Blackbox Gardening- Mit versamenden Pflanzen Gärten gestalten

Das Buch wollte ich lesen, weil ich beide Autoren schätze, und ich hoffte, vielleicht würde ich dann endlich wissen, was eine Blackbox ist.

Es kommt geheimnisvoll in einem schwarzen Einband, auch die ersten Innenseiten sind ganz in schwarz. Das Vorwort macht Leselust: Es werden neuzeitliche Gärten kritisiert, zu „oral-kugeligen Grünobjekten zurechtgestutzt sind,“ (ich hasse diese Topiary Art, s.Der grüne Garten!)  und auch Gartenbesitzer, die Kindern „das Geräusch einer Biene auf Tierstimmen-App vorspielen und nebenbei eine neue Landlust-Ausgabe genießen.“ Landlust gegen Landfrust.

Dann kommt die Aufforderung, die Natur als Freundin zu sehen und mit ihr zu spielen, so würde der Garten ganz der eigene! Genau das mache ich seit Jahrzehnten.

Blackbox-Gardening wird im Buch definiert als Arbeit mit der Natur (nicht gegen sie!), wobei Dynamik und Zufall beachtet werden. Die Samen der Pflanzen werden zu den Akteuren der Gestaltung. Nur vielleicht gäbe es einen Plan, der auch aufgeht, wichtiger ist aber: „Haben Sie Lust, sich auf ein Experiment mit vielen Blüten(er)folgen einzulassen?“

Bei den Ratschlägen, wie ich dieser Lust frönen kann, kommen dann die Realitäten. Es geht mehr um große Gelände, etwa bei den blühenden Wiesen: da geht es nicht um kleine Stadtgärten um Reihenhaushälften, wie bei uns.

Als Beispiele werden große Anwesen mit wunderschönen Fotografien des Fotografen Jürgen Becker gezeigt, drei in England, zwei in Holland. Der schönste von ihnen, Waltham Place hat 1000 qm—und dafür eine Gärtnerin, die ihn pflegt. Gerne hätte ich von ihrer täglichen Praxis gelesen. Denn das Geschehen in der Box ist aufwändig: Der Boden wird bearbeitet, oft abgemagert, der PH modelliert. Und für eine schöne Mohnwiese wird der Boden jährlich „umgebrochen.“

Das alles in der Box?! Was sagt Wikipedia? „Allgemein ist eine Black Box ein Objekt, dessen innerer Aufbau und innere Funktionsweise unbekannt sind oder als nicht von Bedeutung erachtet werden.“

Was hat das mit der Freude am Gestalten der Natur zu tun? Trotzdem habe ich es gerne gelesen, bei den vielen vorgeschlagenen Pflanzen neue Wunschkinder entdeckt, etwa das einjährige Gras Hordeum jubatum, die Tulipa Sprengeri, die sich versamt, allerdings erst nach 4-5 Jahren blüht.

Gefehlt hat mir der Hinweis darauf, dass nur die samenfesten Samen Akteure werden können, die Samen der Hybriden nicht, was aber leider auf den Tütchen, die man kauft, nicht draufsteht.

Beim Dungeness Garten hätte ich mich über den Hinweis gefreut, dass er Beth Chatto zu ihrem Kiesgarten angeregt hatte; dass Jarman sich das Gelände kaufte, als er HIV-positiv geworden war, hätte ich dafür gestrichen.

Great Dixter wird auch zur Black Box geadelt: Christopher Lloyd, den kreativen Gartenjournalist kann man nicht mehr fragen. Er durchbrach strenge Gartenregeln, pflanzte in Sussex Bananen, gestaltet aber nicht vor allem mit versamenden Pflanzen. Hätte es ihm gefallen, dass sein Werk ein Black Box Garten genannt wird?

Dankbar bin ich für den Hinweis unter den Danksagungen, dass Herr Pfenningschmidt ( Hier wächst nichts: Notizen aus unseren Gärten) einen anderen Titel vorgeschlagen hatte. Wahrscheinlich wäre das richtiger gewesen, denn es geht ja um das, was in der Box geschehen soll, um Freude am Gärtnern zu haben.


Genre: Blackbox, Garten
Illustrated by Ulmer

Hier wächst nichts: Notizen aus unseren Gärten

Sollte man ein Buch mit dem Titel Hier wächst nichts wirklich lesen wollen, wenn es sich so abstoßend präsentiert? Auf dem Titelbild wächst wirklich nichts, und auch die Rückseite verspricht kein erbauliches Buch über Gartenkultur. Sehen Sie selbst!

