Erstkontakt

Erstkontakt. Nach “Falsche Fährten” erscheint “#Erstkontakt_” (sic) beim renommierten Comic Verlag Avant, Text & Zeichnungen: Bruno Duhamel. Dieses Mal widmet er sich dem Mythos von Nessie, besser bekommt als das Monster von Loch Ness, das sich irgendwo in den schottischen Highlands rumtreiben soll. Ein Hipster wider Willen, Doug, schießt zufällig ein Foto und löst damit eine Katastrophe für den kleinen Ort aus.

Erstkontakt: Monster kommt selten allein…

Die Folgen von social media werden von Bruno Duhamel eindringlich, aber nicht ohne Humor, thematisiert. Der schottische Einsiedler Doug, ein ehemaliger Fotograf mit großen Selbstzweifeln, hat sich in die schottischen Highlands zurückgezogen. Als er an einem See vor seiner Haustür ein Foto schießt, entdeckt er bei Prüfung des Schnappschusses, dass noch etwas anderes als nur der See auf dem Foto zu sehen ist. Da er es für einen Zufall hält oder seinen eigenen Augen nicht trauen will, veröffentlicht er die Räuberpistole auf im sozialen Netzwerk „Twister“. Aber das “Monster” auf dem Foto entpuppt sich als echt und alle Metadaten, die von Sachverständigen geprüft werden, ebenfalls. Doug hat mit seiner harmlosen Geste des Veröffentlichen auf einem social media Kanal die Büchse der Pandora geöffnet. Denn nun ist es vorbei mit dem frohen Einsiedlerdasein und der Ruhe in der Zurückgezogenheit der schottischen Highlands. Die Hysterie der social Media Abhängigen und Internetsüchtigen macht aus dem kleinen Ort einen Jahrmarkt der Eitelkeiten, wo sich Journalist:innen, Umweltschützer:innen, misstrauische oder auch einfach nur neugierige Menschen die Klinke in die Hand geben. Erstkontakt.

Im Fadenkreuz der Kritik: social media in Erstkontakt

Jetzt hör mir mal zu, Burraidh!Wir sind vielleicht nur kleine Bullen, die deine Story überfordert, aber halt uns deswegen bloß nicht für Brownies! Du wirst nochmal froh sein, dass wir dir zur Seite stehen und du nicht als Haggis endest“, gibt eine der beiden Polizisten Doug zu bedenken. Zum Glück sind die Begriffe in den Fußnoten erklärt! Als sich auch noch ein russischer Internettroll in die Loch Affäre einmischt, wird es für Doug ganz schön brenzlig, seine selbstgewählte Heimat zu verteidigen. “Die Medien sind an allem Schuld! Alle auf die Journalisten!” lautet dann der unverhohlen geäußerte Schlachtruf der Meute, die sich auf die eigentlichen Gerechten stürzt. Zudem mischt sich dann auch noch das Militär ein und das Monster verkrümelt sich bald wieder in seinen See. “Soziale Netzwerke zwingen uns zu schnellen Reaktionen, oft unter dem Einfluss von Emotionen, und das öffnet Tür und Tor für Verwirrungen aller Art“, meint der Autor und Zeichner Bruno Duhamel in einem Interview und macht darin auch gleich neugierig auf sein nächstes Werk. Denn Duhamel liebt es, sein Publikum zu überraschen, was ihm mit “#Erstkontakt_” sicherlich gelungen ist.

Bruno Duhamel
#Erstkontakt_
Übersetzung aus dem Französischen von Lilian Pithan
2024, 72 Seiten, Hardcover, 24 x 32 cm, vierfarbig
ISBN: 978-3-96445-045-6
avant-verlag.de
22,00 €


Genre: Comic
Illustrated by Avant Verlag

Anthropoid. Das Attentat auf Reinhard Heydrich

Anthropoid. Reinhard Tristan Eugen Heydrich war einer der Hauptorganisatoren des Holocaust und 1941 als stellvertretender Reichsprotektor in Böhmen und Mähren für zahlreiche Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantwortlich. Als er am 27. Mai 1942 in Prag bei einem Attentat tschechoslowakischer Widerstandskämpfer starb, wurden die Massaker von Lidice und Ležáky vom NS-Regime als Racheakte verübt.

Anthropoid gegen eine weitere Heydrichiade

Die Autoren der vorliegenden Graphic Novel lassen keinen Zweifel daran, dass Heydrich den Tod verdiente, allerdings stellt sich schlussendlich doch die Frage, ob die vielen Opfer es wert waren. Zumindest wurde unter dem Codenamen “Operation Anthropoid” ein starkes Lebenszeichen des tschechischen Widerstands gesetzt, das die Weltöffentlichkeit vielleicht hätte aufrütteln können. Denn 1942 zum Zeitpunkt des Attentats hatten die Nazis in Europa bereits gewonnen. Es sah überall so aus als ob sich das Dritte Reich konsolidieren könnte und Europa in tiefste Dunkelheit getaucht bliebe. Nazideutschland kontrollierte im Frühjahr 1942 den Großteil Europas, schreibt Lezak in der Einführung, es hatte bis dahin keine namhafte Niederlage erlitten. Großbritannien hatten sie zwar nicht erobert und die Sowjetunion konnte sie von den Toren ihrer Hauptstadt zurückweisen, aber dennoch blieb der Nimbus der Unbesiegbarkeit am Reich haften. Der Vorschlag zur Ermordung des Reichsprotektors kam höchstwahrscheinlich vom Chef des Militärgeheimdienste im britischen Exil, Frantisek Moravec. Tschechoslowakische Fallschirmspringer sollten dem Initiator der “Ersten Heydrichiade” (der Ermordung von Regimegegner bei Antritt des Amts) durch ein Attentat den Garaus machen. Die Vergeltung nach dem Attentat, die Auslöschung von Lidice und Ležáky, ging dann als “Zweite Heydrichiade” in die Geschichte ein.

Fanal des Widerstands

Die Zeichnungen der vorliegenden Graphic Novel sind in das Noir der Vierziger Jahre getaucht, in denen in Hollywood die Film Noir Streifen entstanden. Ihr gemeinsamer Nenner war die Hoffnungslosigkeit allen menschlichen Strebens, die Macht der Institutionen gegen das Individuum und zumeist eine Femme fatale. Letztere kommt in vorliegender Geschichte zwar keine vor, aber alles andere erinnert von der Stimmung her an diese dunklen Filme. So wird etwa erzählt, dass Heydrich sich die Wenzelskrone von König Karl IV. nach Amtsantritt aufgesetzt habe. Aber jeder, der sie ohne Anrecht auf die böhmische Krone aufsetzte, war bis dato innert eines Jahres verstorben. Als sich die Attentäter in eine Kirche am Prager Karlsplatz flüchteten erfuhren sie erst, dass Heydrich an seinen Verletzungen doch noch gestorben war. Das motivierte sie vielleicht, sich nicht zu ergeben und weiterzukämpfen, obwohl das bedeutete, dass auch ihre Familien dabei sterben würden. Denn die Nazis hatten diese längst im Visier und verhörten alle Verdächtigen, bis schließlich ein Verdächtiger nachgab und alle verriet. Als Beweis für seine Aussagen wurde das Gras für Kaninchen in einer beim Attentat gefundenen Aktentasche herangezogen. Im Anhang befinden sich Biographien aller beteiligten Personen, der Helden ebenso wie der Mörder und Schergen des Regimes.

Mit dem Attentat auf Heydrich wurde einer der ranghöchsten Vertreter des NS-Regimes zur Rechenschaft gezogen und wer weiß, ob nicht vielleicht auch ein kleines bißchen dadurch die Glückssträhne des Dritten Reichs endlich ihr Ende nahm.

Michal Kocián, Zdeněk Lesák
Anthropoid. Das Attentat auf Reinhard Heydrich
Aus dem Tschechischen von Katharina Hinderer
2024, Hardcover mit Fadenheftung, 120 Seiten, 23 • 30cm
ISBN 978-3-903478-22-0
bahoe books
€ 26,00


Genre: Comic, Politik, Zeitgeschichte

Thomas Bernhard: Autobiographie als Graphic Novel

Seit 2018 erscheint die Autobiographie Thomas Bernhards als Graphic Novel in Einzelbänden beim Salzburger Residenz Verlag. Dieses Jahr erstmals sind die ersten fünf Bände der Graphic Novel im Schuber als ideales Geschenk für alle Thomas-Bernhard-Fans erschienen.

Eine Kindheit zwischen NS und Katholizismus

Lukas Kummer, der die Bände illustrierte, arbeitet seit 2009 als Illustrator, Autor, Storyboard Artist und Gestalter. Seine erste Thomas Bernhard-Graphic Novel „Die Ursache“ kam auf die Comic-Bestenliste. Gelobt wurden u.a. seine eindrücklichen Bilder und die kongeniale grafische Verbindung seiner Zeichnungen mit den Stilmitteln des Autors Thomas Bernhard. Denn dieser arbeitete gerne mit Wiederholungen und Übertreibungen, um seinen Aussagen mehr Gewicht zu verleihen. In seinen fünf Bänden zwischen Dichtung und Wahrheit, die im Residenz Verlag auch schon als normale Bücher erschienen sind, zeigt er etwa die Monotonie des Internatsalltags oder die Ähnlichkeit der nationalsozialistischen mit den späteren katholischen Erziehern so lebensnah, dass sie zum Greifen echt werden. Wenn der junge Bernhard sich etwa in der Schuhkammer des Internats zurückzieht, um an der Geige zu üben, werden die Schuhe zu einer erdrückenden Pyramide gestapelt vor deren Wiederholung die Selbstmordgedanken des Zöglings allzu nachvollziehbar werden.

Selbstmord oder Resilienz

Diese eindrückliche Szenerie wiederholt sich auch im Schlafsaal, wo das Schicksal und die Bedürfnisse des Einzelnen der Masse untergeordnet werden und nur durch die tägliche Gute Morgen Ohrfeige des Aufsehers Grünkranz unterbrochen wird. Thomas Bernhard spricht von einer Gemütsverdüsterung und Gemütsverfinsterung die zu seiner Gemütszerstörung geführt habe, in eben diesem Internat in Salzburg, dem Joanneum. Als “die Farbe der Mächtigen wieder von braun auf schwarz wechselt“, wie Bernhard süffisant schreibt, ändert sich vorerst nichts: Der Geistliche hatte “das Erbe nationalsozialistischen Grünkranz angetreten, er war genauso gefürchtet und gehaßt wie Grünkranz und er war wahrscheinlich ein ebensolcher uns alle abstoßender Charakter“. “Der NS hatte die gleiche verheerende Wirkung auf alle diese jungen Menschen gehabt, wie jetzt der Katholizismus.” Beides sind für Bernhard ansteckenden Krankheiten, Geisteskrankheiten, sonst nichts.

