The Moment I fell for you

The Moment I Fell For YouDie Macht der Kunst

Weder Bay noch Dare haben ein einfaches Leben. Bay ist nach dem Verlust des Vaters vor drei Jahren umgezogen. Ihre alleinerziehende Mutter rackert sich nachts als Krankenschwester ab. Und Bay gilt in ihrer Schule immer noch als „Die Neue“, mit der niemand etwas zu tun haben will. Dare hat seine Mutter früh verloren und wächst, seit er 12 Jahre alt ist, praktisch allein auf – was er gut findet, denn sein alkoholkranker Vater verprügelt ihn, wenn er zuhause ist. Um über die Runden zu kommen, repariert Dare die Autos seiner Mitschüler.

Aber beide sind mit ungewöhnlichen Talenten gesegnet: Bay ist durch ihren musikalischen Vater die Musik in die Wiege gelegt worden. Sie kann nicht nur sehr gut Gitarre spielen, sondern auch wunderschön und ausdrucksstark singen. Dare spielt auf hohem Level Football und hofft, in eine Profi-Mannschaft aufgenommen zu werden. Aber durch eine Schlägerei, bei der ein anderer Mitspieler durch ihn verletzt wurde, steht diese letzte Chance auf ein besseres Leben auf der Kippe. Außerdem kann Dare sehr gut zeichnen, was er aber vor allen anderen versteckt, um seinen Ruf als Footballer nicht zu gefährden.

Eines Tages hört Dare Bay im Garten singen und ist von ihrem Gesang derart berührt, dass er beschließt, ihr näher zu kommen. Aber Bay ist misstrauisch: Warum will dieser gutaussehende und an der Schule beliebte Junge plötzlich mit einer Außenseiterin Kontakt aufnehmen, wo er Bay doch zuvor jahrelang wie Luft behandelt hat?

Der romantische Roman ist augenscheinlich der Auftakt einer Trilogie. Wie schon an anderer Stelle geschrieben bieten die New-Adult-Romane nicht nur eine nette Liebesgeschichte, sondern auch Tiefe in Form von schwerwiegenden Problemen, die die jungen Leute mit sich herumschleppen und mit denen sie irgendwie zurechtkommen müssen. Dies kann an Lebenssituationen von Leserinnen andocken und Lösungswege aufzeigen (die wie im „echten“ Leben sehr kurvig verlaufen können). Allerdings habe ich festgestellt, dass die Romane es in der Summe mit den schwierigen Lebenssituationen übertreiben, indem sie einem einzelnen Charakter doch sehr viel zumuten – und damit den Leserinnen.

Sind zweite Chancen immer sinnvoll?

Außerdem finde ich speziell in diesem Buch manche Situationen, die einschneidend auf den weiteren Verlauf wirken, nicht so gut vorbereitet. Manche Wendungen kommen derart abrupt, dass man auch als Leserin verwirrt ist. Die Erklärungen dafür sind eher punktuell, knapp und damit nicht so ganz plausibel. Sie wirken eher wie der Versuch, ein retardierendes Moment um jeden Preis einzubauen, um die Spannung aufrecht zu erhalten. Die Wirkung soll zwar mit dem indirekten Hinweis abgedämpft werden, dass es der jeweiligen betroffenen Figur ähnlich geht, aber durch zu wenig Erklärung verpufft dieser Effekt. Soll das alles erst in den folgenden Bänden gelüftet werden?

Dare ist zudem ein schwieriger Fall für eine gesunde Beziehung, denn er reagiert sehr aggressiv auf Situationen und Menschen, die ihm aus seiner Sicht nicht guttun. Bay blockt deswegen zu Recht ab, denn auch im wahren Leben endet es für die Frauen schlecht, wenn sie bei einem solchen Mann bleiben (wie Frauenhäuser leider zur Genüge zeigen). Es mag angehen, dass hier evtl. zweite Chancen vertreten werden – aber ich halte es für einen gefährlichen Weg, das bei aggressiven, destruktiven Männern zu propagieren, denn es würde Frauen nur weiter ermutigen, sich von solchen Männern nicht zu befreien und damit einen leidvollen Teufelskreis weiterzugehen!

