Sweeter than fame

Ein Rocksar in einer Kleinstadt?

Die 30-jährige Ani Bennett ist vor Jahren in ihre beschauliche Heimatstadt Wildwood zurückgekehrt – gerade weil sie nach einem traumatischen Vorfall wieder zur Ruhe kommen will. Sie lebt jetzt in einem kleinen Holzhaus und arbeitet ganz unspektakulär in einem Tante-Emma-Laden. Aber mit einem Mal ist es mit der ganzen unspektakulären Lebensweise wieder vorbei, als Ani merkt, wer in das benachbarte viktorianische Anwesen eingezogen ist: der berühmte Rockstar Garret Hayes. Der will nach ebenso traumatischen Vorfällen genau wie Ani nur seine Ruhe haben. Das bekommt Ani sehr schnell mit und beschließt, dem Rockstar Anonymität zu gewähren. Damit hat sie bei dem mürrischen und melancholischen Mann einen Stein im Brett. Außerdem bittet Garrets Freund und Bandkollege Ani, sich um den trauernden Mann zu kümmern. Allmählich entwickelt sich eine platonische Freundschaft zwischen den beiden – bis Ani feststellt, dass sie sich wider jede Vernunft in den Rockstar verliebt hat.

Romantik, Traumata und Heilung

Der in sich abgeschlossene Liebesroman präsentiert eine heil(end)e Welt als Rahmen. Die Kleinstadt mit ihren Bewohner*innen voller Eigenheiten, Macken und trotzdem herzlichen, anteilnehmenden Eigenschaften und die schöne Landschaft werden im Buch liebevoll beschrieben, sodass die Leser*innen sehr gut in diese kleine, heile Welt eintauchen und verstehen können, warum diese als Rückzugsort bei seelischen Schmerzen dient. Man fühlt sich auch als Leser*in eingepuckt in diese Wohlfühlatmosphäre. Und in dieser wird nach und nach, also in verdaulichen Happen, enthüllt, welche Traumata die Hauptfiguren quälen, wie sie bisher damit umgegangen sind und wie sie weiter damit umgehen wollen. Es wird deutlich, dass Heilung ein Prozess ist, der Zeit braucht und auch Irrwege und Sackgassen beinhalten kann. Die Autorin versteht es, die Traumata ihren Leser*innen nicht schockierend hinzuklatschen, sondern eingebettet in eine gute Atmosphäre schrittweise darzubieten und Möglichkeiten aufzuzeigen, wie man damit umgehen kann.

Die Romantik kommt ebenfalls nicht zu kurz. Auch die Liebe ist ein Prozess, wie der Roman schön zeigt. Und er zeigt auch, dass man nicht perfekt sein muss, um eine Beziehung einzugehen, sondern dass auch Unperfektheiten gut zueinander passen und sogar bei der eigenen Entwicklung helfen können. Humor ist sowieso in allen Lebenslagen eine Hilfe, auch in diesem Roman.

Ebenfalls schön: Der Rockstar wird nicht als abgehobene Person dargestellt, sondern als Mensch wie jede*r andere auch (was Stars eigentlich sind, selbst wenn diese oder die Fans das gern mal vergessen). Garrett hat mit seinen eigenen Dämonen zu kämpfen, nimmt dabei aber irgendwann Hilfe von außen an – ab da beginnt seine Heilung. Außerdem merkt er instinktiv, dass er am besten in einer ruhigen Umgebung als normaler Mensch heilen kann. Das ermöglichen ihm Ani und später auch die Dorfbewohner, indem sie Garretts Identität so lange schützen, wie er es braucht. Bei allen Figuren ist eine Charakterentwicklung zu beobachten – sie entwickeln sich zu ihren Gunsten, auch durch die Hilfe der anderen, weiter und finden letztlich ihren Weg.

Fazit

Der New-Adult-Roman bettet eine sehr gut aufgebaute romantische Beziehung in einen Ort mit Wohlfühlatmosphäre ein, der als Ausgangspunkt für die Heilung der Traumata der Hauptfiguren dient. Spannend und sensibel geschrieben.


Genre: New Adult, Romantik, Traumata
Illustrated by LYX- Verlag/ Bastei Lübbe

Save you – Save me – Save us

Die Maxton-Hall-Reihe: Alle 3 Bände im Schuber: Save Me. Save You. Save Us.Die Welt der Reichen und Schönen…

Ruby Bell besucht die angesagte Schule Maxton Hall, in welche all die Reichen, Mächtigen und Schönen ihre Kinder schicken. Sie selbst kommt aus einer einfachen Familie und hat ihren Platz aufgrund eines Stipendiums bekommen. Deshalb beschließt sie, möglichst unauffällig ihre Schulzeit in Maxton Hall zu verbringen, um nicht den Spott ihrer Mitschüler*innen auf sich zu ziehen.

Eines Tages beobachtet sie unfreiwillig, wie ihre Mitschülerin Lydia mit ihrem Lehrer rumknutscht. Das beschert ihr die Feindschaft ihres Zwillingsbruders James, der seine Schwester vor der Klatschpresse und damit vor der Zerstörung des Rufes des bekannten Namens Beaufort bewahren will. Beide geraten aneinander. Das Verhältnis scheint sich noch zu verschlimmern, als James als Strafe für einen Streich dem Veranstaltungskomitee beitreten muss, in dem Rubi Vorsitzende ist. Erstaunlicherweise ist aber das Gegenteil der Fall, denn James hat gute Ideen und lädt Rubi zum historischen Fundus der Beaufort’schen Modekette ein, um für die Schulparty Halloweenkostüme auszusuchen. Beide kommen sich langsam näher und entdecken ihre Liebe füreinander. Aber diese zarten Bande sind James‘ Eltern gar nicht recht, denn Rubi ist keine standesgemäße Partie. Als wäre das noch nicht genug, stirbt James‘ und Lydias Mutter. Vater Beaufort hat kein Verständnis für die Trauer seiner Kinder; sie sollen funktionieren und einen Studienplatz in Oxford anstreben. Er übernimmt das Unternehmen Beaufort nach dem Tod seiner Frau und strukturiert es nach seinem Willen um.

