Manchmal ist weniger mehr: Das beweist Isabel Bogdan (1968) in ihrer schottischen Gesellschaftssatire um einen hormonverwirrten Pfau, der alles Blaue und Glänzende attackiert, da er in besonnten Müllsäcken und frisch lackierten Autos „Konkurrenz auf dem Heiratsmarkt“ wittert (S. 1).
Der Megabestseller handelt von einer Gruppe Investmentbanker aus London, die den Westflügel eines heruntergekommenen Anwesens in den schottischen Highlands beziehen. Die ländliche Idylle wollen sie für ein Teambuilding-Seminar nutzen, um nachhaltig ihre Zusammenarbeit zu fördern. Dafür haben sie die Psychologin Rachel engagiert, sowie die Köchin Helen, die für ihr leibliches Wohl sorgen soll. Verwöhnte Kapitalisten in primitiver Umgebung, meilenweit abgeschnitten von Zivilisation, ohne funktionierende Internetverbindung: Soweit die vielversprechende Ausgangssituation in „Der Pfau“ von Isabel Bogdan, die sich bislang als Übersetzerin von Schriftstellern wie Jane Gardam und Nick Hornby einen Namen gemacht hat und 2016 mit diesem humoristischen Kammerspiel ihr Romandebüt gab.
Lord und Lady McIntosh, die Erben dieses ehemals luxuriösen Landsitzes samt einer Handvoll Cottages, sind erfreut über so hohen Besuch, wo sie doch die Einnahmen für eine umfassende Sanierung dringend benötigen. Als der verrückt gewordene Pfau wieder einmal Probleme bereitet, da er den metallic-blauen Sportwagen der Investmentbankchefin Liz demoliert, sind die McIntoshs alarmiert. Der Lord beschließt kurzerhand, dem Viech ein für alle Mal den Garaus zu machen. Diese Art der Problemlösung bleibt nicht ohne Folgen, denn auch im nicht-lebendigen Zustand bringt der Vogel das Zusammenleben aller Beteiligten aus dem Gleichgewicht.
Die überschaubare, aber kurzweilige Handlung zeichnet sich durch menschlich agierende Figuren aus, die allesamt Macken und Schwächen besitzen, für die man sie schnell lieb gewinnt. Bogdan zeigt Beobachtungsgabe, da sie stets einen prägnanten Typus Mensch einzufangen vermag, den jeder Leser aus seinem Umfeld her kennt. Die individuellen Figuren und inneren Monologe, ihre Interaktionen und Beziehungen zueinander sowie das Netz aus Intrigen und Lügen, in das man sich verstrickt, sorgen für ein subtil-witziges Klima, das durchweg zum Schmunzeln anregt. Um einen „Reigen an unvergesslichen Figuren“ zu erschaffen, wie die Jury des Hamburger Förderpreises lobpreist, bedarf es allerdings einer detaillierteren Ausarbeitung der Figuren, die auf 248 Seiten schwer umzusetzen ist.
Die gute Laune, die Bogdans warmherziger Schreibstil versprüht, macht dieses Werk zu einem amüsanten Lesevergnügen, das auch dadurch nicht beträchtlich gedämpft wird, dass statt direkter ausschließlich indirekte Rede verwendet wird, wodurch die Konversationen weniger lebhaft erscheinen. Auch negativ fällt die Umgangssprache und sprachliche Redundanz auf, die den britischen Charme unterstreichen soll, nichtsdestominder den Eindruck banaler Prosa erweckt.
Wenngleich die Lektüre intellektuell nicht sonderlich bereichernd ist, gelingt Bogdan mit geringem Aufwand und verknappter Handlung ein erheiterndes Gute-Laune-Buch mit kulinarischen Inspirationen und einer netten Schlusspointe.
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