn. Erst als die ebenfalls schwerhörige Maya ihm sagt, dass Kohei Taichi nicht weiter belasten will und ihm resolut rät, dass er seine Gefühle mit Kohei klären soll, sieht Taichi eine neue Perspektive.

Koheis Mutter hat indessen ein TV- Interview abgesagt, weil es nichts Positives über Gehörlose und Schwerhörige bringen will. Sie sagt Kohei eindringlich, dass er selbst die Hauptrolle in seinem Leben spielt und danach leben und sich nicht zurücknehmen soll.

Ryu dagegen hat überhaupt keine Probleme damit, gehörlos zu sein. Er kommt gut zurecht, hat Freunde und als Kind seinen großen Bruder, der immer für ihn da war. Er ärgert sich über die anderen, die ihn in die Rolle des bemitleidenswerten Behinderten drängen wollen, obwohl er wie alle anderen seinen Job erledigt und seinen Alltag souverän meistert. Aufgrund seines Ärgers baut er aber eine Mauer zu den Hörenden auf. Allerdings merkt er, dass Taichi keine Unterschiede zwischen den Menschen macht und jeden so nimmt, wie er  oder sie ist. Er denkt aber auch über seinen Bruder nach, der Vorurteilen ausgesetzt ist, weil er einen behinderten Bruder hat.

Währenddessen gibt Taichis Chef Chiba einen Kurs für neue Kolleg*innen, damit sie sich in die gehörlosen und blinden Mitarbeiter*innen der Firma besser einfühlen können. Taichi versteht so besser, wie sich die einzelnen Handicaps anfühlen. Währenddessen hat Kohei ein erhellendes Gespräch mit Taichis Großvater. Als Taichi erfährt, dass Kohei bei ihm zuhause war, versucht er ihn einzuholen und sich mit ihm auszusprechen. Auch Ryu spricht sich mit seinem Bruder aus. Dieser erkärt Ryu, dass er sich nicht benachteiligt fühlt, sondern die Gebärdensprache liebt und deshalb einen Beruf ergriffen hat, in dem er mit dieser Sprache arbeiten kann.

Diverse Sichtweisen zum Thema Handicap

Auch in diesem Band steht das Thema Handicap und wie Menschen mit Handicap und Menschen ohne damit umgehen (neben der homosexuellen Liebesgeschichte zwischen Kohei und Taichi) im Vordergrund. Der Band zeigt wieder die Vorurteile auf, denen Menschen mit Handicap immer wieder begegnen, und die Barrieren, auf die sie sowohl im Alltag als auch in den Köpfen der Menschen stoßen. Gerade Japan ist nicht besonders behindertenfreundlich, sodass die momentan stattfindenden Paralympics in Tokio die Hoffnung wecken, dass sich die Einstellung gegenüber Menschen mit Handicap von Vorurteilen weg und hin zum Positiveren wandelt. Auch der Manga will dazu beitragen, indem er z.B. in Form von Ryu zeigt, dass sich Menschen mit Handicap durchaus nicht behindert fühlen müssen und alles erreichen können, was sie wollen – wenn man sie lässt und ihnen echte Unterstützung und nicht bloß Mitleid und aus Mitleid geborene Handlungen zukommen lässt; ganz zu schweigen von Vorurteilen und Benachteiligung. Die Seminare, die Chiba anbietet, indem er Menschen ohne Handicap durch die Nachbildung von entsprechenden Handicaps fühlen lässt, wie sich das anfühlt, können als Vorbild dienen. Wenn man sich in eine andere Person hineinversetzen kann, hilft das schon sehr viel. Außerdem zeigt es, dass Menschen mit Handicap als Kompensierung andere Fähigkeiten ausgebildet haben, die mindestens ebenso wertvoll sind wie die “normalen” und sie quasi Superheld*innen im Alltag sind, weil sie viel mehr leisten müssen als Menschen ohne Handicap. Diese Leistung sollte entsprechend gewürdigt werden. Der Manga versucht also tiefgründig und vielschichtig auf das Thema einzugehen.

Der Fortsetzungsband enthält als Extra weitere in sich abgeschlossene Stories zu den Charakteren der Serie.


Genre: Manga
Illustrated by Carlsen Manga!

Alpi – The Soul Sender 1
by Rona

Vom Sterben der göttlichen Wesen

Die kleine Alpi, ein noch junges Mädchen, ist eine Soul Sender. Ihre Aufgabe ist es, göttliche Geister ins Jenseits zu schicken, bevor sie die Umgebung mit ihrem Fluch vergiften. Denn die Flüche sind sowohl für Menschen als auch für deren Umwelt tödlich. Leider hat die Sache eine Kehrseite: Die Soul Sender überleben zwar den Fluch, aber sie leiden unter schlimmen Schmerzen, Wunden und Qualen, wenn sie die göttlichen Seelen zu ihrem Ursprung zurückschicken. Auch Alpi muss für ihre Tätigkeit diesen Preis zahlen. Und um nicht schleichend vergiftet zu werden, muss sie sich regelmäßig einem ebenso qualvollen Reinigungsritual unterziehen. Aufgrund ihrer Arbeit gerät sie mehr als einmal in gefährliche Situationen – und die verursachen nicht nur die sterbenden göttlichen Geister.

Der erste Band der Serie verbindet Mythen mit neuen Ideen und der Vernichtung der Umwelt durch Technik. Dabei wird aber keine Schwarz-Weiß-Malerei betrieben, denn die jeweiligen Akteure haben gute Gründe für ihr Handeln. Mir persönlich werden Leid und Qualen zu viel betont, aber insgesamt ist es eine solide Story mit guten, ausdrucksvollen Zeichnungen.


Genre: Manga
Illustrated by Carlsen Manga!

Run away with me, Girl 1 und 2
by battan

Liebe, die nicht gelebt werden darf

Maki und Midori waren beste Freundinnen in der Schulzeit. Zumindest sollte es nach außen hin so wirken. In Wahrheit waren die beiden Mädchen ein lesbisches Paar – bis zum Ende der Highschoolzeit. Denn jetzt bricht für Maki eine Welt zusammen, weil Midori nicht zu ihr steht, sondern ihren Traum einer “normalen” Hochzeit leben will. Zehn Jahre später treffen sich die beiden zufällig wieder. Sie nähern sich einander an, bis Midori sagt, dass sie schwanger ist und heiraten wird. Sie will Maki zu ihrer Hochzeit einladen. Maki erleidet wieder Liebeskummer, lernt aber trotzdem Midoris Mann kennen. Sein Gebaren gegenüber Midori gefällt ihr nicht und sie fragt sich, ob Midoi wirklich glücklich mit ihm ist. Auch Midori hinterfragt allmählich ihren Traum, v.a. als sie merkt, wie glücklich sie mit Maki ist. Als beide Urlaub auf einer Insel bei einer lesbischen Freundin Makis machen, stellen sie fest, wie gut sie immer noch zueinander passen. Midori will sich zu Maki bekennen und mit ihr ein neues Leben beginnen. Aber dann taucht überraschend Midoris Mann auf und fordert sie zurück.

