She likes Gay Boys but not me! 1

Coming Out?

Der Oberschüler Jun ist schwul, verheimlicht aber seine sexuelle Neigung. Er hat eine Affäre mit einem Familienvater namens Makoto und eine ebenfalls schwule Internetbekanntschaft namens Mr. Fahrenheit. Letzterem vertraut er sein Innenleben an und freut sich, dass auch Mr. Fahrenheit sein Gefühlsleben mit ihm teilt. Denn er ist der einzige außer Juns Affäre, der von Juns Homosexualität und den Schwierigkeiten, die das mit sich bringt, weiß. Durch einen Zufall erfährt Jun von der Leidenschaft seiner Klassenkameradin Sae für BL-Manga. Er verspricht ihr, den anderen nichts davon zu sagen. Damit eröffnet sich für ihn eine neue Freundschaft, die schließlich in eine Beziehung mit Sae mündet. Jun will mit dieser Beziehung herausfinden, ob er es ähnlich machen kann wie Makoto: Nach außen hin ein normales Leben zu führen, um keine Repressalien erdulden zu müssen, aber mit einer Affäre seine sexuellen Bedürfnisse befriedigen zu können. Aber dieses Experiment ist mit weiteren Schwierigkeiten verbunden.

Der erste Band dieser Boys-Love-Serie mutet deutlich realistischer an als so viele andere, die in einer in sich abgeschlossenen Welt spielen und in denen v.a. die romantische und/oder sexuelle Beziehung hervorgehoben wird, anstatt die Schwierigkeiten zu beleuchten, mit denen Homosexuelle zu kämpfen haben. In der o.g. Reihe spielen die Probleme eine entscheidenede Rolle, denn sie bestimmen Juns Alltag und seine Entscheidungen, die nicht nur für ihn weitreichende Konsequenzen haben. Die Spannung dieses Ansatzes bezieht sich also darauf, wie Jun sich entscheidet, was sich aus diesen Entscheidungen ergibt und wie alle Beteiligten damit umgehen. Schade, dass es nicht mehr solcher Manga gibt, die einen Einblick in die Situation homosexueller Menschen gibt! Aber nicht nur dieses Thema wird angesprochen, sondern auch die Neigung der Menschen insgesamt, alles, was anders ist, mindestens misstrauisch zu beäugen, wenn nicht gar zu verteufeln. Das Cover macht den Zwiespalt deutlich, in dem Jun sich befindet.

Fazit

Lesenswerter Manga über Homosexualität und den Umgang aller Beteiligten mit dieser Art der sexuellen Neigung.


Genre: Manga
Illustrated by Carlsen / Hayabusa

Love and Fortune 1

Liebe mit Altersunterschied

Die 31-jährige Wako macht sich keine Illusionen mehr vom Leben. Sie hat sich in einer Zone der ständigen Kompromisse eingerichtet und alle Träume abgetötet. Sie lebt mit einem Mann zusammen, den sie nicht liebt und der sie nicht zu schätzen weiß. “Weil man es so macht”, redet sie sich ein, diesen Mann bald heiraten und Kinder in die Welt setzen zu müssen. Überhaupt macht sie vieles nur noch, weil es von ihr erwartet wird. Einzig ihr Job macht ihr Spaß: Sie arbeitet in einem Kino, weil sie Filme liebt. Aber auch den will ihr Freund ihr nehmen, weil er  mehr Geld von ihr erwartet. Eines Tages kommt ein 15-jähriger Schüler in das Kino. Wako fällt er gleich ins Auge, weil sie sich genau so ihren Traumprinzen vorgestellt hat. Glück für Wako: Yumeaki verliert seinen Schülerausweis. Mit dessen Hilfe und ein paar anderen unauffälligen, aber mutigen Aktionen nähert sich Wako ihrem Traumprinzen an. Dieser ist auf schüchterne Art ebenfalls von ihr begeistert. So beginnen Wako und Yumeaki eine Affäre. Allerdings lassen die Schwierigkeiten nicht lange auf sich warten.