Das “Straflager Leben”: Internat, Schule, Gymnasium

Damit nicht genug, litt der junge Bernhard zudem noch an einer Lungenkrankheit, die ihn beinahe schon in jungen Jahren dahingerafft hätte. Als dann seine wichtigste Bezugsperson, sein Großvater, stirbt und ein halbes Jahr später seine Mutter, gibt es für Thomas Bernhard nur mehr einen Weg zu überleben: er muss der Schriftsteller werden, der sein Großvater immer werden wollte. Das schaffte er nur durch die Überwindung der Scham, denn “nur der Schamlose schreibt. Nur der Schamloseste ist authentisch.” Das Schreiben nennt er auch “das sich preisgeben vor sich selbst“. Von seinem Vater, er seien Mutter im stich ließ findet er nur die eine Spur: er hatte sein Elternhaus mit einer solchen Präzison abgebrannt, dass es gerade aufloderte als er mit dem Zug daran vorbeifuhr.

Heimat im Schreiben

Mit diesem Blick auf das brennende Elternhaus hatten er nicht nur die Heimat, sondern überhaupt den Heimatbegriff (für sich) ausgelöscht.” Vor der “Finsternis des Vergessens” wollte er seine Erinnerungen retten und fing wohl auch deswegen an zu schreiben. Aber vorerst musste er noch die Jahre in der Lungenheilanstalt und die medizinischen Prozeduren hinter sich bringen. Sie werden von Lukas Kummer realistisch gezeichnet und in ihrer ganzen Dimension spürbar. Etwa wenn das Sputum in Flaschen produziert werden muss oder das Pneumoperitoneum eingesetzt wird. Der “Strafvollzug Leben” wie Bernhard es nannte, wird augenscheinlich. In “Atem” beschreibt er, dass nur die Nähe seiner Lieben – sein Großvater war im selben KH Patient – ihm das Überleben sicherte. In “Der Keller” erzählt er von seiner Kehrtwendung, denn er wollte in die “entgegengesetzte Richtung“, nicht ins Gymnasium, sondern in den Handel, die Lehre.

Fluchtpunkt Scherzhausersiedlung: die entgegengesetzte Richtung

In der Scherzhausersiedlung, dem schlechtesten Viertel Salzburgs, wollte er das Leben lernen wie es ist, mit einfach Leuten, die vom Schicksal nicht gerade begünstigt waren. “Hier konnte ich sein wie ich war. Und alle anderen konnten sein wie sie waren.” Im (wohl nur vorläufig) letzten Band vorliegender Sammlung, “Das Kind“, lobt Bernhard wieder den Großvater und stellt ihn seiner prügelnden Mutter gegenüber. Sie schlug ihn mit dem Ochsenziemer, weil sie seinen Vater, der sie verlassen hatte, in ihm sah. “Wir haben von Aufrichtigkeit und von Klarheit geträumt, aber es ist beim Träumen geblieben. Aber es ist alles egal. Manchmal erheben wir alle unseren Kopf und glauben die Wahrheit oder die scheinbar Wahrheit sagen zu müssen und ziehen ihn wieder ein. Das ist alles.“, heißt es in “Der Keller” aber wir alle wissen, das dies noch lange nicht alles ist.

Lukas Kummer verschafft dem Sprachduktus Bernhards klare Linien, er zeichnet scharfe Konturen und eindringliche Winkel, in die sich die Gedanken flüchten, wo sie aber auch gestellt werden und die Worte eine klarere Nachhaltigkeit bekommen. Im Residenzverlag sind neben den Originaltexten zu vorliegenden Graphic Novels auch andere Bücher von Thomas Bernhard erschienen.

Thomas Bernhard
Lukas Kummer (Illustrationen)
DIE AUTOBIOGRAPHIE ALS GRAPHIC NOVEL
5 Bände im Schuber
2024, Hardcover, 560 Seiten, 170 x 240cm
ISBN: 9783701717965
Residenz Verlag
€ 99,00


Genre: Autobiographie, Comic, Gegenwartsliteratur, Graphic Novel
Illustrated by Residenz

A Vicious Circle – Ein Teufelskreis 1/3

A Vicious Circle: Die neue Serie von Lee Bermejo (Batman Damned) im Album-Format und Autor Mattson Tomlin (“The Batman”) spielt in der Kreidezeit, im Tokio des 22. Jahrhunderts und dem New Orleans der 1950er, also auf verschiedenen Zeitebenen. Denn jedesmal wenn  Shawn Thacker, eine Attentäter aus der Zukunft, jemanden tötet verschlägt es ihn in ein anderes Jahrhundert.

Attentate in Zeitreisen

Shawn Thacker sinnt auf Rache an dem Mann, der ihm näher ist als alle anderen. Beide Männer verwickeln sich in einen Kampf auf Leben und Tod, der sich anschickt, den Lauf der Geschichte zu verändern. Im ersten Albumband wird die Zeit der Bürgerrechtsbewegung thematisiert, als ein Teil der amerikanischen Bevölkerung für ihre bloße Hautfarbe gehasst wurde. Die Zeichnungen sind sehr dokumentarisch und fotografisch, in S/W und erzählen von einer dunklen Zeit als das Leben eines Bürgers nichts wert war. Aber dann passiert etwas Schreckliches, dass den Protagonisten in die Zukunft schleudert, die sich in Farbe abspielt. “Willst du in bessere Zeiten zurück? Die guten alten Tage?“, trägt ihn ein computeranimiertes Schulmädchen-Manga. “Das war vor Jahren, oder liegt Jahre in der Zukunft. Ich hab den Überblick verloren.

A Vicious Circle: Artwork und Stildiversität

A Vicious Circle bewegt sich auf verschiedenen Leseebenen. In einem Interview im Anhang erzählt Lee Bermejo, wie er seinen Autor fand. Mattson hatte in seinen Posts auf insta hervorragende Einzelbilder von Filmen geteilt, die auch Lee liebt. Sein gutes Auge für Momente und Kompositionen sorgte für die Annäherung der beiden schon während der Pandemie. Damals beschlossen sie schon, etwas gemeinsam auf die Beine zu stellen. Was sich nun in den vorliegenden drei Bänden realisierte ist die Geschichte von Thacker, die sich im Laufe der drei Alben zu Ferris verschiebt. So viel darf – was den Plot angeht – verraten werden. Allerdings ist das Artwork und die Zeichnungen an sich schon so bestechend, dass es gar keines genauen Plot bedarf, um schon nach Band 1 zu wissen, dass sich diese Geschichte noch zu einem echten Highlight der bisherigen Comicgeschichte entwicklen wird. Dazu reicht schon ein Blick auf die Verlagsseite von Panini. Die einzelnen Jahrhunderte oder manchmal Jahrzehnte werden in jeweils unterschiedlichen Stilen präsentiert und sorgen so für maximale Diversität und superdiverse Abenteuerdichte.
Mattson Tomlin/Lee Bermejo
Original Storys: A Vicious Circle 1
2024, Hardcover, 60 Seiten, Album Format mit den Maßen ca. 21 x 32 cm
ISBN:  9783741638206
Panini
16,00 €

Genre: Comic
Illustrated by Panini Comics

Micky-Maus-Magazin 21 (MM 21)

Cover Jubiläums-Produkte 100 Jahre Disney

Inhalt

„Rudi Ross: Flammende Leidenschaft“: Rudi bricht – von Klarabella und ihren romantischen Serien genervt – zur Arbeit auf. Er ahnt nicht, dass er diesmal keinen normalen Arbeitstag haben, dafür aber als Feuerwehrmann einen Einsatz fahren wird.

„Dagobert Duck: Der Pharao ist nicht froh“: Gundel Gaukeley hat es geschafft und Dagobert seinen Glückszehner gestohlen. Allerdings landet sie durch einen vermurksten Zauberspruch im alten Ägypten und soll mit dem Pharao verheiratet werden.

„Strolchi: Die kleinen Schwestern“: Strolchi ärgert, dass ihm seine Schwestern immer in die Parade fahren, wenn er etwas ausheckt. Deshalb will er ihnen einen Denkzettel verpassen.

„Minnie Maus: Kampf mit dem Phantom“: Micky jagt wieder das Phantom, kommt aber nicht weiter. Erst als Minnie einschreitet, kommt Bewegung in die Sache.

„Gundel Gaukeley: Zu weit gereist“: Aus Versehen landet Gundel in der Zeit der Hexenverbrennung und entkommt nur knapp, weil sie dem Herrscher ihre Dienste anbietet. Das aber führt zu einer schlechten Entwicklung der Geschichte.

„Donald Duck: Traumpaar in Gefahr“: Donald und Daisy machen Urlaub am Strand. Dabei stößt Donald auf eine Diebesbande, die das berühmte „Traumpaar von Millionen“ ausrauben will.

„Dagobert Duck: Die Macht der Geschichten“: Dagobert will wissen, wie sich seine Geschäfte in der Zukunft weiterentwickeln. Er bittet Daniel Düsentrieb um Hilfe und reist in die Zukunft. Dort trifft er auf eine friedliche Welt ohne Geld.

„Micky Maus: Der Wünschelruten-Finger“: Außerirdische wollen der Erde etwas Gutes tun und verwandeln Goofys Zeigefinder in eine Wünschelrute für das Finden von Erdöl. Sie ahnen allerdings nicht, was sie damit anrichten.

Frauenfeindlichkeit in Entenhausen – manchmal unreflektiert weitertransportiert, manchmal aber auch kritisch reflektiert (zum Glück!)

15 Geschichten im Extra-Heft, das dem LTB nachempfunden ist, und 5 im Hauptheft bieten viel Lesefutter. Das Hauptheft kommt wie gewohnt mit Rätselcomics, dem Enten-Kurier, Witzen, Tipps, Tricks und Zusatzinfos zu wichtigen Tagen des Monats einher.

Das Magazin bietet diesmal nicht die üblichen Extras/Gimmicks, sondern wie oben schon erwähnt als Extra „Micky Maus Extra Comic-Spaß Nr. 2“. Das Hauptheft wird also mit einer kleineren Ausgabe eines LTB als Zugabe mit noch mehr Comics unterstützt. Das ist zunächst etwas Gutes, denn Lesen bildet in vielerlei Hinsicht: Rechtschreibung, Ausdruck, Erweiterung des Weltbildes u.a. Aber gerade zu Letzterem kann unreflektiertes Lesen auch zu Weltbildern führen, die Ungutes aufbringen oder zementieren.

