Arbeiter. Zur Archäologie des Industriezeitalters

Wenn dein starker Arm es will, dann stehen alle Räder still“, hieß es in einem Lied der internationalen Arbeiterbewegung. Heute scheint das Industriezeitalter zwar durch die Digitalisierung ersetzt worden zu sein. Allerdings nur in der sog. Ersten Welt, wie u.a. auch Salgados Arbeit zeigt.

Arbeiter: Kämpferische Fotografie

Arbeiter“, die hochwertige Publikation des Kölner TASCHEN Verlages, ist eine Hommage an die Welt der Handarbeit – und gleichzeitig ein Abschied.
Das Buch entstand schon 1993 und gilt bereits als Fotobuch-Klassiker. Es würdigt die traditionellen handwerklichen Arbeitsweisen, während
zu Beginn des neuen Jahrtausends überall in der Welt Maschinen und Computer die Arbeit der Menschen übernehmen. Die Fotografien Salgados sind von beeindruckender Schönheit, da aus ihnen auch die Seele jener Männer und Frauen spricht, die sich ihren unbeugsamen Geist und ihre Würde selbst unter den härtesten Arbeitsbedingungen bewahrt haben. Der Fotograf, der seine Arbeit selbst als „kämpferische Fotografie“ bezeichnet, zeigt in seinem Werk die Armen und Entrechteten der Welt und gibt ihnen so etwas von der Menschenwürde zurück, die sie zu verlieren drohen – von den Hungernden in der Sahelzone bis zu den indigenen Völkern Südamerikas.

Arbeiter: Klassiker des Fotobuchzeitalters

In “Arbeiter” eröffnen 350 Duoton-Fotografien eine archäologische Perspektive auf echte Handarbeit, also Tätigkeiten, die von der Steinzeit über die industrielle Revolution bis in unsere Gegenwart als Inbegriff harter Arbeit gelten. Bilder aus dem Inferno einer indonesischen Schwefelmine oder die Dramatik des traditionellen sizilianischen Thunfischfangs sowie der schwindelerregenden Ausdauer brasilianischer Goldgräber zeigen, wer wirklich für den sog. Fortschritt verantwortlich ist und wem wir ihn zu verdanken haben. Für “Arbeiter” schrieb Salgado selbst einen einleitenden Text, der in Zusammenarbeit mit dem brasilianischen Schriftsteller Eric Nepomuceno entstand. Die teilweise ausführlichen Bildunterschriften stammen ebenfalls von Salgado selbst und erklären den historischen und faktischen Hintergrund.

“Ästhetisiertes Grauen” in XL

Der aus Aimorés, Bundesstaat Minas Gerais, Brasilien stammende Fotograf und Umweltaktivist Sebastião Salgado wurde in unseren breiten auch durch den Dokumentarfilm “Das Salz der Erde“, der gemeinsam mit Juliano Ribeiro Salgado und Wim Wenders 2014 entstand, bekannt. Bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes wurde er in der Sektion Un Certain Regard mit dem Spezialpreis ausgezeichnet. Sebastião Ribeiro Salgado Júnior – so sein voller Name – gehört mit seinem Werk zu den sozial engagierten Fotografen in der Tradition der sozialdokumentarischen Fotografie. 2019 wurde er mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet. Diese Auszeichnung wurde zuvor erst einmal an einen Bildkünstler vergeben. Seine damalige Publikation “GOLD” – ebenfalls im TASCHEN Verlag erschienen nannte der SPIEGEL etwa “das ästhetisierte Grauen”. Es machte den Goldrausch der Armen augenscheinlich und (un)fassbar.

Sebastião Salgado
Arbeiter. Zur Archäologie des Industriezeitalters
2024, Hardcover, 24.5 x 33 cm, 2.85 kg, 400 Seiten
ISBN: 978-3-8365-9646-6
TASCHEN Verlag
80 Euro
taschen.com


Genre: Bildband, Fotografie
Illustrated by Taschen Köln

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