Zwölf Jahre als Sklave – 12 Years A Slave

Durch den mit einem Oscar als bester Film des Jahres 2014 ausgezeichneten Film »12 Years a Slave« des britischen Regisseurs Steve McQueen ist ein 1853 erschienener autobiographischer Text wieder ans Licht der Öffentlichkeit gekommen, der in seiner Eindringlichkeit das Blut in den Adern gefrieren lässt.

Es handelt sich dabei um »Zwölf Jahre als Sklave« von Solomon Northup, die bewegende Autobiographie eines frei geborenen schwarzen Amerikaners, der entführt und versklavt wurde, ehe er endlich befreit wurde. Dieser Augenzeugenbericht schildert aus erster Hand die barbarischen Bedingungen, unter denen viele Schwarze in den Südstaaten arbeiten und vegetieren mussten.

Northup, den Sklavenhändler betäubten und seiner Familie entrissen, beschreibt eindringlich seine Erlebnisse als herrenloses Tier, das von seinen jeweiligen Besitzern nach Gutdünken herumgestoßen, misshandelt und verkauft werden konnte. Er bezeugt zugleich, dass es unter den Sklavenhaltern sowohl menschliche als auch grausame Männer gab.

Regisseur Steve McQueen hatte schon länger den Wunsch, einen Film über Sklaverei zu machen und über einen Schwarzen zu erzählen, der in die Sklaverei verschleppt wird. Aber er wusste nicht, wie sich so etwas tatsächlich abgespielt hatte. Seine Frau riet ihm, sich an einem historisch verbürgten Fall zu orientieren. So entdeckten sie das Buch von Solomon Northup. Steve McQueen im Interview: »Als ich es las, war ich fertig … Es war, als hätte ich das Tagebuch der Anne Frank in die Hände bekommen.«

Die Historikerin Petra Foede legte gemeinsam mit dem Buchgestalter und Setzer Rainer Zenz parallel zum Film eine Übersetzung der Erinnerungen Northups vor. Ihr E-Book brilliert (im Unterschied zu zeitgleich vorgelegten Ausgaben) mit Originalillustrationen, umfangreichen Anmerkungen, einem Nachwort zum weiteren Leben der Autors, zur Rezeptionsgeschichte des Buches sowie einer historischen Fotodokumentation.

Die Übersetzerin erläutert den Erfolg des Buches, der an »Onkel Toms Hütte« von Harriert Beecher Stowe anknüpfte, das ein Jahr (1852) früher erschienen war. Sie ordnet das Werk in einen Kreis von rund 80 ähnlichen Autobiographien ein, die seinerzeit eine neue Literaturgattung, die »Sklavenerzählung« (slave narrative), begründeten. Northups Werk erreichte Auflagenzahlen wie kein anderes Werk des Genres, deren Autoren sich der Antisklaverei-Bewegung verpflichtet sahen.

Die Lektüre der Lebensschilderung von Solomon Northup hinterlässt einen nachhaltigen Eindruck über das Martyrium eines frei geborenen Amerikaners, der lediglich aufgrund seiner Hautfarbe in die Sklaverei verschleppt wurde. Es handelt sich um die ergreifende Schilderung eines der vielen traurigen Kapitel der amerikanischen Geschichte, die ohne Schwarzweißmalerei auskommt.


Genre: Biographien, Briefe, Memoiren
Illustrated by Kindle Edition

Der Bücherprinz

Geboren 1952 im beschaulichen Katholen-Ort Oelde in Westfalen fällt der frühe Freigeist schon in der Schule auf, da er heimlich unter der Bank Gedichte verfasst. So ist es wenig verwunderlich, dass er sich bald gegen die seit Jahrhunderten institutionalisierten Autoritäten auflehnt, zumal die Zeit dafür wie geschaffen ist: Rockmusik und lange Haare treten als Sendboten der Befreiung auch in der Provinz ihren Siegeszug an (der Autor trifft neben anderen Göttern der Szene Cream und Jimi Hendrix bei Konzerten) und sorgen für eine Revolution in den Köpfen der Jugendlichen, die immer noch unter dem Einfluss von Hitler und Adenauer leiden.

Nach einem dunkelschwarzen Kapitel hält Frieling nichts mehr in der wenig heimeligen Heimat und er flieht hinaus in die Welt. London, Jugoslawien und die Türkei sind nur einige der Stationen, bevor er sich 1969 in Westberlin niederlässt, natürlich standesgemäß in einer Kommune mit jeder Menge Sex and Drugs and Rock `n’ Roll. Es sind die Tage der Rebellion, des Kampfes gegen Vietnam-Krieg, Springer-Presse und faschistoide Herrschaftsstrukturen, und Frieling ist mittendrin. Der leidenschaftliche Leser und Schreiber erlernt das Handwerk der Fotografie und ist somit prädestiniert für eine Karriere als rasender Reporter.

Auftragsjobs jagen ihn nicht nur um die Welt, er sieht sich auch gründlich in der nahen und doch so fernen DDR um, ein Novum in der Zeit des kalten Krieges. Erfolgreiche Projekte glücken ihm zuhauf, zunehmend auch als Verfasser eigener Schriften. Nach dem Ratgeber „Autor sucht Verleger“ (eine Hilfestellung für unbekannte Nachwuchsschreiber) gründet er folgerichtig den Frieling-Verlag unter dem Motto „Verlag sucht Autoren“. Mit dieser erneuten Innovation, Interessenten gegen Bezahlung den Traum vom eigenen Buch zu ermöglichen, erweckt er weltweite Nachfrage; in 20 Jahren werden 3.000 Werke publiziert. 2003 verkauft er den Verlag und ist doch meilenweit vom Ruhestand entfernt…

„Der Bücherprinz“ ist ein einzigartiges Werk, in dem nicht nur ein entscheidender Abschnitt deutscher Nachkriegsgeschichte anschaulich dokumentiert ist, sondern auch ein wahrlich bewegtes Leben spannend wie ein Thriller erzählt wird. Dabei verklärt der Autor im Gegensatz zu anderen 68ern, die über diese wegweisende Epoche berichten, nie melancholisch; er ist sich nicht zu schade, Fehler und vermeintliche Irrwege einzugestehen. Ehrlich beleuchtet werden auch berufliche und private Schattenseiten, wobei letztere ironisch in kritischer Distanz geschildert, anstatt überhitzt aufgeregt in den Vordergrund gedrängt zu werden.

Frielings lebenslange Liebe zum geschriebenen Wort ist auf jeder Seite mit Händen zu greifen und auch mit interessanten Fotos wird der begeisterte Leser reichlich versorgt. Dazu gibt es viele kleinere Anekdoten mit berühmten Persönlichkeiten aus Presse, Funk und Fernsehen sowie pointierte Blicke hinter die Eitelkeiten des medialen Kulturbetriebs und deshalb ist diese Autobiographie für mich das Buch des Jahres.

Bei so viel Lob sei jedoch auch ein leiser Tadel erlaubt: Da der potenzielle Stoff derart umfangreich ist, hätte das Werk gut und gerne den doppelten Umfang erreichen können, ohne den Leser auch nur eine Sekunde zu langweilen. Lieber Prinz, ich fürchte, du musst wohl bald noch ´ne Schippe drauflegen …


Genre: Biographien, Briefe, Memoiren
Illustrated by Internet-Buchverlag Berlin