Gerade die Geschichte „Rudi Ross: Flammende Leidenschaft“ ist wirklich ein Unding, was Geschlechterklischees angeht: Klarabella wird komplett als Frau erniedrigt und der Lächerlichkeit preisgegeben! So etwas dürfte es weder in Comics und erst recht nicht in der realen Welt geben! Das fängt schon an im ersten Panel und wird im weiteren Verlauf nicht besser, eher im Gegenteil. Aber zurück zum Anfang. Klarabella schaut einen Liebesfilm und Rudi sagt ungehalten: „Bekomme ich noch eine Tasse Kaffee, bevor ich zur Werkstatt gehe?“ In dieser Szene sieht das kritische Auge schon gleich mehrerlei: Klarabella ist in der Position der Hausfrau und ihre ARBEIT wird nicht wertgeschätzt, ganz im Gegenteil, sie wird als selbstverständlich hingenommen und gleich abwertend kommentiert, wenn der Mann einmal nicht umsorgt wird. Und seine Arbeit ist, weil sie Geld bringt, eh wichtiger. Gruselig! Genauso gruselig geht es weiter. Hinter Klarbaellas Klage, dass sie wegen genau diesen Kommentaren Liebesfilme schaut (als Ersatz für das, was sie leider bei Rudi nicht findet), cancelt Rudi ab, anstatt sich zu fragen, welcher Wunsch seiner Frau hinter der Klage steckt. Denn würde er sich das fragen, käme Folgendes heraus: der Wunsch ist der der Wertschätzung und ehrlichen Liebe – Grundpfeiler einer Beziehung – der von Rudi definitiv nicht erfüllt wird. Einmal über den echten Sinn von Romantik nachzudenken, empfiehlt Klarabella Rudi zwar, aber der ist für Denkarbeit und Emotionsarbeit überhaupt nicht zu haben. Da kommt das Manko der Erziehungsarbeit bei Jungen zum Tragen: Sie werden weder dazu erzogen, sozial zu denken und zu handeln noch positive Emotionen zuzulassen und als wertvoll zu erachten. Aber gerade das Soziale und Emotionale macht eine Gesellschaft aus und stabilisiert sie. Männer dagegen sind durch patriarchale Strukturen emotional und sozial amputiert. Rudi präsentiert das toxisch Patriarchale in Reinform: die Missachtung der Frau, und zwar umfassend. Kein Wunder, dass sich Klarabella dagegen wehrt und sich Ersatz z.B. in Form von Liebesfilmen sucht. Als sie endlich vermeintlich Wertschätzung erfährt, weil ein Feuerwehrmann (und dann auch noch Rudi) sie aus dem Feuer rettet, wird sie im letzten Panel komplett der Lächerlichkeit preisgegeben, indem sich die Männer über sie in ihrer (unverschuldet) misslichen Lage lustig machen. Ehapa sollte sich wirklich übergelegen, ob solche frauenfeindlichen Comics überhaupt noch veröffentlicht werden dürfen!

Und es bleibt ja nicht bei einem frauenfeindlichen Kaliber, nein, es muss ja noch ein zweites her. Zumindest scheint es vordergründig bei „Strolchi: Die kleinen Schwestern“ so. Strolchi wertet permanent seine drei kleinen Schwestern ab mit Aussagen wie „alberner Mädchenkram“, dass sie Petzen sind, und dass er ihnen Streiche spielen will, um ihnen zu schaden (verharmlost: ihnen einen Denkzettel zu verpassen). Der geht zwar nach hinten los, aber Strolchi – ganz patriarchaler Junge – sieht überhaupt nicht ein, dass er sich durchgehend falsch verhalten hat. Er kommt überhaupt nicht auf die Idee, dass dem so wäre, obwohl es ihm sowohl Schwestern, Mutter als auch Vater sagen, die alle gar nicht damit einverstanden sind, wie Strolchi sich verhält und damit nicht nur sich in Gefahr bringt. Gut an diesem Comic: Die Mädchen stehen am Ende nicht wie Klarabella schlecht da, ganz im Gegenteil. Sie nutzen eine missliche Lage zu ihrem Vorteil, indem sie ausgesetzte Katzen retten und von ihrem Vater (!) sehr für ihr soziales Verhalten gelobt werden: „Mädchen …ihr seid Heldinnen!“

Dass Männer Frauen nicht ernst nehmen, es aber besser tun sollten, zeigt auch „Minnie Maus: Kampf mit dem Phantom“. Micky nimmt ihre Warnung nicht ernst und landet im Schlamassel. Dazu kommt, wie bei Klarabella, das abgelutschte und überhaupt nicht realitätsnahe Klischee, dass die Frau als Opfer ständig gerettet werden muss – bei der Phantom-Story sogar zweimal, herrje! Dann aber wendet sich zum Glück das Blatt: Micky entpuppt sich als schwach und Minnie rettet nicht nur die Situation, sondern auch aller Leben. Anbei bezeichnende Dialoge: „Pah! Dich könnte ich auch ohne meinen Kräfte-Verstärker-Anzug locker bezwingen, teure Minnie!“ (Phantom, Paradebeispiel, wie sehr eine Frau verachtet und unterschätzt wird) Minnies Reaktion ist ebenfalls bezeichnend für die Situation von Frauen im Allgemeinen und wie sehr ihnen die ständige Abwertung stinkt: „Tut einfach so, als wäre ich Luft für ihn! Aber dem werde ich zeigen, was es heißt, einer Dame keine Aufmerksamkeit zu schenken!“ Auch Minnies Reaktion auf Mickys Feigheit ist bezeichnend (denn sie steht für die Stärke der Frau im Alltag und die Schwäche des Mannes in genau demselben): „Ja, weil du auf den Knien lagst, anstatt zu kämpfen!“ Micky: „Du hast doch gesagt, dass ich ihn nicht mit Körperkraft besiegen kann!“ Minnie: „Weshalb du ihn ja auch überlisten solltest! Nur hast du mir mal wieder nicht zugehört! Egal! Hauptsache, ich habe es geschafft, das Phantom auszuschalten.“ Sie betont extra, dass SIE es war, die die Situation gerettet hat. Und (was leider für Frauen nicht alltäglich ist) die Wertschätzung, die man ihr gegenüber als selbstverständlich erachten sollte. Im Gegensatz zu Strolchi ist Micky reflektiert – er erkennt Minnies Leistung an: „Die haben Recht! Minnie war echt klasse! Allerdings wird das Phantom eines Tages wiederkommen…  tja, und dann… hoffe ich, dass ich Minnie dabei helfen darf, es noch einmal zu überlisten!“ Micky setzt also sogar noch eins drauf: Er gibt den Posten im männlichen Scheinwerferlicht ab und erkennt an, dass Frauen es mindestens genauso verdient haben, im Rampenlicht zu stehen und die volle POSITIVE Aufmerksamkeit zu bekommen wie Männer. Davon ist Rudi in der unsäglichen Geschichte oben noch weit entfernt.

Auch Gundel, die in den Comics immer schlecht wegkommt, ist eigentlich eine selbstständige Frau, die sich von nichts und niemandem etwas sagen lässt (was im Patriarchat nicht gern gesehen wird). In „Dagobert Duck: Der Pharao ist nicht froh“ trickst sie nicht nur Dagobert aus, sondern macht glasklar, dass eine Frau auch sehr gut ohne Mann auskommt – er aber anscheinend nicht ohne sie, wie der Pharao demonstriert. Sie ist auch ein gutes Beispiel dafür, dass eine Frau eben nicht rollenklischeemäßig immer gut und sozial sein muss, denn es gibt unter Frauen eine sehr große Bandbreite an Charakteren, die eben nicht in Klischees und männliche Wunschträume passen.

In „Gundel Gaukeley: Zu weit gereist“ demonstriert Gundel genau das. Aber es ist schon sehr bezeichnend, dass sie für ihr antisoziales Verhalten abgestraft wird, während Dagobert mit seinem permanent antisozialen Verhalten jedes Mal ungestraft davonkommt. Aber zumindest wird in dieser Geschichte ebenfalls gezeigt, dass Hexen zu Unrecht ständig als böse hingestellt werden: Hexen sind eigentlich alte, weise Frauen, die das Patriarchat dämonisiert hat. Hexen sind Zaunreiterinnen, „auf den Hecken Sitzende“: Hecken als Grenzen, und damit Hexen als Grenzwächterinnen, und zwar als Grenzwächterinnen zwischen dem Diesseits und dem Jenseits. Mit ihren Besen reinigen sie sowohl im Alltag als auch spirituell das Haus. Mit dem Kessel stellen sie nicht nur Nahrung her, sondern auch Medizin – Kessel gelten bzgl. des Göttinnen-Glaubens als mächtiges Beiwerk der Transformation.

In „Traumpaar in Gefahr“ werden zwei Dinge deutlich und auch kritisiert: Zum einen der Unterschied zwischen Schein und Sein. Der (nicht so) „schöne Schein“ wird in Bezug auf Fernsehen und Social Media kritisiert, weil sich dort Menschen relativ einfach eine Schein-Identität aufbauen können, die mit der Wirklichkeit wenig bis nichts zu tun hat. Das „Traumpaar von Millionen“ ist so ein Fake-Ehepaar, das nur vor der Kamera eine glückliche Ehe und Familie mimt und damit alle an der Nase herumführt. Sie stellen sich als zerstrittenes Paar ohne Kinder heraus; der Mann ist feige, die Frau nutzt Männer aus. Donald und Daisy dagegen repräsentieren sozusagen ein ganz normales Paar, wobei Donald sich nichts aus Fernseh- oder sonstigen Helden macht, aber dann anpacken kann, wenn es notwendig ist. Zum zweiten allerdings werden Rollenklischees deutlich: Daisy interessiert sich für oberflächlichen Klatsch und Tratsch und gilt damit auch automatisch als oberflächlich. Noch weiter negativ vertieft wird das durch ihren Ausruf, dass Donald, weil er das „Traumpaar“ nicht kennt, ungebildet sei. Donald dagegen interessiert sich überhaupt nicht für das, was seine Freundin zu sagen hat und ist stattdessen sichtbar gelangweilt. Von Wertschätzung der Frau gegenüber keine Spur. So oder so: Das Bild, dass beide Paare abgeben, ist kein gutes für eine funktionierende Liebesbeziehung.

Insgesamt bietet das Extra-Heft, abgesehen von oben genannten Kritikpunkten, Abwechslung: Geschichten rund um die Panzerknacker, Donald und Daisy, Klarabella und Rudi, Donald und seine Neffen, Gundel Gaukeley, Strolchi usw. Der Fokus wird teilweise auf Herbst-Geschichten und Halloween (mit Einbezug von Sagen) gelegt, z.B. in „Halloween-Horror“.

Die Macht der Literatur und der Geschichten

Im Hauptheft wird in „Macht der Geschichten“ und welches Potential Geschichten oder überhaupt Kreativität für die Entwicklung der Menschheit hat, deutlich herausgearbeitet. „Geschichten beflügeln unsere Fantasie. Sie lassen uns die Welt mit anderen Augen sehen, sie bringen uns auf neue Ideen. Und jeder Fortschritt ist zuerst eine Idee, eine Erzählung, die dann Wirklichkeit wird. So können Geschichten die Welt verändern“, heißt es am Anfang. In der Geschichte selbst werden die Traumreich-Geschichten dazu benutzt, Frieden und Wohlstand in der Welt zu schaffen und Leute zu animieren, ihr Bestes zu geben und Träume zu verwirklichen. Literatur hat Macht. Das ist auch der Grund für Bücherverbrennungen in Diktaturen, denn die Macht des geschriebenen Wortes und die darin enthaltenen Ideen und klugen Gedanken sprengen Ungerechtigkeiten und werden deshalb von Diktatoren gefürchtet. Das sollten sich allerdings auch die Macher der Disney-Geschichten selbst zu Herzen nehmen, um Ungerechtigkeiten wie Frauenfeindlichkeit und die Zementierung der unguten Rollenklischees aus ihren Geschichten zu verbannen und stattdessen lieber mehr Geschichten mit Gleichberechtigung und Gleichwertigkeit zu schreiben und dabei sowohl die bunte Vielfalt der Menschen als auch der Natur – ohne die kein Mensch leben könnte, Stichwort Umweltschutz -miteinzubeziehen!