 

Lesbische Liebe – immer noch ein rares Gut in der Literatur

Die beiden in sich abgeschlossenen Bände werden vom Verlag beworben mit “berührende Girls-Love-Serie”. Das ist  nicht untertrieben. Die Gefühle der beiden sind vielschichtig und werden durch die Zeichungen sehr gut unterstützt. Die Lebenssituation ist nicht  – wie oft in Boys-Love oder Girls-Love-Mangas – einer echten Realität entrückt, sondern mitten in dieser angesiedelt, sodass auch die Probleme, mit denen Homosexuelle zu kämpfen haben, zum Tragen kommen. So werden u.a. die Einsamkeit und das belastende Sich-Verstecken-Müssen bzw. die Frage eines Comig Outs angesprochen. Trotzdem bietet der Manga auch Problemlösungen an, wie z.B. eine Auszeit, um sich über die eigenen Gefühle klarzuwerden und sich zu überlegen, wie es weitergehen soll. Überhaupt werden Gefühlen und der Vergangenheit bzw. den Motiven der einzelnen Figuren viel Raum gegeben. So wird ein plattes Schwarz-Weiß-Bild vermieden und auch den Motiven von Midoris Ehemann Platz verschafft, obwohl dieser auf den ersten Blick unsympathisch wirkt. Aber auch er ist ein Produkt der Gesellschaft und ihrer starren Rollenklischees, die der tatsächlichen menschlichen Vielfalt keinerlei Raum gewährt und im Gegenteil nur einengt und verletzt. Das verdeutlicht der Manga sehr gut. Er verdeutlicht aber auch, dass unerwartet Unterstützung kommen kann, wenn man sie braucht, auch von Menschen, die man evtl. falsch eingeschätzt hat. Und natürlich, dass der Kontakt zu Gleichgesinnten befreiend und bereichernd sein kann.

Hervorgehoben werden sollte auch, dass diese Serie eine der wenigen ist, die lesbische Homosexualität in den Fokus rückt (und das mit einer sehr guten Story, was ebenfalls nicht selbstverständlich ist). Die lesbische Homosexualität geht meist unter in der schwulen Homosexualität, zu der es weitaus mehr Mangas gibt. Auch da kommt das Ungleichgewicht zwischen Mann und Frau leider wieder zum Tragen.

Fazit

Runde Sache. Der Manga verdeutlicht in spannender, einfühlsamer Form sehr gut homosexuelles Leben, diesmal in der immer noch zu raren Form der lesbischen Liebe.


Genre: Manga
Illustrated by Carlsen / Hayabusa

Ghostly Things 2

Mystery mit Nachhaltigkeit

Die Oberschülerin Yachiho hat sich mittlerweile in ihrem neuen Zuhause eingelebt und hilft Moro, dem Wächter der Grenze zwischen Diesseits und Jenseits, bei der Arbeit. Eines Morgens aber überrascht sie die Nachricht, dass ihr Vater kurzfristig nachhause kommt. Von ihm erfährt sie, dass ihre Mutter nach dem verschwunden Professor Tachibana gesucht hat. Yashiho vermutet daraufhin, dass ihre Mutter vieleicht ins Jenseits gegangen ist. Nachdem ihr Vater wieder fortreisen muss, erhält Yashiho einen neuen Lehrer an der Schule: Es ist ausgerechnet Herr Kamo, der Naturgeister zwar auch sehen kann, ihnen aber eher feindlich gesonnen ist. Außerdem kommt ein neuer Naturgeisterjäger hinzu, der diese wie Kamo ebenfalls nicht respektiert: Komei. Yashiho dagegen will immer erst die Gründe für das Handeln der Naturgeister herausfinden, bevor sie einschreitet. So ermöglicht sie einem Spötter einen letzten Gefallen, dämmt diplomatisch die Fähigkeiten der Wasserspender ein und hilft dem Torwächter auf der Suche nach dem Spiegel ins Jenseits.

 

Erst ganzheitlich denken, dann handeln

Wie auch schon im ersten Band gibt es tatsächlich eine Art weibliches und männliches Denken: Kamo und Komei stehen der Natur eher feindlich gegenüber und betrachten sie unter der Kosten-Nutzen-Rechnung. Sie wollen die Natur unterwerfen und sie sich zunutze machen. Gelingt dies nicht, wollen sie sie zerstören. Yashiho dagegen denkt ganzheitlich. Sie will der Natur ihren angestammten Platz lassen und hilft ihr, wo sie kann. Sie will Probleme nicht niederringen, sondern eine Lösung finden, die für alle Beteiligten gut ist. Das macht zwar kurzfristig mehr Arbeit und erfordert Einfühlungsvermögen und weitreichendes Denken, aber dafür sind Probleme endgültig geklärt und nicht nur verschoben oder unterdrückt. Yashiho sieht hinter die Fassade und ist in ihrem ganzen Denken und Handeln Vorbild, auch weil sie alleine lebt und ihren Alltag in all seinen Facetten meistert.

Der Gegensatz dieser beiden Denkweisen ermöglicht die Spannung der Geschichte. Aber auch die Geister an sich, die der japanischen Mythologie entnommen und harmonisch in den Manga eingewebt werden, erzeugen Spannung. Der Manga enthält als Extra Infos zur Mythologie der einzelnen eingeführten Wesen. Die Zeichnungen selbst unterstützen sehr gut und flüssig die Geschichte, sind an passender Stelle dynamisch und untermalen die Stimmungen der Szenen und Figuren gekonnt.

Insgesamt eine runde Sache.

 


Genre: Manga
Illustrated by Carlsen Manga!