Ansonsten ist dieser Roman wie die anderen ähnlicher Art so aufgebaut, dass sowohl die weibliche wie auch die männliche Hauptfigur in der Ich-Erzählung abwechselnd zu Wort kommen, um die jeweiligen Perspektiven zu veranschaulichen. Spannung ist ebenfalls durchgängig gegeben. Der Roman endet mit einer Art Cliffhanger. Außerdem wird die sich anbahnende Beziehung der beiden gut aufgebaut, sodass man mitfiebern kann.


Genre: New Adult, Romantik, schwierige Lebenssituationen
Illustrated by LYX

Dunbridge Academy 3: Anytime

Dunbridge Academy - Anytime - Sarah Sprinz - PB

Unfall, Selbstverletzung, ungesunde Familienstrukturen

Olive Hendersons Leben ist nach dem Brand in ihrer Wohneinheit der Dunbridge Academy nicht mehr so, wie es einmal war: Nach langer Zeit im Krankenhaus und in der Reha darf sie nicht mehr für ihr Team schwimmen. Denn die schweren Verbrennungen verheilen nur langsam. Außerdem soll sie jetzt die elfte Klasse wiederholen. Olive will das nicht auf sich sitzen lassen und versucht, den Stoff der Zwölften neben dem der elften zu lernen, um nach ihrem 18. Geburtstag wieder bei ihren Freund*innen zu sein, die jetzt im Abschlussjahrgang sind. Aber das will nicht so klappen, wie sie es sich vorstellt. Außerdem hütet sie noch ein bedrückendes Geheimnis, das – wenn es herauskommt – ihre Familie gänzlich zerstören könnte.

Zu all den Schwierigkeiten gesellt sich noch ein neuer Schüler, der Olive das Leben schwermacht: Colin Fantino, der Sohn einer bekannten amerikanischen Moderatorin. Er ärgert Olive, wo er nur kann, und macht auch ansonsten eine Menge Schwierigkeiten. Denn Colin verfolgt nur ein Ziel – er will wieder zurück in die USA, zurück zu seinen Freunden und erst recht zu seiner Schwester, die wie er unter den ungesunden Familienstrukturen zuhause leidet. Er selbst versucht durch Selbstverletzung diesem ständigen äußeren und inneren Druck zu entkommen. Dass das nicht lange gutgehen kann, ist absehbar.

Too much

Der dritte und Abschlussband der Reihe ist wie die beiden vorigen zwar als romantischer Roman angelegt, schwebt dabei aber nicht in einer rosaroten Blase, sondern bringt durchaus detailreich die Schwierigkeiten auf den Plan, die das Leben bereithalten kann. Er bringt damit mehr Authentizität und Plausibilität in die Geschichte. Das ist einerseits gut, denn reine Love-Stories sind seicht, durchschaubar und damit langweilig. Allerdings habe ich nach dem Lesen der Reihe und ähnlicher Romane in der letzten Zeit das Gefühl, dass damit zum einen übertrieben wird und zum zweiten das – ich nenne es jetzt einfach beim Namen, weil ich es mittlerweile so empfinde – Auswalzen der Probleme (zumal sie schwerwiegend und arg mannigfaltig für je nur eine einzige Figur sind) anscheinend gerade in Mode ist. Das ist auf Dauer too much. Da hilft auch irgendwann die Triggerwarnung nicht mehr, denn eigentlich dürfte man diese Romane aufgrund der zahlreichen Problemfelder gar nicht mehr lesen, weil man ständig getriggert werden kann. Ob das alles Sinn der Sache ist? Ich hoffe nicht.

Das zweite, was mir bei dieser Art der neuen Jung-Adult-Romane auffällt, sind die nur graduell unterschiedlichen Figuren. Gerade, wenn in der Ich-Form erzählt wird, ähneln sich die Mädchen- und Jungenfiguren doch sehr (z.T. bis in den Wortlaut hinein), sodass man sie irgendwann durcheinanderwirft. Das wird besser in der Er/Sie-Erzählung gehandhabt; so kann man die Unterschiede wohl leichter herausarbeiten.

