Adieu Zelda, es war mir eine Ehre
Mit dem Prix Goncourt für seinen Roman «Alabama Song» ist dem französischen Schriftsteller Gilles Leroy 2007 der Durchbruch gelungen. Der mit nur zehn Euro dotierte Preis ist quasi ein literarischer Ritterschlag, er bedeutet regelmäßig einen anhaltenden, lukrativen Bestsellerstatus in Frankreich. Die deutsche Ausgabe erschien ein Jahr später als erst drittes Buch aus seinem umfangreichen Œuvre, das in Übersetzung vorliegt. Der brechtsche Titel bezieht sich auf den amerikanischen Staat, in dem Zelda Fitzgerald geboren wurde. Sie war eine Galionsfigur der hedonistischen ‹flapper girls› in den Zwanziger Jahren, zu Zeiten der Prohibition.
Die lebenslustige Ich-Erzählerin Zelda, Tochter einer angesehenen Familie aus Montgomery, Alabamas Hauptstadt, heiratet nach einigem Hin und Her den selbstbewussten jungen Schriftsteller F. Scott Fitzgerald. Vor ihm liege eine große Zukunft, hatte er ihr versichert. Und nach vielen Brot-und-Butter-Arbeiten gelang ihm 1925 mit dem Roman «Der große Gatsby» tatsächlich ein sensationeller Erfolg, der ihm neben dem Ruhm auch sehr viel Geld einbrachte. Das publicity-süchtige Ehepaar lebte daraufhin in Saus und Braus, sie waren mit vielen Größen aus Literatur und Filmindustrie eng befreundet. Der Champagner floss in Strömen, beide verkörperten geradezu die ‹Roaring Twenties›. Nicht nur wegen der Prohibition lebten sie dann zeitweise in Frankreich, wo Scott Fitzgerald zur Gruppe der von Gertrude Stein als ‹Lost Generation› bezeichneten Kriegsteilnehmer um Ernest Hemingway zählte. Mit ihm war er, auch alkoholbedingt, eng befreundet. Der spätere Nobelpreisträger hielt allerdings nicht viel von Fitzgeralds Kunst, und tatsächlich blieb ‹Gatsby› sein einziges herausgehobenes Werk.
Die unkonventionelle Zelda, erstaunlichste ‹Southern Belle› ihrer Generation, geradezu eine Symbolfigur als Südstaaten-Schönheit, hatte nebenbei Liebesaffären, die ihren Mann aber kaum störten, die allenfalls seine Eitelkeit verletzten. Es gab viel Streit zwischen ihnen, und neben Scotts unmäßigem Alkoholkonsum holte er sich ungeniert auch noch einen Liebhaber ins Haus, was ihr Zerwürfnis weiter verschärfte. Zelda, die selber Romane und Kurzgeschichten schrieb, war auch als Malerin tätig und widmete sich, altersbedingt jedoch aussichtslos, dem Ballett. Ihre Manuskripte jedoch waren gut, sie wurden ihr sehr oft von Scott weggenommen, der viele davon unter seinem Namen veröffentlichte. Sie brachten als seine Werke deutlich mehr Geld ein, die Verlage sahen das ebenso. Als Zelda schließlich ernsthafte psychische Probleme bekam und immer öfter in Kliniken war, erklärte ihr mal einer der Psychiater, sie sei eifersüchtig auf den Erfolg ihres Mannes. Ihr Wahn rühre daher, unbedingt erfolgreich sein zu müssen und ständig Publicity zu brauchen. «Sie haben nicht geheiratet, junge Frau. Sie haben einen Reklamevertrag unterschrieben».
Der zwischen 1918 und 1943 angesiedelte Roman ist in fünf Abschnitte unterteilt, die nicht chronologisch erzählt werden, sondern kapitelweise vor und zurück springen. Gilles Leroy berichtet in einer angenehm lesbaren Sprache über das turbulente Leben seiner liebevoll gezeichneten Figuren, die einem trotz all ihrer Verrücktheit und Geltungssucht schnell sympathisch werden. Aber er betont in seinem informativen Nachwort auch: «Alabama Song will als Roman und nicht als Biografie der historischen Person Zelda Fitzgerald gelesen werden». Und er zählt detailliert auf, was alles fiktional ist an seiner Geschichte. Im letzen Kapitel schließlich berichtet er als Autor über seine Recherchen, als er im Jahre 2007 das Fitzgerald-Museum in Montgomery besucht. Er findet Zeitungsausschnitte des New York Herald vom 11. März 1948, die vom tragischen Tod der 47jährigen Zelda Fitzgerald beim Brand in einer psychiatrischen Klinik berichten. Wie sehr ihm seine Heldin ans Herz gewachsen ist, beweisen die letzten Worte dieses Schlusskapitels: «Adieu, Zelda. Es war mir eine Ehre.»
Fazit: erfreulich
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