Garstige Lindwürmer überqueren die Grenze, grimmige Vögel mit Eisenschnäbeln schlagen Schafe, und graue Reiter legen im Auftrag des blinden Qar-Königs Ynnir ein geheimnisvolles Findelkind in der Südmark ab, über die König Olin Eddon dynastisch herrscht. Das ausgesetzte Kind wird von Chert und Opalia aufgenommen, einem Ehepaar vom Zwergenvolk der Funderlinge, das im Feld unter der Burg lebt. Sie nennen das geheimnisvolle Findelkind Flint.
Jenseits der für Menschen unpassierbaren Grenze lebt das alte Volk der Qar, das Jahrhunderte zuvor von ihren alten Wohnsitzen vertrieben wurde und sich seitdem hinter Nebelwänden verschanzt. Doch genau diese Schattengrenze beginnt sich plötzlich auszudehnen, und es scheint, als ob die alten Völker die Grenze überschreiten und ihr vor Jahrhunderten verlorenes Reich zurück verlangen.
Auf der Südmarksburg, dem Sitz der Herren der Mark, überschlagen sich derweil die Ereignisse: König Olin wird von Feinden gefangen gehalten. Prinzessin Briony, seine einzige Tochter, soll als Teil des Lösegeldes an die Entführer gehen. Ihr als Olins Vertreter regierender älterer Bruder Kendrick will sich auf den Handel einlassen. Jedoch wird der Prinzregent heimtückisch ermordet. Briony sowie ihr kränklicher Zwillingsbruder Barrick besteigen den Thron und übernehmen die Regierungsgeschäfte. Ihr treu ergebener Waffenmeister und Mentor Shaso wird der Bluttat verdächtigt und in Ketten gelegt.
In einem Strudel höfischer Intrigen und blutiger Kämpfe um die Krone erkennen die nun regierenden Eddon-Zwillinge spät, dass die von der Qar-Adligen Yassamez geführten Angreifer aus dem Nebelreich bereits vor den Toren der Stadt lagern. Diese steigen aus den dunkelsten Träumen der Königstreuen hervor und stiften heillose Verwirrung unter den Südländern.
Barrick macht sich an der Seite treuer Gefährten auf, gegen den Feind zu ziehen. Doch damit kommt der Mahlstrom der Ereignisse erst richtig in Fahrt … Seine Zwillingsschwester Briony wird darauf von Hendon Tolly attackiert, der an die Macht drängt. Mit knapper Not entkommt sie seiner Mordlust und kann aus Südmarksburg fliehen.
Tad Williams beginnt seine Tetralogie über die Schattenmark, indem er die zahlreichen Figuren, Völker und Kreaturen schrittweise und nachvollziehbar in die Handlung einführt. Das erleichtert es dem Leser, in das vielschichtige Geschehen einzutauchen und stärkt den weiten Spannungsbogen. Williams ist ein kunstvoller Erzähler mit enormem handwerklichen Geschick und hohem sprachlichen Niveau.
»Shadowmarch« ist keine dieser hundertundeins Fantasy-Geschichten, die in Tolkiens Gefolge das Genre aufgeschwemmt haben, obwohl seine Figuren und Völker durchaus an den »Herrn der Ringe« erinnern. Williams gehört zu den großen Erzählern. In Idee, Ausführung, Sorgfalt und Logik eilt er mit diesem Werk anderen Autoren um Längen voraus!
Hier geht es zur Rezension von Shadowmarch 2: Das Spiel