Yokohama Station Fable 1

Außer Kontrolle geratene Technik

Weil der Umbau der Yokohama Eisenbahn-Station nie endete, begann die mit mittlerweile künstlicher Intelligenz versehene Station vor 200 Jahren sich selbstständig immer weiter um- und auszubauen. Das führte dazu, dass 99% der Präfektur Honshu von der Yokohama Station übernommen wurde. Die Menschen erinnern sich nicht mehr an den ursprünglichen Zweck der Station als Fortbewegungsmittel. Sie wurden eingeteilt in diejenigen, die priviligiert in der Station leben dürfen und diejenigen, die die Station ausgesondert hat und nun am Rande der Station mithilfe von Abfällen ihr Leben fristen müssen. Natur gibt es so gut wie keine mehr. Eines Tages gelangt ein sterbender Rebell auf eine der Randbereiche und gibt dem Jugendlichen Hiroto eine Bahnstationskarte, die in 5 Tagen auslaufen wird. Er soll den Anführer der Rebellen suchen. Hiroto nimmt die Chance wahr, in die Bahnstation zu gelangen. Aber statt des gelobten Landes erwartet ihn eine willkürliche Herrschaft einer Maschine mit ihren menschlichen Dienern.

Dystopie

Das Thema Mensch und (intelligente) Maschine ist eines der Hauptthemen japanischer Science Fiction, auch im Manga- und Animebereich. Meist wird es in Form einer Dystopie beleuchtet, so auch hier. Der Manga beruht auf der erfolgreichen Romanvorlage von Yuba Isukari. Der Manga ähnelt in seiner Grundanlage ein wenig dem Film “Elysium” von 2013, in dem es ebenfalls zwei Bereiche – priviligiert und nicht priviligiert –  gibt, in denen die Menschen leben und ein Mensch aus der nicht-priviligierten Zone als Retter avanciert. So auch hier. Im ersten Band ahnt man schon, dass Hiroto eine Art Retter sein wird. Er dringt mit dem Ticket in die Bahnststion ein und stellt fest, dass auch dort nicht alles zum Besten steht. Hilfe erhält er von einer KI, die als Spion einer anderen Bahnstation eingeschleust wurde.

Die Dystopie baut auf einen ruhigen, aber sehr genau beobachtenden Helden, der kritisch das ihm Gebotene unter die Lupe nimmt und seine eigenen Schlüsse zieht. Sie zeigt auch die Kritik an einem zu optimistischen Technikglauben, der sich schnell in sein Gegenteil verkehren kann. Die außer Kontrolle geratene Maschine unterwirft die Menschen ihrem Willen und diese lassen das mit sich geschehen. Nicht nur das: Um sich selbst Vorteile zu schaffen, erschaffen sie eine Hierarchie unter der Diktatur der Maschine. Nur die Menschen, die außerhalb der Station leben, bewahren sich eigenständiges Denken. Außerdem sind sie gegen Krankheiten und andere Widrigkeiten abgehärteter als die verweichlichten Menschen innerhalb der Station. Der Manga baut also kein Schwarz-Weiß-Schema aus, sondern blickt differenziert auf die verschiedenen Lebensbereiche der Menschen. Beide haben Vor- aber auch Nachteile für ihre Bewohner*innen, und das Paradies entpuppt sich nicht als solches. Kritisiert wird der Zug der Menscheit, sich diktatorischen Regimes zu unterwerfen. Dabei wird aber auch deutlich, dass es in solchen Regimen immer Widerstandsgruppen gibt und geben wird.

Auf dem Cover gut zu sehen ist die Anspielung auf das Genre “Science Fiction”: “Station Fable” hat wie “Science Fiction” die Initialien SF.

Die Zeichnungen unterstützen die Situationen und die Stimmungen gekonnt. Insgesamt ein rundes Paket.


Genre: Manga, Science-fiction
Illustrated by Carlsen Manga!

Yakuza goes Hausmann 5

Wenn Hausmann, dann richtig!

Der ehemalige Yakuza Tatsu geht in seinem Hausmanndasein voll auf. Trotzdem verordnet ihm seine Frau zwei Tage Entspannung, als sie auf Geschäftsreise geht. Dieses ihm völlig unbekannte Wort entpuppt sich als echte Herausforderung für den rührigen Ehemann. Während eines ganz normalen Wocheneinkaufs trifft Tatsu auf einen anderen Ex-Yakuza, dessen Clan Tatsu ausgerottet hat. Aber anstatt das Messer zu schwingen, zückt Goda ein Mikrophon und fordert Tatsu zu einem Rap-Battle heraus. Als Tatsu und seine Frau an einem Halloween-Kostümwettbewerb teilnehmen wollen, um einen der ausgeschriebenen Preise zu gewinnen, artet dieser in ein Gangstertreffen aus. Auch ein harmloser Restaurantbesuch hat es in sich, wenn die Schlacht ums All-You-Can-Eat-Buffet beginnt. Da hat sogar ein Ex-Yakuza gegen hungrige Senior-Frauen keine Chance. Eine echte Herausforderung sind auch Tatsus Schwiegereltern. Vor allem, wenn sich Schwiegervater und Göttergattin, die beide null Ahnung vom Kochen haben, in seiner Küche breit machen. Da merkt Tatsu, dass er von seiner Schwiegermutter noch viel lernen kann. Und den Kampf gegen eine waschechte Grippe gewinnt nicht einmal ein gestählter Yakuza-Körper. Dafür macht ihm beim Backkurs keiner etwas vor.

Geschlechterklischees gegen den Strich gebürstet

… und das im wahrsten Sinne des Wortes! Denn mit Putz- und Haushaltsgeräten kann die Hauptfigur Tatsu umgehen wie kein zweiter. Ein solches Engagement ihres Mannes im Haushalt würde sich so manche Frau sehnlichst wünschen. Klar triften die alltäglichen Begebenheiten dieses speziellen Hausmanns gerne ins Absurde ab, aber das ist dem Humor geschuldet, der hier für die Leser*innen nicht zu kurz kommen soll. Trotzdem ist die Botschaft klar, erst recht, wenn Tatsu sie seinem Gangsterkollegen ins Gesicht rappt:

“Das bisschen Haushalt kann so schlimm nicht sein, sagt ein Mann! Doch du Weichei gehst daran ein, zerbrichst selbst im Schongang!!”

Ein wahres Wort, denn so sprechen nur Männer, die nie einen Finger für den Haushalt krumm machen mussten. Männer, die es tun, wissen, dass das kein Pappenstil ist, v.a. weil man nie Feierabend, Wochenende oder Ferien hat. So nimmt der Humor eine hintersinnige Gestalt an, die aus Tatsu ein Vorbild für alle Männer macht, die unbedingt ihr Macho-Gehabe ausleben müssen, aber diejenigen mutigen männlichen Perlen bestärkt, die sich entgegen des Spotts ihrer Freunde und Kollegen ganz bewusst für den Haushalt entscheiden.

Fazit

Derartige Mangas und Comics, die zum Nachdenken über Geschlechterrollen anregen, dürfen ruhig mehr vermarktet werden! Die heutige Welt braucht sie dringend.


Genre: Manga
Illustrated by Carlsen Manga!

My Roomate is a Cat 5

My Roommate is a Cat 5 als TaschenbuchNeue Herausforderungen und schmerzhafte Erinnerungen

Schriftsteller Subaru soll auf Wunsch seiner Leser*innen Liebesbeziehungen in seine Geschichten einbauen. Das stellt den schüchternen und in Liebesdingen völlig unerfahrenen Mann vor völlig neue Herausforderungen. Obwohl er sich des Problems annimmt, misslingt der erste Versuch völlig. Sein Redakteur beschließt daraufhin, Subaru mit Liebesfilmen zu versorgen, damit der Schriftsteller wenigstens eine Ahnung von der Liebe bekommt. Währenddessen erinnert sich seine Katze Haru an ihre Zeit als Straßenkatze. Dabei stellt sie sich erneut Freud und Leid: Sie gedenkt der Straßenkatzen, die ihr geholfen haben, aber auch ihres kleinen Bruders, der verhungert ist.

Der 5. Band vermittelt Themen wie den Mut, seine Komfortzone zu verlassen (besonders für schüchterne Menschen schwer) und die Verarbeitung schmerzhafter Erlebnisse. Wie immer wird aus der Sicht Subarus und aus der Sicht seiner Katze Haru erzählt. Dabei werden Haru und ihre Katzenfreunde ziemlich vermenschlicht. Das ist aber auch der einzige Wehrmutstropfen an einer ansonsten schönen, warmherzigen Serie.


Genre: Manga
Illustrated by Carlsen Manga!

Blue Flag 1-8
by Kaito

Bild 1 - Blue Flag 1 - 7 komplett Carlsen Manga - deutsch NEU

Schwierige Selbstfindung

Oberschüler Taichi ist klein, mäßig hübsch, wenig selbstbewusst und völlig verschusselt. Dementsprechend steinig verläuft sein Alltag. Dagegen ist sein Sandkastenfreund Thoma hübsch, groß, muskulös, sportlich und intelligent. Die Mädchen schwärmen für ihn und die Jungen sehen ihn als Vorbild. Thoma setzt sich trotz des Widerstandes seiner Freunde für Taichi ein, weil er den freundlichen, kleinen Jungen mag. Eines Tages erfährt Taichi von seiner Klassenkameradin Futaba, dass sie in Thoma verliebt ist. Futaba ist ebenso wie er schüchtern und schusselig, hat aber in ihrer besten Freundin Masumi eine große Stütze im Alltag. Taichi beschließt, Futaba zu helfen, Thoma für sich zu gewinnen. Irgendwann merkt Taichi, dass er Futaba nicht nur mag, sondern sich in sie verliebt hat. Das macht die Sache kompliziert. Was beide nicht wissen: Die Sache ist noch komplizierter als gedacht, denn Thoma ist schwul und seit jeher in Taichi verliebt. Auch Masumi verbirgt ein Geheimnis: Sie ist lesbisch und liebt Futaba. Beide wollen ihre Freundschaft mit Taichi und Futaba nicht gefährden, deshalb outen sie sich nicht. Stattdessen fokussieren sie das Glück der beiden liebenswerten Schussel. Da aber sowohl Taichi als auch Futaba sehr schüchtern sind, verläuft die Annäherung ziemlich schleppend. Beide wollen an ihrer Schüchternheit arbeiten, um so mehr Chancen im Leben zu haben. Auch dabei werden sie von Thoma und Masumi unterstützt.

Um noch mehr Schwung in die Liebesbeziehungen zu bringen, gesteht auch Mami Thoma ihre Liebe. Das sehr hübsche und forsche Mädchen ist schon lange in ihn verliebt, blitzt aber ab. Trotzdem gibt sie nicht auf. Über Taichi will sie einen neuen Versuch starten, Thomas Liebe zu gewinnen. Dabei ärgert sie sich sehr über die Vorurteile, die ihr entgegengebracht werden. Da sie eine Schönheit ist, laufen ihr die Jungen hinterher und verlassen für sie sogar ihre Freundinnen – was Mami gar nicht recht ist. Denn die eifersüchtigen Freundinnen rächen sich, indem sie Mamis Ruf ruinieren wollen. Auch Futaba ist eifersüchtig, als sie merkt, dass Mami Taichi belagert. Aber Mami kann die Sache klären.

Als Mami Thoma erneut ihre Liebe gesteht, trifft Thoma eine schwerwiegende Entscheidung. Er gesteht seinerseits dem völlig perplexen Taichi seine Liebe. Taichi kann mit diesem Liebesgeständnis nichts anfangen und geht Thoma fortan aus dem Weg. In der Schule hat Thoma jetzt aufgrund der Gerüchte einen schweren Stand. Irgendwann beschließt Thoma, die Schule nicht mehr zu besuchen und anstatt eines Studiums eine Ausbildung zu beginnen. Als Taichi Thomas Abwesenheit bemerkt, ringt er sich nach Gesprächen mit dessen Freunden dazu durch, wieder mit Thoma zu sprechen.

Identitätssuche, Schein und Sein

Diese Manga-Reihe ist wunderbar tiefgründig. Sie behandelt das Thema der Selbstfindung, das schon unter normalen Umständen für Jugendliche eine Herausforderung ist. Für Jugendliche mit Besonderheiten wie der des Außenseiterstatus im Falle von Taichi und Futaba und Homosexualität wie bei Thoma und Masumi ist es nochmal so schwer, seine Identität zu finden. Die Auseinandersetzungen mit sich und anderen sind sehr intensiv und werden im Manga sehr detailliert, psychologisch und philosophisch beschrieben. Die Gespräche, die die Jugendlichen führen, sind eigentlich schon Erwachsenengespräche, da sie die Komplexität der Situation, in der sie stecken, schon fast hermeneutisch beleuchten. Es ist interessant und lehrreich, diese Gespräche als Leser*in zu verfolgen. Aber auch die Gespräche der Jugendlichen mit den Erwachsenen und der Erwachsenen untereinander sind erhellend. Sie verdeutlichen, dass jede*r sein Päckchen zu tragen hat, mit diesem Päckchen versucht, ihr/sein Bestes zu geben, versucht, Verletzungen zu heilen, Missverständnisse auszuräumen, Vorurteile und Verurteilungen aufzudecken und abzubauen.

