Geheime Melodie

Der Großmeister des Agenten-Thrillers John le Carré ist beileibe kein eindimensionaler Versprachlicher von Geheimdienstmythen oder Verschwörungstheorien. Beides ist Bestandteil seiner Literatur, beschreibt diese aber nicht hinreichend. Der mittlerweile 75jährige britische Autor und gelernte Germanist ist einer der brillantesten Erzähler der europäischen Literatur und ein im besten Sinne guter Geschichtenerfinder. Haben ihm 1989 die Geheimdienste der sozialistischen Staaten einen großen Resonanzboden für seine Geschichten, die sogenannte »Systemauseinandersetzung« zwischen kapitalistischen und sozialistischen Staaten, entzogen, so zeigte le Carré bald schon durch seine Beschäftigung z.B. mit dem nicht minder tödlichen Methoden der Pharmaindustrie und ihrer politischen Helfer im Roman »Der ewige Gärtner«, oder mit den Verquickungen und Kumpaneien zwischen den Geheimdiensten der westlichen Großmächte mit den Drogenbaronen und ihren Waffenhändlern in »Der Nachtmanager«, dass ihm nicht nur der Stoff keineswegs ausgeht, sondern zudem, dass er ein wacher und politisch Stellung beziehender, zuweilen sogar anklagender Literat und Weltbürger ist.

Sein Buch »Geheime Melodie« gehört nun eindeutig zur letzteren Sorte von le Carré-Krimis. In »Geheime Melodie« zieht es einen von einem britischen Missionar mit einer Afrikanerin gezeugten und in Zentralafrika geborenen Dolmetscher in sein Geburtsland zurück. Grund der Rückkehr ist der Einsatz für den britischen Geheimdienst, der ihn, da er viele der afrikanischen Sprachen und Dialekte perfekt sprechen und übersetzen kann, als Dolmetscher für eine Konferenz engagiert, auf der angeblich eine demokratische Friedensordnung für den Kongo abgestimmt werden soll. Bruno Salvador, so nennt le Carré seine Hauptfigur, lässt sich, ob dieses Zieles, gerne einspannen und übersetzt nicht nur auf der Konferenz, sondern horcht die Teilnehmer für den britischen Dienst aus. Der Einsatz bei dieser Geheimkonferenz hat für Salvo, wie Salvador in der Kurzform genannt wird, aber weit reichende Folgen bis hin zum Abtauchen in den Untergrund. Zurück lässt er dabei seine bürgerliche Existenz, seine hochfeinen Vorstellungen von Ästhetik und Lebensstil. Dafür nimmt er Dokumente von dieser Konferenz mit, die explosiv und hochgefährlich sind. Man braucht kein professioneller Agentenjäger zu sein um sich auszumalen, was unserem Helden geschehen kann. Jedenfalls fällt es schwer zu glauben, dass ein Dolmetscher aus gutbürgerlichen britischen Verhältnissen, wenn auch durch Einsichten politisch radikalisiert, so schnell seine Naivität gegen den kalten Zynismus eines gewieften Untergrundkämpfers wird eintauschen können, dass ihm nichts zustoßen kann. Aber mehr sei von der Handlung auch nicht verraten.

John le Carré hat sich, wie immer in der Vorbereitung auf seine literarischen Stoffe, vor Ort umgesehen und recherchiert. Eine Reise in den Kongo führte ihn in das Grenzgebiet zu Ruanda. Dort erlebte er die Folgen der Gewalt und des Krieges, vor allem des Genozides an dem Volk der Tutsi wie auch der Gräuel durch Tutsi-Kämpfer, die auf ihrem Feldzug gegen geflohene Hutu-Milizen diese in den Kongo folgten und nun ihrerseits zu Gewalttätern wurden. Sein Resümee formulierte er so: »Die Wirklichkeit ist so überwältigend, dass alle Fiktion dagegen verblasst«.

»Geheime Melodie« ist kein Tatsachenbericht. Wohl ist dieser Roman sowohl ein gut konstruierter und spannend geschriebener Krimi als auch eine politische Anklage gegen die Politik einer englischen Regierung, die sich in einer Kontinuität ihrer kolonialen Vergangenheit weiterhin gegen die Interessen der Menschen in Afrika stellt und zugleich politische Anteilnahme heuchelt.