Darüber und mehr noch über Habgier in Bezug auf konventionelle Energiegewinnung mit Erdöl geht es in „Der Wünschelruten-Finger“. Hier wird deutlich (und auch indirekt kritisiert), dass das vermeintlich Gute, das Öl, nur zu umfassendem Raubbau und Ausbeutung führt. Und Goofy, der vermeintliche Trottel, steht für die Stimme der Vernunft, indem er diesem Öl gegenüber keinerlei Habgier zeigt und im Gegenteil froh ist, dass sein Wünschelrutenfinger irgendwann nicht mehr funktioniert.

Fazit

Die Macher der Disney-Hefte und LTB sollten sich ihre eigene Geschichte „Die Macht der Geschichten“ mehr zu Herzen nehmen, um auch in ihren Geschichten eine Welt der Umwelt- und Tierrechte, der Frauenrechte und insgesamt der Menschenrechte zu erschaffen! All dies kommt zwar immer mal wieder vor, aber Frauenfeindlichkeit in den Comics ist leider immer noch vorhanden und über Umwelt- und Tierrechte wird zu wenig geschrieben, ebenso wenig über Menschen mit Handicap, Menschen mit anderen Hautfarben oder über die LGBTQ+-Szene. All dies, auch wenn gewisse Kräfte das gern ausblenden, gab es schon immer und gibt es auch weiterhin – die Natur in all ihrer unendlichen Vielfalt ist Vorbild, auch in Bezug auf menschliche Vielfalt.


Genre: Comic, Frauenrechte, Umweltrechte
Illustrated by Egmont Ehapa

Micky Maus Magazin (MM) 20

Inhalt

Feinschmeckercomic „Erfolgsrezept“: Onkel Dagoberts Restaurant läuft nicht gut. Die Leute wünschen sich einfaches, schmackhaftes Essen und keine überteuerte, gehobene Kulinarik. Donald fühlt sich aufgrund seiner Kocherfahrungen mit Hausmannskost zu Höherem berufen und bietet an, für das Restaurant zu kochen. Seine Neffen und Daisy helfen mit, aber Donald verschätzt sich und die Neueröffnung wird ein Desaster. Starkoch Nelson Knüller soll es richten, aber bekommt er dieses Chaos überhaupt noch in den Griff?

„Duell der Drohnen“: Rudi hat sich eine Drohne gekauft, die er ausprobieren will. Dabei kommt er einem Mini-Raumschiff in die Quere, das nach einem Zusammenprall abstürzt.

Donni Duck „Zeitungszoff“: Der kleine Donald alias Donni will unbedingt ein neues Spiel haben, aber Oma Duck gibt ihm nicht das Geld dafür. Das soll er sich als Zeitungsjunge selbst verdienen. Weil aber seine Lieblingsfeindin Raffaela schon als Austrägerin eingestellt ist, verhandelt Donni mit ihr: Er fährt für einen bestimmten Betrag die Tour – bis er merkt, dass er über’s Ohr gehauen wurde.

„Die widerspenstige Henne“: Oma Duck hat eine Henne im Stall, die macht, was sie will. Und brüten will sie nicht. Was tun?

„Das Geheimnis der Dinos“: Um sein Vermögen zu mehren, macht Onkel Dagobert mit seinen Neffen einen Krater im Meer ausfindig, in dem ein Asteroid eingeschlagen ist. Aber er hat nicht damit gerechnet, dass er dort auch noch Dinos vorfindet.

Geschichten mit Botschaften: sozial, tierfreundlich, gegen Ausbeutung, aber zu wenig People of Color

Das Magazin wartet mit 2 Rätselcomics, einem Interview mit Starkoch Nelson Müller und einem Rezept, Witzen, Tipps, Tricks, dem Entenkurier, Extrawissen zu wichtigen Monatstagen und 5 unterschiedlichen Geschichten auf.

In der Titelgeschichte „Erfolgsrezept“ tritt Starkoch Nelson Müller als Nelson Knüller auf. Es ist gut, dass Menschen mit anderer Hautfarbe Eingang in das Entenhausener Universum finden. Allerdings würde ich mir genau das deutlich mehr wünschen, denn obwohl das Walt-Disney-Universum aus Amerika stammt und sehr viele Afroamerikaner*innen in den USA leben, kommen andersfarbige Darsteller*innen kaum vor; im Übrigen auch keine Indigenen. Da besteht dringend Nachholbedarf! Selbst wenn hier Nelson Müller einen Auftritt hat, ist es leider doch nur ein kurzer Gastauftritt – kaum ist er im Restaurant, schon wird er von Donald wieder hinauskomplimentiert. Und Donald glänzt in dieser Geschichte nicht mit Menschlichkeit, sondern ist nur auf sein eigenes Wohlergehen bedacht und sich nicht zu schade, Ideenklau zu betreiben. Da denkt man doch automatisch an Ideenklau im Internet oder in wissenschaftlichen Arbeiten…

In „Duell der Drohnen“ lernt Rudi das gute Gefühl zu schätzen, hilfsbereit zu sein. Hilfsbereitschaft ist essentiell für ein soziales Miteinander. Der Comic spricht allerdings auch die Kehrseite an: Es gibt immer Leute, die Hilfsbereitschaft ausnutzen, damit asozial handeln und dazu beitragen, dass anstatt Vertrauen sich Misstrauen breitmacht – mit den entsprechenden Konsequenzen.  Die Ausnutzer*innen von denen zu unterscheiden, die wirklich Hilfe brauchen, ist allerdings manchmal nicht so einfach.

In „Zeitungszoff“ sieht man im Kleinen das Prinzip des reinen Kapitalismus ohne die soziale Marktwirtschaft: Unterbezahlung und das ständige Über’s-Ohr-Hauen kommen einem in der Realität doch sehr bekannt vor. Und der Comic zeigt sehr eindrücklich, wohin so ein Mist letztlich führt: Echte Wertschätzung bzgl. der Finanzen und der Arbeitskraft sehen definitiv anders aus.

„Die widerspenstige Henne“ zeigt, dass auch unter guten Bedingungen gehaltene Hennen (Bio-Haltung) letztlich nur dazu dienen, Eier zu liefern – in Dauerschleife, ohne Pause. Dagegen wehrt sich eine Henne und macht Oma Duck klar, dass sie ein Lebewesen und keine Maschine ist. Das erinnert sehr daran, was der Tierschutz immer bzgl. Haltungsbedingungen und Speziesismus beklagt. Aber auch gerechte Arbeitsverteilung ist ein Thema: Die Frau (Oma Duck) macht die ganze Arbeit, während sich der Mann (Franz) ausruht. Irgendwann führt das dazu, dass die Frau eine solche ungerechte Arbeitsteilung nicht mehr mitmacht, wie Oma Duck beweist.

„Das Geheimnis der Dinos“ zeigt, dass man nicht immer alles zu Geld machen muss – und die geldgierige Vorgehensweise etwas viel Wertvolleres zerstört, nämlich archäologische Funde.

Fazit

Die Geschichten sind eingängig und spannend, aber auch hintersinnig, wenn man sich mit den versteckten Botschaften beschäftigt.


Genre: Comic
Illustrated by Egmont Ehapa

„Der Kolumbusfalter“ und andere Abenteuer (LTB 1)

Cover Jubiläums-Produkte 100 Jahre Disney.

Vorab

Zum 100-jährigen Jubiläum von „Walt Disney Company“ hat Ehapa u.a. das erste Lustige Taschenbuch (LTB) neu aufgelegt. „Der Kolumbusfalter“ von 1967 ist dabei laut Verlag der „Auftakt zu Tausenden Geschichten, die noch folgen werden“.

Beim Lesen dieser ersten LTB-Geschichten ist mir eins sofort ins Auge gesprungen: Die einzelnen Geschichten werden durch eine Überleitung miteinander verbunden. Das kenne ich von den neueren LTBs nicht mehr, würde es mir aber für sie zurückwünschen, da man so besser von einer Geschichte in die nächste hinübergleiten kann. Ich empfinde das als sehr angenehm.

Inhalt

„Der Kolumbusfalter“: Gitta Gans hat wegen der ständigen Absagen Onkel Dagoberts zu einem Geschäftseinstieg ein eigenes Geschäft aufgemacht, das mittlerweile so gut läuft, dass es dem alten Geizkragen Konkurrenz macht: Bunte, handbemalte Stoffe nach originellen Mustern finden bei den Kund*innen reißenden Absatz. Onkel Dagobert schickt deshalb Donald und dessen Neffen los, um herauszufinden, warum Gitta so viel Erfolg hat. Was er nicht weiß: Seine Neffen spielen bei Gittas Erfolg eine Schlüsselrolle. Außerdem ist noch ein Schatz im Spiel, zu dem wiederum ein Schmetterling der Schlüssel sein soll.

„Die Zebra-Muschel“: Neuerdings interessiert sich Donald für seine Bildung. Deshalb besucht er eine Vortagsreihe über die Weichtiere des Meeres. Aber Onkel Dagobert hat anderes mit ihm im Sinn: Donald soll herausfinden, warum Dagoberts Kokosnuss-Plantagen vor dem Aus stehen. Donald und seine Neffen finden tatsächlich den Übeltäter und außerdem entdecken sie den wahren Wert der Zebra-Muschel.

„Der Gespenster-Schatz“: Donald als barmherziger Charakter bietet im Gegensatz zu seinem hartherzigen Onkel Dagobert einem heimatlosen Geist Zuflucht. Der Geist erzählt ihm aus Dankbarkeit von einem Schatz – allerdings wird dieser Schatz von anderen, nicht so freundlich gesonnenen Geistern bewacht.

„Donald im Jahre 2001“: Onkel Dagobert merkt, dass er alt wird und will deshalb prüfen, wer von seinen Neffen am besten dafür geeignet ist, seine Nachfolge und sein Erbe anzutreten. Deshalb schickt er Donald in das Jahr 2001 um zu sehen, was Donald mit seinem Erbe macht: verprassen, auf der faulen Haut liegen? Nein, noch schlimmer. So schlimm, dass Donald eine folgenschwere Entscheidung trifft.

Der gewisse Mehrwehrt, das Frauenbild und kapitalistisches Denken

Was ich mir von dieser Neuauflage gewünscht hätte: Nicht nur eine Wiederauflage der Storys selbst, sondern Hintergrundwissen z.B. zur Entstehung der Geschichten. Je eine Seite dazu wäre schön gewesen, um den Leser*innen einen gewissen Mehrwert zu bieten.