Niemand ist perfekt, auch wenn der Schein etwas anderes sagt. Und im Fall von Mami ist der schöne Schein sogar schädlich für sie. Hübsche Frauen sind (oft ungewollt), dem männlichen Interesse ausgesetzt, was wiederum Eifersucht bei deren Freundinnen auslöst. Mami hat deshalb keine echte Freundin und findet es schrecklich, dass sie keine kumpelhafte Beziehung zu Jungen aufbauen kann, ohne gleich in die Verliebtheitsfalle zu geraten. Sie verkriecht sich aber nicht in sich selbst, sondern prangert diesen Missstand immer wieder offen an und fordert Verständnis für ihre Situation. Überhaupt fallen die Figuren durch den Mut auf, sich verändern zu wollen, für sich selbst einstehen zu wollen, die eigene Komfortzone zu überschreiten, den eigenen Ängsten ins Auge zu blicken, gegen den Strom  zu schwimmen. Sie haben damit eine Vorbildfunktion!

Der Manga spricht in diesem Zusammenhang auch über das Thema Entscheidungen. Jede Entscheidung, die man im Leben trifft, hat Auswirkungen auf die Zukunft. Damit einher geht die Unsicherheit, wie und für was man sich entscheiden soll – ist die Entscheidung, die man getroffen hat, die richtige oder war es letztlich doch die falsche? Und das gilt nicht nur für die großen, sondern auch für die kleinen Entscheidungen des Lebens. Das Leben ist voller Entscheidungssitationen, was der Manga sehr schön darstellt.

Fazit

Wunderbar tiefgründiger, philosophischer und psychologischer Manga über das Thema der Selbstfindung auch unter schwierigen Umständen.


Genre: Manga
Illustrated by Carlsen Manga!

BL-Metamorphosen – Geheimnis einer Freundschaft 3

BL Metamorphosen - Geheimnis einer Freundschaft 3 als Taschenbuch

“Zwei Frauengenerationen – eine Leidenschaft: Boys-Love-Manga!” (Verlag)

Die Schülerin Urara entscheidet sich, die ältere Kalligrafielehrerin Yuki erneut zu einem Con mitzunehmen. Diesmal soll es die Winter-Con sein. Aber als Urara sich ein Bild von der Örtlichkeit macht, stellt sie fest, dass alle Wege sehr weit sind. Sie denkt an die mittlerweile recht gebrechliche Yuki und sagt ihr schließlich ab. Kurz darauf bereut sie ihren Entschluss, denn sie merkt, dass Yuki in der Zeit, die ihr bleibt, noch möglichst viel Schönes erleben will. Dass Yuki alt ist, wird Urara eines Tages so richtig bewusst, als sie in Yukis Haus auf sie wartet. Sie entdeckt eine Sterbeversicherung, bemerkt, dass Yuki ihr Haus entrümpelt und nimmt auf Yukis Drängen deren schönes Geschirr mit: “Da liegt das ganze Leben eines Menschen so vor einem, und ich nehme einfach einen Teil davon mit.” Als sie Yuki bei der Gartenarbeit hilft, fasst sie sich ein Herz und fragt sie, ob sie wieder mit ihr auf eine Con gehen will – nur dass Urara diesmal auf der Verkäuferinnenseite steht!

Integration ernster Themen in den Alltag

Der 3. Band überzeugt erneut durch eine warmherzige, ruhige und friedliche Stimmung, die aber auch die Probleme des Lebens und ernste Themen wie Sterben und Tod nicht ausschließen. Durch vermeintliche Kleinigkeiten und Zufälle werden die beiden Protagonistinnen, und mit ihnen die Leser*innen, auf diese Themen gestupst. Dabei findet eine ruhige, aber tiefgehende Auseinandersetzung mit ihnen statt. Sehr schön außerdem: Diese Themen sind in den Alltag integriert – da, wo sie eigentlich auch hingehören. Tod und Sterben zu tabuisieren ist schlicht ungesund.Der Manga scheint mit dieser Auseinandersetzung nahe an der Realität zu liegen: Bei meiner Mutter habe ich – wie im Manga beschrieben – festgestellt, dass sie sich von ihren z.T. sehr liebgewonnenen Sachen getrennt hat, bevor sie gestorben ist. Auch mein Vater entrümpelt jetzt. Beide haben vorab schon festgelegt, wie sie beerdigt werden wollen. Bei meiner Mutter konnten wir diesen Wunsch umsetzen, was auch für unsere Trauerarbeit gut war. Dabei haben wir die Kinder altersgerecht in den Prozess des Abschiednehmens miteinbezogen. Mein 9-jähriger Sohn hat mir mehr als einmal gesagt, dass er froh war, dass ich in dieser Zeit des Trauerns für ihn da war. Und es war ihm wichtig, ordentlich von der Oma Abschied zu nehmen.

In diesem ruhigen Alltag, der sehr schön in dieser Manga-Reihe dargestellt wird, finden die Veränderungen (Metamorphosen, s. Titel) beinahe unauffällig statt. Urara trägt sich, angestoßen durch Yuki, im Hintergrund mit dem Gedanken, selbst einen Manga zu zeichnen. Sie fängt eines Tages einfach an und zeichnet dann auch in der Schule. Die Berufswahl, die in der Schule in Form eines Formulars an die Schüler*innen herangetragen wird, tut ihr Übriges, um Urara zum Nachdenken zu bewegen, auch wenn sie anfangs mit dem Formular nichts anfangen kann. Das Leben und die Entscheidungen im Leben sind ein Prozess. Auch das arbeitet der Manga sehr gut heraus.

Ansonsten lebt jede ihr Leben, das sich meist nicht um das Hobby dreht, aber das durch das Interesse für BL von diesem immer mal wieder durchdrungen wird. Das stellt der Manga u.a. durch die integrierten Szenen des Bl-Mangas dar, den die beiden Frauen gerne lesen: eine Geschichte innerhalb einer Geschichte. Gedanklich sind die beiden Frauen, wenn auch nicht immer körperlich bei der anderen anwesend, miteinander verbunden.

