Von Männern, die keine Frauen haben

Frauen als Objekte

Der als bedeutendster Schriftsteller Japans geltende Haruki Murakami, hat mit seinem Band von sieben Kurzgeschichten unter dem deskriptiven Titel «Von Männern, die keine Frauen haben» ein für seinen Schreibstil typisches Werk vorgelegt. Man findet darin wieder seine durch amerikanische Vorbilder geprägte. lockere Art des Erzählens, die popkulturellen Anspielungen des ehemaligen Besitzers einer Jazzbar, die eingestreuten surrealistischen Elemente und viele Verweise auf klassische Literatur des Westens. Sein Stil ist hier vor allem auch durch eine feine Ironie geprägt, die immer wieder zu verblüffenden Szenen und Dialogen führt und zu einer amüsanten Lektüre beiträgt.

Die Titel der sieben Kurzgeschichten sind klug gewählt und stimmen den Leser von Anfang an auf den Inhalt dieser Erzählungen ein. So ist in der ersten Kurzgeschichte unter dem Titel «Drive my Car» ein Schauspieler Protagonist, der seinen Führerschein verloren hat und eine junge Frau engagiert, die ihn für die gesamte Zeit der Sperre in seinem geliebten gelben Saab-900-Cabriolet zu seinen Auftritten fährt. Eingeleitet wird diese Geschichte durch eine köstliche Einführung, in der Murakami über Frauen am Steuer sinniert. Der Beatles-Song «Yesterday» erinnert in der zweiten Kurzgeschichte über eine längst vergangene Liebschaft noch sechzehn Jahre später das ehemalige Paar ein verbindendes, traumartiges Erlebnis. «Das eigenständige Organ» erzählt von einem Arzt, der immer nur kurzzeitige Beziehungen zu Frauen hat und sich dann doch plötzlich hoffnungslos in eine verheiratete Frau verliebt, die schließlich überraschend ihn und ihren Mann verlässt. Er ist davon überzeugt, dass alle Frauen ein ‹Lügenorgan› besitzen und hungert sich vor Liebeskummer zu Tode. Mit «Scheherazade» ist eine anspielungsreiche Geschichte betitelt, in der eine junge Frau einem völlig isoliert lebenden Mann eine surreale, aber auch eine wahre Geschichte erzählt, wobei er immer große Angst hat, das Ende nicht zu erfahren.

In «Kinos Bar» kündigt der ehemalige Vertreter einer Sportartikel-Firma seinen Job und eröffnet eine Bar, in der ein Bücher lesender Stammgast täglich mehrere Stunden verbringt. Als die zugelaufene Katze plötzlich verschwindet und er im Garten mehrmals Schlangen entdeckt, deutet der Stammgast dies als ambivalentes Zeichen und empfiehlt Kino, für einige Zeit zu verreisen. Auf dieser Reise wird er überraschend an seine ehemalige Frau erinnert, die auch ambivalent gewesen ist. Als Referenz an Kafka erwacht in «Samsa in Love» ein nackter Mann in einem leeren Zimmer, er scheint aus einem anderen Leben mutiert zu sein und ist zunächst völlig hilflos. Mühsam tastet er sich durch das leere Haus, stillt seinen immensen Hunger an einem frisch zum Frühstück gedeckten Tisch. Schließlich bekommt er Besuch von einer buckligen, jungen Frau, deren Gestalt ihn an einen Käfer erinnert, die ein Türschloss im Haus reparieren soll. Sie erregt ihn derartig, dass er sie unbedingt wieder sehen will. In der titelgebenden Kurzgeschichte «Von Männern, die keine Frau haben» erhält der Ich-Erzähler mitten in der Nacht einen Anruf, in der ein Unbekannter ihn kurz angebunden über den Selbstmord seiner ehemaligen Freundin informiert. Sie ist immer wieder von Seemännern entführt worden, was der Autor als Metapher dafür benutzt, dass sie ihm häufig untreu war. Immer wieder wird in dieser Geschichte darüber resümiert, wie schrecklich es doch sei, wenn «Männer keine Frau haben».

Der unterkühlt sachliche Ton des Autors zusammen mit der inneren Unruhe, die er durch seine trickreich inszenierten Geschichten voller überraschender Wendungen den typischen Leser-Erwartungen entgegenstellt, führt zu einer ganz besonderen, regelmäßig konterkarierten sexuellen Spannung zwischen den Geschlechtern. Gleich die erste Kurzgeschichte liefert dafür, quasi als Vorwarnung, ein beredtes Beispiel. Typisch für Murakami ist die machohafte Perspektive, aus der er auch hier wieder schreibt. Die behandelt Frauen unbeirrt als Objekte, eine verstörende, scheinbar kulturell bedingte Prägung dieses japanischen Schriftstellers!

Fazit:   lesenswert

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Genre: Roman
Illustrated by btb Verlag

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