Klaus Modick, Jahrgang 1951, hat in seiner Jugend sicherlich die von psychedelischer Musik getragene Hippiewelle miterlebt. Zumindest klingt sein schillernder Roman »Fahrtwind« so, als seien auch autobiografische Erlebnisse eingeflossen.
Ein junger Mann hat keine Lust, in die Firma seines Vaters einzutreten und sein Leben lang Flachflansche auf Rohre zu schrauben oder die Gewinnmargen von Toilettenschüsseln zu optimieren. Mit dem Abitur in der Tasche und einer Gitarre auf dem Rücken bricht er auf, um südwärts zu trampen. Er folgt dabei dem Song von Hannes Wader »Ich bin unterwegs nach Süden und will weiter bis ans Meer«, ohne den Liedermacher direkt zu erwähnen.
Aufbruch und Reise gelingen ihm erstaunlich gut. Bald sitzt er in einem Mercedes Roadster, der von zwei attraktiven Damen gen Wien gelenkt wird. Er wird in ihr Schlosshotel eingeladen und darf als Troubadour die Gäste unterhalten. Als die Schlossherrin in ihm jedoch ein Lustobjekt entdeckt, flieht er aus dem vermeintlichen Idyll. Sein Herz hat er an eine junge Schönheit verloren, aus deren offenem Fenster der Klang eines Cellos streicht.
Zwei Biker lesen ihn auf und weisen ihm eine Rolle in einem Verwirrspiel zu, das erst zum Schluss der Geschichte aufgeklärt wird. Schließlich landet der junge Mann in Rom, wo ihm die Liebe begegnet.
Modicks Erzählung fußt direkt auf einem literarischen Hintergrund, den der Autor bis in jedes einzelne der zehn Kapitel nachempfindet. Es ist das Buch »Aus dem Leben eines Taugenichts« von Joseph von Eichendorff aus dem Jahre 1822. Dessen Novelle übersetzt er eins zu eins in ein Szenarium aus Beatmusik und Easy Rider. Er würzt alles mit einer Prise Marihuana und einem Kompott aus psychedelischen Pilzen und macht daraus eine Road Novel.
Im Text wird das Tramperidyll stark romantisiert und mit einem glücksbesoffenen Glanz überzogen. Die wahren Erfahrungen derjenigen, die vor fünfzig Jahren nach Süden zogen, um ihre Sehnsüchte zu stillen, kommen in diesem Buch nicht vor. Der Text wirkt märchenhaft und leicht bekifft wie ein verzückt-romantischer Ausbruch aus der Enge der Spießergesellschaft.
Modicks Protagonist stellt sich nicht dem Gegenwind entgegen und lebt eigene Visionen. Der Autor schreibt die Geschichte eines Taugenichts, der sich vom Fahrtwind treiben und überraschen lässt. Gemessen an Werken wie »Konzert ohne Dichter« aus der Feder des Autors ist der Text schwach und beliebig.