Dirk Bernemann präsentiert in seinem Werk »An und für sich« eine Sammlung von Beobachtungen, strukturiert nach Monaten, die sowohl zeitgeistige Phänomene als auch persönliche Erfahrungen im Kontext des neuen Jahres reflektieren. Der Autor übt scharfe Kritik an der Oberflächlichkeit und den widersprüchlichen Erwartungen der heutigen Gesellschaft.
Im »Januar« betritt der Erzähler ein Café ohne ein konkretes Ziel. Er sinniert über die Nachwirkungen der Feiertage und die Erschöpfung, die das neue Jahr und seine Forderungen nach Optimierung und Zielerreichung mit sich bringen. Der Erzähler verspürt eine Sehnsucht nach einer unbestimmten Leere und Ruhe, während er die Menschen um sich herum als Alltagshelden sieht, die sich in ihren Aufgaben verlieren und einander mit Visionen von Ruhe quälen.
In einem weiteren Abschnitt beobachtet der Erzähler ein Paar, das in seine Handys vertieft ist, was ihre Einsamkeit trotz gemeinsamer Anwesenheit betont. Hastig verlässt er das Café, beschreibt seine ziellose, aggressive Art des Gehens und reflektiert über den Mangel an Zusammenhalt und die zunehmende Ziellosigkeit in der Gesellschaft. Der Text endet mit einem Anruf seiner Mutter, die ihn zu einem Familienbesuch einlädt, wodurch er wieder in die Realität zurückgeholt wird.
Im »März« schildert Bernemann die innere Zerrissenheit und Einsamkeit des Erzählers, der sich in einem Kreislauf aus dem Rauchen aufhören und wieder anfangen befindet. Sein Leben vergleicht er mit verwelkenden Pflanzen, die in seinem Bücherregal stehen, und beschreibt die Leere und Ziellosigkeit, die ihn umgibt. Er reflektiert über die Abwesenheit echter Intimität und die zunehmende Künstlichkeit zwischenmenschlicher Beziehungen, die er als »aggressive Intimität« bezeichnet.
Während er über die moderne Gesellschaft und die Isolation nachdenkt, versucht der Erzähler, Trost in der Vorstellung zu finden, dass seine Pflanzen miteinander kommunizieren. Trotz seiner Bemühungen, durch Anrufe bei Freunden menschliche Nähe zu finden, enden die Gespräche frustrierend, und er akzeptiert resigniert seine Einsamkeit.
Bernemanns Texte üben Kritik an der Oberflächlichkeit gesellschaftlicher Freundlichkeit und der Illusion von Zeit als unendlicher Ressource. Er sieht die Menschen um sich herum als anstrengend und glaubt, dass Glück harte Arbeit erfordert. Kinder dürfen lautstark ihre Bedürfnisse äußern, während Erwachsene sich in ihre Rollen und Erwartungen fügen.
Der Erzähler schildert seine tiefe Erschöpfung und die abstrakten Erwartungen des neuen Jahres, was auf eine allgemeine Erschöpfung durch gesellschaftliche Leistungsanforderungen hinweist. Die Sehnsucht nach einer »Zwischenleere« deutet auf die Suche nach authentischer Ruhe und Sinn. Seine aggressive und ziellose Bewegung spiegelt die innere Unruhe und den Verlust an Orientierung und Zusammenhalt in der Gesellschaft wider, was tiefe Desillusionierung und ein Gefühl der Entfremdung offenbart.
Bernemanns Texte sind intensive und introspektive Erkundungen der Gedankenwelt des Erzählers. Sie vermitteln ein starkes Gefühl von Einsamkeit und Entfremdung in einer modernen, zunehmend oberflächlichen und wenig empathischen Gesellschaft.
Trotz der durchgehend negativen Stimmung ist das Buch eine kraftvolle und bewegende Darstellung der Isolation und Verzweiflung, die in der modernen Gesellschaft empfunden werden kann. Es regt zum Nachdenken über die Bedeutung von Intimität und Menschlichkeit an und hinterlässt einen bleibenden Eindruck durch seine eindrucksvolle Sprache und tiefgründigen Reflexionen.