Dr. Katze. Eigentlich waren Katzen gar nicht als Therapietiere im Kinderhospiz Lichtblickhof geplant. Aber eigenwillig wie Katzen nun einmal sind, haben sie sich einfach selbst bemerkbar gemacht, wie sie mit den jungen Patient:innen interagieren möchten. Erst nach und nach hat sich daraus eine Therapiekatzen-Ausbildung entwickelt, die hier, in “Dr. Katze” vorgestellt wird.
Dr. Katze und das innere Kind
Fuchur und Jonathan heißen die beiden Co-Therapeuten, die derzeit den drei Therapeutinnen, die Herausgeberinnen vorliegenden Ratgebers, zur Hand gehen und den Lichtblickhof in Wald/NÖ/Österreich rocken. Bei tiergestützter Therapie dachte man bisher vielleicht eher an Pferde oder Hunde, aber nicht unbedingt an Katzen, da sie als zu unabhängig und unnahbar gelten. Aber die jungen Patient:innen und das medizinische Fachpersonal im Kinderhospiz Lichtblickhof verweisen diese Vorurteile gegen die Samtpfaden in das Reich der Legenden. Renate Deimel, Karin Hediger und Roswitha Zink berichten von ihren Erfahrungen mit den Katern des Lichtblickhofs und der Therapiekatzen-Ausbildung und teilen ihre verblüffenden Ergebnisse in vorliegender, illustrierter Publikation mit der Öffentlichkeit. So sprechen sie etwas von der neuen Triade Mensch-Therapeut-Tier, denn der Aufbau des Vertrauens zwischen Patient und Therapeut fällt mittels eines Tieres wesentlich leichter. Das hängt u.a. auch damit zusammen: “Tiere helfen dabei, an das `innere Kind´ der Patienten anzubinden, weil viele Patienten sich an ihre Kindheit und den damaligen Wunsch nach der Nähe zu Tieren erinnern.”, so die Autorinnen. Das Verhalten von anderen Lebewesen wird oft durch das Zuschreiben mentaler Zustände interpretiert, das wir schon als Kleinkind erlernt haben. Dies wird zum Grundbaustein für gelingende soziale Interaktion. Dies macht man sich in der Tiertherapie zu Nutze, da Tiere stets alle Beteiligten ins Hier und Jetzt hole und so eine handlungsorientierte Therapie ermöglichen können, wie die Autorinnen nachvollziehbar erklären. Eine Klientin, die weder Arme und Bein bewegen konnte, sagte einmal, “Katzen berühren einen zarter als ein Lufthauch. Man könnte denken, es ist nicht ihr Körper, sondern ihre Aura, die einen streift!”
Die Magie des Schnurrens
Auch wenn es wissenschaftlich noch nicht als erwiesen gilt, weiß doch jede/r wie wohltuend das Schnurren einer Katze für die eigene Seele ist, noch dazu, wenn sie sich auf einen drauflegt. Aber es gibt auch schon gesicherte wissenschaftliche Ergebnisse! Einige Studien sprechen dafür, dass die Sterbewahrscheinlichkeit durch soziale Isolation, Einsamkeit und Alleinleben um 25-30 Prozent erhöht. Wer Haustiere hat, kann dem wirkungsvoll entgegenwirken. Das gilt für Hund und Katz’ u.a., aber Katzen haben sogar ein höheres Potential den Oxytocinspiegel ihrer Bezugsperson zu erhöhen und dadurch Stress, Angst oder gar Depressionen zu lindern, als Hunde. Außerdem haben Katzen ein 37% geringeres Risiko einen Herzinfarkt zu erleiden. Katzen wirken für “einsame, ängstliche und depressive” Menschen oft wie eine “Selbstmedikation“. Tatsächlich steigt die Ausschüttung des Hormons Oxtocin beim Streicheln einer Katze im Menschen und bewirkt Reduktion von Stress. Es kann sogar Nähe, Vertrauen und emotionale Bedingung stärken. Wer mit seinem Stubentiger Kontakt aufnehmen will, kann dies durch unterschiedliche Kommunikationskanäle tun. “Langsames Blinzeln” etwa – es wird auch als “Katzenlächeln” bezeichnet – stärkt die Beziehung zwischen Bezugsperson und Katze. “Gerüche sind für Katzen so viel wichtiger als vieles andere, dass sie von einem Geruch auch völlig aus der Bahn geworfen werden können.” Die Geruchssprache ist eine Kommunikationsdimension, die wir Menschen längst verlernt haben, aber dennoch wirksame Folgen haben kann. Für Katzen ist diese Art der Kommunikation ein Spüren des anderen. Wer das wiedererlernen möchte, kann auf die Erfahrungen der drei Therapeutinnen des Lichtblickhofs in “Dr. Katze” zurückgreifen. Aber nicht vergessen: Im therapeutischen Kontext gilt: C-A-T. 1) choice and control 2) attention 3) touch.
Das vorliegende Psychologie-Sachbuch und Psychotherapie-Sachbuch über tiergestützte Therapie und positives Tiertraining hilft bei Tierschutz und Stressmanagement für Therapietiere sowie Supervision als wichtige Bausteine, um beste Wirkungen zu erzielen und tiergerecht Therapie mit Katzen aufzubauen. Die sichere Bindung, Körpersprache, buttonunterstützte Kommunikation (AIC) sowie die Natur als einige der Wirkfaktoren katzengestützter Therapie werden ebenso vorgestellt wie die Traumabewältigung im Zusammenhang mit Kinderpsychologie.
Renate Deimel, geboren 1987 in Wien, ist studierte Sonder- und Heilpädagogin sowie Psychotherapeutin. Ihre Arbeit mit Katzen und anderen Therapietieren am Lichtblickhof hilft Menschen in Trauer- und Traumasituationen. Sie lebt mit den Katern Fuchur und Jonathan in Wien.
Karin Hediger, geboren 1984 in Zürich, ist Professorin für Psychologie an der Universität Luzern, Psychotherapeutin und Traumatherapeutin. Sie leitet den universitären Ausbildungslehrgang für tiergestützte Therapie in der Schweiz. Sie lebt mit zwei Katzen in Luzern
Roswitha Zink, geboren 1978 in Wien, ist studierte Biologin und Psychotherapeutin. Sie ist die Gründerin des Kinderhospizes Lichtblickhof im Jahr 2001. Ein weiterer Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt in wissenschaftlichen Projekten zur Kommunikation zwischen Tieren und Menschen. Derzeit läuft ein Forschungsprojekt zum Thema unterstützte Kommunikation zwischen Kindern und Katzen. Sie lebt mit den Tieren des Lichtblickhofs auf einem Hof in Niederösterreich.
Renate Deimel/Karin Hediger/Roswitha Zink
Dr. Katze
2025, 224 Seiten / 145 mm x 210 mm
ISBN-13 9783711003454
ecoWing Verlag
24.00 EUR