Außerdem hätte ich mir – wie immer – mehr weibliche Beteiligung gewünscht. Wobei es mich gefreut hat, dass Gitta Gans in der Rolle als unabhängige und erfolgreiche Geschäftsfrau dargestellt wird, die zudem einem alteingesessenen Mann ernsthafte Konkurrenz macht – zumal Dagobert (wie leider ebenfalls immer) verächtlich von Gitta spricht, sie abwertet und somit überhaupt nicht mit ihrem Erfolg rechnet. Bei ihm greift das hochpatriarchale Bild der Frau, die dumm ist und nichts kann. Das wird hier wohltuend auseinandergenommen. Allerdings spielt Gitta trotzdem nur am Rande eine Rolle; sie taucht nicht als Hauptfigur im Abenteuer auf. Ansonsten hat man als Leser*in den Eindruck, dass Frauen bis auf (äußerst) kurze Nebenauftritte im Duck’schen Universum keinerlei Rolle spielen. Entenhausen und alle Orte, die Abenteuer bieten, sind männlich: alle Haupt- und Nebencharas, alle Gesprächspartner, alle Ganoven, Gespenster usw. – männlich. Sehr unangenehm bis störend für die weibliche Leserschaft…

Was hier ebenfalls sehr gut zu sehen ist, v.a. bei Onkel Dagobert und Donald: Was richtet purer Kapitalismus ohne ethisches Handeln an? Auf die Spitze getrieben wird das in der letzten Geschichte, als Donald merkt, was aus ihm im Jahr 2001 geworden ist – er entscheidet sich deshalb lieber für seine Menschlichkeit als für den vermeintlichen Geldsegen und gegen das pure Wirtschaftsdenken, das umfassend alles, was Humanität ausmacht, vernichten würde. Ein klares Statement für vernünftiges Denken mit Gewissen! Das hat auch und gerade heute Aktualität, wenn man bedenkt, was Kapitalismus den Menschen und der Natur antut – Klimakatastrophe, konventionelle Landwirtschaft mit Pestiziden und Massentierhaltung inklusive Methan und CO2-Freisetzung in rauen Mengen, sowie Ausbeutung von Arbeiter*innen (hallo, Donald) und umfassender Umweltverschmutzung lassen grüßen, ebenso die Verhinderung der längst notwendigen Verkehrswende!

Fazit

Das erste LTB har sowohl Gutes als auch Schlechtes. Das Gute sind die Verbindung der einzelnen Geschichten und kurzweilige Abenteuer. Außerdem sagt Donald in einer der Geschichten dem kapitalistischen Denken ohne Ethik den Kampf an. Das Schlechte: Das Duck’sche Universum ist zu 99% männlich. Nur hin und wieder ist eine Frau in Sicht, dann aber auch nur kurz bis äußerst kurz.


Genre: Comic, Frauenbild, Kapitalismus
Illustrated by Egmont Ehapa

Disney 100: Lustiges Taschenbuch (LTB Sonderausgabe)

Cover Jubiläums-Produkte 100 Jahre Disney

Verbindung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

Zur Feier von 100 Jahren Disney hat Ehapa letztes Jahr viele verschiedene Extras rausgegeben, u.a. dieses LTB. Es widmet sich 8 der ältesten bekannten Disney-Filme rund um Micky, Goofy und Donald Duck. Wo sich später die Wege von Micky und Donald eher trennen – Micky erlebt mehr Abenteuer mit Goofy, Donald mit seinen Neffen, Daisy und Onkel Dagobert – sind die 3 Hauptcharaktere in den frühen Episoden noch beisammen. Das vorliegende LTB ist so aufgebaut, dass zunächst Infos (Inhalt und Entstehungsgeschichte) sowie Bilder aus einem der bekannten frühen Filme den Leser*innen verständlich und prägnant nahegebracht werden und dann eine Hommage an den jeweiligen Film kommt, die je 100 Jahre in der Zukunft liegt. So werden mit ähnlichen Geschichten und sichtbar an die frühen Zeichnungen angelehnten Charakteren Vergangenheit und Zukunft verbunden. Die Gegenwart ist die Leser*innenschaft, die diese Abenteuer verfolgt.

Inhalt

Der Band beginnt mit einer Hommage an den Film „Lonesome Ghosts“ von 1937. Im Original rufen die Geister ihre Geisterjäger selbst und erlauben sich den ein oder anderen Spaß mit Micky, Goofy und Donald. Die Hommage „Gute Geister“ spielt neben diesem Film auch auf die „Ghostbusters“ aus den 80ern an: Micky, Goofy und Donald sind passionierte Geisterjäger, allerdings leider meist ohne Auftrag. Als sie schon fast aufgeben wollen, erhalten sie einen Auftrag des Verwalters der Villa Rabenstein, der eine Präsenz in der Villa spürt. Als die 3 Freunde nachschauen, finden sie nicht nur Geister, sondern auch Kater Karlo.

In „Trailer Horn“ von 1950 ärgern A- und Behörnchen Donald bei einem Campingausflug. In der Hommage „Außerirdischer Ausflug“ will Donald mit seinem schmalen Budget auf einem abgelegenen Planeten Urlaub machen und trifft dabei auf Y- und Z-Hörnchen. Die beiden wollen ihm nichts Böses, verursachen aber Chaos, weil sie Situationen gänzlich anders interpretieren als Donald.

„Mr. Mouse takes a trip“ von 1938 begleitet Micky und Pluto bei einer Eisenbahnfahrt nach Pomona. Schaffner Kater Karlo erlaubt aber keine Tiere im Zug, sodass sich eine wilde Verfolgungsjagd entwickelt. In der Hommage „Micky Maus macht einen Alltrip“ trifft Micky zwar auch auf Kater Karlo, diesmal aber ist der Kater der blinde Passagier, der Micky seine Fahrkarte klaut, und Pluto der gestrenge Schaffner.

In „Mickey’s Fire Brigarde“ von 1935 kämpfen die 3 Freunde nicht nur mit dem Feuer, sondern auch mit wild gewordenen Geräten. Die Hommage „Feuerkämpfer von morgen“ zeigt die 3 als Neulinge bei der Feuerwehr, die anstatt eines modernen, fliegenden Fahrzeugs ein altertümliches, klappriges Auto zugeteilt bekommen. Nur Mickys unerschütterlicher Optimismus rettet die 3 vor der vollständigen Blamage im Kampf mit einem wild gewordenen feurigen Außerirdischen, den Kater Karlo gefangen hat.

Noch tollpatschiger stellen sich alle 3 in „Boat Builders“ von 1938 an. Ohne jegliche Fachkenntnisse, aber mit viel Enthusiasmus versuchen sie ein Boot zu bauen. Mit ebenso wenig Fachkenntnissen gehen die 3 in der Hommage „Die Raumschiffbauer“ ans Werk. Nur dass hier die ausgebildeten Gärtner einem Meteoriten gegenüberstehen, der Kurs auf ihre Raumstation nimmt – der Raumschiffbau ist also überlebenswichtig und muss gelingen!

„Mickey’s Trailer“ von 1940 begleitet die 3 Freunde auf einem Campingtrip, der aus dem Ruder läuft – im wahrsten Sinn des Wortes. In der Hommage „Mickys Mars-Mission“ leben die 3 auf einer Station auf dem Mars und wollen das wilde Leben des Marses außerhalb der Station mit einem Campingwagen erkunden. Dabei werden sie begleitet von einem alten, kleinen Roboter, der den vollautomatischen Campingwagen als seine „Mama“ betrachtet – und dabei die Abenteurer ins Chaos stürzt.

1937 kam „Clock Cleaners“ heraus. Auch da passieren den 3 Freunden immer wieder Missgeschicke und Unfälle, als sie eine riesige Glockenuhr reinigen wollen. In der Hommage „Roboter-Reiniger“ müssen Micky, Goofy und Donald einen alten Riesen-Roboter säubern – den ersten seiner Art, der auf einer Parade mitmarschieren soll. Allerdings entwickelt das Getriebe nicht nur ein Eigenleben, sondern der Robo wird vom Phantom für seine eigenen Zwecke missbraucht.

In „Thru the mirror“ von 1936 schläft Micky nach dem Lesen von „Alice hinter den Spiegeln“ ein und träumt ein ähnlich surreales Abenteuer mit skurrilen Objekten. Die Hommage „Durch das Betaversum“ zeigt den Programmierer Micky, wie er versucht, das verrückt gewordene Spiel „Wonderversum“ wieder in den Griff zu bekommen.

Was alles in den Geschichten steckt

Die Hommage der einzelnen Filme orientiert sich in der Gestaltung vom Micky, Goofy und Donald sehr an den Originalfilmen, während das übrige Setting futuristisch ist (Science Fiction). Die Zeichenstile sind in der jeweiligen Hommage sehr unterschiedlich – sie reichen von sehr eckig und in Grundfarben bis hin zu detaillierter ausgemalten Panels, die z.T. an Buntstiftzeichnungen erinnern. Alle Comics greifen die Originalstory auf, bauen aber neue Elemente ein, die die Story z.T. in eine ganz andere Richtung lenken.

In „Gute Geister“ bekommt Kater Karlo, der als Gegenspieler im Original zwar angedacht, dann aber verworfen wurde, doch noch seinen Auftritt. Und die Geister machen sich keinen Scherz mit den Geisterjägern, sondern brauchen im Gegenteil deren Hilfe. In „Mr. Mouse takes a trip“ findet sich übrigens ein Detail, dass Harry Potter-Fans kennen dürften: Micky fährt von Gleis 16 ¾ ab. Ein wenig erinnert der alte Robo aus „Mickys Mars-Mission“ an den Film „Wall-E – der Letzte räumt die Erde auf“.

„Durch das Betaversum“ ist wie der Original-Film eine Anlehnung an Lewis Carolls Bücher „Alice im Wunderland“ und „Alice hinter den Spiegeln“. Walt Disney war viele Jahre lang fasziniert von den Geschichten Carolls und hat sie in diversen Filmen verarbeitet. In der Hommage wird deutlich, dass zu optimistische Technikgläubigkeit zu Problemen führen kann. Die Furcht, dass sich KIs selbstständig machen können, wird hier aufgezeigt und in einer konstruktiven Weise verarbeitet: Micky nimmt sich des Problems an, versucht zu ergründen, warum sich das Programm gegen Menschen wehrt, und behandelt die KI letztlich wie einen Menschen und kommuniziert mit ihm, um für alle eine gute Lösung zu finden. Das Wonderversum ist mit einzelnen seiner Charaktere angelehnt an das Wunderland.

Ansonsten zeigen die Geschichten, das eine ausgewogene Mischung aus Freundlichkeit (Goofy), Pessimismus (Donald) und Optimismus (Micky) letztlich einen guten Sinn für die Realität ergeben. Schade, dass dieses tolle Dreiergespann heutzutage kaum noch zum Einsatz kommt.

„Feuerkämpfer von morgen“ enthält den amerikanischen Traum: Micky, Donald und Goofy arbeiten sich von unten nach oben, bleiben dabei aber auf dem Boden der Realität und schätzen auch Altes wie das alte Feuerwehrauto (Liebe zum Oldtimer), denn auch Altes hat seinen Wert und seinen Sinn, u.a. als Blick in die Vergangenheit und Entwicklung der Geschichte. Die Geschichte ist immer eine Lehrmeisterin für das Jetzt und die Zukunft.