Ältere Frau – jüngerer Mann

Der erste Band erzählt die Annäherung zwischen zwei Menschen mit großem Altersunterschied. Dabei baut er im genau richtigen Tempo sowohl die Beziehung als auch die Spannung auf. Erstaunt ist man als Leser*in darüber, dass die unauffällige, ruhige Wako auf einmal Initiative zeigt und schrittweise versucht, ihren Traummann für sich zu gewinnen. Dabei ist sie schließlich gar nicht mehr so schüchtern, sondern nimmt im wahrsten Sinne des Wortes die Dinge selbst in die Hand. Allerdings – und das ist auffällig – macht sie sich wenig Gedanken um die Konsequenzen ihres Handelns, v.a. um die rechtlichen, denn Yumeaki ist minderjährig.

Ansonsten spricht dieser Manga aber ein Thema an, das normalerweise zu den Tabu-Themen gehört: Eine deutlich ältere Frau datet einen deutlich jüngeren Mann. Das wird in der Gesellschaft viel schärfer verurteilt und ins Lächerliche gezogen als der umgekehrte Fall des deutlich älteren Mannes, der eine junge Frau als Freundin hat. Die Frau muss sich Vorwürfe gefallen lassen, dass sie Nestraub betreibt, dass der Mann vom Alter her ihr Sohn sein könnte, dass sie kein Recht dazu hat, dass das unnatürlich ist usw. Der jüngere Mann muss sich Bezeichnungen wie “Mutterkomplex” oder “Toyboy” gefallen lassen. Dabei hat man herausgefunden, dass die Paarung ältere Frau und jüngerer Mann zumindest sexuell gut zusammenpasst: Die Libido wächst bei der Frau mit den Jahren, beim Mann dagegen lässt sie nach. Eigentlich beobachtet man auch hier, was allenthalben zu beobachtne ist: Die Frau darf aufgrund der immer noch präsenten einschränkenden Rollenklischees weniger als der Mann. Deshalb wird eine Beziehung zwischen einer älteren Frau und einem jüngeren Mann schärfer verurteilt als die umgekehrte Paarung. Dass der Manga die Beziehungskonstellation anspricht, ist also ein weiterer wichtiger Schritt zum Umdenken und mehr Gleichberechtigung in der Geselllschaft.

Der Manga ist wegen der – wenn auch nicht unbedingt sehr explizit dargestellten – sexuellen Szenen (da gibt es gerade in erotischen Mangas deutlich voyeuristischere!) erst ab 16 Jahren erhältlich.

Fazit

Der Manga spricht das Thema des großen Altersunterschiedes einer Beziehung an, und zwar das der immer noch scharf verurteilten Beziehung zwischen einer älteren Frau und eines jüngeren Mannes. Das Sichtbarmachen eines solchen Themas auch in diesem Genre hilft, Vorurteile abzubauen und mehr Gleichberechtigung zuzulassen.


Genre: Manga
Illustrated by Carlsen / Hayabusa

My Genderless Boyfriend 2

My Genderless Boyfriend 2Vermarktung des gar nicht mehr so individuellen Genders

Meguru soll bei einer bekannten Reality-Show mitmachen. Er bittet seine Freundin Wako um Rat. Diese ist begeistert, aber Meguru lehnt letztlich das Angebot ab. Dafür erinnert sich Wako an die Zeit, als Meguru immer mehr Fans im Internet gewonnen hat. Als aber Fans sehen, wie gut eine süße Influencerin und Meguru zusammenpassen würden, ist Wako gegen ihren Willen verletzt.  Der sympathische Genderless Boy bemerkt ihre Traurigkeit und nutzt die Gelegenheit, um Wako endlich zu fragen, ob sie seine Freundin sein will. Zurück in der Gegenwart: Megurus Manager plant ein neues Projekt. Er hat einen weiteren Genderless Boy, Sasame, ausfindig gemacht. Mit Sasame soll Meguru eine Duo bilden, das den Namen “Unicorn Boys” trägt. Da Sasame aber nur äußerlich niedlich aussieht, in Wahrheit aber auf ausgeprägt Maskulines steht, muss sich der Manager Tricks einfallen lassen, um Sasame zu diesem Projekt zu überreden.

