Stimme aus dem Inferno
Stimme aus dem Inferno. Aufschrei des gequälten Menschen. Klage um die Zerstörung und den Verlust der Menschlichkeit. Traum von einer anderen Welt: jener jenseits des Stacheldrahtes. Spuren der Hoffnung. Zeugnis und Mahnung. Ort des Geschehens, On des Grauens: Keraterm. KZ der serbisch-jugoslawischen Volksarmee im Bosnien-Krieg; nahe bei Prijedor, der Heimat des Autors. Zeit: 1992.
Man weiß, was geschah: Krieg, Vertreibung, Terror; Systematische Vergewaltigung, Folter, Mord; Massaker (Srebrenica), ,,Ethnische Säuberungen”; Genozid. Im Angesicht der Weltöffentlichkeit, begleitet von sensationslüsterner Medienberichterstattung. Konferenzen. Politische Naivität und Unfähigkeit bis zur Schamlosigkeit, bis zur Lächerlichkeit. Währenddessen wird weitervertrieben, weitergemordet, weitergesäubert. Man schafft Realitäten.
Der Schrei der Gefolterten aber verhallt im Niemandsland. Einer, ein Dichter, Muhidin Šarić, schreibt eine Chronik dieses Grauens, eine seiner eigenen Qual, seines Erniedrigtseins; seiner Namenlosigkeit: Man ist Opfer; sonst nichts. Kein Mensch mehr. Was bleibt, ist Verzweiflung, untröstbare Trauer. Und nach dem Überleben: die Heimatlosigkeit; eine für immer.
Davon sprechen diese Gedichte: Von den schwarzen Höfen, von den Hinterhöfen, in denen menschliches Leben zerstört wurde, zerstört wird. Und von der Sehnsucht nach dem, was einmal war und was es nicht mehr gibt; nie mehr geben wird. Literatur, Poesie als Aufschrei, als Zeugnis, als Mahnung; auch als Überlebenstherapie. Und als Träumen von einer Welt jenseits des Irrsinns vom Menschen.
Muhidin Šarić lebt als Stipendiat der Institution ,,Städte der Zuflucht” seit 1992 in Graz.
Muhidin Šarić: Črna dvorišta / Schwarze Höfe. Gedichte, bosnisch-deutsch, Drava Verlag: Edition Niemandsland, Klagenfurt/Celovec, 1999;80 Seiten, öS l97,- DM 27,-. Übersetzung aus dem Bosnischen durch Emina Šarić und Klaus Detlef Olof.