„Die Raumschiffbauer“ betonen immer mal wieder nebenbei, wie wichtig die Natur für den Menschen ist – als Basis für sein Leben, denn ohne sie kann er nicht leben. Wer denkt da nicht an die gar nicht so aktuelle Klimakatastrophe, die schon voll im Gang ist? Deshalb retten die 3 zuerst die Pflanzen und nicht sich selbst: Pflanzen als Grundstock für jedes Leben, weil sie Sauerstoff produzieren und als Nahrung dienen.

Donald macht u.a. in „Außerirdischer Ausflug“ deutlich, dass der Mensch nicht immer nur im Arbeitsmodus laufen kann, ohne sich irgendwann zu erschöpfen. Er braucht Pausen, ein Gleichgewicht zwischen Arbeit und Erholung. Das Chillen wird zwar von den anderen immer wieder als „Nichtstun“, „Nichtsnutz“ und „Faulpelz“ verschrien, ist aber lebenswichtig, um kein Burnout zu bekommen. Donald macht es vor, auch wenn er da manchmal übertreibt.

Micky steht für Durchhaltewillen und bodenständigen Optimismus, der immer wieder Lösungen für schwierige Situationen findet. Und Goofy ist mit seiner allumfassenden Freundlichkeit ein soziales Vorbild gerade für Männer, deren Rollenklischee leider die positiven Gefühle und das soziale Verhalten als „Schwäche“ bezeichnet und stattdessen destruktive Gefühle und Aggressionen bevorzugt – der Mann soll letztlich als Kanonenfutter, als aggressive Kriegsmaschine für den Krieg dienen oder besser gesagt missbraucht werden; da sind Verletzlichkeit, Freundlichkeit, positive Gefühle und überhaupt Menschlichkeit fehl am Platz. Dabei sind gerade diese Eigenschaften das Fundament der Gesellschaft und müssen von Männern dringend wieder gelernt und zugelassen werden.

Frauen? Fehlanzeige!

Auf dem Cover sind sie noch zu sehen, in den Geschichten spielen sie allerfings, wenn überhaupt, nur eine Nebenrolle: Frauen in Entenhausen. Dabei tritt Minnie Maus schon 1928 in Erscheinung, Daisy Duck als Donna Duck 1937, Klarabella als Kuh ohne Namen 1928, als Kuh mit offiziellem Namen 1930. Es hätte also durchaus einige Möglichkeiten gegeben, auch die Frauen mit ins Boot zu nehmen und eine Hommage an sie zu verfassen. Warum das nicht getan wurde, darauf kann sich jede*r selbst einen Reim machen… Jedenfalls ist das nicht nur eine vertane Chance für die Gleichberechtigung, sondern auch eine Schande, dass wieder einmal im – nett formuliert – konservativen Disney-Universum Frauen ignoriert/ an den Rand gedrängt oder klassisch im Rollenklischee gefangen gehalten werden!

Fazit

Das Buch ist eine schöne Hommage an die Disney-Figuren und durchaus mit (in)direkten konstruktiven Botschaften versehen. Allerdings fehlen auch hier wieder einmal die Frauen, obwohl es durchaus einige Möglichkeiten gegeben hätte, die weiblichen Figuren zu feiern – sie waren schließlich früh genug mit an Bord!


Genre: Comic, Hommage, Humor, Jubiläum, Menschlichkeit, Science-fiction, Umwelt
Illustrated by Egmont Ehapa

Asterix 40: Die weiße Iris

Die Moral der römischen Truppe ist auf dem Tiefpunkt – anstatt Eroberungen wollen die Römer lieber Friede, Freude, Eierkuchen. Cäsar ist erbost, dämpft das doch seine Eroberungsgelüste. Visusversus, der oberste Medicus von Cäsars Armeen, bietet als Lösung seine Methode der „Weißen Iris“ an: gesunde Ernährung statt Einheitsbrei und positives Denken soll glückliche und damit kampflustige Legionäre erzeugen. Außerdem erhält er von Cäsar den Auftrag, die Gallier zu unterwerfen.

Visusversus benutzt seine Methode, um den Galliern Sanftmut einzuhauchen. Die erreicht er durch Euphemismen und Lobhudelei, aber auch durch regionale und gesunde Küche. Allerdings ist das nicht allen Gallier*innen recht und Visusversus verfolgt mit seiner Methode immer noch nichts Geringeres als die Unterwerfung des gallischen Dorfes. Unmerklich arbeitet er sich zu einem unverzichtbaren Ratgeber hoch und manipuliert die Gallier*innen zu seinen Gunsten.

Althergebrachtes = positiv <=> grünes, umweltbewusstes, soziales Denken = negativ => Die konservative Keule schlägt zu!

Der neueste Asterix-Band erinnert an einen Vorgänger: Auch in „Der Seher“ versucht Cäsar die Gallier durch einen Meinungsmacher unter Kontrolle zu bekommen. Waren es in jenem Band noch scharlatanerische Weissagungen, werden hier eigentlich gute Ideen dazu missbraucht, um sich darüber lustig zu machen. Wie schon beim Thema Feminismus in „Asterix und Maestria“ schlägt die konservative Keule zu und untergräbt nach gut patriarchalischer Manier mit dem Mittel des Lächerlichmachens fortschrittliches Denken.

Natürlich sind reiner Positivismus und positives Denken ohne Realitätsbezug kritisch zu hinterfragen, ebenso wie Euphemismen, die die Realität verschleiern, anstatt Probleme beim Namen zu nennen und sie zu lösen. Ebenso ist Scharlatanerie kritisch zu hinterfragen und neue Ideen, die als alleiniges Allheilmittel hingestellt werden. Visusversus verkörpert all das, was an guten Ideen pervertiert werden kann. Es ist gut und richtig, dass der Comic das anspricht.

Allerdings ist wirklich auffällig, wie konservativ und rückschrittlich die Asterix-Bände (auch in Bezug auf Konkurrenz wie Manga, s. „Gallien in Gefahr“) bei dringendst nötigen Verbesserungen der Lebensqualität, der Gesundheit, der Abschaffung von Diskriminierung und damit der Gleichberechtigung, gesunden Ernährung und für ein friedliches, soziales Miteinander sind. Das patriarchale Denken ist in Asterix tief verwurzelt und wird nicht kritisch hinterfragt. Stattdessen wird gegen alles, was nach Veränderung des Altgewohnten (aber nicht unbedingt des Besten) riecht, gewettert, es verteufelt und abgewertet.

In diesem Band bedeutet das wie in den anderen Bänden, dass man fortschrittliches Denken, das die Welt tatsächlich ein Stück weit besser machen könnte, als Feindbild sieht, indem man diese Ideen z.B. den Römern (dem Feind) unterschiebt und damit böse Absichten verbindet und unterstellt. Damit werden gute Ideen schon von vorneherein als „schlecht“ stigmatisiert. Stattdessen wird das Altgewohnte wie der übermäßige Konsum von Fleisch (der allerdings wenigstens einmal in „Der Avernerschild“ halbwegs kritisch beleuchtet wird, wobei aber auch da nur der medizinische Ansatz der Kur wirklich kritisiert wird, Majestix aber trotz Krankheit wieder zu alten (Fr-)Essgewohnheiten zurückkehrt) , das Einhalten der Rollenklischees, das Lächerlichmachen der Kunst/Musik in Form von Troubadix (sehr bezeichnend, weil die Kunst eine kritische Begleiterin und Reflektorin des jeweiligen Zeitalters/Zeitgeistes ist), das Abwerten von unabhängigen, starken Frauen und destruktives Verhalten wie Aggressionen in Form von Streit bis hin zum Krieg propagiert. Alles das ist klassisch patriarchalisch und in seinen Auswirkungen sehr destruktiv wie z.B. das Buch „Was Männer kosten: Der hohe Preis des Patriarchats“ oder „Die Wahrheit über Eva“ anschaulich beschreiben.

Wertschätzendes Denken, dass man im jeweiligen Gegenüber auch die guten Seiten sieht, die umfassend guten Auswirkungen gesunden Essens auf Körper und Umwelt – all das wird hier pervertiert und negiert, indem man es dem Feind unterschiebt und damit feindselig betrachtet. Das ist nicht nur sehr schade, sondern auch schädigend für unkritische Leser*innen, die unbewusst ein solches Gedankengut übernehmen und als gut befinden, v.a. weil Asterix ein beliebter Comic und damit sehr einflussreich ist.

Natürlich könnte man entgegnen, dass auch die Gallier selbst ironisiert werden, aber für meinen Geschmack ist das zum einen nicht deutlich genug (es geht eher in die Richtung des liebevollen Konterkarierens) und zum anderen kommen andere Ideen tatsächlich deutlich schlechter weg.

Althergebrachtes ist nicht immer schlecht, aber auch nicht immer gut; besonders schädigende Traditionen und Gewohnheiten müssen auf den Prüfstand und durch bessere ersetzt werden. „Asterix“ könnte all das fortschrittlicher gestalten, bleibt aber stattdessen in der Vergangenheit stecken und wehrt sich buchstäblich mit Händen und Füßen gegen jedwede Art von Verbesserung.

Diverses

Der Band ist gewohnt humorvoll gestaltet, aber wegen all dem, was letztlich dahintersteckt, kann einem wirklich das ein oder andere Mal das Lachen im Hals steckenbleiben.

Anspielungen: u.a. Hamlet, Star Wars, Die Prinzen: Das alles ist Deutschland, griechisches Schönheitsideal, Warten auf Godot, positivistisches Denken, Die letzte Generation, Vertreter konventioneller Ideen, gesundes Essen.

Fazit

Der Band vertritt sehr entschieden Althergebrachtes, ohne es tatsächlich kritisch zu hinterfragen. Stattdessen werden Fortschritt und neue Ideen, die die Welt besser machen würden – wie Frieden, Wertschätzung, gesundes Essen – erbittert bekämpft und der Lächerlichkeit preisgegeben. Das schadet langfristig der beliebten Serie!


Genre: Comic, gesundes Essen, konservativ, soziales Denken
Illustrated by Egmont Ehapa

Sandman – Albtraumland 1

Sandman – Albtraumland . “Aber jetzt wird alles immer nur noch schrecklicher. Alles fällt auseinander, und am besten man betäubt sich…“, resümiert Flynn und schwelgt im Auftakt gleichzeitig in ihren Erinnerungen. Schließlich ist es das, was am Ende von uns allen überbleibt: Erinnerungen.