Ansonsten legt die Autorin aber merkbar Wert auf einen stimmigen Spannungsaufbau und die Plausibilität ihrer Figuren und Situationen. Außerdem zeigt sie anhand ihrer Figuren auf, dass Probleme zwar immer vorhanden sein können, es aber Wege gibt (auch wenn diese oft genug krumm und bucklig verlaufen), sie in Angriff zu nehmen und damit letztlich umzugehen. Das kann Leser*innen in ähnlichen Situationen Mut machen und Lösungsstrategien aufzeigen. Und es zeigt, dass man nicht perfekt sein muss, um eine Liebesbeziehung zu verdienen und selbst unter widrigen Umständen zu führen. Der Roman zeigt aber auch, dass man sich für Beziehungen weiterentwickeln und aus Fehlern lernen (sich also ständig selbst reflektieren) muss – ein Status Quo der weiblichen und männlichen Figuren würde jegliche menschliche Beziehung früher oder später schrotten, nicht nur Liebesbeziehungen.


Genre: Jung Adult, Romantik, schwierige Lebenssituationen
Illustrated by LYX

No longer yours – Mulberry Mansion

No Longer Yours - Mulberry Mansion - Merit Niemeitz - PBOh Schreck, der Ex!

Jura-Studentin Avery ist begeistert, denn sie hat eines der vergünstigten Zimmer in der Mulberry Mansion bekommen. Dafür muss sie zusammen mit ihren Mitbewohner*innen das alte Haus renovieren. Das macht ihr nichts aus, sind doch ihre Mitbewohner*innen nett – bis sie entdeckt, dass auch ihr Ex-Freund Eden an der Renovierung beteiligt ist. Wie der Zufall will, muss sie zusammen mit ihm den Dachboden des Hauses auf Vordermann bringen. Da brechen alte Wunden wieder auf, denn der ernste, eigentlich tiefsinnige und vernunftbegabte junge Mann hat sie ausgerechnet beim Abschlussball der Schule abserviert. Mehrere Versuche, mit ihm darüber zu reden, scheitern, denn Eden verhält sich ihr gegenüber kalt und reserviert. Aber schließlich öffnen sich die beiden wieder zart füreinander und Avery findet letztlich den Grund heraus, warum Eden sie damals aus heiterem Himmel verließ.

Einblicke in die Gedankenwelt hochsensibler Charaktere

Merit Niemeitz packt hier erfreulicherweise ein Thema an, das eher selten in der Belletristik vorkommt: den Ex-Freund. Zumindest in dieser Geschichte beleuchtet sie, was sich viele Verlassene fragen: Warum wollte er mich nicht mehr? Und: Gibt es eine zweite Chance? Gerade diejenigen, die verlassen wurden und darüber hinaus den Grund nicht wissen, leiden sehr, denn das Selbstbewusstsein sinkt in den Keller und sie kreisen ständig und schmerzhaft um die Frage „Warum?“. Das greift die Autorin sehr schön auf und schildert, wie es Avery mit dieser Last geht. Auch das angeknackste Selbstbewusstsein, das bei Frauen aufgrund der Sozialisierung sowieso niedriger ist als bei Männern, kommt hier immer wieder zum Tragen und verhindert schnellere und entschlossenere Vorgehensweisen und das Einfordern einer verdienten Erklärung.

Schön auch die Beschreibung der einzelnen Charaktere der Mitbewohner*innen, die liebenswert mit Macken sind. Man kann sich beim Lesen schon denken, dass die Autorin mehrere Figuren im Kopf hat, die sie als Hauptcharaktere für eine Fortsetzung nutzen will. Vielleicht ist das schon etwas zu offensichtlich, aber Fans der Geschichte wird es freuen.

