Die Brüder Jacob und Wilhelm Grimm, mit deren Namen sich seit 200 Jahren die berühmte Sammlung der »Kinder – und Hausmärchen« verbindet, genossen neben der deutschen Sprache, die sie sammelten, pflegten und untersuchten, auch gern eine gute Küche. Darauf lässt zumindest eine Sammlung von Küchenrezepten schließen, die Wilhelms Ehefrau Dorothea hinterließ. Diesen kleinen Schatz der Kochkunst im Biedermeier hat nun der Reprint-Verlag Leipzig gehoben und in unsere Zeit »übersetzt«.
Über Jahrhunderte hinweg war der offene Kamin die einzige häusliche Kochstelle, in dem ein eiserner oder keramischer Kochkessel hing. Im Feuerschein einer derartigen Kochstelle wuchsen auch die Gebrüder Grimm auf. Wir wissen das von Aquarellen, die Jacob Grimm um 1800 schuf. Abgelöst wurde diese offene Kochstelle von gemauerten, hüfthohen Herden, bei denen die Pfanne auf einem Gestell oder Haken über der Feuerstelle angebracht wurde. Dorothea Grimm nutzte einen derartigen Herd; bei ihren Rezepten aus der Berliner Zeit ab 1841 kann bereits auf den Einsatz eines gemauerten Küchenherds mit eiserner Herdplatte geschlossen werden. Damit war es möglich, gleichzeitig mit mehreren Töpfen zu kochen und eine Backröhre zu nutzen.
Die Grimms führten in ihrer Berliner Zeit, bedingt durch den Bekanntheitsgrad der beiden Professoren, ein großes Haus, das von Besuchern aus nah und fern stark frequentiert wurde. Als internationale Wissenschaftsprominenz konnten sie sich vor Einladungen und Gegeneinladungen zu Mittagstischen und Teegesellschaften kaum wehren. Dies hatte auch Einfluss auf ihre Kochkultur, die französische, italienische, nordische und österreichische Bezüge aufweist. Eine der vielen Vorzüge der vorliegenden Sammlung ist, dass die Rezepte auf vier Personen herunter gerechnet und Schoppen, Quart, Nößel, Lot und andere Maße aktuell übertragen wurden.
Damit lassen sich süße Speisen, Fisch, Fleisch, Suppen und Gebäck bequem nachkochen und -backen. Sei es Brotkruste auf Schweinekeule, eine in Gelee gekocht Ganz, gepflückter Hecht, Karpfen in Gelee, geprügeltes Kalbfleisch oder kleine Pasteten – die märchenhaften Rezepte aus dem Hause Grimm öffnen auch im 21. Jahrhundert ungeahnte Gaumenfreuden.
»Grimms Kochbuch« ist ein Muss für jeden, der gern schlemmt und sich dazu anregen lässt.