Oberlächlichkeit versus das, was wirklich im Leben zählt

Da ich diesen Band erst jetzt erhalten habe – die Post hatte mein Päckchen verloren – ist die Reihenfolge etwas durcheinandergeraten. Band 3 habe ich also schon rezensiert.

Neben der Karriere Megurus stehen auch diesmal wieder andere Themen im Mittelpunkt, u.a. ein Mangaka, der seine Leidenschaft für seinen Beruf im Dschungel der Erwartungen von Redaktion und Fans verloren hat. Sensibel wird er auch durch die Wahl der Perspektive in den Panels durch seine Sinnkrise begleitet, bis er wieder für ein neues Thema Feuer gefangen hat. Dieses Kapitel zeigt, wie auslaugend und entfremdend es sein kann, wenn der Beruf nur noch zum Broterwerb verkommt und man sich an die Erwartungen der Gesellschaft anpassen zu müssen glaubt. Depressionen und Sinnkrisen sind die Folge – die aber eben auch die Leistungsfähigkeit ausbremsen. Intrinsische Motivation erhalten und ggf. wecken heißt also das Zauberwort für die Wirtschaft, ebenso wie eine gute Work-Live-Balance.

Die hat Meguru anscheinend für sich gefunden, denn seine Urlaubs- und Alltagserlebnisse mit Wako geben ihm immer wieder neuen Schwung. Aber auch er fragt sich, ob all das, was er gerade beruflich macht, ihn mit genügend Sinn erfüllt: Oberflächlichkeiten sind eben nicht alles im Leben. Er selbst beweist in seiner Beziehung mit Wako, dass er sehr einfühlsam ist und ernsthaft an seiner Beziehung zu ihr arbeitet. Auch Freundschaften pflegen ist ihm wichtig. Die wirklich wichtigen Dinge im Leben sind also immateriell und innerlich, nicht äußerlich. Außerdem wird in diesem Band angedeutet, was sich im dritten Band weiter herauskristallisiert: Der Äußerlichkeit wird im Showbiz alles untergeordnet. Es kommt nicht auf Individualität an, sondern auf das, was sich gerade gut vermarktet. Dafür wird Individulität und das, was einem wirklich wichtig ist, rücksichtslos dem Image geopfert. Die Reihe zeigt, wenn auch zum Thema passend auf eher leichtfüßige Art, dass die Welt der social media extrem oberflächlich ist und man zu dieser Oberflächlichkeit und dem schönen Schein einen bodenständigen Gegenpart im Alltag braucht. Meguru selbst sind, wie gesagt, die nicht-materiellen Dinge wie Liebe und Freundschaft besonders wichtig und er legt auch Wert auf Praktisches, Bodenständiges.

Fazit

Die Reihe kommt zwar vordergründig leichtfüßig daher, aber wenn man zwischen den Zeilen lesen kann, sieht man auch die versteckte Kritik an der Oberflächlichkeit von social media und dem engen Korsett des Showbiz, das nur auf Vermarktung aus ist und individuelles Verhalten und Äußeres in gerade angesagte Schemata presst. Meguru stellt durch die Art und Weise, wie er lebt, einen Gegenpol zum schönen (konstruierten) Schein dar: Er setzt auf Werte wie echte Liebe und Freundschaft.


