Im Jahr 2157 ist die Erde nach sechs Weltkriegen endgültig unbewohnbar geworden. Zumindest auf der Oberfläche, denn eine neue Eiszeit hat den Planeten überzogen. Doch dann gelangt eine mysteriöse Botschaft in die Kommandozentrale der sineuropäischen Föderation: es gibt eine „Erde 2“. Die überbordende und schaumkrönende Sprachfantasie und Fabulierei des italienischen Autors Stefano Benni in eine andere Sprach zu übersetzen ist sicherleich keine leichte Aufgabe, obwohl sich der 1983 erstmals erschienene Science Fiction Roman an einigen bekannten Vorbildern orientiert, die auch in der deutschsprachigen Literatur bekannt und verbreitet sind. In „Terra“ geht die Welt jedenfalls gleich im Prolog unter und Eiswürfel aus Coca Cola sind aus einem gezuckerten Schwarzmeer zu gewinnen, da die Welt daraufhin ein Riesendurst befällt: es gehe die Sage, daß manche Familie sogar ihren Swimmingpool leersoff. Radio „California über alles“ (Dead Kennedys) verkündet die Parole der Apokalypse „Schwitzt und tanzt!“ und es folgen Weltkrieg 3-6, nach denen die Welt endgültig unbewohnbar wird, nicht aber das Universum.
Terra: Freude an der Apokalypse
Das Gute an der Apokalypse: es gibt keine Arbeit mehr. Paris lebt – zwar unter der Erde in U-Bahn und Kanalisationsschächten, aber es lebt. Der Raumhafen Mitterrand und der Eiffelturm unter seiner Klarsichtkapsels sind immer noch weithin sichtbare Symbole der Macht, auch wenn über die Bildschirme der Metro Direktübertragungen von Morden zur Alltäglichkeit werden. Im Louvre, dem einst größten und schönsten Museum der Welt, gibt es nur mehr eine Snackbar namens „Mona Lisa“, in der die Kellnerinnen wie La Giocanda zurechtgemacht sind und die Kellner wie Tizians Mann mit dem Handschuh. Auf der einen Seite gibt es die Sineuropäische Föderation, auf der anderen das Aramerussische Reich, das aus Arabern, Amerikanern und Russen besteht. Es gibt natürlich auch immer noch das Milieu – in Sektor 17, genannt „Die Wolke“ herrschen harte Drogen und Prostitution. Die Gesetze der Föderation sind hier außer Kraft und das Publikum wird gebeten, sich nach dem „nächtlichen Überlebenskodex“ zu richten.
Kroko Rock mit Dylaniew
Deggu N’Gombo und der Kroko Rock und der alte chinesische Weisen Fang spielen in Stefano Bennis fantasievollem Weltraumabenteuer ebenso eine Rolle wie Van Cram der Wikinger oder das zwölfjährige Computergenie Frank Einstein. Die Piloten des Raumschiffs Calalbakrab, John Wassiliboyd und Igor Dylaniew, erklären sich einverstanden 20 Pingpongtische auf der Calalbakrab mitzunehmen, denn sie haben ohnehin schon einen Golfplatz, eine Discothek, Kinos mit 1000 Plätzen und drei Swimmingpools an Bord. Für Divertissements ist also auch bei diesem Weltraumabenteuer reichlich gesorgt. Die moderne Fabel „Terra“ von Stefano Benni ist Krimi und Märchen, Comic, Abenteuer und Science-Fiction-Roman, Fantasy und politische Satire zugleich. Ob es einem der drei ausgesandten Raumschiffe gelingen wird, den traumhaften Planeten „Erde 2“ zu entdecken, erfahren die Leserinnen und Leser nur dann, wenn sie die Zukunft in der Vergangenheit sehen. Mit „Terra!“ gelang Benni 1983 auch der internationale Durchbruch, denn seine Mischung aus Märchen, Fabel und Comic in einem satirischen Science Fiction Roman verpackt fand besonders in den von der Gefahr des Atomkriegs gezeichneten Jahrzehnt reißenden Absatz. Vier Jahre zuvor war Douglas Adams’ Hitchhikers Guide to the Galaxy erschienen und Bennis „Terra“ kann durchaus als europäische Version einer atomaren Apokalypse interpretiert werden.
Stefano Benni
Terra!
Aus dem Italienischen von Pieke Biermann
WAT [771]. 2017
432 Seiten. 12 x 19 cm
Buch 16,90 € / E-Book 14,99 €
ISBN 978-3-8031-2771-6
Wagenbach Verlag


„Esiste una lingua senza metafora, un pranzo senza relever, un diavolo senza le zanne?“, frägt sich der Protagonist in „Il piú grande cuoco di Francia“ („Die Bar unter dem Meer”), einer Episode aus der Kurzgeschichtensammlung „Il bar sotto il mare“, die durch den roten Faden, einer Bar am Meeresgrund zusammengehalten wird und die Stefano Bennis Sprachwitz und kreativen Erfindungsreichtum zum Vergnügen der Leser exemplarisch darstellt. Ein Teufel ohne Stoßzähne (un diavolo senza le zanne), ob es das wirklich gibt? „Bar Sport“ war Stefano Bennis Erstling, der in 1977 in Italien bekannt machte. Eigentlich wäre er ja gerne Fußballer geworden, aber in seinem Debüt gelingt es ihm, einen würdigen Ersatz dafür zu finden. „Bar Sport duemilla“ knüpfte nochmals – 1997 – an seinen Romanerstling an und mit „Il bar sotto il mare“, dem vorliegenden bei Reclam auf Italienisch erschienen Werk setztee er seine Bar-Triologie 1987 fort. Alle zehn Jahre als ein „Bar“-Roman? Natürlich schreibt Benni dazwischen auch eine Vielzahl an Artikel, Kolumnen und Theatermonologe oder Filmdrehbücher für italienische Zeitungen wie Il manifesto, L’Espresso, La Repubbblica, etc und insgesamt weitere 20 Romane.