Genre: Kriminalliteratur
Illustrated by List München

Skelett

Im endgültig letzten Roman der Reihe um den britischen Spezialagenten Tweed geht es wieder um die erfolgreiche Aufklärungsarbeit des unschlagbaren Geheimdienstmannes und seiner Helfer. Im Büro des Ermittlers herrscht Langeweile: ein Mitarbeiter raucht eine King-Size-Zigarette, ein anderer putzt seine Knarre, ein dritter gähnt aus dem Fenster, da wird ein neuer Fall geliefert, der natürlich nur von Tweed aufgeklärt werden kann.

Ein Mann hat offensichtlich einen Mord gesehen und ist darüber in tiefe Amnesie gefallen. Der vornamenlose Tweed und seine Assistentin Paula fahren zum Landsitz des Zeugen, der Mitglied einer einflussreichen Milliardärsfamilie ist. Es geht ins modrige Dartmoor, wo sie bereits bei ihrem ersten Spaziergang grausam verunstaltete Skelette finden, von denen große Stücke Fleisch abgelöst wurden. Außerdem stoßen sie auf eine geheimnisvolle unterirdische Waffenfabrik. Schon entspinnt sich eine zwar abenteuerliche, jedoch in sich leider vollkommen unlogische Geschichte.

Wie in den zahllosen früheren Tweed-Romanen reisen die Agenten durch halb Europa, wobei sie stets in den besten Häusern logieren. Sie hinterlassen eine Spur der Verwüstung, wobei ihnen selbst kein Haar gekrümmt wird, obwohl der weltbeste Serienkiller auf den Ermittler anlegt. Colin Forbes (1923-2006) vermittelt auch mit diesem Werk wieder den Eindruck, die Beschreibung der gerade besuchten Städte sowie seiner Kleidung hätten mehr Gewicht als die Handlung des Romans selbst. Insofern kann der Klappentext des Verlages, der Autor sei »als fanatisch Reisender bemüht, seine Handlungsschauplätze stets selbst zu besuchen«, auch als milde Warnung verstanden werden.

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Genre: Kriminalliteratur
Illustrated by Heyne München

Vergessene Stimmen

Geradlinig und schnörkellos berichtet der Autor, wie der Held seiner erfolgreichen Thriller, Detective Harry Bosch vom Los Angeles Police Department, durch einen neuen Polizeichef aus dem selbst gewählten Ruhestand zurück geholt und mit der Aufarbeitung eines seit siebzehn Jahren ungelösten Mordfalls betraut wird. Dabei kommt ihm und seiner Partnerin Kiz Rider die Entwicklung der Technik zugute: es gibt eine DNA-Spur an einer Tatwaffe, mit der das Verfahren neu aufgerollt wird. Damit scheint es endlich möglich, den Mord an einer 16jährigen Schülerin aufzuklären.

Mit spürbarer Detailkenntnis über interne Strukturen des LAPD schildert der ehemalige Polizeireporter, wie die Ermittler das Puzzle Stück für Stück zusammensetzen. Der rätselhafte Fall entwickelt sich zu einem »High Jingo«, einer Ermittlung, in die auch Polizisten verstrickt sein könnten. Verbissen graben sich Bosch und Rider durch die Fakten und ermitteln Tag und Nacht, um relativ rasch durch Intuition, Erfahrung und eine gute Portion Glück zu einer unerwarteten Lösung des Mordfalles zu kommen.

Der Autor erweist sich als sorgfältiger Handwerker und reiht die Ereignisse sachlich und minutiös auf. Durch das Tempo der Handlung lässt er eine subtile Spannung entstehen, die eine durchaus fesselnde Lektüre beschert.


Genre: Kriminalliteratur
Illustrated by Heyne München

Tiefer Schmerz

Tiefsten Schmerz müssen verschiedene Opfer empfinden, die auf die jeweils gleiche bestialische Weise hingerichtet werden: an den Füssen aufgehängt, damit das Blut in den Kopf strömt und den Schädel mit einem eigenartigen Drahtinstrument durchbohrt. Der eine Tote ist ein brutaler Zuhälter, der andere ein betagter jüdischer Gehirnforscher, und bald stellen sich rund um den Globus weitere ähnliche Morde dar, die jedoch keinen erkennbaren Zusammenhang haben.