Genre: Manga
Illustrated by Carlsen / Hayabusa

The Gender of Mona Lisa 1

Genderless und Rollenklischees

Hinase lebt in einer Welt, in der die Kinder bis zum 12 Lebensjahr ohne Geschlecht aufwachsen. Erst dann entscheiden sie sich, ob sie Frau oder Mann werden möchten. Hinase ist mittlerweile 17 Jahre alt und hat sich immer noch nicht entschieden. Eigentlich ist sier mit der Geschlechtslosigkeit zufrieden und möchte nichts ändern. Aber dann gestehen Hinase sowohl Shiori als auch Ritsu ihre Liebe und die Karten werden neu gemischt.

Der erste Band spricht ein aktuelles Thema an: Braucht es eigentlich ein Geschlecht, um in einer Gesellschaft zufrieden zu sein? Aufgrund der extrem einengenden und strikten Rollenklischees auf der einen Seite und Geschlechtsidentitäten, die über Transgender, Transfluid, Hermaphrodit usw. reichen, auf der anderen Seite ist der Manga spannend zu lesen, zumal sowohl Ritsu als auch Shiori wollen, dass Hinase für sie entweder zum Mann oder zur Frau wird. Sobald sich die Kinder entschieden haben, stecken sie also in den Rollenklischees fest und leben diese ganz traditionell fort. Hinase dagegen will sich nicht in etwas reinzwängen lassen und ist mit den Freiheiten als geschlechtslose Person zufrieden. Angelehnt wird das Ganze an die berühmte Mona Lisa, der im Manga als Theorie Zweigeschlechtlichkeit zugesprochen wird. Die Geschlechtlichkeit und Geschlechtslosigkeit wird im Manga durch türkisfarbene Elemente indirekt betont. Hinases Augen z.B. sind türkis, während Shioris Krawatte und Ritsus Schleife ebenfalls türkis sind. Diese beiden Kleidungselemente weisen auf die Geschlechterrollen hin, während bei Hinase die Augen als Sitz der Seele auf das eigentlich Wichtige deuten: Wie jemand von seinem Innersten her ist und nicht, wie sie oder er aussieht. Um die Geschlechtsneutralität weiter hervorzuheben, werden eigene Pronomen wie “sier” gebraucht, um Hinases Status zu beschreiben. Hinase benimmt sich in manchen Szenen nicht nur neutral, sondern auch je nach Situation männlich oder weiblich. Die Geschlechtsneutralität sieht man auch an den Zeichnungen der Kinder: Man kann sie weder von der Kleidung und von den Haaren noch vom Verhalten her als weiblich oder männlich zuordnen. Manche scheinen aber Präferenzen zu haben – die die Umwelt im Sinne der Rollenklischees promt fehlinterpretiert.

Die Manga-Reihe macht also deutlich, dass sowohl Geschlechtsneutralität oder beide Geschlechter in einem normal sein kann (und auch sollte) als auch die sofort greifenden Rollenlischees, wenn sich ein Kind für ein Geschlecht entschieden hat. In diesem Spannungsbogen bewegt sich die Geschichte. Sehr schön ist der Ansatz, dass man selbst entscheiden darf, welches Geschlecht man haben will – was aber wieder hinterfragt wird durch die strikte Vorgabe, dass man sich ein Geschlecht aussuchen muss, weil ansonsten diverse Konsequenzen drohen, wenn man es nicht tut.


Genre: Manga
Illustrated by Carlsen / Hayabusa

My genderless boyfriend 3

Spiel mit dem (sozialen usw.) GeschlechtMy Genderless Boyfriend 3 als Taschenbuch

Meguru und Sasame, die beiden genderless boys von “Unicorn Boys” müssen sich einer neuen Herausforderung stellen: Sie sollen eine CD aufnehmen. Während ihr Mangager mithilfe von dessen Vorbild Bro Sasame von der Singerei überzeugen kann, muss sich Megurus Freundin Wako eingestehen, dass ihr geliebter Lebensgefährte alles kann – nur nicht singen. Allerdings scheint Meguru ein Händchen für japanische Schlager zu haben. Um die CD dennoch gut über die Bühne zu bringen, soll ein Vocal Coach die beiden unterstützen. Aber da braut sich schon das nächste Problem zusammen, denn der Coach ist eine Sie und eifersüchtig auf Sasame, weil ihre extrem männliche Kumpeline plötzlich so oft mit dem beliebten Influencer abhängt.

