Sebastian Zöllner, ein von Freunden und Freundin verlassener, erfolgloser Journalist, setzt kurz vor seiner endgültigen Pleite alles auf eine Karte, um einen guten Job in der Kunstszene zu ergattern. Er will ein Buch, ein bleibendes Quellenwerk, über einen uralten, zurückgezogen lebenden Maler schreiben, der als einer der Großen seiner Zunft gilt: Manuel Kaminski, ein von Picasso und Matisse gelobter Malerfürst.
Der Boulevardschreiber interessiert sich einen Dreck für Kunst, er hat im Vorfeld lediglich oberflächlich recherchiert. Gleichwohl bläst er sich zu einem affektierten Kenner auf, der sein Fähnlein je nach Gesprächspartner in den Wind hängt, um voranzukommen. Er rechnet mit dem baldigen Ableben Kaminskis und sieht sich bereits als dessen gefeierter Biograf in Talkshows sitzen. Konsequent wird er im Romantitel »Ich und Kaminski« auch an erster Stelle genannt.
Durch Bestechung des Hauspersonals dringt er in das Refugium des Künstlers ein. Er durchsucht heimlich das Haus nach interessantem Material und versucht, die weitgehende Hilflosigkeit des angeblich blinden Greises auszunutzen, um pikante Details aus dessen Leben zu erfahren.
Doch Kaminski dreht den Spieß um und führt den Schmarotzer vor. Obwohl er so wirkt, als tue er jeden Augenblick den letzten Schnaufer, bestimmt er den Fortgang des Geschehens und veranlasst den Biografen, mit ihm eine Reise zu seiner Jugendliebe Therese Lessing zu unternehmen. Während er die letzten finanziellen Reserven des Unsympathen verzehrt, verwickelt der alte Meister Zoellner in immer neue Geschichten über sein Leben, täuscht Vergesslichkeit vor und verwirrt ihn zunehmend.
Am Ende scheitert der selbsternannte Kunstkritiker, der sich als selbstverliebter und in seiner Vorgehensweise entsprechend rücksichtsloser Kerl entpuppt und damit in gewisser Weise auch dem Objekt seiner Begierde ähnelt. Als er schließlich erfährt, dass längst ein anderer, prominenter Autor vertraglich als Kaminski-Biograf verpflichtet ist, wirft er seine Aufzeichnungen Blatt für Blatt ins Meer.
In seinem Kurzroman, mit dem ihm noch vor »Die Vermessung der Welt« der Durchbruch gelang, karikiert der Autor sowohl die Rolle des Künstlerbiografen wie die des Künstlers selbst. Er erweist sich als exakter Beobachter und unterhält, ohne bekehren oder belehren zu wollen. Aufgrund der Kürze des Textes ist »Ich und Kaminski« ein geeigneter Einstieg in die Welt des Daniel Kehlmann.
Taschenbuch und E-Book kosten identisch € 7,99. Ein klassisches Beispiel dafür, dass Suhrkamp nicht das leiseste Interesse zeigt, sich neuen Medien und einem jungen Markt zu öffnen.
Inzwischen wurde der Roman mit Daniel Brühl in der Hauptrolle verfilmt. Dies ist der Trailer: