Außer Kontrolle geratene Technik
Weil der Umbau der Yokohama Eisenbahn-Station nie endete, begann die mit mittlerweile künstlicher Intelligenz versehene Station vor 200 Jahren sich selbstständig immer weiter um- und auszubauen. Das führte dazu, dass 99% der Präfektur Honshu von der Yokohama Station übernommen wurde. Die Menschen erinnern sich nicht mehr an den ursprünglichen Zweck der Station als Fortbewegungsmittel. Sie wurden eingeteilt in diejenigen, die priviligiert in der Station leben dürfen und diejenigen, die die Station ausgesondert hat und nun am Rande der Station mithilfe von Abfällen ihr Leben fristen müssen. Natur gibt es so gut wie keine mehr. Eines Tages gelangt ein sterbender Rebell auf eine der Randbereiche und gibt dem Jugendlichen Hiroto eine Bahnstationskarte, die in 5 Tagen auslaufen wird. Er soll den Anführer der Rebellen suchen. Hiroto nimmt die Chance wahr, in die Bahnstation zu gelangen. Aber statt des gelobten Landes erwartet ihn eine willkürliche Herrschaft einer Maschine mit ihren menschlichen Dienern.
Dystopie
Das Thema Mensch und (intelligente) Maschine ist eines der Hauptthemen japanischer Science Fiction, auch im Manga- und Animebereich. Meist wird es in Form einer Dystopie beleuchtet, so auch hier. Der Manga beruht auf der erfolgreichen Romanvorlage von Yuba Isukari. Der Manga ähnelt in seiner Grundanlage ein wenig dem Film “Elysium” von 2013, in dem es ebenfalls zwei Bereiche – priviligiert und nicht priviligiert – gibt, in denen die Menschen leben und ein Mensch aus der nicht-priviligierten Zone als Retter avanciert. So auch hier. Im ersten Band ahnt man schon, dass Hiroto eine Art Retter sein wird. Er dringt mit dem Ticket in die Bahnststion ein und stellt fest, dass auch dort nicht alles zum Besten steht. Hilfe erhält er von einer KI, die als Spion einer anderen Bahnstation eingeschleust wurde.
Die Dystopie baut auf einen ruhigen, aber sehr genau beobachtenden Helden, der kritisch das ihm Gebotene unter die Lupe nimmt und seine eigenen Schlüsse zieht. Sie zeigt auch die Kritik an einem zu optimistischen Technikglauben, der sich schnell in sein Gegenteil verkehren kann. Die außer Kontrolle geratene Maschine unterwirft die Menschen ihrem Willen und diese lassen das mit sich geschehen. Nicht nur das: Um sich selbst Vorteile zu schaffen, erschaffen sie eine Hierarchie unter der Diktatur der Maschine. Nur die Menschen, die außerhalb der Station leben, bewahren sich eigenständiges Denken. Außerdem sind sie gegen Krankheiten und andere Widrigkeiten abgehärteter als die verweichlichten Menschen innerhalb der Station. Der Manga baut also kein Schwarz-Weiß-Schema aus, sondern blickt differenziert auf die verschiedenen Lebensbereiche der Menschen. Beide haben Vor- aber auch Nachteile für ihre Bewohner*innen, und das Paradies entpuppt sich nicht als solches. Kritisiert wird der Zug der Menscheit, sich diktatorischen Regimes zu unterwerfen. Dabei wird aber auch deutlich, dass es in solchen Regimen immer Widerstandsgruppen gibt und geben wird.
Auf dem Cover gut zu sehen ist die Anspielung auf das Genre “Science Fiction”: “Station Fable” hat wie “Science Fiction” die Initialien SF.
Die Zeichnungen unterstützen die Situationen und die Stimmungen gekonnt. Insgesamt ein rundes Paket.