Grund genug für die Sonderermittlungsgruppe der schwedischen Reichspolizei um Kerstin Holm und Paul Hjelm, europaweit auszuschwärmen und zu ermitteln. Mit Hilfe von viel Gespür, unglaublichen Zufällen und einem funktionierenden Europolsystem finden sie nach langen Mühen den gemeinsamen Nenner, der die brutalen Morde eint. Dazu müssen sie weit in die Vergangenheit zurückgreifen.

Dahls Talent liegt in der lebensnahen Zeichnung von Personen, die er differenziert und kantig schildert. Die blutige Story selbst ist in hohem Masse konstruiert, doch die intensive Dramatik des Romangeschehens zwingt zum Weiterlesen. Schleppend wirkt, wenn der Autor immer wieder seine bisherigen drei Bücher, also die anderen Fälle der Ermittlungsgruppe, zitiert und damit Zeilen schindet. Die detailgetreue Beschreibung von zerfetzten Leichen ist dem Leser skandinavischer Krimiliteratur inzwischen vertraut, davor muss in diesem Fall also kaum gewarnt werden. »Tiefer Schmerz« bietet spannende Lektüre und Arne Dahl präsentiert sich als Autor, von dem bestimmt noch weitere Krimis zu erwarten sind.


Genre: Kriminalliteratur
Illustrated by Piper Malik Kabel München

Die Elfenbeinschatulle

Ein Unternehmer beauftragt einen Auftragskiller, als Detektiv seine Tochter zu finden, die vermisst wird und dabei jedes Aufsehen zu vermeiden. Der in die Jahre gekommene Berufsmörder trifft auf eine Lehrerin, der sich das gesuchte Mädchen anvertraut hat und die ihre starke Bindung zur Literatur kennt. Das ungleiche Gespann begibt sich auf die Suche und findet sich bald in der verschwiegenen Welt der Hersteller von Gewaltfilmen wieder, die junge Mädchen für ihre Zwecke brutal ausbeuten und dann verschwinden lassen.

In der Verschiedenartigkeit der beiden Ermittler liegt der besondere Reiz des ungewöhnlichen Romans, den der Autor mit psychologischem Einfühlungsvermögen geschickt inszeniert. Jeder der bislang in deutscher Übersetzung vorliegenden Somoza-Romane atmet eigenen Stil. Der Autor baut atemberaubende Spannung auf, ohne in den Trivialitäten des klassischen Kriminalromans zu versinken und ist schon deshalb eine Entdeckung!


Genre: Kriminalliteratur
Illustrated by List München

Rosenrot

In ihrem fünften Fall haben es die Ermittler der sogenannten A-Gruppe, der Spezialeinheit beim Stockholmer Reichskriminalamt für Gewaltverbrechen von internationalem Charakter, mit einer besonders brisanten Situation zu tun: Winston Modisane, Afrikaner mit abgelehntem Asylantrag, wurde von einem Polizisten während einer Razzia erschossen. Der Fall bekommt eine völlig andere Dimension, da Kerstin Holm als Ermittlerin der A-Gruppe in ihrer Vergangenheit eine Liebesbeziehung zu dem schießenden Polizisten hatte. Gleichzeitig findet die Polizei einen Selbstmörder, der in einem Abschiedsbrief mehrere Morde gesteht. Die Opfer werden gefunden und identifiziert. Im Laufe der Ermittlungen verbinden sich die unterschiedlichen Fälle und nach einer rasanten Jagd wird der Täter gestellt.

In der Tradition von Sjöwall/Wahlöö erzählt dieses Buch von Liebe, Leidenschaft und Tod, aber auch über die Aids-Problematik in Afrika und das Leben illegaler Einwanderer in Europa. Arne Dahl bietet Spannung und gute Unterhaltung.


Genre: Kriminalliteratur
Illustrated by Piper Malik Kabel München

Die dreizehnte Dame

Mentale Fürze seien die Albträume seines Patienten, behauptet Dr. Ballesteros, als Salomón Rulfo, ein arbeitsloser Literaturagent, ihm einen stets wiederkehrenden Traum erzählt, der ihn quält: in einer weißen Villa mit einem grünen Aquarium wird eine Frau ermordet, die um Hilfe fleht. Dumm nur, dass der mentale Furz Wirklichkeit wird: die Villa und den Mord gibt es tatsächlich. Schnell entspinnt sich ein kunstvolles Geflecht von Menschen, die durch Träume aufeinander stoßen und sich einer geheimnisvollen literarischen Sekte ausgeliefert sehen.

