Lucky Luke: Martha Pfahl, Band 94

lucky_luke_94_hc_cover

Kid Lucky Luke will Joannie zum Valentinstag-Ball einladen, findet aber nicht die richtigen Worte. Ein anderes Mal soll er beim Veteranenverband der Jagdfreunde Zaubertricks vorführen. Aber der Trick mit dem Karnickel nimmt für Luke ein übles Ende. Als Luke beim Rauchen erwischt wird, setzt es von Tante Martha Prügel. Kid findet Joannies beschauliche Ehevorstellungen nicht gerade erstrebenswert. Ein anderes Mal spielen Kid und sein Freund Dopey Wilhelm Tell nach. Der Schuss geht allerdings nach hinten los. Luke träumt von einem Hund, der dümmer ist als sein Schatten. Aber das wollen ihm seine Freunde nicht glauben. Joannie weckt nicht immer Begeisterung bei Kid und Jane, wenn sie mit ihnen Tee-Gesellschaft spielen will. Eines Tages wacht der erwachsene Lucky Luke auf, ist wieder ein Kind – und begegnet dem Weihnachtsmann.

Der 94. Band erzählt neue Geschichten von Kid Lucky Luke, die allesamt witzig zu lesen sind. Achdé versteht es, die Serie im Sinn des ursprünglichen Erfinders Morris weiterzuführen und dessen Charme und Witz zu erhalten. Die Geschichten rund um Kid sind je eine Seite lang und basieren auf dem Erfolgsrezept, dass man (historisches) Wissen und Anspielungen z.B. auf Waffengesetze, kindliche Eigenarten, Indianertraditionen, Westernklischees oder bekannte Weihnachtsgeschichten gegen den Strich bürstet, sodass die Pointe der Strips immer überraschend und damit witzig ist. Prima auch die kurzen und kurzweilig-humorvollen Erklärungen unter den Strips, die historische Tatsachen, die in den Strips gestreift werden, aufgreifen und vertiefen. Als Extra bietet der Comic eine kurze Biografie zu Morris. Fazit: Gelungenes, humorvolles neues Album!


Illustrated by Egmont Ehapa

Der Papyrus des Cäsar

asterix papyrusCäsar schreibt Geschichte: Sein Werk „Der gallische Krieg“ ist der Renner in Rom und Cäsars „Kommentare zum gallischen Krieg“ soll ebenfalls ein Bestseller werden. Deswegen trifft sich Cäsar mit seinem Verleger Rufus Syndicus. Der rät ihm allerdings, ein Kapitel zu streichen, weil es einen Fleck auf Cäsars glänzenden Lebenslauf schmieren würde: „Rückschläge gegen die unbeugsamen Gallier in Aremorica“ soll aus dem Buch rausfliegen, denn Niederlagen stehen Cäsar nicht. Cäsar und Syndicus haben allerdings nicht mit einem aufrührerischen Gallier namens Polemix gerechnet, der das besagte Kapitel heimlich von einem der stummen Schreiber Syndicus‘ zugesteckt bekommt. Polemix schafft es mit dem Papyrus und den Römern auf den Fersen tatsächlich bis zum Dorf der Unbeugsamen, stellt dort aber fest, dass die Gallier viel mehr an Horoskopen als an Cäsars Literatur interessiert sind. Allein Gutemines Einfluss ist es zu verdanken, dass Asterix, Obelix und Polemix die Schriftrolle zum Karnutenwald bringen, um sie dem alten und angesehenen Druiden Archaeopterix zu überbringen. Der soll sie in der Tradition der Druiden auswendig lernen und von Generation zu Generation weitergeben. Aber nicht nur der Weg dorthin ist abenteuerlich – denn die Römer lauern überall, um die Rolle wiederzubekommen – sondern auch Archaeopterix, da der uralte Druide mittlerweile ein wenig schusselig geworden zu sein scheint.

