Der Problembär: Am Rande von Wien, Wanda und Wahnsinn

Der Problembär. Der Wiener Grind. Das popkulturelle Phänomen, das vor allem vom deutschen Feuilleton heubeigeschrieben wurde, bestand damals am Höhepunkt, 2015, vor allem aus Wanda, Nino, Voodoo Jürgens und Stefanie Sargnagel. Der Floridsdorfer Tausendsassa Stefan Redelsteiner, Musikmanager und Verleger, hatte beim Erfolg aller vier die Finger im Spiel.

Wiener Grind und Kind

In einer bisher so wohl noch nie dagewesenen Doppelconference legen der Falter-Musikjournalist Gerhard Stöger und Stefan “Plattenboss aus dem Plattenbau” Redelsteiner nun eine Erzählung vor, die “am Rande von Wien, Wanda und Wahnsinn” angelegt ist. Der eine erzählt, der andere schreibt auf und so entsteht eine authentische Geschichte, die so harmlos wie aufregend begann: 2008 tauchte das doch sehr eigenwillige Label “Problembär Records” auf, das mit “Der Nino aus Wien” erste Erfolge in der Wiener Indie-Szene feierte. Während sich dieser durchaus mit dem alten Austropop eines Wolfgang Ambros oder André Heller identifizieren konnte, legte Redelsteiner großen Wert auf Abgrenzung zu diesem Genre. Zu provinziell und Stadtrand, fast schon Land war dem aus der Vorstadt Floridsdorf stammenden Redelsteiner der Austropop. Nino stammt zwar ebenso aus “Transdanubien” wie Redelsteiner, nur der eine von der schöneren Seite, der Donaustadt, 1220, der andere eben aus Floridsdorf, dem proletarischen Flächenbezirk 1210. Anfangs wurden beide belächelt als Redelsteiner begann, Nino als österreichischen Bob Dylan zu präsentieren.

Rock`n´Roll mit Wiener Charme

Mittlerweile hat der schrullige Liedermacher mehr als ein Dutzend Alben veröffentlicht und ohne seine Vorarbeit würde es heute Bands wie Wanda oder Voodoo Jürgens wohl nicht geben, vor allem aber nicht das popkulturelle Phänomen namens Wiener Grind, das sich vor allem in Deutschland wie “warme Brötchen” (nicht Semmeln) verkaufte. “Bussi” hin oder her, aber: “Eine Gitarre richtig halten kann schnell wer”, verrät Redelsteiner sein Erfolgskonzept, “aber gebucht und gehypt wirst du über persönliche Beziehungen – die Wanda nicht hatten”. Eine echte deutschsprachige Rockband – das hatte bis dahin noch nicht gegeben. Und bei Wanda kam der Machismo des Rock`n´Roll mit Wiener Charme rüber, etwas das die Deutschen aufgrund ihrer Vergangenheits-Scham niemals zusammengebracht hätte, so Redelsteiner. Wenn einem so etwas einmal gelingt, dann kann es ja auch nur purer Zufall sein. Oder doch nicht?

Ausgebootet aber nicht ausgelotet

Stefan Redelsteiner gelang es gleich mehrmals hintereinander: Nino, Wanda, Voodoo Jürgens und Stefanie Sargnagel. Dennoch lebt er heute ein eher bescheidenes Leben, denn im entscheidenden Moment, als Wanda, die er aus ihrem Kunstuni-Milieu rausgeholt hatte, durchzustarten begannen, zerlegte er sich mit dem Schlagzeuger und wurde von seiner Ko-Managarin – quasi intrigant – ausgebootet. Die Freundschaft zwischen dem aus gutbürgerlichen Verhältnissen stammenden Bandleader und ihm, dem Floridsdorfer Indie-aner, nützte ihm letztendlich nichts, da dieser gerade selbst eine persönliche Krise hatte. Die Verträge, die aufgrund der Freundschaft der beiden aber nur mündlich bestanden, mussten gar nicht erst gekündigt werden, da sie nicht offiziell nicht existierten. Und so bekam Redelsteiner nicht einmal Tantiemen für die Wanda-Alben, an denen er beteiligt war. Aber das große Geld war für ihn ohnehin nie das treibende Motiv, ganz im Gegensatz zu Wanda himself, der die Band immer schon in der größten Wiener Konzerthalle, der Wiener Stadthalle (14.000 Plätze), sah.

Wiener Grind von innen

Dass Wanda aber aus ihrer Kunstblase über den Indie-Typen Redelsteiner im klassischen Mainstream landeten, gehört zu den unglaublichsten Popwundern, die wohl nur in der Walzerstadt Wien möglich sind. Davon und von noch viel mehr erzählt die vorliegende Geschichte, die vom Herausgeber Stöger in der Ich-Form wörtlich aufgeschrieben und von Redelsteiner erzählt wird. So erfährt man viele Details über die Senkrechtstarter Wanda, das soziokulturelle Milieu der Wiener Zehnerjahre und auch einige Intimitäten über andere Popschaffende wie Rudi Dolezal oder den Hintergrund des Sargnagel-Artikels in der Süddeutschen Zeitung damals, der hohe Wellen schlug in der kleinen Wiener Grind Welt.

Ach ja, und übrigens hat Marco Wanda immer noch die DVD-Sammlung der Fernsehserie “Columbo” von Redelsteiners Freundin, die der Band zu ihrem Hit “Columbo” verhalf. Das Buch erscheint in Zusammenarbeit mit dem Verlag RDE (Redelsteiner Dahimène Ed.), Redelsteiners Buchverlag, den er gemeinsam mit Ilias Dahimène immer noch leitet.

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Gerhard Stöger
Der Problembär
Die Abenteuer des Musikmanagers Stefan Redelsteiner am Rande von Wien, Wanda und Wahnsinn
2025, 304 Seiten, Softcover
ISBN: 978-3-99166-029-3
Falter Verlag
€ 24,90


Genre: Biographie
Illustrated by Falter

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