Lydia und James leiden unter der harten Regie ihres Vaters und dessen beruflichen Vorstellungen für sie. Es kommt zu immer mehr Konflikten innerhalb der Familie Beaufort. Das führt auch dazu, dass sich James von Rubi zurückzieht, um sie zu schützen. Rubi allerdings hat noch andere Probleme, denn ein Foto von ihr und einem ihrer Lehrer kursiert in der Schule und suggeriert, dass sie ein Verhältnis mit diesem Lehrer hat. Das führt zu ihrem Schulausschluss und damit zum Aus ihrer Träume, Oxfordstudentin zu werden. Wütend stellt Ruby fest, dass James für das Foto verantwortlich ist. Sie unterstellt ihm, es herumgeschickt zu haben, um von Lydia abzulenken. Denn Lydia ist von ihrem Lehrer schwanger und wird deswegen von ihrem Vater verstoßen. Sie lebt jetzt bei ihrer Tante Ophelia, die von Lydias Vater aus dem Unternehmen gedrängt wurde. Die schlimme Situation für James, Rubi, Lydia und ihre Familien spitzt sich immer weiter zu – bis James von seinem Chauffeur einen Hinweis erhält, der das Leben aller von Grund auf verändern kann.

…ist auch nicht immer das, was sie scheint

Die Trilogie – hier in der Hardcover-Gesamtausgabe im Schuber – lebt nicht nur von romantischen Irrungen und Wirrungen, sondern auch vom Kontrast zwischen High Society und Normalbürgertum. Dabei werden Leser*innen immer wieder mit der Nase auf folgendes Motto gestoßen: „Es ist nicht alles Gold, was glänzt.“ Will in diesem Fall heißen: Auch die Reichen, Schönen und Mächtigen haben so ihre Schwierigkeiten. James und seine Schwester wachsen in einer lieblosen Familie auf, in der sie für ihren Vater nur Schachfiguren sind, die er nach Belieben hin- und herschieben kann. Genügen sie seinen Ansprüchen nicht, lässt er sie fallen. Das lieblose Elternhaus und der Zwang eines vorherbestimmten Lebens ohne Aussicht auf die Erfüllung eigener Wünsche lassen James Trost im Alkohol und in Drogen suchen. Er muss mit der Verletzung fertig werden, keine glückliche Familie zu haben, die ihn um seiner selbst willen liebt und unterstützt. Das wird ihm erst richtig bewusst, als er Rubis Familie kennenlernt, die trotz aller Schwierigkeiten zusammenhält und sich füreinander interessiert.

Auch Lydia wird wie ihr Bruder nicht nur körperlich, sondern auch seelisch verletzt, als ihr Vater sie wegen ihrer Schwangerschaft verstößt. Sie und ihr Bruder erhalten so etwas wie Nestwärme bei ihrer Tante und Rubis Familie. Auch die anderen reichen Freunde von James sind nicht nur von Glück verwöhnt: Die konservative High Society akzeptiert keine Homosexuellen oder Menschen, die finanzielle Schicksalsschläge hinnehmen müssen. Alles, was nicht dem schönen Schein entspricht, wird vertuscht und passend gemacht. Gelingt das nicht, müssen die schwarzen Schafe aus dem schönen Schein verschwinden.

Aber auch Rubis bürgerliche Welt ist nicht heil, denn ihr Vater ist nach seinem Unfall behindert und ihre Schwester kämpft gegen Vorurteile, weil sie nicht dem gängigen Schönheitsideal entspricht. Beide schöpfen Kraft aus ihrer Familie und aus ihrem Willen, das Beste aus der Situation zu machen – was ihnen dank Ausdauer und Arbeit an sich selbst auch gelingt. Damit sind sie Vorbild für andere; im Buch für James und seine Freunde, die mit Schicksalsschlägen erst lernen müssen umzugehen.

Die Trilogie mag verächtlich (und diskriminierend) als „Frauenliteratur“ oder „Trivialliteratur“ abgekanzelt werden, aber sie trifft Themen, die junge Frauen interessieren (und über die Männer ruhig nachdenken dürfen): Liebe, wie man eine Beziehung aufbaut und trotz aller Schwierigkeiten pflegt und erhält, Problemlösungskompetenzen in brenzligen Situationen, Durchhaltewillen, Sein statt Schein, Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein, die Fähigkeit, hinter Masken und Kulissen zu sehen, die Qualitäten der/des anderen erkennen und fördern können, Zusammenhalt, Mut, Stärke (nicht muskulär).

Fazit

Vordergründig eine Trilogie mit allerlei romantischen Verwicklungen, hintergründig aber auch ein Plädoyer für echte Werte wie Selbstwert, Problemlösungskompetenzen, den Mut, seine eigenen Träume zu verwirklichen, Vorbildfunktion, soziales Verhalten usw.

Insgesamt eine spannende Reihe, die von Verwicklungen vielerlei Art lebt, und im Sinne eines Entwicklungsromans die charakterliche Entwicklung der Figuren begleitet.


Genre: Jugendroman
Illustrated by LYX- Verlag/ Bastei Lübbe