Der Dichter Peter Paul Wiplinger schreibt seit geraumer Zeit sogenannte Lapidargedichte. Er möchte die Realität so abbilden wie sie ist, ohne Metaphernverbrämung und ohne Sprachzertrümmerung oder -spielerei. Damit sind seine Gedichte stets politisch relevant. Was ihm lange den Einzug in den österreichischen Literaturkanon verwehrte. Im vorliegenden Gedichtband zeigt sich wieder seine poetische Begabung.
Sätze wie: „Wenn es wieder Wörter regnet in meinem Kopf“ und Verse wie: „wenn / die wörter / erwachen in mir // fühle ich / mich fremd / im eigenen haus“ lassen bei aller gesellschaftsrelevanten Brisanz doch immer wieder den Dichter in ihm hervorlugen. Schnell wieder kehrt Wiplinger, wie im Gedicht Regelwerk, zu seinem Anwurf zurück, dass „Unfeines“ nicht in der Lyrik ausgeklammert werden dürfe, damit auch politisch Unangenehmes nicht – eben mit dem Argument: „weil das dem regelwerk der ästhetik nicht entspricht / weil die wahrheit nicht fein genug ist für die poesie“.
In der „Dichterschule (Schule für Dichtung)“ wendet er sich an Gerhard Rühm: „wählt die wörter / sparsam aus // denn wortsalate / sind ein graus // und keine poesie // nein wirklich nie“…
Bei all seinem meist gerechtfertigten Zorn, und seiner wohl auch altersmäßig verständlichen Befasstheit mit Tod und Abschied leuchten Wiplingers Worte wie Mondrosen vom schwarzen Boden der Wintererde her, wenn sie lauten: „sonnenbeschienen / das gesicht im frühling // duftende wärme vom / blühenden wiesenrand / wie eine feierliche stille / schwebt etwas in der luft // die namen sind ausgelöscht / es geht nicht ums erkennen // sondern einzig um das fühlen / dessen was endlich fühlbar ist // etwas wie endgültiger frieden / ist augenblicklich tief in mir“.
Manfred Stangl
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Aussichten: Gedichte 2020–2021