Mind Control

Während ein rechtsradikaler Attentäter in Magdeburg auf einem Weihnachtsmarkt mit einem Fahrzeug in eine Menschenmenge rast und Dutzende Leben zerstört, zeigt sich erneut, wie nah Fiktion und Realität manchmal beieinanderliegen. Stephen King hat das Thema des Massenmords durch ein Fahrzeug bereits Jahre zuvor in seinem Thriller »Mr. Mercedes« aufgegriffen und in »Finderlohn« fortgeführt. Mit »Mind Control« denkt er das Thema auf erschreckende Weise weiter.

Mit »Mind Control« beendet King die dreiteilige Geschichte um Brady Hartsfield, den Mercedes-Killer. Nach seiner Festnahme und schweren Verletzungen scheint Hartsfield nur noch ein Schatten seiner selbst zu sein, an Maschinen gebunden und unfähig, körperlich zu handeln. Doch sein Geist lebt weiter – und zeigt, wie tief das Böse wurzeln kann. Durch die Fähigkeit, das Bewusstsein anderer zu kontrollieren, gelingt es ihm, seine mörderischen Pläne fortzusetzen, ohne sein Krankenhauszimmer zu verlassen. Unterstützt von einem Arzt, der mit seinem fast komatösen Körper experimentiert, wird Hartsfield zur unsichtbaren Bedrohung.

Besonders perfide ist Hartsfields neuer Plan: Er will zum Jim Jones des 21. Jahrhunderts werden. Schon als Jugendlicher war er fasziniert von der Tragödie in Jonestown, Guyana, bei der über 900 Menschen, darunter viele Kinder, einem Massenselbstmord zum Opfer fielen.

Kings Schilderungen sind so detailliert wie erschreckend, von den Predigten Jim Jones’ bis zu den schrecklichen Vorbereitungen, bei denen Säuglingen das tödliche Gift verabreicht wurde. Hartsfield adaptiert diese grausame Geschichte als Inspiration für seine eigene Vision einer Selbstmordepidemie.

Stephen King schafft es, tief in die düstere Psyche seines Antagonisten einzutauchen. Hartsfield zitiert Albert Camus – »Es gibt nur ein wirklich ernstes philosophisches Problem: den Selbstmord« – und macht sich die Theorie eines Suizid-Gens zunutze, um seine Opfer zu manipulieren.

Doch wie schon in den beiden früheren Romanen der »Bill-Hodges-Trilogie« ist der ehemalige Detective Bill Hodges ihm dicht auf den Fersen. Ein Showdown zwischen Gut und Böse entfaltet sich, bei dem es um mehr als nur Leben und Tod geht – es geht um die Kontrolle über den menschlichen Geist.

»Mind Control« ist zwar keines von Stephen Kings Meisterwerken, aber es bleibt ein packender Thriller mit einem starken Spannungsbogen. Der Roman zeigt, wie erschreckend nah Fiktion und Realität manchmal beieinanderliegen, und hält dem Leser einen Spiegel vor: Es gibt Menschen, die das Chaos lieben und es gezielt heraufbeschwören – ob in der Literatur oder in der Wirklichkeit.


Genre: Horror, Romane, Thriller
Illustrated by Heyne München

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