Fast schon ein ganzes Leben

„Ich will jetzt leben und nicht irgendwann. Nicht später“
Paul und Birgit verlieben sich in den Siebzigern in der DDR. Doch Paul lässt den nötigen Ehrgeiz vermissen, findet Birgit. Und das, wo doch Netzwerken in der DDR lebensnotwendig ist. Egal ob neue Küche, ein Telefon oder ein Auto, für alles benötigt man Beziehungen.
Und da kommen auch die tollen Pakete der Westverwandschaft. Mit Sachen, die man nicht mal mit Beziehungen bekommen kann. Birgit möchte das immer haben.
Paul will das alles nicht. Er will Birgit auf Händen tragen, das ist sein Wunsch und zum Netzwerker ist er ungeeignet. Sei einziger Freund ist Jürgen, der ist in der SED und ein guter Netzwerker. Er schafft es , dass Paul Birgit so manchen Traum erfüllen kann. Aber sagt ihm auch: Ihr führt eine Beziehung wie in dem Märchen „Der Fischer und seine Frau“.
Dann kommt und Gorbatschow und die Perestroika. In der DDR träumen alle davon. Birgit träumt mit, Jürgen auch. Paul ist skeptisch. Obwohl, im Betrieb endlich frei entscheiden zu können, das wär was. Nicht immer auf die nötigen Bauteile warten, die man braucht.
Die Wende und der Westen strömt in die DDR. Jetzt entscheidet die „Treuhand“ und plötzlich bemüht man sich um Paul, dem Abteilungsleiter. Hier ein Geschenk, dort ein Geschenk. Auch Westdeutschland kennt Bürokratie und fünfzigseitige Anträge, die ausgefüllt werden müssen …
Ein Pärchen, das sich mit Umbrüchen auseinandersetzen muss. Und ständig das Gefühl hat: Ich kann nicht entscheiden.
Sehr einfühlsam erzählt von Rita König, sie zieht uns in die verschiedenen Settings hinein, wir erleben sie hautnah, sowohl die DDR, wie die Wende und das Gefühl vieler Ex-DDRler in ein einem plötzlich ganz anderem Umfeld, sie seien Deutsche zweiter Klasse.
Das Buch habe ich verschlungen und nur wenige Bücher haben mir so ein anschauliches Erlebnis der Zeitläufe vermitteln können.
Unbedingt lesenswert.


Illustrated by Lauinger Verlag

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