Als wäre das noch nicht genug, ist sowohl für Meguru als auch für Wako Homeoffice angesagt. Aber wie können sich beide auf die Arbeit konzentrieren, wenn sie wissen, dass der geliebte Mensch gleich nebenan ist? Auch ganz banale Alltagsprobleme können die Protagonist*innen in Atem halten, wenn nicht nur der Kühlschrank seinen Geist aufgibt, sondern auch die Wohnung aufgrund Wakos Sammelwut aus allen Nähten platzt.

Weiblich? Männlich? Oder etwas ganz anderes?

Der dritte Band der Serie spielt wieder auf amüsante Art und Weise mit Rollenklischees und regt dabei gleichzeitig zum Nachdenken an. Das fängt schon mit dem Mädelsabend der Männer an, wenn sich Meguru, Sasame und Kira treffen und sich wie Mädchen über Körperpflege und Gefühle austauschen, während Sasame lieber so sein würde wie männliches Vorbild Bro. Aber selbst Sasame muss sich eingestehen, dass so ein Abend einiges für sich hat. Damit wird indirekt deutlich, dass die verschmähte Gefühlsseite des Mannes zum Vorschein kommen darf und heilsam ist.

Es geht weiter mit einem Umstyling Wakos als Mann, in deren Arme schließlich ihr von diesem Erscheinungsbild völlig begeisterter Freund Meguru liegt – Geschlechtertausch. Ob Mann oder Frau wird bei Vocal Coach Misaki erst nicht deutlich, so androgyn ist deren Erscheinung. Ihre Freundin Sakurako hingegen ist trotz extemer Bemuskelung eindeutlig weiblich und wird von Kira schon als Freundin Sasames protegiert, weil der zartgliedrige Sasame auf Männlichkeit steht. Sasame aber darf diesen Traum aufgrund seines Images als genderless boy nicht leben. Er muss anstatt Poster vom Bro Einhörner und andere süße Dinge in seinem Zimmer deponieren, um seine Fans nicht zu enttäuschen. Da runzelt man als kritische*r Leser*in die Stirn: Ist das nicht die Peitsche in die andere Richtung? Warum muss sich Sasame verstellen – nur um einem in die andere Richtung verbohrtem Publikum zu gefallen? Eigentlich sollte er so leben und sein dürfen, wie er ist, ohne irgendeinem Klischee entsprechen zu müssen.

Die Oberflächlichkeit der Szene wird indirekt mehrfach angesprochen und dass sie auf eine andere Art Druck ausübt. Süß soll es sein, seicht und leicht. Das ist aber mit dem Alltag nicht immer zu vereinbaren. Dass das öffentliche Leben von Influencer*innen auch nach hinten losgehen kann, wird im Livestream der beiden genderless boy deutlich, als Sasame wegen Alkoholgenusses völlig aus dem Ruder läuft. Auch Wako unterliegt Klischees gegenüber ihrem Freund, wenn sie ihm unterstellt, beim Kauf eines neuen Kühlschranks nur auf dessen Äußeres zu achten. Auf der anderen Seite räumt sie ihrem Mangaka eine Geschichte über genderless boy ein, der keine Storyline haben muss, sondern einfach nur luftig sein darf. Die leichte Seite des Lebens hat eben auch ihre Berechtigung – solange das Ganze nicht ins andere Extrem abrutscht und man nur noch nach Äußerlichkeiten geht.

Fazit

Mangareihe über die Frage, was Geschlecht eigentlich ist und ob man das überhaupt definieren sollte. Rollenklischees werden amüsant ausgehebelt, aber andererseits wird indirekt deutlich gemacht, dass nur der äußere Schein eben auch nicht alles im Leben ist.