Ebenfalls scheinbar nebenbei, aber trotzdem eindrücklich wird das Thema der Introvertiertheit behandelt. Urara fühlt sich in lautstarken Umgebungen mit vielen Menschen nicht wohl, und das zeigt der Manga auch. Solche Menschen, die meist hochsensibel sind, stehen in der Gesellschaft unter dem ständigen Druck, sich anpassen zu müssen, um nicht allzusehr aufzufallen – was negative Konsequenzen für sie hätte. Auch das wird im Manga angedeutet. Die Druck erzeugende Erwartungshaltung geht auch von der Famulie aus, wenn z.B. die Mutter Uraras indirekt anklingen lässt, dass sie auch gern eine hübsche Tochter hätte. Anstatt selbst sensibel auf ihr Kind zu reagieren und das sensible Kind, das sowieso schon mit sich im Streit liegt, zu unterstützen, verstärkt sie die Zweifel noch. Der Vater reagiert noch unsensibler. Bei ihm wird deutlich, dass er eigentlich keinen Draht zu seiner Tochter hat. Indirekt wird z.B. in der Szene, in der sich die beiden getrennten Eltern über Uraras Zukunft unterhalten, auch der Druck angesprochen, unter dem die Mütter stehen. Egal, was sie tun – niemals ist es genug, niemals können sie es einem recht machen. (Der Film “Bad Moms” ist ein sehr gelungenes filmisches Beispiel für diesen enormen Druck!) Die Väter spüren diesen Druck nicht, weil von ihnen nicht erwartet wird, dass sie ihre Kinder tatsächlich erziehen. Dafür urteilen aber auch sie über die Mütter. Der Manga ist also nahe an der Realität dran.

Fazit

Sehr gelungener Manga über eine ungewöhnliche Frauenfreundschaft zu einem ungewöhnlichen Hobby – das alles warmherzig kombiniert mit einem unaufgeregten Alltag, in dem sich ebenso unaufgeregt tiefgreifende Veränderungen ankündigen. Der Umgang mit ernsten Themen wie Tod und Sterben erfolgt sensibel und integriert diese in den Alltag – wo sie auch hingehören.


Genre: Manga
Illustrated by Carlsen Manga!

I hear the sunspot – limit 1

Hören versus Schwerhörigkeit

Taichi fällt dem schwerhörigen Studenten Kohei bei ihrer ersten Begegnung quasi auf den Kopf. Nach einer etwas turbultenten Anlaufphase übernimmt der quirlige Student für seinen ruhigen Mitstudenten Kohei die Mitschriften von Vorlesungen, dafür erhält Taichi Mahlzeiten von ihm. So freunden sich die beiden an, und Taichi gewinnt immer mehr Kenntnisse über die Welt von Schwerhörigen und Gehörlosen. Als er ein Arbeitsangebot von einer Firma erhält, die auf die Bedürfnisse von Gehörlosen spezialisiert ist, schmeißt er sein Studium und nimmt die Arbeit an. Kohei dagegen studiert weiter. Das führt dazu, dass sich die beiden immer weniger sehen. Beide bauen sich ihre Welten jenseits des anderen auf. Kohei trifft mehr Gehörlose. Einer der neuen Bekannten geht davon aus, dass die Welt der Gehörlosen und die der normal Hörenden nicht zueinander passen. Dazu kommt, dass sich Kohei in Taichi verliebt hat, Taichi aber noch mit seinen Gefühlen für Kohei kämpft. Als Kohei Fotos von einem Workshop sieht, den Taichi wegen seiner Arbeit besuchen muss, reagiert er eifersüchtig auf Taichics Chef Chiei, der sehr vertraut mit Taichi scheint.

BL und Menschen mit Handicap

Die Folgeserie der BL-Reihe (BL = boys love) “I hear the sunspot” baut ein retardierendes Moment ein, indem sich die beiden Protagonisten kaum sehen, weil sie jetzt in unterschiedlichen Welten leben. Kohei zweifelt immer mehr, ob seine Gefühle für Taichi bei dem energiegeladenen Tollpatsch auf Gegenliebe stoßen. Taichi dagegen wird sich durch seine Arbeit und die damit verbundene räumliche Trennung von Kohei immer mehr bewusst, dass er Kohei liebt.

Zentral in dieser Serie sind 2 Themen: das der homosexuellen Liebe und das der Menschen mit Handicap, die sich in einer Welt zurechtfinden müssen, die für ihre Bedürfnisse nicht ausgelegt ist. Es ist ungewöhnlich, dass diese beiden Themen kombiniert werden bzw. dass Menschen mit Handicap Manga-Protagonisten werden. Solche Manga dürfte es ruhig öfter geben.

Kohei und Taichi machen einen Prozess durch, in dem sie sich ihrer Gefühle bewusst werden. Kohei ist schließlich der erste, der sich ein Herz fasst und Taichi seine Gefühle gesteht. Ein Outing anderen gegenüber findet aber (noch) nicht statt. Taichi braucht noch länger, um sich über seine Gefühle klar zu werden. Der Prozess wird im Manga recht glaubhaft dargestellt. Die Probleme, die Homosexuelle innerhalb der Gesellschaft haben, werden hier also im Gegensatz zu vielen anderen Manga deutlicher angesprochen.

Der mit gutem Aussehen gesegnete ruhige Riese Kohei kommt bei Mädchen sehr gut an, empfindet aber die Kommunikation mit ihnen und anderen normal Hörenden als sehr anstrengend. Er und andere Schwerhörige und Gehörlose kämpfen außerdem mit Vorurteilen: Da sie nichts oder nur wenig hören, gelten sie für andere als arrogant, weil sie sie angeblich ignorieren. Da die meisten “Normalos” keine Gebärdensprache sprechen, sind die Gehörlosen auf Lippenlesen und langsames Sprechen angewiesen. Das erschwert eine Teihabe an ansonsten ganz normalen Dingen wie z.B. einer Vorlesung – Taichi muss mitschreiben, weil der Dozent zu weit weg ist, damit Kohei ihn verstehen bzw. von dessen Lippen lesen kann.

Das stellt der Manga gut heraus: Er spricht an, wie Leute mit Handicap von der Gesellschaft behindert werden, und wie sich Missverständnisse und Vorurteile bilden. Taichi ist Vorbild: Er geht ganz unvereingenommen mit Kohei und anderen Gehörlosen um. Außerdem gelingt es ihm, sich in sie hineinzuversetzen. Kohei kommt Taichis laute und extrovertiert-übertriebene Art zugute: So kann er Taichi hören und seine Gesten besser verstehen. Indirekt wird damit angedeutet, dass jede*r gut ist, so wie sie/er ist. Taichi nervt zwar andere Hörende mit seiner extrovertierten Art, aber bei den Gehörlosen kommt er genau deswegen gut an.

