Der Bekanntheitsgrad des Hochstaplers Georges Manolesu, der Anfang des 20. Jahrhunderts sein Unwesen in Europa und den USA trieb, zeigte viele Blüten. Von Thomas Mann, der die Figur in seinem Roman »Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull« verarbeitete, bis hin zu Verfilmungen seiner Geschichte beschäftigten sich Autoren, Regisseure und Journalisten mit dem dreisten Hoteldieb und Heiratsschwindler.
Bei der Mythologisierung der Figur des Georges Manolescu, die vor 120 Jahren die Schlagzeilen am Boulevard prägten, hat auch die Gilde der Heftchenschreiber mitgemischt. Der 1907 geborene Heinz Bruno Hart war einer von ihnen.
Hart, Verfasser von Heftchen für die Reihen »Billy Jenkins«, »Graf Olten« und »John Kling« schrieb auch einige Bände der insgesamt 27 Hefte umfassenden Reihe »Manolescu, der Fürst der Diebe«. Diese wurden zwanzig Jahre nach dem Ableben des Räubers in Heftchenform auf den Markt geworfen und erhoben den negativen Helden zum Serienstar.
Thomas Ostwald, Experte für serielle Trivialliteratur, hat die Hefte ausgegraben und mit »Manolescu täuscht sie alle« den ersten Band der Reihe veröffentlicht. Dabei handelt es sich um einen durchaus humorigen Kurztext von 1928, der atemlos von einem Verbrechen zum nächsten eilt.
Manolescu tritt in immer neuen Masken und Kostümen als vielseitiger Gestaltwandler auf. Er narrt den tumben Pariser Polizeipräfekten ebenso wie Rayère, den besten Detektiv der Republik. Selbst der Gefängnisdirektor ist vor ihm nicht sicher. Der Verbrecher entkommt immer wieder. Er ist klüger als alle anderen. Selbst wenn ihn die Obrigkeit schon am Schlafittchen hat, entschlüpft er und löst sich in Rauch auf.
Im ersten Band der Reihe werden Geiseln genommen, Opernbesucherinnen ihres Schmucks beraubt und Gefangene befreit. Es knallt, pengt und pufft in dem Text. Der Leser, dessen Herz für den Serientäter erwärmt wird, schmunzelt. Alles wird wie eine Komödie auf der Bühne des Lebens geschildert, bei der das gemeine Volk das Publikum bildet, und sich als Leserschaft lachend auf die Schenkel schlägt.
In der Welt dieses kurzen Romans ist die Obrigkeit nämlich dumm und unfähig, und der Adel ist entsprechend satt und reich. Lediglich der auch als »Fürst Lahovary« auftretende Manolescu ist ein Mann von Ehre.
Vergnüglich zu lesen ist der Text, da er auch einen Einblick erlaubt, wie sich das Genre der Kriminalerzählung, denn um eine solche handelt es sich, im Verlauf eines Jahrhunderts verändert hat. 1928 jedenfalls ging es zumindest in der deutschsprachigen Gebrauchsliteratur noch recht betulich zu: Die Guten gewannen, selbst wenn sie – wie im vorliegenden Band – eigentlich böse waren.
Herrlich gelungene Vorstellung, besten Dank!
Gern geschehen!