Konfidenz

dorfman-1Weniger wäre mehr gewesen

Vertrauen, nichts anderes bedeutet ja der veraltende Begriff «Konfidenz», ist eines der Themen dieses Romans des chilenischen Autors Ariel Dorfman, der in jungen Jahren für die Regierung von Salvador Allende gearbeitet hat. Durch den Putsch von Pinochet ins Exil gezwungen, ging er in die USA, wo er als Professor an der Duke-Universität von North Carolina tätig wurde und neben Lateinamerikanistik auch Literatur lehrt. Dieser Lebensweg prägt zweifellos auch sein literarisches Schaffen, der Terror der chilenischen Diktatur und seine Erfahrungen mit dem Exil werden in seinen Werken oft thematisiert, so auch in seinem wohl bekanntesten Roman «Der Tod und das Mädchen», der von Roman Polanski verfilmt wurde, wirklich sehenswert übrigens. Im vorliegenden Roman nun mit dem beziehungsreichen Titel, im Klappentext als packender Politthriller bezeichnet, variiert der Autor sein Thema Exil in einem raffiniert verschachtelten, labyrinthartigen Plot, der die volle Aufmerksamkeit des Lesers erfordert, will er den Überblick nicht verlieren.

Die Geschichte beginnt am Vorabend des Zweiten Weltkriegs in Paris. Eine junge Frau betritt ihr Hotelzimmer, sie hat den Koffer noch in der Hand, da klingelt schon das Telefon, eine männliche Stimme meldet sich. Der unbekannte Anrufer ist bestens über sie informiert, hat ihre Anreise aus Berlin arrangiert und das Zimmer für sie bestellt. Im Verlaufe eines mehrfach unterbrochenen neunstündigen Telefonats erfährt sie von den Vorgängen um ihren Geliebten, der im Untergrund gegen die Nazis arbeitet und den sie besuchen sollte. Alle Details sind verwirrend und erscheinen ihr unglaubwürdig, der Anrufer, der sich als sein Verbindungsmann zur Untergrund-Organisation bezeichnet, appelliert jedoch immer wieder an ihr Vertrauen, da er ihr nachprüfbare Fakten nicht verraten darf, alles sei geheim. Bald nimmt das Gespräch eine andere Richtung, er erklärt ihr nämlich zögernd, dass sie exakt der Traumfrau entspräche, die seit seinem zwölften Lebensjahr all sein Denken beherrscht hat.

Der Autor brennt ein aberwitziges literarisches Feuerwerk ab in diesem Roman, er jongliert virtuos mit wechselnden Erzählperspektiven, mit sich plötzlich verändernden Identitäten seiner Protagonisten und mit Details seiner Story, die wahr sein könnten, aber auch erlogen oder frei erfunden. Eingestreut in dieses erzählerische Verwirrspiel sind diverse kursiv gedruckte Reflexionen des Autors, in denen er seine bisher erzählte Geschichte überdenkt und die Möglichkeiten zu Weiterführung auslotet. Je mehr er erfährt, desto verunsicherter wird der Leser, die Ambivalenz der wenigen auftretenden Figuren ist ebenso verstörend wie es die undurchsichtigen politischen Hintergründe des Geschehens sind. Die allzu konstruiert wirkende, komplizierte Geschichte endet nach einem abschließenden Einschub des Autors mit Gedanken über das Ende seines Romans in einem letzten Monolog des Erzählers aus dem Kerker, und zwar mit dem Satz: «Oder willst du die Geschichte mit mir sterben lassen»?

Die Intensität, mit der die in einfacher, klarer Sprache und größtenteils in Dialogform geschriebene Erzählung auf den Leser einwirkt, ist beachtlich. Gekonnt werden die vielfältigen Einwirkungen von Diktatur und Terror, vom Leben im Untergrund und im Exil, auf die Psyche der verschiedenen Figuren beschrieben. Allerdings ist es ziemlich schwer, dem hintergründigen und stets zwiespältig erscheinenden Geschehen zu folgen. Der Autor hat die Latte des Verständnisses für den Leser ziemlich hoch gelegt, so mancher dürfte an ihr scheitern. Weniger wäre mehr gewesen, schade eigentlich!

Fazit: mäßig

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Genre: Roman
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