Fazit

Gefühlvolle Manga-Reihe, die die romantische homosexuelle Liebe Schritt für Schritt entfaltet und das Leben mit Handicap gut beschreibt.


Genre: Manga
Illustrated by Carlsen Manga!

My Roommate is a Cat 1-4

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Bild 1 - My Roommate is a Cat Band 2 (Deutsche Ausgabe) Carlsen MangaArtikelbild-0My Roommate is a Cat 4 als Taschenbuch

Haustiere als Therapie und Schlüssel zur Welt

Schriftsteller Subaru ist alles andere als ein Gesellschaftsmensch. Er lebt nur für sein Schreiben und vergisst darüber gern mal zu essen und zu schlafen. Das ändert sich, als ihm Straßenkatze Haru zuläuft. Auf einmal steht Subarus Leben Kopf: Nicht nur, dass er sich jetzt umgehend über die Bedürfnisse einer Katze informieren muss, wenn er kein verwüstetes Heim riskieren will.

Auch das gesellschaftliche Leben Subarus ändert sich nach und nach. Subarus Verleger ist fast jeden Tag bei ihm, weil er Haru so niedlich findet. Außerdem zieht ein Freund bei ihm ein und veranstaltet Chaos. Davon nicht genug muss sich Subaru mit dem weiblichen Geschlecht auseinandersetzen, wenn Haru etwas zu fressen haben soll: Nana, die nette Verkäuferin aus der Tierhandlung, ist selbst Katzenbesitzerin und versorgt ihn nicht nur mit Katzennahrung, sondern auch mit vielen hilfreichen Tipps rund um die neue Mitbewohnerin. Außerdem ist sie ein großer Fan des Mystery-Schriftstellers, ahnt aber nicht, dass ihr Idol der neue Kunde ist.

Das ändert sich, als Subarus Verleger ihn endlich zu einer Signierstunde überreden kann. Dort treffen sich die beiden und es kommt zu einem peinlichen, aber auch niedlichen Moment der Zweisamkeit. Als Subaru sich danach für sein Verhalten bei Nana entschuldigen und ihr ihren verlorenen Schlüssel wiedergeben will, trifft Haru auf ihr Brüderchen, das inzwischen bei Nana eine neue Bleibe gefunden hat. Haru trifft aber auch die Tochter einer netten Famulie wieder, die sie als Straßenkatze durchgefüttert hatte. Das kleine Mädchen und ihre Freundin sind ab jetzt öfter zu Besuch bei Subaru, auch weil sie ihm zeigen soll, wie man Katzenfutter selbst kocht.

Zwei Perspektiven

Die vorliegende Reihe wird aus zwei Perspektiven erzählt: Aus der Perspektive des Schriftstellers Subaru und der der Katze Haru. Dabei wird dieselbe Szene zweimal beleuchtet. Die Geschichte Harus fließt auf diese Art und Weise ins Geschehen mit ein: Sie hat als Straßenkatze gelernt, misstrauisch zu sein, sich durchzuschlagen und sich um ihre beiden Geschwister zu kümmern. Die seelische Verletzung, dass eines ihrer Geschwister trotzdem gestorben und das andere verschwunden ist, prägt sie. Ihr Drang, sich um andere zu kümmern, lebt sie an Subaru aus, von dem sie befürchtet, dass er wie ihre Gewschwister nicht genug isst und stirbt. Das führt zu einer Reihe von Missverständnissen zwischen Mensch und Katze, die als hintersinnige Situationskomik verwertet wird.

Allerdings wird Haru sehr vermenschlicht. Sie handelt und denkt wie ein Mensch in Katzengetalt. Katzenbesitzer*innen könnten diese Vermenschlichung durchaus kritisch sehen.

Die Idee, eine Situation aus mehreren Perspektiven zu erzählen, ist nicht neu, aber gut. Sie veranschaulicht, dass ein und diesselbe Situation immer mehrdeutig sein kann. Eine solche Erzählweise öffnet und erweitert den Horizont.

Soziales Miteinander

Diese Reihe macht deutlich, dass Menschen Herdentiere sind und andere brauchen, um sich wohlzufühlen. Allerdings macht sie auch deutlich, dass man, wenn man länger allein gelebt hat, sich erst einmal an den Trubel mit anderen gewöhnen muss. Auszeiten sind auch nötig, um sich zu erholen. Subaru scheint hochsensibel zu sein, denn er ist kreativ, tiefsinnig, empfindsam und braucht viel Ruhe, um Erlebnisse zu verdauen. Diese und seine Gedanken verarbeitet er in Büchern, die andere berühren und ihnen Lebensmut geben. Damit wird ein weiterer Aspekt angesprochen: Um sozial zu sein, muss man nicht unbedingt face to face mit anderen kommunizieren. Subaru ist ein von Grund auf guter Charakter, kann keiner Fliege etwas zuleide tun und versucht sich in andere (auch in seine Katze) einzufühlen. Dass er allein lebt, heißt also nicht, dass er nicht sozial ist. Soziales Denken und Fühlen ist eine Sache des Charakters und nicht der tatsächlichen sozialen Kontakte. Denn es kann genauso gut sein, dass jemand, der vordergründig mit aller Welt befreundet ist, diese Kontakte in hinterhältiger Weise ausnutzt.

Subaru hat sich nach dem Tod seiner Eltern, den er anscheinend nicht richtig verarbeitet hat, in ein Schneckenhaus zurückgezogen, wohl, um nicht wieder verletzt zu werden. Dabei ist er innerlich eingeforen. Haru holt ihn allein durch ihre Anwesenheit nach und nach aus seinem Schneckenhaus heraus. Jetzt muss Subaru nicht nur für sich, sondern auch für andere Verantwortung übernehmen. Durch die Katze nehmen seine sozialen Kontakte allmählich zu, sodass er lernt, nicht nur sozial zu denken, sondern sich auch im realen Kontakt zu anderen sozial zu verhalten. Das reduziert seine Einsamkeit und er erhält neue Anregungen für seine Bücher. Außerdem erhält er so die Chance, eine Freundin zu finden.