Dreizehn Musen berühmter Dichter haben einen geheimen Hexenbund geschlossen und binden Menschen mit der Macht des Wortes. Sie wissen genau, dass ein Gedicht ein Wald voller Fallgruben sein kann. Bisweilen lauert nur ein einziger Vers mit scharfen Krallen darin. Er braucht nicht schön zu sein, er braucht weder literarisch wertvoll noch gänzlich wertlos zu sein: er ist einfach da, mit seiner geballten Ladung aus Tod bringendem Gift, und die Hexen nutzen ihn, um Menschen zu binden und mit blutiger Gewalt zu zwingen.

Somozas bizarrer Kriminalroman verlangt den hart gesottenen Leser. Er kommt im Gewand eines Mystik-Thrillers daher und entpuppt sich doch als feingliedriges literarisches Kunstwerk eines raffinierten Erzählers. Der spannende Roman ist surreal, phantastisch, stockfinster und dabei extrem blutrünstig. Das Buch erzeugt bereits nach wenigen Seiten unbestimmten Ekel, aber er weckt auch die Sucht, bis zur letzten Seite durchzuhalten, um das ungewöhnliche Geheimnis des höchst vertrackten Plots zu enthüllen.


Genre: Kriminalliteratur
Illustrated by List München

Lone Star

Ein Mord ist geschehen: im Country Club Lone Star liegt ein alter Kumpel von Kinky ermordet in der Garderobe. Wer, zum Teufel, kann so etwas nur getan haben, fragt Cleve, der Manager des Lone Star Clubs. Das fragt sich auch Kinky, der vom Manager herbeitelefoniert wurde und nun vor dem Eintreffen der Polizei einen Blick auf den toten Freund werfen kann. In der Hemdtasche des Opfers entdeckt der Privatdetektiv einen verknitterten Zweidollarschein, und sein Erstaunen ist groß, als er am folgenden Tag einen anonymen Brief erhält, in dem sich ein Notenblatt befindet. Es ist der alte Hank Williams Song »Hey Good Lokin« mit dem Text: »I got a hot rod Ford and a two-dollar bill. And I know a spot right over the hill …«.

Nachdem kurze Zeit später eine weitere anonyme Nachricht mit einem Song von Hank Williams eintrifft und ein neuer Mord im Lone Star Club geschieht, versucht Kinky mit Hilfe seines Kumpels Ratso und weiterer Freunde dieses Puzzle zusammen zu setzen. Schon bald hat er eine Spur, und es folgt eine spannende, bizarre Kriminalgeschichte, die uns zudem einen Einblick in die Welt der Countrymusik und in die multikulturelle Vielfalt New Yorks gewährt.


Genre: Kriminalliteratur
Illustrated by Rotbuch Hamburg

Mit jedem Schlag der Stunde

Aus heiterem Himmel erlebt ein kleiner Ort in Virginia eine Orgie brutaler Gewalt: ein Serienkiller scheint wahllos aus dem Hinterhalt zuzuschlagen und zitiert dabei berühmte Massenmörder. Eine Frau wird im Wald ermordet, ein junges Pärchen stirbt beim Liebesspiel, ein alter Herr wird im Krankenhaus erledigt. Vier, fünf, sechs Menschen werden bestialisch ermordet, und es ist darüber hinaus fraglich, ob es sich um einen oder mehrere Täter handelt. Wie gut, dass die beiden Privatdetektive Maxwell und King, die bereits aus Baldaccis Roman »Im Bruchteil der Sekunde« bekannt sind, vor Ort leben und sich in die Ermittlungen der überforderten Lokalpolizei einschalten. Der Leser begleitet die beiden bei der Arbeit und darf ihrem Bemühen, alle Rätsel zu lösen, folgen.

Baldacci erzählt seine Geschichte in einem seltsam saftlosen Stil. Sowohl die blutrünstigen Taten als auch die von ihm gezeichneten Figuren lassen den Leser kalt und teilnahmslos der Entwicklung der Ereignisse beiwohnen. Die Zeichnung der zahlreichen agierenden Figuren ist staubtrocken, die Akteure erscheinen blass, künstlich und schemenhaft. Das Ende des Buches, ein Geständnis auf hoher See in sturmdurchtoster Nacht, wirkt in seiner Klischeehaftigkeit albern. Der steife Roman trägt keinesfalls dazu bei, den Beliebtheitsgrad des Autors zu erklären, der vom Verlag mit einer Gesamtauflage von über 40 Millionen Exemplaren beziffert wird.