Beim Lesen des ersten Bandes des neuen Autorenduos Ferri und Conrad – „Asterix bei den Pikten“ – hatte ich noch das Gefühl, dass sowohl der Zeichenstil als auch der Humor vertraut, aber dennoch etwas fremdartig ist. Das ist beim zweiten Band anders, denn sowohl der Zeichenstil als auch der Humor und die Art und Weise, wie die Story aufgebaut ist, haben sich stimmig dem vertrauten Asterix-Universum angenähert. Man merkt fast keine Unterschiede mehr. Zum Humor gehören auch die zahlreichen Anspielungen, die aus den „alten“ Bänden vertraut sind, die aber von Kindern nicht unbedingt wahrgenommen werden müssen, um die Story zu verstehen. Im aktuellen Band z.B. gibt es in der deutschen Übersetzung Anspielungen auf die deutsche Presselandschaft, u.a. „Imago“ für „Bild“ und „Tempus“ für „Die Zeit“. Ein Thema ist auch die schriftliche Überlieferung gegen die mündliche, was im Comic humorvoll und nebenbei kritisch entfaltet wird. Beide Arten der Überlieferung haben ihre Schwächen: Die schriftliche insofern, als man nicht alles glauben muss, was geschrieben steht (Horoskope) und dass man durchaus etwas Schriftliches unterschlagen kann. Außerdem weiß jeder Geschichts- und Theologiestudent, dass die Geschichtsschreibung (nicht nur früher) alles andere als neutral erfolgt. Und die mündliche Überlieferung ist nur dann wahrheitsgetreu und verlässlich, wenn sie nicht wie das Kinderspiel „Stille Post“ abläuft. Denn die alten Druiden leiden durchaus an Vergesslichkeit und darunter leidet wiederum die Weitergabe der Informationen. Da kommen auch die Namen ins Spiel, denn sie sprechen Bände. Polemix ist die Comic-Variante von Wikileaks-Gründer Julian Assange. Die deutsche Übersetzung des Namens spricht für sich, denn Polemix polemisiert gegen das römische Reich und dessen Unterschlagung von Informationen. Den Namen „Syndicus“ könnte man auf zweierlei Arten deuten: Zum einen als Sünder, denn er schlägt Cäsar vor, wichtige Informationen zu unterschlagen und damit die Geschichtsschreibung zu verfälschen. Zum anderen als Syndikat, lateinisch Syndicus (abgeleitet vom griechischen „syndicos“ = Verwalter einer Angelegenheit), als Gruppierung von Personen oder Unternehmen. Syndicus ist Cäsars Berater und Verleger. Der Name des Druiden Archaeopterix könnte man ebenfalls mehrfach deuten: „archaios“ bedeutet im Griechischen „uralt“, was der Druide definitiv ist. „pteryx“ bedeutet im Griechischen „Flügel, Schwinge, Feder“. Wenn man weiß, dass der Urvogel Archaeopteryx eine Übergangsform zwischen Sauriern und Vögeln darstellt, könnte man die Bedeutung des Druiden-Namens weiter ausspinnen, denn der Druide steht auch für die alte Tradition der mündlichen Überlieferung, die allmählich durch die schriftliche (man denke an die Feder im Namen; mit Federn schrieb man früher) abgelöst wird. Außerdem wird die Horoskop-Gläubigkeit der Gallier karikaturhaft auf die Spitze getrieben. Das geschieht auch in Richtung selbst gemachter Prophezeiung, denn wenn man der Prophezeiung glaubt, setzt man sie auch um, wie die Gallier beispielhaft demonstrieren.

Wie man an diesen Beispielen sehen kann, hat der neue Asterix-Band einiges zu bieten: Neben Spannung und Humor eben auch die netten Anspielungen, mit denen man sich als LeserIn durchaus unterhaltsam die Zeit vertreiben kann, v.a. wenn man mit anderen LeserInnen über den Band diskutiert … Kurzum: Gelungen!


Genre: Comics
Illustrated by Egmont Ehapa