Die Krake im Nacken. Zerocalcare ist einer der bestverkauften zeitgenössischen Comiczeichner Italiens. Sein neuestes Werk ist wieder autobiografisch und autofiktional zugleich. Nach seinem autobiografischen Reisebericht im syrisch-türkischen Grenzgebiet, “Kobane Calling” (2017) und der Fortsetzung “No sleep Till Shingal” (2022), thematisiert er in “Vergiss meinen Namen” und “Die Krake im Nacken” wieder seine Familiengeschichte.
Die Krake (der Reue) im Nacken
Drei Freunde, ein Schulhof, ein dunkles Geheimnis. In “Die Krake im Nacken” führt uns Zerocalcare, bürgerlich Michele Rech aus Arezzo, zurück in seine Schulzeit, in der Mutproben, langweilige Unterrichtsstunden und die erste Liebe den Alltag prägten. Zerocalcare und seine Freunde machen außerhalb des Schulgeländes einen mysteriösen Fund. Dieser sorgt alsbald nicht nur in der Schule für Durcheinander, sondern bringt auch Zero selbst in Schwierigkeiten. Aber: “Die Zughörigkeit zu einer Gemeinschaft basiert u.a. auf geteilten Grunderfahrungen”, da gehören Taufe, Kommunion und andere Rituale eben eindeutig dazu. Und dazu kommt noch der Gruppendruck, die seltsame Dynamik die sich zwischen Jugendlichen in der Pubertät entwickelt. Nicht nur eine Menge Progesteron wird hier von den Halbwüchsigen im Putzmittel vermutet, sondern auch eine Menge Testosteron wabert in einer Holzhütte herum, wo sich ziemlich “stereotype Frauenbilder” an den Wänden befinden. Natürlich spielt dies auf die weit verbreitete Selbstbefriedigung an, die nicht nur in den 80er als “wichsen” bezeichnet wurde. Im Leben jedes Jugendlichen gibt es diesen “Sliding Doors Moment”, in dem man sich entscheiden muss.
Die Krake der Gewissensbisse
Die “Krake im Nacken” steht – so viel darf verraten werden – sinnbildlich für die Reue. Nicht unbedingt für die Reue über die Selbstbefriedigung, vielmehr über die Reue an sich. “Calcare nicht rennen, wer rennt zeigt Begeisterung”, maßregelt ihn ein Kumpel und bremst seine Begeisterung gleich ein. Denn wer will in dem Alter nicht cool rüberkommen? Eine Notlüge später sind sie dann da, die Gewissensbisse, die Zerocalcare von nun an für den Rest seines Lebens begleiten werden. Seine Jugendlichen hat Zerocalcare mit spitzem Stift sehr gut getroffen, er porträtiert aber auch vermenschlichte Tiere und die Helden seiner Kindheit wie etwa Kurt Cobain, Che Guevara u.a. Zerocalcare macht die emotionalen Turbulenzen und Beklemmungen der Adoleszenz fühl- und greifbar. In drei Episoden erzählt Zerocalcare ehrlich und humorvoll vom Erwachsenwerden, von der Grundschulzeit, den turbulenten Jahren der Mittelstufe und seinen Anfängen als Blogger und von den Herausforderungen, die jede dieser Lebensphasen mit sich bringt. Die im Titel angesprochene Krake im Nacken wird zum Symbol für Schuldgefühle, die einem den Hals zuschnüren, wenn man am wenigsten damit rechnet.
Auf Netflix sind zwei von Zerocalcare gezeichnete Serien erschienen, die zu den meistgesehenen italienischen Serien überhaupt aufstiegen. Eine Entdeckungsreise in die eigene Adoleszenz und ein Moment der Rückschau, der uns allen vielleicht wieder einmal gut tut, besonders natürlich in so unterhaltsamer Form wie in einem Comic.
Zerocalcare
Die Krake im Nacken
Text & Zeichnungen: Zerocalcare
Übersetzung aus dem Italienischen von Myriam Alfano
2024, 192 Seiten, Hardcover, 17 x 24,5 cm, schwarzweiß
ISBN: 978-3-96445-125-5
avant-verlag
25,00 €

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Man kann auch in die Höhe fallen. “Danke, Mama, ich glaube es wird besser.” Joachim Meyerhoff aus Schleswig hat als Schauspieler unter anderem am Burgtheater in Wien, am Schauspielhaus in Hamburg, an der Berliner Schaubühne und den Münchner Kammerspielen gespielt. 2011 begann er mit der Veröffentlichung seines mehrteiligen Zyklus “Alle Toten fliegen hoch” von der er mit “Man kann auch in die Höhe fallen” den sechsten Teil vorlegt.



Alles Dunkel dieser Welt. “Sing backwards and weep” (so der amerikanische Originaltitel) ist ein beklemmendes Geständnis eines Musikers, der die Neunziger mit seiner Band “Screaming Trees” ebenso prägte wie als Solist die heutige Zeit. Seine Kollaborationen mit Kurt Cobain, Pearl Jam, Marianne Faithfull, Moby, Queens of the Stone Age, UNKLE, Greg Dulli, PJ Harvey oder Isobell Campbell sind legendär. Der aus Ellensburg, Washington stammende Musiker lebt heute in Los Angeles.