Genre: Manga
Illustrated by Carlsen / Hayabusa

Run away with me, Girl 1 und 2
by battan

Liebe, die nicht gelebt werden darf

Maki und Midori waren beste Freundinnen in der Schulzeit. Zumindest sollte es nach außen hin so wirken. In Wahrheit waren die beiden Mädchen ein lesbisches Paar – bis zum Ende der Highschoolzeit. Denn jetzt bricht für Maki eine Welt zusammen, weil Midori nicht zu ihr steht, sondern ihren Traum einer “normalen” Hochzeit leben will. Zehn Jahre später treffen sich die beiden zufällig wieder. Sie nähern sich einander an, bis Midori sagt, dass sie schwanger ist und heiraten wird. Sie will Maki zu ihrer Hochzeit einladen. Maki erleidet wieder Liebeskummer, lernt aber trotzdem Midoris Mann kennen. Sein Gebaren gegenüber Midori gefällt ihr nicht und sie fragt sich, ob Midoi wirklich glücklich mit ihm ist. Auch Midori hinterfragt allmählich ihren Traum, v.a. als sie merkt, wie glücklich sie mit Maki ist. Als beide Urlaub auf einer Insel bei einer lesbischen Freundin Makis machen, stellen sie fest, wie gut sie immer noch zueinander passen. Midori will sich zu Maki bekennen und mit ihr ein neues Leben beginnen. Aber dann taucht überraschend Midoris Mann auf und fordert sie zurück.

 

Lesbische Liebe – immer noch ein rares Gut in der Literatur

Die beiden in sich abgeschlossenen Bände werden vom Verlag beworben mit “berührende Girls-Love-Serie”. Das ist  nicht untertrieben. Die Gefühle der beiden sind vielschichtig und werden durch die Zeichungen sehr gut unterstützt. Die Lebenssituation ist nicht  – wie oft in Boys-Love oder Girls-Love-Mangas – einer echten Realität entrückt, sondern mitten in dieser angesiedelt, sodass auch die Probleme, mit denen Homosexuelle zu kämpfen haben, zum Tragen kommen. So werden u.a. die Einsamkeit und das belastende Sich-Verstecken-Müssen bzw. die Frage eines Comig Outs angesprochen. Trotzdem bietet der Manga auch Problemlösungen an, wie z.B. eine Auszeit, um sich über die eigenen Gefühle klarzuwerden und sich zu überlegen, wie es weitergehen soll. Überhaupt werden Gefühlen und der Vergangenheit bzw. den Motiven der einzelnen Figuren viel Raum gegeben. So wird ein plattes Schwarz-Weiß-Bild vermieden und auch den Motiven von Midoris Ehemann Platz verschafft, obwohl dieser auf den ersten Blick unsympathisch wirkt. Aber auch er ist ein Produkt der Gesellschaft und ihrer starren Rollenklischees, die der tatsächlichen menschlichen Vielfalt keinerlei Raum gewährt und im Gegenteil nur einengt und verletzt. Das verdeutlicht der Manga sehr gut. Er verdeutlicht aber auch, dass unerwartet Unterstützung kommen kann, wenn man sie braucht, auch von Menschen, die man evtl. falsch eingeschätzt hat. Und natürlich, dass der Kontakt zu Gleichgesinnten befreiend und bereichernd sein kann.

Hervorgehoben werden sollte auch, dass diese Serie eine der wenigen ist, die lesbische Homosexualität in den Fokus rückt (und das mit einer sehr guten Story, was ebenfalls nicht selbstverständlich ist). Die lesbische Homosexualität geht meist unter in der schwulen Homosexualität, zu der es weitaus mehr Mangas gibt. Auch da kommt das Ungleichgewicht zwischen Mann und Frau leider wieder zum Tragen.

Fazit

Runde Sache. Der Manga verdeutlicht in spannender, einfühlsamer Form sehr gut homosexuelles Leben, diesmal in der immer noch zu raren Form der lesbischen Liebe.