Ein wenig erinnert die Geschichte an heutiges soziales Verhalten, das oft per Handy oder Internet stattfindet, also in einer distanzierten und reduzierten Form, weil so Körper- und andere wichtige gestische und mimische Signale nicht oder nur schwer wahrgenommen in die Kommunikation einbezogen werden können. Kontakt über ein Medium wie Telefon, Handy, Internet ist nicht so (bedeutungs-)reich wie ein direkter Kontakt mit anderen Menschen.

Subaru bekommt durch den direkten Kontakt (positive) Rückmeldung, die vorher in der Art nicht möglich waren. Er bekommt Rückmeldung von seiner Katze und den Menschen seiner Umgebung, die ihm verdeutlichen, dass sie ihn nett finden oder seine Werke sehr schätzen. Das vermittelt Selbstbewusstsein und ermöglicht eine weitere Öffnung nach außen.

Fazit

Die Reihe ist ein Plädoyer für positive Mensch-Tier und Mensch-Mensch-Beziehungen. Jede*r darf so sein, wie sie oder er ist. Außerdem vermitteln positive Beziehungen Selbstbewusstsein, Verantwortungsbewusstsein und eine generelle Öffnung zur Welt hin. Wichtig ist dabei der unmittelbare Kontakt zu anderen (nichrt bloß der mittelbare), auch um neuen Input zu erhalten – alles Nahrung für die Seele. Ruhige, aber trotzdem spannende Manga-Reihe, die aus der Sicht des Menschen und aus der Sicht der Katze erzählt wird: Mehrere Perspektiven derselben Situation ermöglichen einen erweiterten Horizont und vertiefen das Verständnis für sich und andere.


Genre: Manga
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Kimi ni Nare – Finde dich selbst

 

https://www.carlsen.de/sites/default/files/produkt/cover/kimi-ni-nare---finde-dich-selbst_0.jpgFinde dich selbst

Oberschüler Taiyo spielt mehr schlecht als recht Gitarre – diese aber mit Leib und Seele. Als sich der Musikclub der Schule aufzulösen droht, will er seinen verschlossenen Klassenkameraden Hikari mit ins Boot holen. Hikari wurde früher eine große Karriere als Pianist bescheinigt, da er als Wunderkind galt. Aber aus einem Grund, den er niemanden wissen lassen will, hat er plötzlich mit dem Klavierspielen aufgehört. Auch für Taiyo will er keine Ausnahme machen. Dieser aber bleibt hartnäckig. Deshalb konfrontiert Hikari Tayio schließlich mit seiner Vergangenheit.

 

“Und egal wie schmerzhaft, qualvoll und frustrierend es auch sein mag … eines Tages kannst du zu deinem wahren Selbst werden.” (Taiyo)

Der Einzelband behandelt das Thema der Selbstfindung in der Phase der Pubertät. Er geht auch auf die seelischen Verletzungen ein, die die Jugendlichen bis zu diesem Zeitpunkt erlitten haben. Wie so viele will Taiyo seine seelischen Verletzungen, die schon traumatische Ausmaße erreichen, unter einer fröhlichen Fassade und unter dem Slogan “Schau nach vorne!” verstecken und verdrängen. Aber durch Ausweichen heilt man keine Traumata, man muss sich ihnen stellen. Das geschieht (wenn auch nicht unbedingt in sensibler Form) durch seinen Klassenkameraden Hikari. Er konfrontiert Taiyo mit seiner Vergangenheit. Durch diese Konfrontation kommt ein Denkprozess in Gang, in dem sich Taiyo immer mehr darüber klar wird, was er wirklich will. Der Manga gehört also, obwohl kein Roman, in die Kategorie des Entwicklungsromans. Taiyo macht sich (wenn auch nicht örtlich wie bei solchen) auf den Weg, und zwar auf den Weg in sein Inneres. Dieser Weg ist hart, schmerz-und leidvoll, gibt ihm aber letztlich den Mut, zu sich selbst zu finden und zu stehen.

Auch Hikari wird, wenn auch eher indirekt, durch Taiyo dazu gebracht, sich seiner Vergangenheit zu stellen, die ebenso schmerzhaft ist. Er bewundert Taiyos Eifer, Durchhaltevermögen und dessen Mut auch unangenehme Situationen bewusst in Kauf zu nehmen, um Menschen mit dem, was er tut, zu berühren. Die beiden sind sich gegenseitig Vorbilder und beide trauen sich – was Männer im Allgemeinen nicht gerne tun – in die Tiefen ihrer Seele abzutauchen, sich den Ungeheuern, die dort lauern, zu stellen und die Schatzkiste, die ebenfalls dort unten versteckt ist, zu heben. Damit sind sie Vorbilder! Dabei wird aber auch immer wieder deutlich, dass beide keineswegs vollkommen, sondern ganz normale Menschen sind, die gerne mal wegen mancher ihrer Eigenschaften bei anderen anecken.

Durch den Mut, seine Psyche zu ergründen, kommt es u.a. für Taiyo zu solchen Augenblicken der Erkenntnis wie diesen: “Es wäre schön, wenn traurige Dinge einfach aus der Welt verschwinden würden. Aber ohne traurige Momente würde man die schönen Augenblicke vielleicht gar nicht bemerken.” Wäre Taiyo in seinem oben beschriebenen Fluchtschema erstarrt, käme keine positive Entwicklung in Gang.

 

Fazit

Der Manga behandelt Selbstfindungsprozesse, die (wie im wahren Leben) schmerzhaft, aber letztlich lohnend sind. Beide männlichen Hauptfiguren stellen sich – im wahren Leben gerade von Männern gern verdrängt – ihren psychischen Verletzungen und lernen sich dadurch besser selbst kennen und annehmen, sodass eine positivere Zukunft möglich wird. Der Manga verarbeitet also tiefenpsychologische und philosophische Themen, die ihn trotz der Kürze tiefgründig machen.

Das ist die Stärke so manch einen guten Comics oder Mangas wie diesem, dass sie tiefgründige Themen angehen und verständlich an die Leser*innen bringen können. Das ist definitiv eine Kunst, die aber leider kaum gewürdigt wird. So mancher Roman wird bei ähnlichen Themen (und unnötig komplizierter Schreibweise) in den Himmel gelobt, obwohl er keinesfalls besser als ein dergestaltiger Comic oder Manga ist. Aber Qualität ist überall zu finden, wenn man sich nur darauf einlassen will. Auch – und vielleicht sogar v.a. – in der oftmals verachteten und belächelten “neuten Kunst” (die nicht umsonst so heißt).


Genre: Manga
Illustrated by Carlsen Manga!