Genre: Kriminalliteratur
Illustrated by Bastei Lübbe Bergisch Gladbach

Das fünfte Zeichen

Getreu der Devise, dass Superhelden out und gebrochene Figuren angesagt sind, da sich der Leser mit ihnen besser identifizieren kann, ist Harry Hole ein bestens geeigneter Protagonist für den norwegischen Erfolgsautor Jo Nesbø. Denn der Hauptkommissar der Osloer Kripo steckt tief in der Krise: er ist Alkoholiker und erscheint kaum noch zum Dienst. Seine Entlassung steht unmittelbar bevor, Freundin und Kind haben ihn verlassen, der Verbrecherjäger wirkt inzwischen wie ein Penner. Da kommt eine Serie mysteriöser Frauenmorde gerade recht, um seinen Ehrgeiz ein letztes Mal zu packen.

Drei junge Frauen werden hingerichtet, jeder von ihnen schneidet der Täter einen Finger ab, der einen versteckten Hinweis auf die nächste Tat wirft. Hole stellt Bezüge her, erkennt Muster und findet einen Drudenfuß, den fünfzackigen Stern des allgegenwärtigen Bösen, an den Tatorten. Der Täter wird eingekreist, er wird überführt und gefasst, aber ist er wirklich der Mörder? Bis hierher wäre der Handlungsstrang konventionell, aber es entwickeln sich Nebenkriegsschauplätze, zumal Hole bei der Aufdeckung des Verbrechens mit seinem Intimfeind Waaler zusammen arbeiten muss, den er seit langem für einen Waffenschieber hält. Und damit kommt die Story erst richtig auf Touren.

Wer depressive Typen wie Henning Mankells Kommissar Wallander satt hat, der findet bei Nesbø einen sympathischen und trotz seines Alkoholproblems überzeugenden Helden mit hypnotischer Anziehungskraft. Dabei ist das Buch so spannend und überzeugend geschrieben, dass der Rezensent beim Nachschenken seinen beruhigenden Salbeitee versehentlich auf die Tischplatte goss, weil ihn der Text gefangen hielt.


Genre: Kriminalliteratur
Illustrated by Ullstein Berlin

Der glückliche Flieger

Auf einem Flug nach New York lernt Kinky die atembraubende Khadija kennen, verliert sie aber gleich wieder aus den Augen und gerät in den Besitz eines ihrer Gepäckstücke, einen kleinen pinkfarbenen Koffer. Der Inhalt dieses Köfferchens ist derart brisant und ungewöhnlich, dass sich das State Department, verschiedene Geheimdienste und mutmaßliche Terroristen dafür interessieren.

Mit Tempo und Witz entwickelt sich eine Geschichte, in der Kinky und seine Freunde Ratso und Ranbam versuchen, heil aus diesem Chaos herauszukommen. Ein Toter in der Nasszelle, eine Flucht mit dem Müllauto, ungewöhnliche Verkleidungen, skurrile Typen und schräge Dialoge machen dieses Buch zu einem Lesespaß.

Kinky Friedman ist der Groucho Marx der Kriminalliteratur.


Genre: Kriminalliteratur
Illustrated by Edition Tiamat Berlin

Die Frau mit dem roten Herzen

Oberinspektor Chen, Held dieser weit überdurchschnittlichen Krimireihe, bekommt die Aufgabe, eine amerikanische Kollegin zu betreuen, die nach Shanghai kommt, um eine Zeugin ins US-Zeugenschutzprogramm zu überführen. Doch diese Zeugin, eine chinesische Fabrikarbeiterin, deren Ehemann in den USA Asyl beantragt hat und dafür gegen Menschenhändler aussagen will, ist vom Erdboden verschwunden. Hält sie sich versteckt? Wurde sie entführt? Bald stellt sich heraus, dass eine in Südchina operierende Triade namens »Fliegende Äxte« hinter der Frau her ist und sie in ihre Gewalt bekommen will. Dabei scheint die Geheimgesellschaft mehr Erfolg als Chen zu haben, da sie über bessere Kontakte sowie verlässliche Freunde in Polizeidienststellen und Behörden verfügt.