Neues aus dem Reich der Träume

Dream, der Herr der Träume, schuf einst den Korinther, einen lebenden Albtraum mit Zähnen statt Augäpfeln, der zum brutalen Serienkiller in der realen Welt wurde. Nun soll genau dieser Albtraum einen anderen Albtraum aufhalten, den lächelnden Mann, der Jagd auf Menschen macht, darunter die junge Künstlerin Madison Flynn. Aber hinter der sind ausgerechnet auch die höllischen Killer Mr. Agony und Mr. Ecstasy her. Ein bißchen erinnern die beiden an die Killer aus Pulp Fiction, Vincent Vega und Jules Winnfield, kommen sie doch ebenfalls in geschniedelten, schwarzen Anzügen daher. Die junge Madison scheint von einem Albtraum zum andern zu wandeln, ein wahres “Albtraumland” eben. Dabei kommen gleich mehrere Zeichner:innen zum Einsatz, aber das Skript stammt von James Tynion IV, der schon mit dem Batman franchise at DC Comics, der DC Black Label Serie The Nice House on the Lake und der Serie The Department of Truth and Something Is Killing the Children glänzte. 2022 gewann er drei he Eisner Awards für sein Werk.

Für Fans des Horrors und schwarzen Humors

Kann man einen Traum töten? Kann man eine Idee töten“, fragen Mr. Agony und Mr. Ecstasy zurecht. Rund 35 Jahre ist es nun her, dass Neil Gaiman seinen SANDMAN erschuf, der zweifellos einer der revolutionärsten und besten Comics der Moderne war. Jetzt präsentiert Bestsellerautor James Tynion IV (BATMAN, DER JOKER) mit Zeichner Lisandro Estherren (Redneck) und anderen namhaften Künstlern wie Yanick Paquette (SWAMP THING) und Andrea Sorrentino (Old Man Logan, ICH, DER VAMPIR) eine neue Geschichte aus dem Sandman-Kosmos, der inzwischen auch als Netflix-Serie durch den Äther geistert. Besonders hervorzuheben ist noch die Zeichnerin Maria Llovet, die das letzte Kapitel des vorliegenden Bandes gestaltete. Sie stammt aus Barcelona und ihr Portfolio umfasst Faithless von Brian Azzarello, There’s Nothing There, Heartbeat, Spera: Ascension of the Starless, aber auch ihre eigenen Graphic Novels Loud! und Eros/Psyche. Eine Leseprobe befindet sich hier.

James Tynion IV/Lisandro Estherren
Sandman – Albtraumland 1 – Der Lächelnde Mann
Original Storys: Sandman Universe: Nightmare Country 1–6
2023, Softcover, 164 Seiten
ISBN: 9783741629778
Panini
19,00 €


Genre: Comic
Illustrated by Panini Comics

Micky Maus Magazin (MM) 16

Inhalt

Dagobert Duck „Der verlorene Schatz“: Dagobert will nach dem zweiten Teil der Schatzkarte des Augustus suchen. Ihm dicht auf den Fersen sind Klaas Klever, mit dem er eine Wette abgeschlossen hat, und die Panzerknacker. Dagoberts und Donalds Suche führt alle Beteiligten nach Deutschland in die Städte Berlin und Köln und endet mit einer Überraschung.

Donald Duck „Supernavi“: Donald will Daisy mithilfe von Daniel Düsentriebs Supernavi finden. Ob das gut geht?

Tick, Trick und Track „Die Kraftprobe“: Die Drillinge und ihr Freund Ole treten gegen die beiden Kraftprotze der Schule an.

Donald Duck „Voller Tatendrang“: Auf einem Camping-Urlaub entdeckt Donald seinen Tatendrang.

Minnie Maus „Starker Stubentiger“: Minnie Maus‘ Freundin, die Tierärztin ist, sorgt sich um ihre neueste Patientin, denn die Tigerdame will trotz guter Behandlung nicht genesen.

Donald Duck „Donald und die Detektive“: Donald nimmt einen Job als Babysitter eines verwöhnten Bengels an. Das ist nicht so einfach wie gedacht, birgt aber für alle ein Abenteuer und eine positive Überraschung.

Die Ducks in Deutschland

Das Magazin wartet nicht nur mit vielen Abenteuergeschichten auf, sondern auch mit einer Geschichte, die in Deutschland spielt. Das ist das Besondere dieses Heftes. Ein wenig erinnert die Geschichte an „80 Tage um die Welt“, aber das Muster, dass Dagobert mit Rivalen wettet, ist schon aus anderen Geschichten bekannt. Die Wette als Klassiker verspricht Spannung, und die ist im Comic gegeben.

Mehr Abenteuer mit Mädchen und Frauen! Diversität sichtbar machen!

Wie schon ersichtlich, spielen Frauen und Mädchen nur eine marginale Rolle in diesem Band des Magazins. Meistens stellen Jungen und Männer die Hauptfiguren – schon die schiere Anzahl der Comics mit Donald, Dagobert und den Drillingen spricht für eine Fokussierung auf männliche Fans. Nur ein einziges Abenteuer ist Minnie Maus gewidmet. Dabei könnte man, wenn man wollte, durchaus genügend Geschichten um die weiblichen Hauptfiguren stricken (z.B. um Klarabella, Oma Duck oder Daisy), um so ein ausgewogenes Verhältnis herzustellen. Sollte als Gegenargument kommen, dass männliche Leser nicht so viele „Frauengeschichten“ lesen wollen – Leserinnen müssen sich schon seit Jahrzehnten mit dem Männerüberschuss im Comic arrangieren! Außerdem wäre wünschenswert, wenn sowohl männliche als auch weibliche Protagonist*innen weniger Rollenklischees transportieren und sich gegenüber der immer schon vorhandenen natürlichen (die Natur strotzt geradezu vor Diversität/Vielfalt!) und damit auch menschlichen Diversität öffnen würden.

Ein Anfang ist in diesem Band immerhin schon durch einen Rollstuhlfahrer gemacht. Natürlich wäre mehr in dieser Hinsicht ein Gewinn für die schon immer vielfältige Gesellschaft (auch wenn sich z.B. Homosexuelle früher und auch heute noch aufgrund von Strafverfolgung und Diskriminierung nicht outen konnten, aber es gibt sie seit Menschengedenken), deren Akzeptanz und deren Abbildung im Comic. Was „Die Kraftprobe“ schön zeigt: Menschen mit Handicap sind nicht behindert, werden aber von der Gesellschaft behindert. Und der angeblich Behinderte hat trotz Vorurteilen seine Stärken – auch körperlich. Dass das hervorgehoben wird, ist wichtig, denn Menschen mit Handicap kompensieren ihre Schwächen so, dass andere Sinne, Körperteile usw. zu ihren Stärken werden. In diesem Fall sind es die muskulösen Arme des Rollstuhlfahrers, die ihm einen Vorteil verschaffen. Ebenfalls gezeigt wird in diesem Comic, dass auch gegenüber den körperlich Starken Vorurteile herrschen können nach dem Motto „dumm, stark, wasserdicht und destruktiv“: Die körperlich starken Zwillinge sind entgegen aller Erwartungen gute Verlierer und erkennen die Stärken anderer an. Solche Comics würde ich mir mehr wünschen, denn sie transportieren mit leichter Hand und spannend Werte wie in diesem Fall u.a. Akzeptanz und Vielfalt und räumen Vorurteile aus.

Das Abenteuer mit Minnie stellt Tiere in den Mittelpunkt: Tiergerechte Haltung und das Eingehen auf die Bedürfnisse der Tiere kommt allen Beteiligten zugute. Dass auch Tiere einsam sein können und Gefühle haben, wird hier schön gezeigt. Der Mensch muss weg vom Speziesismus (d.h. der Mensch sieht sich als Maß aller Dinge und alle anderen Wesen sind ihm untergeordnet) hin zu einer ganzheitlichen, die Umwelt als Ganzes begreifenden Denkweise, wenn dieser Planet – und damit auch der Mensch! – überleben soll. Mehr Comics in Richtung Umweltbewusstsein und sozialem, kritischem Verhalten und Denken täten not, denn auch Comics übertragen Werte, sowohl konstruktive als auch destruktive, die die Kinder beim Lesen bewusst oder unbewusst adaptieren. Die Verlage stehen also durchaus in einer gesellschaftlichen Verantwortung und täten gut daran, nicht nur an Gewinnmaximierung zu denken.

Sonstiges

„Das Supernavi“ nimmt unkritische Technikgläubigkeit aufs Korn. „Donald und die Detektive“ zeigt das Dilemma Erwachsener auf: Geldverdienen hat im Notfall Vorrang vor Versprechen an die Kids und Pubertierende sind schwer zu händeln. Allerding zeigt das Abenteuer auch, dass Zusammenhalt u.a. in kritischen Situationen einiges bewirken kann.

Das Magazin wartet als Extra mit vier Reisespielen auf. Abwechslung bietet es durch die Rätselcomics „Der Wollpullover“ und „Flucht auf dem Motorrad“, Witze, dem Enten-Kurier, witzigem, informativem, kuriosem Extra-Wissen und Basteltricks.


Genre: Comic, Comic-Magazin
Illustrated by Egmont Ehapa

Lustiges Taschenbuch (LTB) 573: Traumreise

„Auf nach Tiki Tok“: Donald will endlich Urlaub und aus dem verregneten Entenhausen heraus. Eine dergestaltige Anfrage an Onkel Dagobert geht allerdings naxh hinten los: Er soll statt Urlaub zu nehmen Luxusreisenden zur Hand gehen. Die aber haben allerlei lästige Sonderwünsche. Auch die Panzerknacker wollen ein Stück vom Luxuskuchen. Weiterlesen


Genre: Comic
Illustrated by Egmont Ehapa

Moon Knight. Aus dem Reich der Toten

Moon Knight: Aus dem Reich der Toten

Ein Sammelband mit den neuesten Stories über Moon Knight, Marvels Ritter des Mondes, den Helden der gleichnamigen Disney+-Serie mit Oscar Isaac zeigt wie Marc Spector zu dem wurde, was er ist: ein Avatar des ägyptischen Mondgottes Khonshu.

Superheld mit schlechtem Gewissen

In diesem Sammelband erfinden gleich mehrere moderne Comic-Meister Marvels Mondritter völlig neu. Die Zeichner Declan Shalvey, German Peralta, Greg Smallwood und die Autoren Brian Wood, Cullen Bunn, Warren Ellis zeigen den als knallharten Beschützer aller Nachtschwärmer bekannten Superhelden von verschiedenen Perspektiven. Der detektivische Mr. Knight stellt sich als in weiß getauchter Rächer Serienkillern, Geistern, Terroristen, Monstern und anderen Albträumen. Denn er ist von den Toten auferstanden, weil er als verletzter Söldner zu den Füßen des ägyptischen Mondgottes Khonshu zum Erliegen kam. Allerdings muss dazugesagt werden, dass es nur eine Statue des ägyptischen Gottes war und Marc Spector – so der zivile Name Moon Knights – vielleicht doch eher der Taxifahrer Jake Lockley oder der schwerreiche Steven Grant sein könnte. In jedem Fall hat er eine dissoziative Störung, die ihm als guter Grund gilt, das zu tun, was ihm wirklich Spaß macht: Verbrecher jagen! Als Moon Knight hatte er Marlene Alraune und Jean-Paul Duchamp zu Freunden, kämpfte vorübergehend für die Westcoast Avengers und die Secret Avengers, wo er auch Tigra kennenlernte.