Genre: Manga
Illustrated by Carlsen / Hayabusa

My Genderless Boyfriend 1

Weiblich? Divers? Männlich?

Meguru ist ein typischer Influencer – sollte man meinen. Tatsächlich interessiert er sich für Dinge, die man klischeemäßig eher dem weiblichen Geschlecht zurordnet: Schminken, süß aussehende Sachen und schicke, farbenfrohe Kleidung. Und das alles teilt er täglich mit seinen vielen Followern. Die finden ihn toll und nehmen ihn sich zum Vorbild. Und sie wissen, dass er (ebenfalls entgegen aller Klischees) nicht schwul ist. Allerdings wissen sie nicht, dass Meguru schon seit langem mit seiner großen Liebe, der Manga-Redakteurin Wako, zusammen ist. Sie befürchtet, dass das seinem Immage schaden könnte. Da Wako ihn schon seit Schulzeiten managt, hält sie sich bei seinen Instagramm-Auftritten im Hintergrund. Wako selbst hält in der Öffentlichkeit ebenfalls geheim, dass sie einen Freund hat. Als eine neue Kollegin zufällig sie und Meguru zusammen sieht, zieht diese die falschen Schlüsse: Megurus weibliches Aussehen und Wakos Körpergröße verleiten sie zu der Annahme, dass Wako lesbisch ist.

 

“Ein stylischer Fellgood-Manga, der sich über alle Geschlechterklischees hinwegsetzt!” (Verlag)

Der erste Band macht sich einen Spaß daraus, die Rollenerwartungen an Frau und Mann komplett über den Haufen zu werfen und (fast diabolisch) durcheinanderzuwirbeln. Und das ist auch gut so! Es fängt an mit einen kleinen Mann, der sich für gutes Aussehen und Schminken interessiert und dabei nicht schwul ist, geht weiter mit seiner Freundin, die das genaue Gegenteil von ihm ist (groß, Aussehen egal) über Megurus Freund Kira, der ein gefragtes androgynes Model ist und sich darüber beklagt, dass wegen seiner Art niemand mit ihm befreundet sein will, bis hin zu einem Umfeld, das generell neugierig auf Neues ist und somit mehr oder weniger vorurteilsfrei. Aber auch mit diesem Umfeld wird gespielt, wenn Meguru ganz selbstverständlich als Frau und damit als Freundin von Wako gehalten wird und Wako somit als lebsisch gilt, auch wenn beide (ganz konventionell) stramm hetero sind.

Das ist genug Spielwiese, um für viel Situationskomik zu sorgen und so auf humorvolle Art und Weise den Blick zu weiten für Diversität, die auch auf ihre eigene Art manchmal ganz konventionell ist. Die Natur legt es generell nicht auf Gleichmacherei an, sondern eher auf Diversität – Möglichkeiten, die ausgeschöpft werden können oder auch nicht. Wie sonst lässt sich die Artenvielfalt auf der Erde und Homosexualität im Tierreich erklären?

Süß an dieser Manga-Reihe sind nicht nur die Figuren, das Styling und die Extras, sondern auch die Gefühle der Hauptfiguren, wenn z.B. Mako völlig fertig sagt, sie müsse kurz nach Luft schnappen, weil an Megurus androgynem Freund einfach alles phantastisch aussieht.

Aber es werden auch ernste Themen angesprochen. Kira leidet darunter, außer Meguru keine Freunde zu haben, weil auch die Leute in der Modewelt ihn sofort für arrogant halten, obwohl er das gar nicht sein und niemanden verletzen will.

Fazit

Insgesamt gesehen ist es es tatsächlich vordergründig ein Romance-Feelgood-Manga wegen seines Humors und der stylischen Elemente. Im Hintergrund aber schwingen Themen wie eine stabile Liebesbeziehung, Freundschaften mit Menschen, die anders sind, hartes Arbeitsleben und das Leben in einer immer mehr technisierten und gläsernen Welt mit.


Genre: Manga
Illustrated by Carlsen / Hayabusa