Außerdem bekommen hier hochsensible Charaktere ihre Chance, gesehen und verstanden zu werden, denn Avery und Eden sind beide hochsensibel, d.h. mit feinen, alles wahrnehmenden Sensoren ausgestattet, die sie ihre Welt in einem intensiveren Licht sehen lassen. Dazu passt, dass Eden lesebegeistert ist und Avery zum Introvertierten neigt. Beide sind tiefgründig, mit einem reichen Innenleben ausgestattet, sehr gewissenhaft und werden überwältigt von den Anforderungen der Welt, sind aber auch im einem positiven Sinn sehr empathisch. Diese Empathie kann aber zu folgenschweren Fehlentscheidungen führen, wie die Autorin sowohl bei Eden als auch bei Avery herausarbeitet. Denn der Gedanke, nicht gut für jemand anderen zu sein und damit vorauseilend eine Entscheidung für diesen anderen mit zutreffen, hat viel Leid verursacht. Sie nimmt zudem dem anderen die Entscheidungsfreiheit und einem selbst die Möglichkeit für eine erfüllende Beziehung, was Niemeitz ebenfalls verdeutlicht. Aber auch die intensiven Emotionen, die Hochsensible haben, können im Weg stehen, denn Avery ist lange nicht bereit, ihrer Familie zuzuhören und deren Entscheidung nachvollziehen zu wollen. Stattdessen vergräbt sie sich in tiefem Groll. Die Gründe für die Entscheidungen der Hauptfiguren sind letztlich nachvollziehbar, die Probleme werden allerdings durch eine fehlende Eigenschaft verursacht: der Bereitschaft zur Kommunikation, die essenziell für jede Art von Beziehung ist. Auch das arbeitet die Autorin schön heraus, denn als Avery und Eden anfangen miteinander zu reden, wenn auch anfangs sehr holprig, öffnet sich die Tür für eine bessere Zukunft.

Die Triggerwarnung – häusliche Gewalt, emotionaler Missbrauch, Beschreibungen von Gewalt, Panikattacken, Trauer und Trauerbewältigung – finde ich gut, wie schon in meinen anderen Rezensionen geschrieben. Diese Themen verleihen der sogenannten „Trivialliteratur“ Tiefe, zumal sie von Niemeitz einfühlsam eingewebt werden und erklären, warum Menschen so handeln, wie sie handeln und dass man sie aufgrund ihres Handelns nicht vorschnell verurteilen soll.

Allerdings fällt der Roman auch durch ein paar Kritikpunkte auf: Niemeitz zieht, wohl dem Spannungsaufbau geschuldet, die Lösung in die Länge. Das liest sich irgendwann bemüht und lässt einen ungeduldig werden, denn zu viele Andeutungen und zu wenig Auflösung erhöhen nicht die Spannung, sondern eher den Unmut. Außerdem wirken Avery und Eden an manchen Stellen beinahe unsympathisch, denn Averys mauerndes Verhalten, was schon sehr an Schmollen grenzt, und Edens Kälte, sowie der Hang dazu, fast schon im Leiden zu baden – ohne die schlimmen Erfahrungen abwerten zu wollen, aber beide schlagen Hilfsangebote aus und bringen sich z.T. absichtlich in Schwierigkeiten – sind vor der Auflösung der Gründe hierfür kaum nachvollziehbar. Aber hier greift wieder, was ich schon oben erwähnte: Man soll Menschen nicht vorschnell verurteilen, Figuren auch nicht. Trotzdem ist es an manchen Stellen zu viel: zu viele Andeutungen, ohne dass es mit der Auflösung wirklich vorangeht, zu viel unverständliches Handeln, zu viele Wortwiederholungen, wenn Avery alles zu viel wird. Das alles soll zwar der Handlung und den Figuren Tiefe verleihen, aber es ist schlicht überdosiert. Das sage ich als Hochsensible, anderen fällt das vielleicht gar nicht auf und spielt somit beim Lesen keine Rolle.

Außerdem finde ich es wie schon bei anderen Romanen deutschsprachiger Autorinnen schade, dass sie ihre Welt in der englischsprachigen Kultur ansiedeln, was immer etwas bemüht rüberkommt, aber wohl dem Verkaufsargument geschuldet ist.

Fazit

Liebesroman mit einem eher seltenen Thema: Wie umgehen mit Ex-Freund*innen? Der Roman spricht auch schwierige Lebenssituationen an und wie diese in Beziehungen reinspielen, bietet dafür aber eine Lösung an: Kommunikation und Verständnis. Allerdings hat der Roman ein paar Schwächen, s.o. Fortsetzungen sind angedeutet.


Genre: Romance, schwierige Lebenssituationen
Illustrated by LYX