Alex kämpft um seine Familie, Kampfarena ist seine neue Schule. Alex denkt, wenn er es hier schafft, werden seine Eltern aufhören, sich wegen seiner schlechten Noten gegenseitig fertigzumachen. Am Gymnasium aber ringt die akademische Mittelschicht um ihren Status, schickt ihre Kinder ins Rennen … »Hanne Christ liebte ihr Kind und Birgit liebte ihres. Alle liebten ihre Kinder und wollten sie vor dem Niedergang bewahren, vor einem Dasein als Klempner, als Krankenschwester oder kaufmännische Angestellte.« Ein Schulroman voller wunderbar böser Beobachtungen. Eine Geschichte über erschöpfte Schüler, verzweifelte Mütter und ratlose Lehrer.
Nach der Trennung seiner Eltern zieht der 14-jährige Alex mit seiner Mutter von Dortmund nach Bochum. Von nun an besucht er das Goethe-Gymnasium und jetzt soll alles besser werden. Er will seine schlechten Noten verbessern und ein fleißiger Schüler sein denn wenn ihm dies gelingt dann vertragen sich seine Eltern vielleicht ja doch wieder …
Zu Hause ist es nämlich gar nicht so einfach für Alex, denn seine Mutter hat seit der Trennung angefangen zu trinken.
Voller Motivation beginnt er das neue Schuljahr, aber ihm werden direkt diverse Knüppel zwischen die Beine geworfen. Er gerät direkt mit dem beliebtesten und angesehensten Mädchen der Klasse aneinander, bekommt den Spitznamen „Ali“ verpasst und niemand will etwas mit ihm zu tun haben. Alex´ Neuanfang wird zum Alptraum denn schon bald haben ihn auch die Lehrer auf dem Kieker, aus den unterschiedlichsten Gründen …
Die Geschichte wird abwechselnd aus vielen verschiedenen Perspektiven erzählt. Da wäre zum einen natürlich Alex´ Perspektive, aber auch die Perspektiven von Alex verzweifelter Klassenlehrerin, Alex´ Mutter, der Mutter des beliebtesten Mädchens Leonie und vieler weiterer Personen.
Diese verschiedenen Blickwinkel haben mir gut gefallen, allerdings hat das Ganze auch einen Haken denn bei so vielen verschiedenen Blickwinkeln, in Kombination mit einer eher geringen Seitenzahl (290), geht doch einiges verloren bzw kommt zu kurz.
So bekommt man irgendwie keinen wirklichen Bezug zu den verschiedenen Figuren, und es dauert auch recht lange bis man eine „Beziehung“ zu Alex aufgebaut hat, denn irgendwie war mir doch einiges zu oberflächlich. Natürlich bekommt man einen Eindruck wie Alex und auch die anderen Figuren sich fühlen, aber diese Gefühlswelten sind für meinen Geschmack nicht ausreichend dargestellt, denn dazu hätte das Buch einfach länger sein müssen.
Gut gefallen haben mir die Verkettungen (und ihre Auswirkungen) die in der Geschichte auftreten. Alex´ Mutter ist z. B. Krankenschwester in der Privatklinik von Leonies Vater und der neue Hausmeister ist ein ehemaliger Callboy mit dem sich Alex´ Lehrerin einst getroffen hat …
Diese Verkettungen und Überschneidungen verdeutlichen sehr gut, wie wichtig das Privatleben und der soziale Stand der Eltern sein können und welche Auswirkungen dies auf den Erfolg der Schüler hat bzw. haben kann. Ein paar Verkettungen und Überschneidungen weniger hätten es indes auch getan, denn so viele Zufälle kann es nun wirklich nicht geben und das macht das Ganze leider etwas unglaubwürdig.
Ein großes und in der heutigen Zeit wohl wichtiges und unumgängliches Thema habe ich allerdings sehr vermisst und zwar das Thema Handys und soziale Netzwerke/Medien. Dieses Thema wird gar nicht aufgegriffen, und es macht sogar den Anschein, als ob keines der Kinder überhaupt ein Handy besitzt, obwohl die Geschichte definitiv in der Gegenwart spielt.
Das Ende war gut auch recht vorhersehbar.
Ein Buch, das sich schon zu lesen lohnt, was man aber nicht zwingend gelesen haben muss. Ich habe zu diesem Thema – ehrlich gesagt – auch schon Besseres gelesen.
Susanne Giebeler unterrichtet an einem Weiterbildungskolleg und lebt seit 1980 in Bochum. Darüber hinaus arbeitete Sie fürs Theater und erhielt bereits Drehbuchförderungen der Filmstiftung NRW. Ihr Theaterstück »Die Stalingrad-Madonna« erschien im Litag-Verlag.