Helene Bubrowski ist mir als häufiger Gast bei Lanz bekannt, wo sie noch nie etwas Dummes gesagt hat, aber an richtigen Stellen lächelt. Das Buch lag in der Stadtbücherei bei Neuheiten, Rezensionen kannte ich nicht, nach der Lektüre eigentlich unverständlich, denn es ist sehr lesenswert.
Es geht um die fehlende Fehlerkultur, die die Autorin seit Jahren bei Politiker:innen aller Parteien verfolgt. Es geht nicht um die Fehler, sondern darum, wie damit umgegangen wird. Die Taktiken werden beschrieben und bewertet: mit Salamitaktik kommt niemand durch.
Es werden viele behandelt, die gefehlt haben, das Register umfasst drei Seiten, von Adenauer bis Wissler, und die Leser:innen könnten sich an deren Fehlern weiden.
Manche bleiben verstockt: „Ich gehe erhobenen Hauptes ‚raus“ ist die Überschrift zum Kapitel über den Scheuer, Andy. Manche bauen Fehler als Stilmittel ein, wie Kubicki. Seine Spezialität ist es: Wenn alle auf Entschuldigungen warten, es so zu tun, dass „es die Wirkung der Provokation nur weiterverstärkt.“
Aber der Autorin geht es um die Fehlerkultur. Fehler können Erfahrungen bringen, „die nicht verschenkt werden dürfen.“ Die Start-up-Szene feiert sie förmlich, etwa auf der großen Fuck-up-Night in Frankfurt 2016, wo Christian Lindner (als die FDP nicht im Bundestag war) von seinen Start-ups berichtete, das erste noch zu Schulzeiten, wo es den ersten Porsche gab, aber das nächste war dann nicht mehr so…
Was haben Politiker:innen (und ihre Berater:innen) daraus gelernt? Manager wissen, dass erfolgreiche Menschen safe spaces brauchen, in denen sie auch schwach sein dürfen. Hatte die Beichte diesen Charakter? Der Jesuitenpater Mertes wird befragt.
Dann geht es um die Branche, die sich um die Nutzung der Erfahrungen mit Fehlern gebildet hat, im Interview mit Christian Miele, dem Gründer, Start-up Investor und Vorstand des Verbandes Deutsche Stiftung Start-ups. Die wichtigste Grundlage ist die Ehrlichkeit, mit der Fehler analysiert werden. Das Lernen daraus ist dann ein „antrainiertes Verhaltensmuster.“
Das Buch vermittelt unerwartete Einblicke, frischt Erinnerungen auf, es ist wie eine Gebrauchsanweisung zum Verdauen des alltäglichen Geschehens der Politik.