Da gibt es „62 % Gartenerfahrung aus naturidentischen herben Rückschlägen und bitteren Erkenntnissen, … 15 % grober Unfug aus 42 % Alkohol in der Herstellung … aber auch 12 % Humor aus zertifiziertem Raubbau.“ Ihr Eindruck stimmt: Hier gibt es Satire, wie wir sehen werden, über moderne Gartenboomtrends, über Gartenliebhaberinnen und ihre Gatten. Leider haben Kleinkinder und Schwangere in Gärten keinen Zutritt, aber es gibt Geistvolles, möglicherweise geschrieben nach Genuss von Berauschendem.

Erst geht es noch weiter mit einem (Anti)Sinnspruch, nämlich dem Lob des Häßlichen, seine letzten Zeilen lauten: “Das Schöne gib uns Grund zur Trauer, das Häßliche erfreut durch Dauer.“

Mich konnte das nicht abschrecken, denn ich bin seit Langem ein Fan von Pfenningschmidt; Wenn ich mir die Zeitschrift “Kraut und Rüben” kaufe, dann vor allem wegen seiner Staudenkolumnen. Und auch in diesem Buch lohnte sich das Weiterlesen.

Jeder der beiden Autoren von Hier wächst nichts stellt sich mit seiner Gartenvita vor: Sie haben sich das Gärtnern als Hobby beigebracht, Reif hat schon als Jugendlicher auf Honorarbasis Gärten gestaltet, eine Lehre daraus war, dass man Euonymus und Lavendel nicht kombinieren soll. Am Tag drauf sah ich diese Kombination in einem Dahlemer Vorgarten – und kann es bestätigen. Später hat er sein Wissen in einem Studium bis zum Diplom-Ingenieur vertieft. Beide Autoren lieben Stauden, trafen den Foersterschüler Pagel noch persönlich und fühlen sich als seine Schüler.

Nur manche Kapitel sind mit dem Namen des Autors versehen, vermutlich sind die meisten von Pfenningschmidt, er ist ja auch schon seit Jahrzehnten im Geschäft. Reif trägt einige Interviews bei, eines mit einem Golfrasenpfleger, der sich in seinem privaten Garten über Gänseblümchen freut. Ein anderes mit dem bekannten Taglillienpapst Dr.Tamberg, der über seine Zuchterfolge spricht. Wir lernen etwas über genetische Voraussetzungen und Sortenschutz. Dann wird der schon erwähnte Pagel zitiert, er habe „nicht gezüchtigt, sondern gesichtet.“ Es geht darum, spontane Mutationen zu erkennen und zu pflegen. Mir fehlte der Hinweis darauf, dass viele Samen, die wir heute kaufen können, vielleicht bio, aber nicht samenfest sind, aber es geht ja um Stauden, Ein- und Zweijährige werden nicht vorgestellt.

Eigentlich ist man kein Rosenfan, aber dann gibt es doch eine Liste mit 17 Lieblingsrosen, eine Liste mit 18 empfehlenswerten Büchern, ein Kapitel heißt “Sieben gute Neuheiten“, das sind Pflanzen, wovon ich eine rote Aster und eine noch rötere Bistorta (Js.Caliente) im nächsten Frühling suchen werde. Als eine Elfe ihm, ich bin sicher, es war Pfenningschmidt, drei Wünsche schenkte, wünscht er sich drei trockenresistente Schattenpflanzen und bekommt: Tanacetum macrophyllum, Aster ageratoides subsp. Trinervius var. Adustus Nanus, die will ich nun natürlich auch. Und gegen Giersch gibt es eine Fülle von Pflanzen, die den Kampf aufnehmen und sich ihm wuchernd entgegenstemmen.

Es gibt also reichlich Tipps zu Pflanzen, wie sie nur Kenner geben können, genossen habe ich vor allem die Satire. Etwa eine Serie von Veränderungen, bei der ein Haus ohne Grün, ein sogenannter Steingarten vorstellt wird. Während der sieben Jahreszeiten (in denen es nach Karl Foerster immer etwas Blühendes gibt), werden dann eben sieben Mal dieselben Fotos der Steine gezeigt.

Pfenningschmidt outed sich als „Jäger und Sammler“ von raren Exemplaren, und wir erfahren, dass es ihm besonders die Elfenblumen angetan haben. Kenntnisreich auch die Beschreibungen pflanzlicher Gifte, und wie Mütter von Kleinkindern damit umgehen. Ebenso die Beschreibungen der Oberschüler, die sich mit Rauschmitteln auskennen, und mit heimischen Gewächsen einen Schul-Tüten-Mix herstellen.

Es ist ein Buch, das man nicht ausliest, aber es wird Sie nicht nur in langen Winterabenden zum Schmunzeln bringen.


Genre: Garten
Illustrated by Verlag Eugen Ulmer