Moon Knight: dunkler noch als Batman

Der knallharte Rächer im Zeichen des Mondes verfügt allerdings über keine nennenswerten sozialen Beziehungen. Erwähnenswert wäre da vielleicht seine Psychiaterin, aber wer würde schon seine Therapeutin als Freundin bezeichnen? Dann gibt es da noch den Commissionar Flint, mit dem Mr. Knight mehr oder weniger zusammenarbeitet. Denn natürlich ist das alles nicht offiziell, was zwischen den beiden passiert. Etwa wenn er jungen Rekruten dabei hilft, ein Profil eines Serienkillers zu erstellen, den er dann erst recht selbst zur Strecke bringt. Ein kleiner Halbmond als Wurfgerät hilft ihm dann, den Widersacher zur Strecke zu bringen. Denn so lautlos wie seine Wurfgeschosse sind, so hell ist sein Anzug und seine Maske. In manchen Kulturen ist weiß eben die Farbe der Unschuld, in anderen die Farbe des Todes oder Verlustes. Als Sohn Khonshus legt er jedenfalls regelmäßig seine Beichte bei seinem Gott ab. In einer anderen Story geht es um einen Heckenschützen, der es auf seien ehemaligen Arbeitgeber abgesehen hat, eine Firma die mit der Wall Street zusammenarbeitet. In der Geschichte “Spieldose” wird Moon Knight von echten Punk-Geistern herausgefordert, seine Fäuste sind machtlos und dringen durch sie hindurch. Ihre Fäusten hingegen hauen ihn zu Brei.

Das Besondere an Moon Knight ist nicht nur sein Hintergrund, sondern auch die Inszenierung. Denn Moon Knight ist kein gewöhnlicher Held. Seine unterschiedlichsten Facetten kann man nun in diesem neuen Sammelband erkunden und sich darüber freuen, wie viele Künstler sich dieser Figur schon angenommen haben. Sein trockener Humor kann dann schon mal ein paar Geister in die Wüste schicken, die er gerade befreit hat. Denn was er bestimmt nicht brauchen kann, ist Gesellschaft. Schließlich hat er ja seine Mitternachtsmission, wenn er Leute kennenlernen will. Sollten Sie also auch zu den Nachtschwärmern gehören, Moon Knight ist für alle da.

Warren Ellis
Moon Knight. Aus dem Reich der Toten
Moon Knight Collection
(Original Storys: Moon Knight (2014) 1–17)
2023, Hardcover, 380 Seiten
ISBN: 9783741626289
Panini Verlag
49,00 €


Genre: Comic
Illustrated by Panini Comics

Moon Knight – Schwarz, Weiss und Blut

Moon Knight: “Schwarz, Weiss und Blut”

Schwarz, Weiss und Blut” ist eine Panini Reihe, die schon zu anderen Superhelden erschienen ist. Die vorliegende XL-Anthologie enthält knackige Kurzgeschichten mit Moon Knight in der Hauptrolle. Die Storys stammen von den unterschiedlichsten Autoren und Zeichnern. Mit dabei sind außerdem Spider-Man, der ägyptische Gott Anubis, Redblade, Dr. Strange, Vermin, Juggernaut, Blutfalter, Shesmu,

DIS: Vier in eins

Ich dachte der Rachedurst schwindet mit der Zeit.” Moon Knight ist der Avatar des ägyptischen Gottes Khonshu, der Monster, Räuber und Kultisten bis aufs Blut bekämpft. Als Mr. Knight ermittelt er manchmal auch im feinen Zwirn. Aber er tut sich auch mit Spider-Man zusammen, sucht Dr. Strange auf und reist ins All. Zudem treffen wir den Moon Knight der Zukunft. Aber wer genau ist dieser Moon Knight nun genau? Und wenn, wie viele? Marc Spector, die ursprüngliche Persönlichkeit von Moon Knight, ist ein Söldner, Steven Grant ein erfolgreicher Geschäftsmann und Jake Lockley, ein Taxifahrer mit guten Kontakten zur Unterwelt. In vorliegender Anthologie im Superformat XL kommen natürlich gleich aller drei Persönlichkeiten des Superhelden zum Einsatz. Besonders beeindruckend sind die Selbstzweifel, die ihn immer wieder plagen und ihm sogar Albträume bereiten.

Ägyptischer Priester auf Abwegen

Ich bin die Kur“, sagt eine Katze zu ihm im Traum. Katzen stehen in der ägyptischen Mythologie für die Göttin Bastet. Sie ist die Göttin der Liebe, der Fruchtbarkeit, der Freude, der Musik, des Tanzes und der Feste. Bastet wird gerne als Frau mit Katzenkopf dargestellt, aber Moon Knight bekommt es nur mit einer (roten) Katzenversion zu tun. In einem anderen Abenteuer bekommt er es mit einer geheimnisvollen russischen Söldnertruppe namens Volkov zu tun. Volkov macht die Drecksarbeit für einen Staat und setzt andere Regierungen unter Druck. Sie lagern am Ufer des Udambi und Moon Knight kann sie mühelos ausspionieren und ihnen das Handwerk legen. Aber auch bei einem Banküberfall kann Moon Knight aushelfen und den maskierten Räubern ins Handwerk pfuschen. Dieses Mal allerdings als Taxifahrer Jake Lockley. Selbstverständlich mit Backup seines Avatars.

Philosophie mit Fausthieben

Ich muss die Kontrolle über das letzte x von mir selbst gewinnen. Den Teil in mir, der verlieren möchte. Vielleicht sehnt sich dieser Teil nach der erlösenden Niederlage. Vielleicht will er, dass ich aufhöre. Aber wenn ich aufhöre…bin ich auf einem x. Und ein x bedeutet Tod. Spiel ist vorbei. Verloren.” Mr. Knight ist der Sieger, der nicht gewinnen will. Er kämpft die meiste Zeit mit sich selbst, mit seinen drei Persönlichkeiten und wünscht sich dass dieses Trilemma endlich ein Ende findet. So wünscht er sich einerseits eine Niederlage, um endlich gesund zu werden, aber andererseits kann er nicht verlieren. Denn gerade sein Defekt macht ihn ja so stark und unbesiegbar, dass er wohl für immer verflucht ist, diesen Ausnahmezustand aufrechtzuerhalten. Aber wie sagte schon Soren Kierkegaard: “Verstehen kann man das Leben nur rückwärts. Leben muss man es aber vorwärts“. Ein Dutzend Mondritter-Storys im riesigen Album-Überformat, die zeigen wie viel Kraft und Energie in einem Avatar stecken können. Einigkeit macht eben doch stark.

Ann Nocenti, Benjamin Percy, Jonathan Hickman, u. a.
Moon Knight – Schwarz, Weiss und Blut
(Original Storys: Moon Knight: Black, White and Blood 1-4)
Zeichner: Chris Bachalo, David Lopez, Jorge Fornés, u. a.
Autor: Ann Nocenti, Benjamin Percy, Jonathan Hickman, u. a.
202, XL-Hardcover, 140 Seiten
ISBN: 9783741629365
Panini
26,00 €


Genre: Comic
Illustrated by Panini Comics

Human Target 2

Tom King: Human Target 2

Human Target. “Man kann nicht seine ganze Zeit damit vergeuden, so zu tun, als wäre man ein anderer.” Christopher Chance hat noch drei Tage zu leben. Als Human Target schlüpfte er in die Rolle eines seiner Klienten und wurde so zur menschlichen Zielscheibe (engl.: Human Target). In dem zweiten Teil des zeichnerisch und erzählerisch aufsehenerregende Comics des Ex-CIA-lers Tom King wird Chance anstelle von Lex Luthor vergiftet. Die wenigen Tage, die ihm noch bleiben, verbringt er zwischen Fire und Ice.

Leben auf Knien, sterben im Stehen

Life’s a Beach“, steht auf einer Tasse aus der Christopher Chance den ihm von Rocket Red angebotenen Wodka trinkt. Zugegeben: der Erzählstrang des vorliegenden Comics setzt schon zwölf Tage vor Christopher Chances Ablaufdatum ein. Aber in seinem besten Moment, an Tag 3 vor dem Ende, entführen uns die Zeichner Greg Smallwood, Mikel Janín, Rafael Albuquerque in die kalifornische Wüste, wo sich eine Atmosphäre entwickelt, die man ohne Zweifel mit Antonioni (Zabriskie Point) vergleichen kann. Die beiden Charaktere Chance und Ice kommen sich darin so nahe, dass man die Spannung zwischen den beiden Körpern förmlich spüren kann und das Ableben Chances wird angesichts der Trauer von Ice geradezu erlebbar, so dicht schmiegen sich die beigefarbenen Liebenden in den Sand einer unendlichen Wüste.

Kalter Krieg und heiße Drinks

Natürlich steht diese Wüste auch für das Nirvana in das sich jeder von uns einmal begeben wird. Aber nicht jeder erhält vorher noch so eine Offenbarung wie Christopher Chance. “Life’s a Beach”, steht auf einer Tasse aus der Christopher Chance den ihm von Rocket Red angebotenen Wodka trinkt.Ice legt eine Pistole in seine Hand und kniet sich vor ihn hin. Ein Finale dessen Ausgang hier natürlich nicht verraten wird, dafür ein bißchen wie es dazu kam, dass es so kommen musste. “Ich sehe das so: jedermann hat die Pflicht sein wahres Gesicht zu zeigen. Sonst spielen wir doch alle nur ‘n dummes Spiel.

Der Sog der Welt

Man kann auch ohne Familie scheitern“, resümiert Christopher. Denn er will nicht wie sein Vater enden. Nicht auf den Knien und nicht auf Gnade hoffend. Christopher will sich seinem Schicksal stellen und die letzten Stunden mit Ice verbringen. Aber zuerst muss er noch seinen eigenen Mordfall lösen. Davon handelt dieser außergewöhnliche Comic, der durchaus auch als existentialistische Reflexion in erstaunlichen Bildern durchgeht. Zeichnerisch ist “Human Target” tatsächlich ein wahrer Genuss und zeigt während Christopher Chances letzten Tagen durchaus auch, wer als Verdächtiger in Frage kommt. Da wären etwa die Mitglieder der Justice League International, aber auch auch Fire, die beste Freundin von Ice. Oder vielleicht doch wer anderer? “Man tut, was man tut und nicht, was man denkt“, heißt es einer Stelle nicht umsonst. Mit dabei sind diverse Green Lanterns (Guy Gardner, G’nort), der russische Rocket Red, Blue Beetle sowie Booster Gold. “Ich spüre den Sog der Welt“, sagt Christopher als er von Rocket Red auf die Erde in den Ozean hinabgestossen wird. Ein wundervoller Satz voller Poesie und Dramatik, den man sich unbedingt aufschreiben sollte.

Tom King
Human Target 2
(Original Storys: Human Target 7–12, Tales of the Human Target 1)
2023, Softcover, 236 Seiten
ISBN: 9783741633195
Panini
29,00 €


Genre: Comic
Illustrated by Panini Comics