Egidius Rosenzweig hatte in seinen knapp sechzig Jahren schon so einiges gesehen, doch dieses halbnackte Wesen mit den spitzen Ohren und den dünnen Beinchen unter dem runden Bauch, das auf seinem Bett saß, war ihm bisher noch nie begegnet. Mit dieser Szene beginnt Andreas Dresen seine Kurzgeschichte „Herr Rosenzweig trinkt Tee“.
Verzweifelte Vampire gehören zum Alltag des freundlichen älteren Herrn, aber auch Hexen und Kobolde sind keine Seltenheit. An einem ruhigen verregneten Nachmittag war sogar einmal ein Einhorn vorbeigekommen und hatte seinen Rat gesucht. Nun soll Rosenzweig einem Ocko auf der Flucht helfen, und schon dringen brutale Häscher in seinen Laden, die ausssehen wie eine Kreuzung aus Schäferhund und verfaulten Lederlappen …
In Dresens zweiter Geschichte beäugen zwei Küchenkobolde einen jungen Mann, der seine Wochenenden mit immer neuem Damenbesuch versüßt. Diese One-Night-Stands werden allerdings ausschließlich zur Nachtschicht ohne Frühstück gebeten. Doch eine Besucherin ist hartnäckiger als ihre Vorgängerinnen und lässt sich nicht so leicht abwimmeln. Das ist der Punkt für die Heinzelpunks, einzuschreiten …
Auf den ersten Blick haben die beiden lustigen und angenehm lesbaren Kurzgeschichten lediglich den Auftritt außergewöhnlicher Wesen miteinander gemein. Auch der Titel der Sammlung erschließt den literarischen Kern nur bedingt. Denn unter „Küchenpunk“ und „Oberelend“ hatte ich mir schon etwas ganz anderes vorgestellt. Die Geschichten sind auf der anderen Seite aber wieder so launig und amüsant, dass dies dem Lesevegnügen keinen Abbruch tut.