Der Roman führt tief in die dem westlichen Leser weitgehend fremde Lebenswirklichkeit der chinesischen Bevölkerung ein und konfrontiert mit den Gegensätzen von Stadt und Land, von klassischen Religionen und kommunistischer Ideologie, von tradierten und modernen Lebensplänen. Zwei ethische Säulen werden beschrieben, die auch Chen anerkennen muss, um vorwärts zu kommen: gute Beziehungen, das »guanxi«, sowie der »yiqi« genannte ethische Kode der Brüderschaft und Loyalität, nach dem man sich für eine erwiesene Gefälligkeit revanchiert.

Das Besondere an der Reihe um den aufstrebenden Kriminalkommissar Chen ist seine Liebe zur chinesischen Literatur und Lyrik. Immer wieder werden hochpoetische Zitate aus klassischen und zeitgenössischen chinesischen Gedichten eingeflochten und für den Alltag anwendbar gemacht. Damit entsteht vor dem Auge des Lesers ein China, das sich auf der einen Seite im Umbruch befindet, auf der anderen Seite jedoch ein Land mit derart starken kulturellen Wurzeln ist, dass seine Bewohner auch in unübersichtlichen Zeiten Philosophen bleiben.


Genre: Kriminalliteratur
Illustrated by dtv München

Das zweite Zeichen

Nun ermittelt er wieder, John Rebus, Polizist in Edinburgh, und gerade zum Detective Inspector befördert. Ian Rankin führt uns in seinem Roman » Das zweite Zeichen« wieder einmal in Schottlands Hauptstadt. Eine Leiche wird aufgefunden, ein toter Junkie. Eigentlich keine besondere Neuheit für den ermittelnden Inspector, gäbe es nicht einige seltsame Zeichen am Fundort des Toten. Geht es nur um eine Überdosis, oder ist möglicherweise ein Ritualmord geschehen? Hinweise am Fundort lassen unterschiedliche Vermutungen zu. Und wer ist die geheimnisvolle Tracy?

Ian Rankin zeichnet ein Bild von menschlichen Abgründen und gesellschaftlichen Gegensätzen. Ähnlich wie Henning Mankell beschreibt er Veränderungen in der Gesellschaft und die Verrohung des Einzelnen.

Ein unterhaltsames Buch, das Freunden des anspruchsvollen Krimis viel Vergnügen bereiten wird.


Genre: Kriminalliteratur
Illustrated by Goldmann München

Der Nobelpreis

In Zeiten, in denen alles und jeder käuflich ist, kann auch die berühmteste aller Auszeichnungen im Wissenschafts- und Literaturbereich, der vom Dynamitkönig Alfred Nobel gestiftete  Nobelpreis, kaum ungeschoren davonkommen, dachte sich Autor Andreas Eschbach und rankte einen Kriminalroman um den hoch dotierten schwedischen Superpreis. Weiterlesen


Genre: Kriminalliteratur
Illustrated by Bastei Lübbe Bergisch Gladbach

Die Rückkehr des Tanzlehrers

Fast irritiert reagiert der Mankell-trainierte Leser auf die Tatsache, dass diesmal kein Kommissar Wallander die Knoten eines schier unlösbaren Falls entwirrt. Doch auch Kommissar Stefan Lindman ist ein brillantes Talent. Er versteht es, auf der Flucht vor der Strahlentherapie eines bösartigen Krebsgeschwürs auf seiner Zunge sowohl eine Reise ins eigene Ich zu unternehmen als auch quasi im Urlaub erfolgreich kriminalistisch tätig zu werden. Weil er im Angesicht des eigenen Todes Regeln übertritt, blickt er hinter die Kulissen und schaut tief in die politische Unterwelt Schwedens.

Der Autor versteht es wieder einmal, den Leser in eine Orgie von Gewalt zu locken, die sich im Schweigen der Wälder an der norwegischen Grenze abspielt, dort wo gelegentlich ein gewaltiger Elch die Fahrbahn überquert, Geweihschaufeln die Wände zieren und ein Elchhund zum Hauspersonal gehört.


Genre: Kriminalliteratur
Illustrated by dtv München